Fakten:
Der
Bunker
DE,
2015. Regie & Buch: Nikia Chryssos. Mit: Pit Bukowski, Daniel
Fripan, Oona von Maydell, David Scheller. Länge: 85 Minuten. FSK:
Freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Irgendwo
im Nirgendwo suchen die Bewohner eines Bunkers einen Untermieter. Auf
die Anzeige hin, welche vor allem Ungestörtheit anpreist, reist ein
Student an, um sich in Ruhe einer Forschungsarbeit zu widmen. Im
Inneren dieses Bunkers ist allerdings so gut wie gar nichts normal
und so wird der Student früh in ein schräges Szenario
hineingezogen, in dem er bald die Kontrolle verliert...
Meinung:
Unter
einem ruhigen Plätzchen, an dem er sich ungestört seiner
Forschungsarbeit widmen kann, hat sich der Student sicherlich etwas
anderes vorgestellt als das fensterlose, einer Gefängniszelle
gleichende Zimmer, in das er hineingeführt wird. Doch der
ungemütliche Raum in diesem unterirdisch gelegenen Bunker ist nur
der Startschuss zu einer Odyssee der bizarren Eigenheiten. "Der
Bunker" ist der Stoff, aus dem Albträume gemacht sind, denn
hier offenbart jede noch so kleine Einstellung neue skurrile Details,
beklemmende Entwicklungen oder trockenen Humor, der sich zwischen
Tragödie und Komödie bewegt.
Die Jugend von heute sieht auch immer seltsamer aus |
Regisseur
Nikia Chryssos hat mit seinem Film eine ungestüme Mixtur geschaffen,
die von der ersten Minute an ein schräges Paralleluniversum innerhalb unserer
gewohnten Welt kreiert. Wundert man sich zunächst noch über den
urigen Familienvater, der eine Strichliste führt, sobald der Student
beim Abendessen noch einen Kloß mehr möchte, während die gesamte
Inneneinrichtung dieses schaurigen Bunkers immer noch Rätsel
aufgibt, erhält auch schon Sohn Klaus seinen Auftritt. Äußerlich
ist der angeblich Achtjährige ein Mysterium, hinter dem sich
offenbar ein Erwachsener in der Erscheinung eines Kindes verbirgt. Mit seinen
auffälligen Outfits und der Prinz-Eisenherz-Frisur versprüht Klaus
eine unheimliche Ausstrahlung, die durch sein kindlich-naives,
unüberlegtes Verhalten nur noch verstärkt wird. Und dann ist da
noch die Mutter, die einerseits kühl und distanziert wirkt,
andererseits ein äußerst bizarres Geheimnis verbirgt, bei dem der
Name "Heinrich", eine offene Wunde am Bein und eine
dämonisch verzerrte Stimme eine große Rolle spielen.
Ausnahmsweise darf auch mal gefeiert werden |
Was
dieses Kammerspiel-Kuriosum so faszinierend wie verstörend macht,
sind nicht die eigentlichen Absonderlichkeiten, die Chryssos am
laufenden Band auffährt, sondern die gewöhnliche
Selbstverständlichkeit, mit der der Regisseur diese komplett ohne
extrovertierte Paukenschläge in den Handlungsverlauf integriert.
"Der Bunker" ist in vielen Szenen derart schräg, dass man
kaum hinschauen möchte, doch er ist nicht einfach nur skurril der
Skurrilität wegen, sondern erzählt in seinem Kern oftmals von universell zugänglichen Themen. Chryssos erweist
sich als wagemutiger Regisseur, der extreme Genre-Zutaten und
Stil-Elemente stimmig zitiert sowie variiert, doch zwischen
Gaga-Humor und Body-Horror ist sein Film vor allem eine Geschichte
über den Missbrauch familiärer Autorität und Erziehungsmethoden.
Als Zuschauer bleibt einem genauso wie der Figur des Studenten kaum
eine andere Wahl, als all diese ungewöhnlichen Vorkommnisse maximal
seltsam zu empfinden. Aufgrund der völlig weltfremden Ansprüche,
die das Ehepaar an ihren Sohn stellt, der nichts weniger als
Präsident werden soll, obwohl er schon damit überfordert ist,
Hauptstädte richtig Ländern zuzuordnen, und der brutalen Strafen,
die Klaus über sich ergehen lassen muss, streut Chryssos aber nach
und nach Spuren in seinen Film, durch die so etwas wie bestürzte
Empathie entsteht.
Auch
wenn man es zuerst vermutlich niemals für möglich gehalten hätte,
ist "Der Bunker" eine trockene Groteske, in der sich ganz
tief verborgen viele emotionale Zwischentöne entdecken lassen. Hier
geht es nicht nur darum, regelmäßig bizarren Horror aus der spröden
Oberfläche hervor brechen zu lassen, sondern um aufrichtig
menschliche Aspekte, die dem bizarren Spektakel immer wieder als
Stützpfeiler dienen. Mit Unterstützung der fantastischen
Schauspieler hat Nikia Chryssos ein bemerkenswertes Kleinod
geschaffen, das man vor allem dann sehen sollte, wenn nicht gerade
die nächste private Unterrichtsstunde auf einen wartet.
7,5
von 10 für sich selbst gesungene Geburtstagslieder
von
Pat
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