Fakten: The Raid 2 (Serban maut 2)
Indonesien. 2014. Regie und Buch: Gareth Evans. Mit: Iko Uwais, Arifin Putra,
Oka Antara, Tio Pakusadewo, Alex Abbad, Ryuhei Matsuda, Yayan Ruhian, Kenichi
Endo, Very Tri Yulisman, Julie Estelle, Donny Alamsyah, Cecep Simbara,, Zack
Lee, Fikha Effendi, Roy Marten, Hengky Solaiman, Marsha Timothy u.a. Länge: 148
Minuten. FSK: freigegeben ab 18 Jahren. Ab 27. November 2014 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story: Wenige Stunden nach dem Vorfall in dem vom Gangsterboss Tama besetzten
Hochhaus, treffen sich die drei Überlebenden mit Bunawar, dem Chef einer
Anti-Korruption Einheit von Jakarta. Er bietet dem jungen Cop Rama an, für ihn
Undercover zu arbeiten, um endlich die Mopster der Stadt zu stoppen. Rama lehnt
ab. Doch als sein Bruder ermordet wird, der ihn im Kampf gegen Tama
unterstützte, kommen in ihm Rachegefühle zum Vorschein. Dazu scheint auch der
Rest seiner Familie in Gefahr zu sein. Rama willigt also Bunawars Plan zu und
lässt sich als Häftling in ein Gefängnis einschleusen, um dort Kontakt zu
knöpfen, mit Uco, dem Sohn des Gangsterbosses Bangun, der gerade einsitzt. Es
ist ein gefährlicher Auftrag, der Rama, der sich nun Yuda nennt, an seine
Grenzen bringt.
Meinung: Laut
deutscher Rechtsprechung handelt es sich dann um Pornografie, wenn ein Film mit
seinen expliziten Bildern darauf abzielt, profan gesagt, den Zuschauer
aufzugeilen. So gesehen ist die Bezeichnung Action-Porno für „The Raid“ aus dem
Jahre 2011 durchaus passend. Der Waliser Gareth Evans inszenierte mit diesem
simplen, aber höchst effektiven Reißer einen der meist gelobten Actionfilme des
neuen Jahrtausends. Dank diverser positiver Stimmen und dem daraus
resultierenden Hype gelang „The Raid“ sogar der Sprung ins ausländische Kino.
Für einen indonesischen Film durchaus eine Seltenheit. Und so scharte sich um
Evans dritten Spielfilm eine große Anhängerschaft, denn er erschuf mit „The
Raid“ ein Werk, welches in seiner konzentrierten Reduktion aufs Physische sowie
seiner klaren Videospielmentalität endlich wieder eine Fußspur im Genresand des
Actionfilms hinterließ, der noch nicht breit getrampelt wurde. „The Raid“ war
einfach pures Actionkino: Hart, schnell, rüde, gnadenlos - ein Rausch!
Rama kämpft sich durch Schlamm und Gegnerhorden
Ursprünglich war „The Raid“ als großes Action-Epos geplant. Doch wegen
Finanzierungsproblemen war Evans gezwungen, seine großangelegte Geschichte fürs
Erste in die Schublade zu stecken. Doch nach dem massiven Erfolg seines
Hochhaus-Kloppers kommen wir jetzt doch noch in den Genuss, „Berandal“ erleben
zu dürfen - Und zwar als Sequel „The Raid 2“, der Ende Juli 2014 endlich seinen
Weg in unsere Kinos findet und das absolut ungekürzt. Dass ist durchaus
überraschend, denn selbst in den USA verlangte die MPAA von Gareth Evans seine
Fortsetzung, für eine R-Rated-Freigabe, von einigen Gewaltdetails befreien.
Wenn der geneigte Actionfan also „The Raid 2“ ansieht, darf er es hierzulande
ohne Zensuren tun. Da lacht das Herz. Wenig zu lachen gibt es aber für die
Teile des Publikums, die den ersten Teil (noch) nicht gesehen haben, denn Evans
Geschichte befreit sich zwar konzeptionell von seinem Vorgänger, inhaltlich
knöpft „The Raid 2“ aber konsequent und direkt am Ende des ersten Teils an.
Gemütliche Autofahrten sind in "The Raid 2" selten
Dass Evans seinen Film bereits kurz nach Beendigung der Szenen schneiden kann,
zahlt sich aus. Selten gab es in letzter Zeit Actionszenen, bei der die Kamera
so nah dran war, alles dynamisch einfängt, die Hektik unmittelbar an das
Publikum weiterleitet und dennoch nie unübersichtlich wird. Dass er sich dazu
entschied, seine Fortsetzung in CinemaScope-Bildern einzufangen, erhöht dazu
nicht nur die Souveränität seines Films, sondern zeitgleich auch dessen pure
Eleganz. Es ist keine Eleganz aus am Horizont untergehenden Himmelskörpern,
schönen Kleidern und weitschweifigen Blicken. Es ist eine Eleganz aus Gewalt,
Dreck und Gnadenlosigkeit. Eingefangen in Bildern, die ohne Umwege von der
Leinwand reflektiert werden und auf die Netzhaut des Publikums donnern.
Visuelles Adrenalin, akustisch untermalt von einem treibenden Soundtrack. Bekam
„The Raid“ für seinen US-Start noch eine neue Musik spendiert (u.a. von Linkin
Park Rapper Mike Shinoada), greifen jetzt die auditiven Zahnräder von Westen
und Osten zusammen. Das Ergebnis ist stimmungsvoll, oftmals so radikal wie die
präsentierte Action und frei von Schnörkeln und sonstigen Verzierungen.
Vielleicht sollten sich die Komponisten beim nächsten Mal aber etwas mehr Mühe
mit den Namen ihrer Titel geben. Stücke wie „Hammerballs“, „Suck it up“, „Ball
Inspection“ oder „Toilet Nightmare“ erinnern mehr an einen Fetischporno, als an
einen Actionfilm.
Gareth Evans stattet sein „The Raid 2“ allgemein mit vielen auditiven Markierungen
aus. Neben dem Soundtrack legt er auch einen klaren Fokus auf die
Geräuschkulisse und erzeugt damit ein dichtes, klangliches Dickicht aus
Atmosphäre. Wenn Aluminiumbaseballschläger über den unebenen Bordstein klackern
oder man das Stöhnen aus Schmerz und Erschöpfung hört. Daraus generiert sich
über die Laufzeit von 148 Minuten ein einnehmender wie äußerst beeindruckender
Klangteppich.
Der Baseballbat-Man im Einsatz
Die Action, die „The Raid 2“ auf die Leinwand bringt, ist der von aktuellen
Blockbustererfolgen wie „Fast & Furious 6“ oder den gesammelten
Superheldenabenteuern aus dem Hause DC und Marvel nicht ganz unähnlich. Auch
bei „The Raid 2“ gleicht die Action einem purem Exzess. Dies war beim Vorgänger
schon so, anders als dieser, setzt Evans aber die Videospielmechanik hier neu
an. War „The Raid“ ein pures Abhandeln der einzelnen Stockwerke (sprich: Level)
und erinnerte somit an alte Spiele aus den Tagen der Arcade-Automaten, so
funktioniert das Sequel wesentlich weitläufiger. Noch immer muss Held Rama
einzelne Etappen meistern und oftmals warten auf ihm auch Endbosse, doch
gelingt es Evans den artifiziellen Charakter der Game-Ästhetik mit eigenem,
künstlerischen Anspruch zu überdecken und teilweise sogar auszuhebeln. Die Welt
in der „The Raid 2“ sein Publikum einführt, verfügt ganz einfach über ihre
eigene Authentizität und Logik. Wer also schon bei „Snowpiercer“ angeblich
schlechte Folgerichtigkeit monierte oder sich fragt, warum der „Oldboy“ während
seines Kampfes gegen dutzende Widersacher nicht einfach von diesen niedergeschossen
wird, der dürfte auch bei „The Raid 2“ sicher genügend Gründe finden, um das
Phantastische des Kinos mit dem Realitätshammer niederschlagen zu können.
Gehört Eka zu Rama oder verfolgt er eigene Pläne?
Zwar ist „The Raid 2“ bei seinen Actionszenen ähnlich exzessiv wie die bereits
erwähnten Hollywood-Kassenerfolge, jedoch inszeniert Gareth Evans Action
konsequent anders als es etwa Justin Lin in seinen letzten „Fast &
Furious“-Filmen getan hat. Evans Action ist geerdeter. Sie ist zu 100% auf
Effektivität ausgelegt. Sie besitzt etwas Naturalistisches und wirkt gerade
deswegen so absolut kompromisslos. Während die PS-Stiernacken Vin Diesel und
Dwayne Johnson 40 Minuten lang auf einer Landebahn mit ihrem Boliden für Krach
und Zerstörung sorgen und dabei ein Effektgewitter von Stapel lassen, welches zwar
die Portokasse der Universal Studios erzittern lässt, nicht aber die Leinwand.
„The Raid 2“ hingegen ist – klingt antiquiert passt aber äußerst treffend –
haus- und handgemachte Action. 18 Monate lang wurden die diversen Actionszenen
geplant, geprobt und vorbereitet. Ein Zeitaufwand, der für heutige
Hollywood-Produktionen absolut utopisch erscheint. Statt Special Effects aus
dem Hochleistungsrechner und Performance vor Greenscreen wurde bei „The Raid 2“
bedingungs- und hemmungslos auf die alte Schule gesetzt. Die Frage wie viele
Knochen bei den Dreharbeiten zu Bruch gingen und wie oft der Krankenwagen mit
Blaulicht einen der Darsteller oder Stunt Men ins Krankenhaus fahren musste,
kann wohl nicht akkurat beantwortet werden, allerdings sind all diese Schmerzen
und Anstrengungen nicht umsonst gewesen, denn mit „The Raid 2“ bekommt das
Action-Genre endlich wieder einen echten Meilenstein spendiert. Wer gut Action
mag, muss „The Raid 2“ einfach lieben.
Das Hammergirl hat Seltenheitswert
Es muss jedoch erwähnt werden, dass Gareth Evans wie bereits beim Vorgängerfilm
keinerlei Andeutungen zulässt. Will sagen: „The Raid 2“ suhlt sich in brutaler
Drastik. Hier reißen Kugeln tiefe Wunden ins Fleisch, fräßen sich Klingen durch
menschliche Körper und Gesichter werden mit voller Kraft gegen Beton und Stein
gehämmert. Die Kamera fängt alles ein. Auf explizite Zooms, direkt ins
Epizentrum der Wunden, wird zwar größtenteils verzichtet, dennoch ist „The Raid
2“ äußerst rau und reißerisch. Seine Gewalt verkommt dabei aber nie zum blanken
Eskapismus. Viel mehr verschließt sie die Tür hinaus in den Optimismus. Auch
vor allzu zynischen Eruptionen bewahrt Evans das Herzstück seines Films.
Einzige eine größer angelegte Exekutionsszene lässt Zynismus zu, dieser ist
allerdings an eine der Figuren gekoppelt und verfestigt somit deren Stand in
der Inszenierung.
Der Sohn des Bosses, macht sich auch die Hände schmutzig
Die Figuren die Gareth Evans für „The Raid 2“ (bzw. „The Raid“) erschaffen hat,
fügen sich nahtlos in die Welt ein. Hauptdarsteller Iko Uwais mag
wahrscheinlich niemals die darstellerische Intensität eines jungen Marlon
Brando erreichen, aber als reinrassige Projektionsfläche macht er sich überaus
gut und zufriedenstellend. Mit seiner Figur Rama lässt sich einfach mitfiebern
und bangen und wenn er in den Zerstörungsmodus schaltet und gefühlt ganze
Hundertschaften von Handlangern aus dem Weg räumt, dass erblüht das Actionherz
vor Freude, denn in seiner Ausstrahlung verbirgt sich eine spürbare, passive
Aggressivität und wenn diese ihren Status auf „aktiv“ stellt, gibt es kein
Halten mehr. Dann erzittert die Leinwand förmlich. Ja, Iko Uwais ist kein
grandioser Darsteller, aber er ist ein perfekter Actionheld. Gareth Evans
scheint dies zu wissen, so dass er den Plot zwar wesentlich anspruchsvoller
gestaltet als im ersten Teil, dennoch darauf achtet, dass es nicht zu komplex
und kompliziert wird.
Halb so schlimm: morgen ist Waschtag
Darstellerisch gibt es an „The Raid 2“ nicht viel auszusetzen. Die Erwartungen
an den Cast kann dieser problemlos erfüllen. Die Charaktere, die Evans seinen
Schauspielern zur Verfügung stellt, sind halt oftmals nicht mehr als Schablonen.
Kopiert und ausgestanzt aus diversen anderen Filmen. Stören tut dies aber nicht
im Geringsten. Denn das Figurenkarussell ist aus einem Guss und bietet neben
typischen Figuren wie Gangsterbossen und Verrätern auch einige nette Ausreißer.
Da wäre der zottelige Auftragsmörder Prakoso, den Action-Choreograph Yayan
Ruhian spielt, der bereits bei „The Raid“ als Mad Dog in Erscheinung getreten
ist, sowie das Geschwisterpärchen Hammergirl und Baseballbat-Man. Vor allem die
letzten zwei stechen in ihrer klaren Formulierung aus dem Figurenkabinett
heraus. Jedoch sollte angemerkt sein, dass sie nicht so zentral sind, wie es
die PR-Abteilung von „The Raid 2“ einem weiß machen will. Letztlich sind es
charakterliche Randnotizen, die gegen Ende aber erneut mit ihrem Auftreten und
ihrer Funktion „The Raid 2“ wieder an die Videospiel-Ästhetik heranbringen und
somit einer der klarsten, stilistischen Brücken zwischen Erstling und
Fortsetzung sind.
Willkommen in der Zentrale der Unterwelt
Ansonsten verlässt Gareth Evans mit dem Sequel das konsequent physische Gefilde
von „The Raid 2“. Selbstverständlich sind die Actionsequenzen immer noch pures
Körperkino in exzellenter Vollendung (diesmal ist der Anteil von Shoot-Outs
sogar deutlich kleiner als im Vorgänger), doch dadurch dass er einen größeren
Plot um die Action errichtet hat, wirkt die Fortsetzung wesentlich reifer und
vielfältiger. Bestand „The Raid“ zu 100% aus dreckigen Fluren und grauem Beton,
frönt Evans in „The Raid 2“ der Abwechslung: mal brüchig und verstaubt, dann
wiederrum edel und glänzend. Evans genießt es sichtbar sich in mehreren
gesellschaftlichen (Unter-)Welten austoben zu dürfen. Sein bereits gelobter
Blick fürs Wesentliche, sowie seine wirklich ansprechende Montage von
Szenenwechseln vervollständigen das überaus positive Gesamtbild. Schon lange
sah kein Actionfilm so verdammt gut aus wie „The Raid 2“. Da passt es dann
auch, dass zwischen indonesischen Trommelinfernos und elektronischen Beats auch
Zeit bleibt für Georg Friedrich Händels „Sarabande“.
„The Raid 2“ als gelungene Fortsetzung zu bezeichnen, ist untertrieben.
Regisseur, Cutter und Autor Gareth Evans hat mit seinem Sequel einen
Meilenstein des Genre formiert: Hart, fesselnd, elektrisierend, umwerfend
inszeniert. Ohne die Fans der letzten erfolgreichen Actionvehikel verprellen zu
wollen: Aber bessere und reinere Action als bei „The Raid 2“ gab es seit ewigen
Zeiten nicht mehr im Kino zu bestaunen. Alles andere wirkt dagegen wie ein
Kindergeburtstag im Inklusionshort. Wer Action mag, MUSS „The Raid 2“ einfach
sehen. Gareth Evans führt hier etwas fort, was er 2009 mit seinem ersten
Actionfilm „Merantau“ begann: Eine Liebeserklärung an das Action- und
Kampfkunst-Genre. So gesehen ist „The Raid“ und „The Raid 2“ schon zu
romantisch, um wirklich als Porno durchzugehen.
„The
Raid 2“ hat einen neuen Internet-Trailer. Der ist kurz aber knackig und sollte
jedem Actionfan das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Hoffen wir, dass das
Sequel zu Gareth Evans Action-Hit von 2011 ohne Zensuren in unsere Kinos kommt
(die Zeichen stehen gut, wie schnittberichte.com kürzlich berichtete). Einen
Starttermin gibt es leider immer noch nicht. Angepeilt ist vom deutschen
Verleih aber das 2. Quartal.
Fakten: Man of Tai Chi
CN/HK/USA. 2013. Regie: Keanu Reeves. Buch: Michael G. Cooney. Mit: Tiger Hu
Chen, Keanu Reeves, Iko Uwais, Karen Mok, Hai Yu, Simon Yam, Jeremy Marinas,
Brahim Achabbakhe u.a. Länge: 105 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Ab 17. Juli 2014 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story: Chen ist ein Meister der Kampfkunst und doch immer noch Schüler seines
Meisters. Als dieser jedoch in Geldnot gerät nimmt er das Angebot des zwielichtigen
Donaka Mark an und wird Teilnehmer in einem geheimnisvollen Kampfturnier.
Meinung: Zuletzt war es der
chinesische Sonnenbrillenfetischst Kar Wai Wong, der sich mit seiner Huldigung
des Wing Chun-Großmeisters Yip Man „The Grandmaster“ nicht nur ein langjähriges
Wunschprojekt verwirklichte, er gewährte dem Zuschauer auch einen Blick in die
intime Lebensphilosophie seiner selbst. Das Resümee fiel dann zwar nicht
unbedingt vernichtend aus, die Enttäuschung über Wongs ästhetisierten
Flickenteppich war dennoch enorm. Gleiches gilt auch für RZA's ultrabrutale
Eastern-Hommage „The Man with the Iron Fists“, die mit pumpender Wu-Tang-Musik
im Schlepptau zwar für einen interessanten Kontrast sorgte, als Gesamtwerk auch
mit einer sympathischen Grundmotivation daherkommt, letzten Endes aber an der
Unerfahrenheit RZA's zerschellte und durch die dilettantische Narration und der
überladenden Inszenierung schnell jeden Reiz verspielte. Aber nicht nur Kar Wai
Wong und RZA träumten schon seit frühster Kindheit davon, irgendwann mal einen
ganz eigenen Film auf die Beine zu stellen, der dem traditionellen Stil
fernöstlicher Kampfsportfilme huldigt. Auch Anti-Mime Keanu Reeves („Matrix“)
hat sich nun mit „Man of Tai Chi“ diesen Traum erfüllen dürfen.
Kille,kille, kille
„Man of Tai Chi“ wäre aus technischer Sicht wohl ein interessanter Film
gewesen, hätte das Budget für die geplanten Bodykameras ausgereicht, die wie
Exoskelette um die drahtigen Leibe der Fighter geschnallt worden wären und so
das Bestmögliche in Sachen kinetischer Energie aus den nach wie vor vorzüglich
choreografierten und fotografierten Kampfszenen herausgeholt hätten. Und genau
dort liegen auch wenig überraschend die Stärken von „Man of Tai Chi“
begraben: Wenn es zum Schlagabtausch im Ring (oder auch mal außerhalb) kommt,
weiß Keanu Reeves genau, wie er diese inszenieren und in Szene setzen muss.
Martial-Arts-Fans kommen fraglos auf ihre Kosten, wie auch Reeves seine
Begeisterung für das Taijiquan
erkennbar zum Ausdruck bringen kann und adäquat in Form gießt. Mit dem Stuntman
Tiger Hu Chen in der tragenden Hauptrolle, den Keanu Reeves während der
Dreharbeit zum Cyberpunk-Klassiker „Matrix“ kennenlernte, hat der in Beirut
geborene Star tatsächlich eine – betrachtet man das Ganze aus dem physisch-athletischen
Blickwinkel – sehr gute Wahl getroffen. Doch „Man of Tai Chi“ möchte mehr
erreichen.
Kampftechnik Nr. 442: romantischer Blickkontakt
Immer wieder lässt das Drehbuch die Schauspieler in salbungsvollen Dia- und
Monologen darüber sinnieren, welch ungemein philosophische und spirituelle
Impulsivität die Essenz des Tai-Chi doch atmet: Kraft, als körperlicher
Attribut, kann nur dann von echtem Nutzen sein, wenn man sie durch ein
sortiertes Chi kontrolliert und entfaltet wird; durch die Verneinung von Körper
und Geist, von Ying und Yang. Und der Weg dorthin führt unentwegt über die
Meditation, über die Suche nach der eigenen Mitte. „Man of Tai Chi“ frönt
damit das Altmodische, das Tradierte, um es durch die Person des nihilistischen
Donaka Mark (Keanu Reeves) und seinem illegalen Fight Club mit dem modernen
Zeitwesen geradewegs zu konfrontieren, dem es nicht um die Kunst des Kampfes,
der Bewegung geht, sondern rein um das bestialische Töten. Durch diesen Fight
Club versucht das Drehbuch eine Meta-Ebene in den Film einzubauen, in dem sich
Protagonist Hu Chen unwissend und ohne eigennützigen Hintergedanken auf Donaka
einlässt und das Opfer der sensationslüsternen Zeitrechnung wird: Sein Leben
wird von nun an auf Schritt und Tritt von versteckten Kameras verfolgt, und
macht sich zum Ziel zu zeigen, wie diese unschuldige Seele, dieser Mann reinen
Herzens zur Bestie wird.
Diese psychologische und medien- wie konsumkritische Komponenten aber bleiben
bloße Behauptungen und dienen als nutzloser Selbstzweck ohne jedes reflexive
Profil. Genau wie die lustlos eingeschobene Lovestory, die nur dabei ist, weil
dergleichen wohl immer dabei sein muss. In Wahrheit ist „Man of Tai Chi“ nur
darauf aus, sich von einer Kampfszene schnellst möglichst zur nächsten
Kampfszene zu hangeln, während sich das eigentliche Handlungsgerüst als dröger
Trugschluss identifizieren lässt. Etwas überheblich, oder? Am Ende, wenn Keanu
Reeves dann auch noch grimassierend die Fäuste tanzen lassen darf, kommt „Man of Tai Chi“ irgendwann zu dem Entschluss, dass das Moderne neben dem
Traditionellen eigentlich doch existieren kann, natürlich in einer rein legalen
und den Spirit der Kampfkunst preisenden Art und Weise. Aha.
Mittlerweile
mausert sich „The Raid 2“ zum klaren Actionfilm-Most-Wanted des noch jungen
Jahres. Das Sequel zum indonesischen Adrenalin-Highlight hat erneut einen
Trailer spendiert bekommen und der macht, wie die Vorgänger bereits auch, Lust
auf mehr. Leider hat der Film noch keinen deutschen Starttermin. Wir hoffen, dass
sich dies bald ändern wird. Wenn das Sequel nur halb so rasant wird, wie es die Trailer suggerieren... oh yeah!