Review: CABAL - DIE BRUT DER NACHT - Schlachtfeld Friedhof



Fakten:
Cabal – Die Brut der Nacht (Nightbreed)
USA, 1990. Regie & Buch: Clive Barker. Mit: Craig Sheffer, Anne Bobby, David Cronenberg, Charles Haid, Hugh Quarshie, Hugh Ross, Doug Bradley, Catherine Chevalier, Malcolm Smith, Bob Sessions, Oliver Parker, Debora Weston, Nicholas Vince, Simon Bamford u.a. Länge: 120 Minuten (Director’s Cut). FSK: Keine Freigabe. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Boone befindet sich seit einiger Zeit in psychiatrischer Behandlung, aufgrund seiner Albträume von bestialischen Morden, obskurer Höllenwesen und einer Stadt unter dem Friedhof von Midian. Jetzt passen seine Visionen exakt auf die Morde eines Serienkillers, woraufhin er natürlich als Hauptverdächtiger gilt. Er flüchtete vor der Justiz und erreicht seinen Bestimmungsort…





Meinung:
„Gott ist ein Astronaut, Oz liegt hinter dem Regenbogen und Midian gehört der Brut der Nacht.“

 (Kritik bezogen auf den Director's Cut) 

Clive Barker vereint Genie und Wahnsinn wie kaum ein Zweiter, zumindest in seinem Zweitjob als Filmemacher. Bei seinem Regiedebüt „Hellraiser – Das Tor zur Hölle“ war schon offensichtlich, dass seine Stärke eher in der Idee, weniger in der praktischen Umsetzung liegt. Trotzdem wurde das (zurecht) einer der Horrorfilme überhaupt, man mochte ihm die handwerklichen Fehler locker verzeihen. Die zweite, selbst praktizierte Umsetzung seines literarischen Outputs offenbart Licht und Schatten seiner Fähigkeiten in einem konkreten Ausmaß, das man unweigerlich irgendwo im Mittelfeld landen muss, aber am Ende sollte das Herz den Kopf immer fest im Griff haben.


Hübsch, aber kaum alltagstauglich...
„Cabal – Die Brut der Nacht“ (was so viel schöner, markanter klingt als der Originaltitel, gibt es auch selten) ist wie Cirque du Soleil auf abgelaufenem Acid. Ein morbides, anfangs schnell faszinierendes Erwachsenenmärchen, bei dem sich die Masken- und Effektabteilung hemmungslos austoben darf. Manches ist schon nah an der Karikatur, das Meiste dafür derartig individuell und wundervoll speziell (das Stachelschwein-Weibchen, eine Augenweide), Genre-Fans könnten kaum liebevoller erigiert werden. Eingebettet in eine Story, die eindeutig dem Geist eines kreativen Wildfangs entsprungen ist. Barker versteht es, sein ganz eigenes Universum zu erschaffen, bei dem wenig Wert auf narratives Geschick oder individuelle Glanzleistungen gelegt wird. Hauptdarsteller Craig Sheffer ist so ein untalentierter Spät-80er, Früh-90er-Beau, der mit wuscheliger Frisur und Lederjacke als James-Dean-Lichtdouble durchgehen mag, mehr eindeutig nicht zu bieten hat. Angestrengt-gestresst aussehen überfordert ihn schon bald, aber seine Fresse muss man ungeschminkt nur eine Zeit lang ertragen, das hilft. Seine Partnerin Anne Bobby (das war ihre größte Rolle und selbst das verwundert extrem) ist eine einzige Katastrophe. Das Hauptdarstellerduo ist Pest und Cholera, aber einer steckt sie spielend in den Sack und macht mindestens so viel Spaß, wie er scheinbar selbst dabei hatte: Meisterregisseur David Cronenberg glänzt in der Rolle als zwielichtig-boshafter Seelenklempner und spielt das namenslose Gesindel locker an die Wand, eine herrliche Performance.


Die Freaks sind sich einig...
„Cabal – Die Brut der Nacht“ hat unbestreitbar einige sau-coole, sehr eigene Ansätze und Ideen, vermag die in wunderbaren Bruchstücken sogar vereinzelt an den Mann zu bringen, verhaspelt sich aber andauern in seiner klobigen, lumpig gestrickten Erzählung, bei der hinten und vorne wenig sinnig ineinander greift. In seinem Herzen eine abstrakte, lebendig-untote Phantasterei mit unendlich vielen, einfallsreichen Bausteinen stolpert man andauernd über grobe Schnitzer, eine ungeschickte Vorgehensweise und diverse Albernheiten, die den Vorzügen (zu) oft das Wasser abgraben. Man sitzt wackelig zwischen den Stühlen aus grenz-genialem Eskapismus, platter Parabel und Genre-Fasching, dessen ohnehin heillos überladenes Finale zusätzlich mit einer dusseligen, religiösen Erlöser-Thematik geschmückt wird. Klingt nach gar nicht mal so gut, in Anbetracht dessen allerdings erstaunlich charmant. Speziell in der letzten halben Stunde ist der Film ein einziges Chaos, verläuft sich planlos von vorne wie hinten, ist allein dadurch aber schon fast den Blick wert. Drunter und drüber geht es, seinen naiven Flair büßt er dabei niemals ein, gewinnt sogar reichlich davon. Der moralische Holzhammer wird schon mal überstrapaziert, gleichzeitig ist das Gesamtprodukt so einzigartig und liebenswert, gerade in seinem hektischen, turbulenten Irgendwas total effizient.


Ein ganz sonderbarer Film. Tolle Idee, hervorragend Effekte, viel Liebe zum Detail und zeitgleich so gar kein Gespür für erzählerisches Feingefühl. Da wird munter drauflos gepoltert, zum Schluss nichts mehr konsequent zu Ende gedacht, es ist die pure Freude an der eigenen Idee. Aber die ist geil. Und wenn das Leute machen, die das nicht nur geil finden müssen, sondern es wirklich von Herzen tun, dann kommt halt ein Quatsch wie das dabei heraus. Prima.

6,5 von 10 brennenden Friedhöfen

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