GB/US,
2016. Regie: Susanne Bier. Buch: David Farr. Mit: Tom Hiddleston,
Hugh Laurie, Elizabeth Debicki, Tom Hollander, Olivia Colman, David
Harewood, Neil Morrissey, Tobias Menzies u.a. Länge: 8 Episoden á
ca. 45 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray
erhältlich.
Story:
Jonathan
Pine ist der Nachtmanager in einem Hotel in Kairo. Durch einen
Zwischenfall gerät er in ein kriminelles Geschäft, durch das seine
Geliebte Sophie getötet wird. Jahre später erhält er
vom britischen Geheimdienst die Möglichkeit, verdeckt in die kleine
Organisation von Richard Roper, einem mächtigen und nahezu
unantastbaren Waffenhändler, eingeschleust zu werden. Da Roper offensichtlich für den Tod von Sophie verantwortlich ist, nimmt Pine den Auftrag von Rache getrieben an. Nach und nach gerät er immer tiefer in einen Strudel
aus Verlockungen, Abgründen und der ständigen Gefahr, aufzufliegen
und mit dem Leben bezahlen zu müssen...
Meinung:
Was
Komplexität, Tiefgang und vielschichtig ausgearbeitete Figuren
angeht, kann die erste Staffel von "The Night Manager"
nicht mit der momentanen Speerspitze im Serien-Olymp mithalten. Die
Adaption von John Le Careés Roman-Vorlage, welche zusätzlich in die
Gegenwart übertragen wurde und zeitgemäße, politische Konflikte
berührt, besticht dafür mit ganz anderen Qualitäten.
Gut und Böse treffen aufeinander
Die
Geschichte des titelgebenden Night Managers Jonathan Pine, der aus
einer tragischen wie rachsüchtigen Motivation heraus das Angebot des britischen
Geheimdienstes annimmt, als verdeckter Spion in den engsten Kreis des
weltweit operierenden, nahezu unantastbaren Waffenhändlers Richard
Roper eingeschleust zu werden, bedient allem voran unwiderstehliche
Oberflächenreize. Die
dänische Regisseurin Susanne Bier, die bei allen Episoden Regie
führte,
und David Farr, der für jede Episode das Drehbuch schrieb, haben aus
dem Ausgangsmaterial ein geradliniges Stück klassischer,
mitreißender sowie unglaublich stilvoller Spionage-Unterhaltung
geschaffen. Die Regisseurin drückt der gesamten Staffel dabei einen derart
stylischen Stempel auf, mit edlen Hochglanz-Einstellungen und
malerischen Urlaubsorten am laufenden Band, so dass "The Night
Manager" optisch wie ein weiches Stück Butter auf der Netzhaut
des Betrachters zerschmilzt. Inhaltlich lässt sich die Serie
hingegen weitaus weniger eingängig erfassen, denn die glatt polierte
Makellosigkeit, die aus jedem Frame strahlt, könnte man ihr ebenso
als Makel ankreiden. Durch diese Form der Inszenierung wird die
reizvolle Anziehung durch das Böse, das hier überwiegend in
luxuriösen Hotels sowie teurer Kleidung mit Meeresfrüchten auf den
Tellern und in Anwesenheit bildhübscher Frauen residiert, allerdings
konsequent zum Ausdruck gebracht.
Eine Einstellung wie aus dem Bilderbuch
In
der Handlung geht es zunehmend darum, dass sich die Hauptfigur dem
kriminellen Umfeld, in dem sie sich getarnt befindet, immer stärker
angleichen muss, während die Gegenspieler ebenfalls von ständigem
Misstrauen geprägt und darum bemüht sind, das illegale Geschäft am Laufen
zu halten. Aus dieser Situation ergibt sich ein unentwegtes Spiel der
Maskerade, bei dem die Figuren ein bestimmtes Abbild verkörpern,
welches der eigenen Persönlichkeit nie vollständig entspricht und
trotzdem regelmäßig Risse erhält. Spannung erzeugt die Serie daher
weniger durch klassische Elemente des Genres wie Schusswechsel,
Explosionen oder Verfolgungsjagden, die über Jahrzehnte hinweg
beispielsweise durch das James-Bond-Franchise vermittelt wurden,
sondern über Verhalten und Ausdruck der jeweiligen Charaktere, ihre
Gespräche miteinander und das stetige Gefühl von Paranoia und
Bedrohung, bei dem jederzeit Masken fallen und Identitäten gelüftet
werden sowie Leben auf dem Spiel stehen könnten. Mit Tom Hiddleston
und Hugh Laurie hat man hierfür zwei Hauptdarsteller besetzt, die
sich diesem Prinzip der Täuschung und Verkleidung ideal hingeben.
Hier steht einiges auf dem Spiel
Hiddleston
spielt den Nachwuchs-Agenten mit unterkühlter Präsenz und wechselt
gekonnt zwischen verschlossener Mimik, charmantem Grinsen und einer
gebrochenen Persönlichkeit, während Laurie den Waffenhändler mit
einer eiskalten Ausstrahlung gibt, die vor allem durch seinen
beängstigenden Blick unterstützt wird, welcher sich immer wieder in
andere Figuren bohrt.
Bei den Nebendarstellern stechen ebenfalls einige Namen heraus.
Elizabeth Debicki erhält als undurchsichtige Schönheit und
Gefährtin von Roper eine Schlüsselrolle, während Tom Hollander als homosexuelle, misstrauische rechte Hand des Waffenhändlers für die
temperamentvollsten Momente der Serie sorgt. Etwas störender fügen
sich lediglich die Ereignisse rund um das MI6 ein. Die regelmäßigen
Abschweifungen nach London hin zu den Figuren, welche die Operation
maßgeblich steuern und immer wieder an ihre Grenzen stoßen, da der
Feind seine korrupten Finger bis in die eigenen Reihen ausstreckt,
bremsen die eigentliche Handlung rund um das Undercover-Dasein von
Pine im Vergleich etwas farblos aus und wirken mit ihren vielen
Diskussionen in sterilen Büroräumen zu bieder, auch wenn sich beide
Welten in den letzten Episoden stimmig vereinen. Die erste Staffel von
"The
Night Manager" ist somit äußerst stilvolle
Spionage-Unterhaltung, bei der potentielle Langeweile und fehlender
Tiefgang durch simplen, aber effektiven Glanz, geschickt verborgene
Persönlichkeiten in drastischen Situationen und vereinzelte
Spannungshöhepunkte kaschiert wird.
Fakten: Special ID (Tè Shū Shēn Fèn)
China. 2013. Regie und Buch: Clarence Fok. Mit: Donnie Yen, Jing Tian, Andy On,
Zhang Hanyu, Ronald Cheng, Collin Chou, Paw Hee-ching, Ken Lo, Frankie Ng, Rain
Lau u.a. Länge: 99 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Seit einer gefühlten Ewigkeit schon ermittelt Zilong Undercover in der
Unterwelt Chinas. Als seine Tarnung Gefahr läuft aufzufliegen, bittet er bei
seinen Vorgesetzten darum, endlich aussteigen zu dürfen – ohne Erfolg. Von ihm
wird verlangt seinen Ex-Kollegen Sunny, der zu den Triaden übergelaufen ist,
kalt zu stellen. Eine gefährliche Mission. Nicht nur kennt Sunny die wahre
Identität von Zilong, der versucht auch gerade einen mächtigen Gangsterboss zu
stürzen.
Meinung: Donnie Yen ist eine
feste Größe, wenn es um Martial Arts gibt. In chinesischen Produktionen hat er ebenso
gezeigt was er kann, wie in internationalen. Vor allem waren es aber
chinesische Kampfsportfilme, mit denen Yen sich bei Genre-Fans beliebt gemacht
hat. Egal ob in Nebenrollen wie „Hero“ oder als charakterlicher Fixpunkt im
immer noch wunderbare „Ip Man“. Schade allerdings, dass Yen trotz seiner
Fertigkeiten und einer großen Anzahl von Auftritten in Filmen, immer noch
hinter Jet Li oder Jackie Chan genannt wird. Mit „Special ID“ erhält Yen neben „Ip
Man“, „Ip Man 2“ und „Dragon“ erneut die Chance sich auch im westlichen Teil
der Welt als leading role in einem
Martial-Arts-Film zu beweisen.
Der Herr im weißen Unterhemd bekommt gleich Ärger
Inszeniert wurde „Special ID“ von Clarence Fok, der u.a. den von vielen innig
verehrten, von vielen innig verhassten „Naked Killer“ gedreht hat und mit „Special
ID“ nach gut 7 Jahren Regiepause sich wieder zurückmeldete. Das Fok wahrlich
kein guter Geschichtenerzähler ist, war damals so und in der Zeit der Ruhe, hat
er auch nicht dazu gelernt. Ein Martial-Arts-Film lebt natürlich von seiner
Physis, nur leider will „Special ID“ auch noch eine Geschichte rund um Verrat
und Vertrauen erzählen. Dramaturgisch wird dies aber kaum wirklich genutzt. Die
Momente, in denen Fok intensive Spannung erzeugt, sind knapp bemessen und äußerst
rar. Erschwerend hinzu kommt außerdem, dass sich der Film zerfasert anfühlt. Die
Figuren sind schuld daran. Die sind nämlich meist nicht mehr als Stangenware
aus dem Genre-Discounter, denen vor allem Charisma fehlt. Im Grunde ist nur
Donnie Yens Figur wirklich interessant. Blöd nur, dass die anderen auch
durchaus wichtig sind, für die weiteren Geschehnisse des Geschichte. Eine fokussiertere
Handhabung wäre empfehlenswert gewesen. Noch besser wäre es aber gewesen, wenn
die Actionszenen hätten begeistern können, doch leider bleibt hier „Special ID“
hinter den Erwartungen zurück. Von Yen ist man besseres gewohnt und der kinematografische
Blick auf die Kämpfe, lässt auch zu wünschen übrig und lässt die Kampfszenen
oftmals unnötig stumpf und halbgar aussehen.
„Special ID“ ist leider eine Enttäuschung. Wer nur einen Matial-Arts-Snack
sucht, wird zwar fündig, doch leider setzt Regisseur Clarence Fok zu häufig die
falschen Schwerpunkte. Wer Donnie Yen noch nicht kennt, kann gerne einen Blick
wagen, sollte sich vielleicht doch lieber zunächst an „Ip Man“ versuchen. Der
ist kampfkünstlerisch um Weiten erstaunlicher, besitzt eine gut funktionierende
Geschichte und auch Yen darf beweisen, dass er mehr kann, als nur Tritte und
Schläge auf akrobatische Art und Weise zu verteilen.
Fakten: 22 Jump Street
USA. 2014. Regie: Phil Lord, Christopher Miller. Buch: Michael Bacall,
Rodney Rothman, Stephen J. Cannell, Jonah Hill, Oren Uziel, Phil Lord, Christopher
Miller. Mit: Jonah Hill, Channing Tatum, Ice Cube, Amber Stevens, Wyatt
Russell, Jillian Bell, Peter Stormare, Nick Offerman, The Lucas Brothers, Dave
Franco, Jimmy Tatro, Caroline Aaron,
Craig Roberts, Marc Evans Jackson u.a. Länge: 112 Minuten. FSK: freigegeben ab 12Jahren. Ab 4. Dezember 2014 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story: Schmidt und Jenko sind wieder da. Nach dem Erfolg ihres letzten Einsatzes
bekommt das ungleiche Cop-Duo einen neuen Auftrag. Diesmal sollen sie am
College den Ursprung einer neuen Droge ausfindig machen. Kein einfacher Job,
denn die Freundschaft der beiden ungleichen Undercover-Polizisten wird auf der
Universität auf eine äußert harte Prüfung gestellt.
Meinung: Vor einigen Jahren gab
es den kurzlebigen Blockbuster-Trend bekannte Serienklassiker im frischen Gewand für die
große Leinwand neu zu adaptieren. Mit „Charlie’s Angels“, „Wild Wild West“ oder
„S.W.A.T. – Die Spezialeinheit“ gelangen damit sogar ein paar kapitale Erfolge.
Natürlich war es nicht das erste (und ganz sicher nicht das letzte) Mal, dass
eine TV-Serie als Vorlage für einen Kinofilm herhalten musste, aber es war genau
zu dieser Zeit, als die Idee aufkam die Krimiserie „21 Jump Street“ dem
Kinopublikum zu servieren. Es dauert dann allerdings doch noch etwas, bis
Undercover-Cops, die sich als Schüler tarnen, ihre Ermittlungen auf Zelluloid
aufnehmen konnten. Bis dahin befand sich das Projekt in der sogenannten development
hell. Aus dieser heraus kam das Projekt, als sich Jonah Hill dafür
interessierte. Doch dass mit Hill, dessen Leistungen in „Moneyball“ oder „The
Wolf of Wall Street“ noch blanke Zukunftsmusik waren, wohl kein klassischer
Krimi dabei herauskommen würde war klar und als dann noch Channing Tatum als
sein Buddy ins Projekt einstieg, ahnten die meisten wohl eines: ein totales
Desaster.
FUCK OFF! Diese Cops sprechen Klartext
Doch es kam anders. „21 Jump Street“ wurde nicht nur kommerziell erfolgreich,
nein, auch bei der Kritik überwiegten die positiven Meinungen. Denn der Film,
der das Realfilmdebüt des Regie-Duos Phil Lord und Chris Miller („Wolkig mit
Aussicht auf Fleischbällchen“) war, war nicht nur ein totaler Anarcho-Ulk, sondern
auch ein gewitzter Kommentar auf sein eigenes Genre - dass der Komödie -, sowie
eine sehr zielstrebige Abrechnung mit der akuten Ideenarmut Hollywoods, die
seit viel zu langer Zeit originäre Stoffe ausklammerten und sich stattdessen
auf Sequels, Prequels, Romanadaptionen von Bestsellern, Remakes sowie Reboots
konzentrierten. Das nach „21 Jump Street“ recht bald eine Fortsetzung entstehen
sollte war deswegen auch nicht sonderlich verwunderlich, denn einen Stier, der
überaschenderweise viel Milch gibt, kann man ja auch mehrmals versuchen zu melken. Außerdem:
warum sollten die Macher die Bühne eines zweiten Teils nicht nutzen, um sich
über den Sequel-Wahn lustig zu machen? Doch damit verbunden stellt sich auch
eine andere Frage: Gibt es nicht andere, clevere und kreativere Möglichkeiten,
um Filmfortführungen humoristisch zu verarbeiten als, nun ja, als
Filmfortführungen? Eine Frage, die mehr
noch ein Vorwurf ist. Ein Vorwurf, den „22 Jump Street“ nicht wirklich
entkräften kann.
Wichtig bei der Undercovereinsatz: ein unauffälliges Fortbewegungsmittel
Trotzdem funktioniert das hämische Spiel, vor allem auch deshalb, weil sich „22
Jump Street“ im komödiantischen Meta-Bereich auch mit anderen Trends der Popkultur
beschäftigt. Vor allem die sogenannte Bromance (eine leidenschaftliche
Männerfreundschaft, wie sie z.B. in „Scrubs“ oder „How I met your Mother“
tausendfach propagiert wurde) wird sich angenommen. Via Ulk wird dabei der
homosexuelle Tonus dieser Freundschaften aus dem Schatten gezerrt. Elegant ist
das Ganze nicht und wie bei so einigen Gagideen in „22 Jump Street“ wird’s recht
schnell zu durchschaubar und vor allem zu repetitiv. Daraus resultiert dann
auch eine alles überschattende Hektik, die vor allem den Showdown zu einer an
den Nerven sägenden Angelegenheit macht. Das ist dann so übertrieben und über
alle Maßen exzessiv, dass es zwischen parodistischer Referenz auf die
letztjährigen Komödienerfolge aus den Vereinigten Staaten und unbarmherzig
zähen Dadaismus umher pendelt. Es ist den Regisseuren Miller und Lord durchaus
zu zutrauen, dass dies auch ihr Plan war. Ihr letzter Film „The Lego Movie“ war
ebenso gewitzt wie chaotisch und stressig.
In den letzten Jahren versorgte uns die amerikanische Filmindustrie mit
diversen R-Rated-Comedys. Aber egal ob „Wir sind die Millers“, die „Hangover“-Trilogie
oder zuletzt „Bad Neighbors“, letztlich war das alles nur Malen-nach-Zahlen. Das
Befolgen eines standardisierten Protokolls. „21 Jump Street“ und„22 Jump Street“ arbeiten und narren auch mit dieser
Liste von Zuschauerwartungen, die abgehakt werden sollen. Alleine dieses eigene
Bewusstsein verschafft den beiden Filmen eine ganz persönliche, wohltuende
Note. Die kecke Beiläufigkeit, mit der die Erwartungen dann erfüllt oder eben
mit großem Buhei ins Feuer geworfen werden ist launig, wird aber sicherlich das
Kinopublikum spalten. Für die einen eine wohltuende Abrechnung, für andere eine
laute, grölende Dummheit. Aber egal ob man jetzt vergnügt oder genervt den
Abspann erreicht, den sollte sich jeder angucken. Wer selbst dort nicht die
parodistische Absicht hinter „22 Jump
Street“ erkennt, der hält wohl selbst „Hangover 2“ für große Komödienkunst.
Fakten: The Raid 2 (Serban maut 2)
Indonesien. 2014. Regie und Buch: Gareth Evans. Mit: Iko Uwais, Arifin Putra,
Oka Antara, Tio Pakusadewo, Alex Abbad, Ryuhei Matsuda, Yayan Ruhian, Kenichi
Endo, Very Tri Yulisman, Julie Estelle, Donny Alamsyah, Cecep Simbara,, Zack
Lee, Fikha Effendi, Roy Marten, Hengky Solaiman, Marsha Timothy u.a. Länge: 148
Minuten. FSK: freigegeben ab 18 Jahren. Ab 27. November 2014 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story: Wenige Stunden nach dem Vorfall in dem vom Gangsterboss Tama besetzten
Hochhaus, treffen sich die drei Überlebenden mit Bunawar, dem Chef einer
Anti-Korruption Einheit von Jakarta. Er bietet dem jungen Cop Rama an, für ihn
Undercover zu arbeiten, um endlich die Mopster der Stadt zu stoppen. Rama lehnt
ab. Doch als sein Bruder ermordet wird, der ihn im Kampf gegen Tama
unterstützte, kommen in ihm Rachegefühle zum Vorschein. Dazu scheint auch der
Rest seiner Familie in Gefahr zu sein. Rama willigt also Bunawars Plan zu und
lässt sich als Häftling in ein Gefängnis einschleusen, um dort Kontakt zu
knöpfen, mit Uco, dem Sohn des Gangsterbosses Bangun, der gerade einsitzt. Es
ist ein gefährlicher Auftrag, der Rama, der sich nun Yuda nennt, an seine
Grenzen bringt.
Meinung: Laut
deutscher Rechtsprechung handelt es sich dann um Pornografie, wenn ein Film mit
seinen expliziten Bildern darauf abzielt, profan gesagt, den Zuschauer
aufzugeilen. So gesehen ist die Bezeichnung Action-Porno für „The Raid“ aus dem
Jahre 2011 durchaus passend. Der Waliser Gareth Evans inszenierte mit diesem
simplen, aber höchst effektiven Reißer einen der meist gelobten Actionfilme des
neuen Jahrtausends. Dank diverser positiver Stimmen und dem daraus
resultierenden Hype gelang „The Raid“ sogar der Sprung ins ausländische Kino.
Für einen indonesischen Film durchaus eine Seltenheit. Und so scharte sich um
Evans dritten Spielfilm eine große Anhängerschaft, denn er erschuf mit „The
Raid“ ein Werk, welches in seiner konzentrierten Reduktion aufs Physische sowie
seiner klaren Videospielmentalität endlich wieder eine Fußspur im Genresand des
Actionfilms hinterließ, der noch nicht breit getrampelt wurde. „The Raid“ war
einfach pures Actionkino: Hart, schnell, rüde, gnadenlos - ein Rausch!
Rama kämpft sich durch Schlamm und Gegnerhorden
Ursprünglich war „The Raid“ als großes Action-Epos geplant. Doch wegen
Finanzierungsproblemen war Evans gezwungen, seine großangelegte Geschichte fürs
Erste in die Schublade zu stecken. Doch nach dem massiven Erfolg seines
Hochhaus-Kloppers kommen wir jetzt doch noch in den Genuss, „Berandal“ erleben
zu dürfen - Und zwar als Sequel „The Raid 2“, der Ende Juli 2014 endlich seinen
Weg in unsere Kinos findet und das absolut ungekürzt. Dass ist durchaus
überraschend, denn selbst in den USA verlangte die MPAA von Gareth Evans seine
Fortsetzung, für eine R-Rated-Freigabe, von einigen Gewaltdetails befreien.
Wenn der geneigte Actionfan also „The Raid 2“ ansieht, darf er es hierzulande
ohne Zensuren tun. Da lacht das Herz. Wenig zu lachen gibt es aber für die
Teile des Publikums, die den ersten Teil (noch) nicht gesehen haben, denn Evans
Geschichte befreit sich zwar konzeptionell von seinem Vorgänger, inhaltlich
knöpft „The Raid 2“ aber konsequent und direkt am Ende des ersten Teils an.
Gemütliche Autofahrten sind in "The Raid 2" selten
Dass Evans seinen Film bereits kurz nach Beendigung der Szenen schneiden kann,
zahlt sich aus. Selten gab es in letzter Zeit Actionszenen, bei der die Kamera
so nah dran war, alles dynamisch einfängt, die Hektik unmittelbar an das
Publikum weiterleitet und dennoch nie unübersichtlich wird. Dass er sich dazu
entschied, seine Fortsetzung in CinemaScope-Bildern einzufangen, erhöht dazu
nicht nur die Souveränität seines Films, sondern zeitgleich auch dessen pure
Eleganz. Es ist keine Eleganz aus am Horizont untergehenden Himmelskörpern,
schönen Kleidern und weitschweifigen Blicken. Es ist eine Eleganz aus Gewalt,
Dreck und Gnadenlosigkeit. Eingefangen in Bildern, die ohne Umwege von der
Leinwand reflektiert werden und auf die Netzhaut des Publikums donnern.
Visuelles Adrenalin, akustisch untermalt von einem treibenden Soundtrack. Bekam
„The Raid“ für seinen US-Start noch eine neue Musik spendiert (u.a. von Linkin
Park Rapper Mike Shinoada), greifen jetzt die auditiven Zahnräder von Westen
und Osten zusammen. Das Ergebnis ist stimmungsvoll, oftmals so radikal wie die
präsentierte Action und frei von Schnörkeln und sonstigen Verzierungen.
Vielleicht sollten sich die Komponisten beim nächsten Mal aber etwas mehr Mühe
mit den Namen ihrer Titel geben. Stücke wie „Hammerballs“, „Suck it up“, „Ball
Inspection“ oder „Toilet Nightmare“ erinnern mehr an einen Fetischporno, als an
einen Actionfilm.
Gareth Evans stattet sein „The Raid 2“ allgemein mit vielen auditiven Markierungen
aus. Neben dem Soundtrack legt er auch einen klaren Fokus auf die
Geräuschkulisse und erzeugt damit ein dichtes, klangliches Dickicht aus
Atmosphäre. Wenn Aluminiumbaseballschläger über den unebenen Bordstein klackern
oder man das Stöhnen aus Schmerz und Erschöpfung hört. Daraus generiert sich
über die Laufzeit von 148 Minuten ein einnehmender wie äußerst beeindruckender
Klangteppich.
Der Baseballbat-Man im Einsatz
Die Action, die „The Raid 2“ auf die Leinwand bringt, ist der von aktuellen
Blockbustererfolgen wie „Fast & Furious 6“ oder den gesammelten
Superheldenabenteuern aus dem Hause DC und Marvel nicht ganz unähnlich. Auch
bei „The Raid 2“ gleicht die Action einem purem Exzess. Dies war beim Vorgänger
schon so, anders als dieser, setzt Evans aber die Videospielmechanik hier neu
an. War „The Raid“ ein pures Abhandeln der einzelnen Stockwerke (sprich: Level)
und erinnerte somit an alte Spiele aus den Tagen der Arcade-Automaten, so
funktioniert das Sequel wesentlich weitläufiger. Noch immer muss Held Rama
einzelne Etappen meistern und oftmals warten auf ihm auch Endbosse, doch
gelingt es Evans den artifiziellen Charakter der Game-Ästhetik mit eigenem,
künstlerischen Anspruch zu überdecken und teilweise sogar auszuhebeln. Die Welt
in der „The Raid 2“ sein Publikum einführt, verfügt ganz einfach über ihre
eigene Authentizität und Logik. Wer also schon bei „Snowpiercer“ angeblich
schlechte Folgerichtigkeit monierte oder sich fragt, warum der „Oldboy“ während
seines Kampfes gegen dutzende Widersacher nicht einfach von diesen niedergeschossen
wird, der dürfte auch bei „The Raid 2“ sicher genügend Gründe finden, um das
Phantastische des Kinos mit dem Realitätshammer niederschlagen zu können.
Gehört Eka zu Rama oder verfolgt er eigene Pläne?
Zwar ist „The Raid 2“ bei seinen Actionszenen ähnlich exzessiv wie die bereits
erwähnten Hollywood-Kassenerfolge, jedoch inszeniert Gareth Evans Action
konsequent anders als es etwa Justin Lin in seinen letzten „Fast &
Furious“-Filmen getan hat. Evans Action ist geerdeter. Sie ist zu 100% auf
Effektivität ausgelegt. Sie besitzt etwas Naturalistisches und wirkt gerade
deswegen so absolut kompromisslos. Während die PS-Stiernacken Vin Diesel und
Dwayne Johnson 40 Minuten lang auf einer Landebahn mit ihrem Boliden für Krach
und Zerstörung sorgen und dabei ein Effektgewitter von Stapel lassen, welches zwar
die Portokasse der Universal Studios erzittern lässt, nicht aber die Leinwand.
„The Raid 2“ hingegen ist – klingt antiquiert passt aber äußerst treffend –
haus- und handgemachte Action. 18 Monate lang wurden die diversen Actionszenen
geplant, geprobt und vorbereitet. Ein Zeitaufwand, der für heutige
Hollywood-Produktionen absolut utopisch erscheint. Statt Special Effects aus
dem Hochleistungsrechner und Performance vor Greenscreen wurde bei „The Raid 2“
bedingungs- und hemmungslos auf die alte Schule gesetzt. Die Frage wie viele
Knochen bei den Dreharbeiten zu Bruch gingen und wie oft der Krankenwagen mit
Blaulicht einen der Darsteller oder Stunt Men ins Krankenhaus fahren musste,
kann wohl nicht akkurat beantwortet werden, allerdings sind all diese Schmerzen
und Anstrengungen nicht umsonst gewesen, denn mit „The Raid 2“ bekommt das
Action-Genre endlich wieder einen echten Meilenstein spendiert. Wer gut Action
mag, muss „The Raid 2“ einfach lieben.
Das Hammergirl hat Seltenheitswert
Es muss jedoch erwähnt werden, dass Gareth Evans wie bereits beim Vorgängerfilm
keinerlei Andeutungen zulässt. Will sagen: „The Raid 2“ suhlt sich in brutaler
Drastik. Hier reißen Kugeln tiefe Wunden ins Fleisch, fräßen sich Klingen durch
menschliche Körper und Gesichter werden mit voller Kraft gegen Beton und Stein
gehämmert. Die Kamera fängt alles ein. Auf explizite Zooms, direkt ins
Epizentrum der Wunden, wird zwar größtenteils verzichtet, dennoch ist „The Raid
2“ äußerst rau und reißerisch. Seine Gewalt verkommt dabei aber nie zum blanken
Eskapismus. Viel mehr verschließt sie die Tür hinaus in den Optimismus. Auch
vor allzu zynischen Eruptionen bewahrt Evans das Herzstück seines Films.
Einzige eine größer angelegte Exekutionsszene lässt Zynismus zu, dieser ist
allerdings an eine der Figuren gekoppelt und verfestigt somit deren Stand in
der Inszenierung.
Der Sohn des Bosses, macht sich auch die Hände schmutzig
Die Figuren die Gareth Evans für „The Raid 2“ (bzw. „The Raid“) erschaffen hat,
fügen sich nahtlos in die Welt ein. Hauptdarsteller Iko Uwais mag
wahrscheinlich niemals die darstellerische Intensität eines jungen Marlon
Brando erreichen, aber als reinrassige Projektionsfläche macht er sich überaus
gut und zufriedenstellend. Mit seiner Figur Rama lässt sich einfach mitfiebern
und bangen und wenn er in den Zerstörungsmodus schaltet und gefühlt ganze
Hundertschaften von Handlangern aus dem Weg räumt, dass erblüht das Actionherz
vor Freude, denn in seiner Ausstrahlung verbirgt sich eine spürbare, passive
Aggressivität und wenn diese ihren Status auf „aktiv“ stellt, gibt es kein
Halten mehr. Dann erzittert die Leinwand förmlich. Ja, Iko Uwais ist kein
grandioser Darsteller, aber er ist ein perfekter Actionheld. Gareth Evans
scheint dies zu wissen, so dass er den Plot zwar wesentlich anspruchsvoller
gestaltet als im ersten Teil, dennoch darauf achtet, dass es nicht zu komplex
und kompliziert wird.
Halb so schlimm: morgen ist Waschtag
Darstellerisch gibt es an „The Raid 2“ nicht viel auszusetzen. Die Erwartungen
an den Cast kann dieser problemlos erfüllen. Die Charaktere, die Evans seinen
Schauspielern zur Verfügung stellt, sind halt oftmals nicht mehr als Schablonen.
Kopiert und ausgestanzt aus diversen anderen Filmen. Stören tut dies aber nicht
im Geringsten. Denn das Figurenkarussell ist aus einem Guss und bietet neben
typischen Figuren wie Gangsterbossen und Verrätern auch einige nette Ausreißer.
Da wäre der zottelige Auftragsmörder Prakoso, den Action-Choreograph Yayan
Ruhian spielt, der bereits bei „The Raid“ als Mad Dog in Erscheinung getreten
ist, sowie das Geschwisterpärchen Hammergirl und Baseballbat-Man. Vor allem die
letzten zwei stechen in ihrer klaren Formulierung aus dem Figurenkabinett
heraus. Jedoch sollte angemerkt sein, dass sie nicht so zentral sind, wie es
die PR-Abteilung von „The Raid 2“ einem weiß machen will. Letztlich sind es
charakterliche Randnotizen, die gegen Ende aber erneut mit ihrem Auftreten und
ihrer Funktion „The Raid 2“ wieder an die Videospiel-Ästhetik heranbringen und
somit einer der klarsten, stilistischen Brücken zwischen Erstling und
Fortsetzung sind.
Willkommen in der Zentrale der Unterwelt
Ansonsten verlässt Gareth Evans mit dem Sequel das konsequent physische Gefilde
von „The Raid 2“. Selbstverständlich sind die Actionsequenzen immer noch pures
Körperkino in exzellenter Vollendung (diesmal ist der Anteil von Shoot-Outs
sogar deutlich kleiner als im Vorgänger), doch dadurch dass er einen größeren
Plot um die Action errichtet hat, wirkt die Fortsetzung wesentlich reifer und
vielfältiger. Bestand „The Raid“ zu 100% aus dreckigen Fluren und grauem Beton,
frönt Evans in „The Raid 2“ der Abwechslung: mal brüchig und verstaubt, dann
wiederrum edel und glänzend. Evans genießt es sichtbar sich in mehreren
gesellschaftlichen (Unter-)Welten austoben zu dürfen. Sein bereits gelobter
Blick fürs Wesentliche, sowie seine wirklich ansprechende Montage von
Szenenwechseln vervollständigen das überaus positive Gesamtbild. Schon lange
sah kein Actionfilm so verdammt gut aus wie „The Raid 2“. Da passt es dann
auch, dass zwischen indonesischen Trommelinfernos und elektronischen Beats auch
Zeit bleibt für Georg Friedrich Händels „Sarabande“.
„The Raid 2“ als gelungene Fortsetzung zu bezeichnen, ist untertrieben.
Regisseur, Cutter und Autor Gareth Evans hat mit seinem Sequel einen
Meilenstein des Genre formiert: Hart, fesselnd, elektrisierend, umwerfend
inszeniert. Ohne die Fans der letzten erfolgreichen Actionvehikel verprellen zu
wollen: Aber bessere und reinere Action als bei „The Raid 2“ gab es seit ewigen
Zeiten nicht mehr im Kino zu bestaunen. Alles andere wirkt dagegen wie ein
Kindergeburtstag im Inklusionshort. Wer Action mag, MUSS „The Raid 2“ einfach
sehen. Gareth Evans führt hier etwas fort, was er 2009 mit seinem ersten
Actionfilm „Merantau“ begann: Eine Liebeserklärung an das Action- und
Kampfkunst-Genre. So gesehen ist „The Raid“ und „The Raid 2“ schon zu
romantisch, um wirklich als Porno durchzugehen.