Review: THE NIGHT MANAGER (Staffel 1) – Tom Hiddleston auf den Spuren von 007


Fakten:
The Night Manager
GB/US, 2016. Regie: Susanne Bier. Buch: David Farr. Mit: Tom Hiddleston, Hugh Laurie, Elizabeth Debicki, Tom Hollander, Olivia Colman, David Harewood, Neil Morrissey, Tobias Menzies u.a. Länge: 8 Episoden á ca. 45 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Jonathan Pine ist der Nachtmanager in einem Hotel in Kairo. Durch einen Zwischenfall gerät er in ein kriminelles Geschäft, durch das seine Geliebte Sophie getötet wird. Jahre später erhält er vom britischen Geheimdienst die Möglichkeit, verdeckt in die kleine Organisation von Richard Roper, einem mächtigen und nahezu unantastbaren Waffenhändler, eingeschleust zu werden. Da Roper offensichtlich für den Tod von Sophie verantwortlich ist, nimmt Pine den Auftrag  von Rache getrieben an. Nach und nach gerät er immer tiefer in einen Strudel aus Verlockungen, Abgründen und der ständigen Gefahr, aufzufliegen und mit dem Leben bezahlen zu müssen...




Meinung:
Was Komplexität, Tiefgang und vielschichtig ausgearbeitete Figuren angeht, kann die erste Staffel von "The Night Manager" nicht mit der momentanen Speerspitze im Serien-Olymp mithalten. Die Adaption von John Le Careés Roman-Vorlage, welche zusätzlich in die Gegenwart übertragen wurde und zeitgemäße, politische Konflikte berührt, besticht dafür mit ganz anderen Qualitäten.


Gut und Böse treffen aufeinander
Die Geschichte des titelgebenden Night Managers Jonathan Pine, der aus einer tragischen wie rachsüchtigen Motivation heraus das Angebot des britischen Geheimdienstes annimmt, als verdeckter Spion in den engsten Kreis des weltweit operierenden, nahezu unantastbaren Waffenhändlers Richard Roper eingeschleust zu werden, bedient allem voran unwiderstehliche Oberflächenreize. Die dänische Regisseurin Susanne Bier, die bei allen Episoden Regie führte, und David Farr, der für jede Episode das Drehbuch schrieb, haben aus dem Ausgangsmaterial ein geradliniges Stück klassischer, mitreißender sowie unglaublich stilvoller Spionage-Unterhaltung geschaffen. Die Regisseurin drückt der gesamten Staffel dabei einen derart stylischen Stempel auf, mit edlen Hochglanz-Einstellungen und malerischen Urlaubsorten am laufenden Band, so dass "The Night Manager" optisch wie ein weiches Stück Butter auf der Netzhaut des Betrachters zerschmilzt. Inhaltlich lässt sich die Serie hingegen weitaus weniger eingängig erfassen, denn die glatt polierte Makellosigkeit, die aus jedem Frame strahlt, könnte man ihr ebenso als Makel ankreiden. Durch diese Form der Inszenierung wird die reizvolle Anziehung durch das Böse, das hier überwiegend in luxuriösen Hotels sowie teurer Kleidung mit Meeresfrüchten auf den Tellern und in Anwesenheit bildhübscher Frauen residiert, allerdings konsequent zum Ausdruck gebracht.


Eine Einstellung wie aus dem Bilderbuch
In der Handlung geht es zunehmend darum, dass sich die Hauptfigur dem kriminellen Umfeld, in dem sie sich getarnt befindet, immer stärker angleichen muss, während die Gegenspieler ebenfalls von ständigem Misstrauen geprägt und darum bemüht sind, das illegale Geschäft am Laufen zu halten. Aus dieser Situation ergibt sich ein unentwegtes Spiel der Maskerade, bei dem die Figuren ein bestimmtes Abbild verkörpern, welches der eigenen Persönlichkeit nie vollständig entspricht und trotzdem regelmäßig Risse erhält. Spannung erzeugt die Serie daher weniger durch klassische Elemente des Genres wie Schusswechsel, Explosionen oder Verfolgungsjagden, die über Jahrzehnte hinweg beispielsweise durch das James-Bond-Franchise vermittelt wurden, sondern über Verhalten und Ausdruck der jeweiligen Charaktere, ihre Gespräche miteinander und das stetige Gefühl von Paranoia und Bedrohung, bei dem jederzeit Masken fallen und Identitäten gelüftet werden sowie Leben auf dem Spiel stehen könnten. Mit Tom Hiddleston und Hugh Laurie hat man hierfür zwei Hauptdarsteller besetzt, die sich diesem Prinzip der Täuschung und Verkleidung ideal hingeben.


Hier steht einiges auf dem Spiel
Hiddleston spielt den Nachwuchs-Agenten mit unterkühlter Präsenz und wechselt gekonnt zwischen verschlossener Mimik, charmantem Grinsen und einer gebrochenen Persönlichkeit, während Laurie den Waffenhändler mit einer eiskalten Ausstrahlung gibt, die vor allem durch seinen beängstigenden Blick unterstützt wird, welcher sich immer wieder in andere Figuren bohrt. Bei den Nebendarstellern stechen ebenfalls einige Namen heraus. Elizabeth Debicki erhält als undurchsichtige Schönheit und Gefährtin von Roper eine Schlüsselrolle, während Tom Hollander als homosexuelle, misstrauische rechte Hand des Waffenhändlers für die temperamentvollsten Momente der Serie sorgt. Etwas störender fügen sich lediglich die Ereignisse rund um das MI6 ein. Die regelmäßigen Abschweifungen nach London hin zu den Figuren, welche die Operation maßgeblich steuern und immer wieder an ihre Grenzen stoßen, da der Feind seine korrupten Finger bis in die eigenen Reihen ausstreckt, bremsen die eigentliche Handlung rund um das Undercover-Dasein von Pine im Vergleich etwas farblos aus und wirken mit ihren vielen Diskussionen in sterilen Büroräumen zu bieder, auch wenn sich beide Welten in den letzten Episoden stimmig vereinen. Die erste Staffel von "The Night Manager" ist somit äußerst stilvolle Spionage-Unterhaltung, bei der potentielle Langeweile und fehlender Tiefgang durch simplen, aber effektiven Glanz, geschickt verborgene Persönlichkeiten in drastischen Situationen und vereinzelte Spannungshöhepunkte kaschiert wird.


7,5 von 10 leuchtende Napalm-Attacken bei Nacht



von Pat

1 Kommentar:

  1. Ich fand die Staffel (noch) besser als hier bewertet, aber das mag auch daran liegen, dass ich die "Londoner Verwicklungen" überhaupt nicht störend fand. Olivia Colman ist definitiv eine Sympathieträgerin.

    AntwortenLöschen