Review: SCHMERZENSGELD – WER REICH SEIN WILL, MUSS LEIDEN – Blaue Augen, klirrende Kessel und die wahre Liebe



Fakten:
Schmerzensgeld – Wer reich sein will, muss leiden (The Brass Teapot)
USA. 2012. Regie: Ramaa Mosley. Buch: Tim Macy, Ramaa Mosley. Mit: Juno Temple, Michael Angarano, Alia Shawkat, Alexis Bledel, Debra Monk, Bobby Moynihanm Billy Magnussen, Steve Park, Lucy Walters, Matt Walsh, Jack McBrayer, Claudia Mason, Danielle Kotch u.a. Länge: 106 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
John und Alice sind ein glückliches Paar. Doch weil Liebe nicht das Bankkonto füllt, sind sie auch total pleite. Das Schicksal spielt den beiden einen magischen Teekessel in die Hände. Dieser produziert Geld, wenn sie sich Schmerz zufügen. Von jetzt an heißt es: Wer reich sein will, muss leiden - egal ob beim Zahnarzt ohne Narkose oder der Ganzkörperenthaarung. Doch nicht nur die Nachbarn wundern sich über den plötzlichen Wohlstand der beiden, auch andere Leute interessieren sich für den Teekessel und sind bereit, dafür über Leichen zu gehen.





Meinung:
Wer hat in seinem Leben noch nicht davon geträumt, rückenkraulend im endlosen Mammon zu schwimmen, finanziell ausgesorgt zu haben und seine Einkaufstouren durch die gigantischen Konsumhöllen ohne angespannten Blick auf das Preisetikette zu bestreiten. Wie oft aber hat man sich schon mit Ach und Krach durch den Monat kämpfen müssen, ist mit einem knurrenden Magen eingeschlafen und hat gehofft, dass einem der Energieversorgen nicht über Nacht Strom, Gas und Wasser abdreht. Mit Letzteren haben auch schon Alice (Juno Temple) und John (Michael Angarano) ihre Erfahrungen gemacht, denn während sich John auf der Arbeit mit einer verheißungsvollen Beförderung an der langen Leine geführt sieht, wird Alice, trotz einer akademischer Absolvierung in Kunstgeschichte, einfach kein angemessenes Jobangebot zuteil. Was ihnen bleibt, ist das Arrangieren mit so mancher Einschränkung und die innige Liebe füreinander. Von Luft und Liebe allein allerdings kann man in dieser Welt nicht sonderlich bestehen, Glück muss man haben, aber auch das erweist sich gerne mal trügerisches Irrlicht.


 
Der Tee ist fertig
Nach einem Unfall fällt Alice auf einem Hof auf, wie eine alte Dame einen Kupferteekessel aus einer längst vergangener Ära bei sich trägt, den sie sich, beinahe wie in fremdgesteuert Zielstrebigkeit, kurzer Zeit schon unter den Nagel gerissen hat. Aber was hat es mit diesem Artefakt nun auf sich? So einiges, möchte man meinen: Denn als sich Alice mit ihrem Glätteisen die Stirn verletzt, fängt der Teekessel auch schon an zu klappern und spuckt in regelrechter Spenderlaune druckfrische Geldnoten aus allen Löchern. Zu Anfang noch irritiert, versteht Alice schnell, wie man den Kessel permanent zum Sprudeln bringt: Schmerzen müssen erfahren werden und der arme John wird das nach einem anstrengenden Arbeitstag ohne Vorwarnung direkt mit dem spitzen Knie seiner Gattin in seinen Weichteilen erfahren. Ist die masochistische Ader erst einmal freigesetzt, füllt sich das Portemonnaie wie von Geisterhand und das junge Pärchen muss sich nicht mehr in Verzicht üben, sondern kann schon nach einigen Verstümmelungen, Brandwunden und gezielten Hieben in Dekadenz verkehren.


Dass „Schmerzensgeld – Wer reich sein will, muss leiden“ durchaus unterhaltsames Potenzial besitzt und jenes dank der guten Chemie seines Hauptgespanns (und einem Auftritt von Alexis Bledel als bitchy High-Society-Chick) bisweilen zu entfalten versteht, verschleiert nicht den konservativen Gestus im Kern der Geschichte: Denn egal, wohin dich die Unmengen an Geldscheinen auch befördern mögen, am Ende zählt eben doch nur die Liebe und eine Schulter, an der man sich geborgen dürfen darf. Der Teekessel, der zum ersten Mal in der Folklore zu Zeiten von Jesus' Kreuzigung aufgetaucht ist, darf den Zuschauer aufgrund seines ungemein destruktiven Charakters amüsieren, die Ausmaße an physischer und emotionaler Zerrüttung aber bringen tatsächlich auch einige wirklich packende Momente mit sich, die zumeist vom ordentlich aufspielenden Michael Angarano in Gang gesetzt werden (Stichwort: Silvesterkuss). Wenngleich „Schmerzensgeld – Wer reich sein will, muss leiden“ so harmoniesüchtig wie simplistisch mit seiner originellen Prämisse verbleibt, ist Ramaa Mosleys Ulk für den verregneten Sonntag definitiv geeignet.


5 von 10 Lockrufen der Völlerei


von souli

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen