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Review: NERVE – Thriller im Neuland

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Fakten:
Nerve
USA. 2016. Regie: Henry Joost, Ariel Schulman. Buch: Jessica Sharzer, Jeanne Ryan (Vorlage). Mit: Emma Roberts, Dave Franco, Juliette Lewis, Emily Meade, Miles Heizer, Kimiko Länge: 96 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.


Story:
Bist du Player oder Watcher? Auf Vees (Emma Roberts) Highschool gibt es so gut wie kein anderes Gesprächsthema mehr als die immer riskanter werdenden Challenges, die das illegale Online-Game „Nerve" seinen Spielern stellt. Um einmal so wie ihre Freundin Sydney im Mittelpunkt zu stehen meldet sich die eher schüchterne Vee kurzentschlossen selbst bei „Nerve“ an. Angetrieben vom Kick des Verbotenen bricht Vee mit ihrem ebenso attraktiven wie mysteriösen neuen Game-Partner Ian (Dave Franco) schnell alle Tabus: keine Challenge ist ihnen zu riskant. Über Nacht werden Vee und Ian die Sensation des immer gefährlicher werdenden Spiels! Doch als Vee herausfindet, dass ihre gesamten Social Media Accounts gehackt wurden, und versucht, aus dem Spiel wieder auszusteigen, muss sie feststellen, dass es dafür längst zu spät ist…




Meinung:
Mittlerweile haben die digital naitives schon ihre zweite Generation erreicht und das von Kanzlerin als „Neuland“ bezeichnete Internet ist längst zum Lebensalltag gewurden. Dies beinhaltet aber natürlich auch diverse Negativschlagzeilen rund um Betrug und andere Verbrechen, die in den Tiefen des Webs ausgeübt werden. Abseits davon sehen viele auch eine Gefahr in der Manipulation, die das Netz mit sich bringt. Vor allem in sozialen Medien wie Facebook oder Twitter schlummert die menschliche Schwäche sich vor andere beweisen zu wollen. Was früher Spiele wie Wahrheit oder Pflicht waren, sind nun im Internet verbreitete Mutproben. Der Thriller „Nerve“ nimmt sich nun diesem Thema an und verpackt das Ganze visuell in eine moderne Web-Optik.


Spritztour gefällig?
Das Regie Duo Henry Joost, Ariel Schulman („Paranormal Activity 3“) schwelgt regelrecht in dieser High-Tech-Glanzoptik, lässt sie sogar zum bestimmenden Kern des Films werden, der handlungstechnisch und von den Figuren nicht mehr darbietet, als stereotype Blaupausen, die sichtbar per Copy-&-Paste-Verfahren entstanden sind. Wirklich mitreißend ist das nicht. Weder der Handlungsverlauf, noch die stilistische Aufmachung kann die Ideenarmut des Scripts verbergen, welches ohne sonderliche Überraschungen seine relevanten Punkte abhakt. Ein weiteres Problem ist auch dass das eigentlich native des Virtuellen, bzw. Digitalen Raums immer wieder als Besonderheit dargestellt wird. Somit stellt sich „Nerve“ selbst ein Bein, will der Film doch zum einen versuchen das Web als gegenwärtige Alltäglichkeiten darzustellen, präsentiert es aber dennoch fast schon wie eine elektronische Freakshow. Auch kann „Nerve“ sich nie so richtig entscheiden, ob es den Exzess der digitalen Grenzenlosigkeit ungehemmt zelebrieren soll, oder doch mit moralinsauerem Zeigefinger vor den Gefahren warnen möchte. So oder so, wirkt beides äußerst hölzern und abseits seiner Visualität unambitioniert.


Die beiden Jungdarsteller Emma Roberts („Scream 4“) und Dave Franco („Now you see me – Die Unfassbaren“) besitzen darüber hinaus keinerlei Chemie. Roberts als sich stetig vom Druck ihrer Mutter befreiende Pseudo-Rebellin und Franco als Adrenalin-Junkie mögen auf einem Blatt Papier eine ideale Paarung sein, doch es gelingt ihnen wieder einzeln noch gemeinsam ihre Figuren mit authentischem Leben zu füllen. Das passt wiederrum gut zu „Nerve“, denn hier wirkt einfach alles immer eine Spur zu unecht und generiert. Gleiches gilt auch für den Thrillerplot, in dem ein Online-Mutprobenspiel außer Kontrolle gerät. Das dürfte vor allem jüngere Zuschauer ansprechen, für die der Film gewiss auch produziert wurde. Wer hingegen einen wirklich packenden Thriller sucht, der sich nicht nur durch seine Aufmachung definiert, kann „Nerve“ hingegen meiden wie Google+.


3,5 von 10 Ständchen im Diner


von Stu

Review: IM AUGUST IN OSAGE COUNTY – Familiäre Abgründe im Stakkato

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Fakten:
Im August in Osage County (August: Osage County)
USA. 2013.
Regie: John Wells. Buch: Tracy Letts (Vorlage). Mit: Meryl Streep, Julia Roberts, Ewan McGregor, Benedict Cumberbatch, Chris Cooper, Sam Shepard, Abigail Breslin, Juliette Lewis, Margo Martindale, Misty Upham, Juliette Nicholson, Dermot Mulroney, Dale Dye, Newell Alexander, Jerry Stahl u.a. Länge: 121 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 7. August auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Nachdem ihr Mann spurlos verschwunden ist, ruft Familienoberhaupt Violet ihre Familie zusammen. Ihre Töchter Barbara und Karen, die seit langem nicht mehr ihr Elternhaus besuchten, treffen so wieder auf ihre Schwester Ivy, die bei ihrer Mutter geblieben ist, um dieser im Haus zu helfen. Nicht nur dies hat Konfliktpotenzial, sondern auch Violets provokative, zynische Art, die ihre Töchter und den Rest der geladenen Familie immer wieder ungefiltert zu spüren bekommt. Doch somit werden auch alte Geheimnisse und Konflikte angesprochen.





Meinung:
Wenn man zu lesen bekommt, dass ein Film auf einem Theaterstück von Tracy Letts basiert, dann darf man sich relativ sicher sein, dass darin nicht gerade zimperlich zu Werke geschritten, besitzt die US-Amerikanerin doch eine (sozial-)kritische Durchschlagskraft, die an die pointierten Sittengemälde der Yasmina Reza („Der Gott des Gemetzels") erinnern. Die 2011 veröffentliche White-Trash-Abrechnung „Killer Joe“ von Altmeister William Friedkin („Der Exorzist“) stellte dies mit einem unnachahmlichen Zynismus unter Beweis, in dem Matthew McConaughey („Mud – Kein Ausweg“) dem Trailerpark-Gesocks (darunter Emile Hirsch, Thomas Haden Church und Gina Gershon) den eigenen Fraß bis tief in den Rachen schob – Ein Meisterwerk der jüngeren Filmgeschichte, das es selbstredend nicht zur offiziellen Kinoauswertung geschafft hat. Ganz im Gegenteil zum Familien-Drama „Im August in Osage County“, eine mit Stars gespickte Adaption des gleichnamigen Bühnenstücks, für das Tracy Letts 2008 mit dem Pulizer Preis honoriert wurde. 

 
We are Family
Natürlich ist „Im August in Osage County“ ein astreiner Ensemblefilm, der sich die Butter dahingehend nicht vom Brot nehmen lässt, als dass er seine famose Schauspielriege in ihren Qualitäten nicht von der Leine lassen würde. Angeführt von Meryl Streep („Die durch die Hölle gehen“), einer Grande Dame der Branche, geben sich (unter anderem!) große Namen wie Ewan McGregor („Illuminati“), Chris Cooper („American Beauty“), Sam Shepard („Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford), Benedict Cumberbatch („12 Years a Slave“) und Julia Robert, die neben „Hautnah“ die beste Performance ihrer Karriere abliefert“, die Ehre. Wer die Vermutung hegt, „Im August in Osage County“ ist handelsübliches Starkino, das seine Schauspieler glänzen lassen möchte, der tut dem Film glücklicherweise Unrecht: Ohne diese manierierte Intention zu bestätigen, hat Tracy Letts sein Stück für die Leinwand umgeschrieben und fährt mit einem Stoff auf, der auf dem Papier nach 'Telenovela' schreit, durch seine geschliffenen Dialogsequenzen, die fundierte Charakter-Portriäts offerieren, zweifelsohne über seine 120-minütige Laufzeit aufwühlt.


Mutter Violet wird gleich wieder Zynismus speien
Jeder in dieser Familie trägt sein ganz eigenes Kreuz, befindet sich immer irgendwo im introspektiven Bewältigungsprozess von emotionalen Rückschlägen und muss sich – neben all dem Kummer, ausgelöst durch das Dahinscheiden eines geliebten Menschen oder einer annullierten Ehe - neuem Gegenwind stellen. Klimax ist dabei, wie es sich für ein auf familiäre Strukturen konzentriertes Kammerspiel gebührt, die Zusammenkunft am Mittagstisch, an dem die krebskranke und pillensüchtige Violet (Meryl Streep) ihren Angehörigen einen Schuss nach dem anderen vor den Bug erteilt und gerade von Tochter Barbara (Julia Roberts) reichlich Kontra kassiert. Ein unangenehmer Augenblick, der von einer so feindseligen Stimmung kontrolliert wird und sich stetig steigert, von Aggressionslevel zu Aggressionslevel, dass man sich als Zuschauer am liebsten mit einem lauten Lachen aus der Affäre ziehen möchte. Ein ähnliches Gefühl hat zuletzt nur Nicolas Winding Refn in „Only God Forgives“ auf die Beine gestellt, als er Kristin Scott Thomas in Beisammensein mit Ryan Gosling und Yayaying Rhatha Phongam verbal Amok laufen ließ („How many cocks can you entertain in that cum dumpster of yours?“).


Später wird es noch eine ähnlich hervorragend vorgetragene Szene geben, in der Charlie (Chris Cooper) seiner Frau Mattie (Margo Martindale) über ihr grässliches Verhalten gegenüber Sohnemann Little Charles (Benedict Cumberbatch) zurechtweist. Der Anstoß, um endgültig innerfamiliäre Abgründe freizuschaufeln und übersetzt all die Werte, die innerhalb einer Familie gegeben sein sollten (von Vertrauen, Rücksicht und Solidarität) in pure Trauer, Entrüstung und Raserei. Violet, das archaisch-matriarchische Familienoberhaupt, torkelt blass, zermürbt, ohne Perücke durch das einsame Anwesen und sucht Zuflucht bei genau der Person, der sie sonst nur herabwürdigend begegnen konnte. Ein bitterer, von ungemein intensiven Szenen geprägter Film setzt sich die Krone auf.


7 von 10 Zwergwelse zum Mittag


von souli

Review: JIM CARROLL - IN DEN STRASSEN VON NEW YORK - Zwischen Kunst und Absturz

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Fakten:
Jim Carroll – In den Straßen von New York (The Basketball Diaries)
USA. 195. Regie: Scott Kalvert. Buch: Bryan Goluboff, Jim Carroll (Vorlage). Mit: Leonardo DiCaprio, Lorraine Bracco, Ernie Hudson, Mark Wahlberg, Bruno Kirby, Juliette Lewis, James Madio, Michael Imperioli, Brittany Daniel, Alexander Chaplin u.a. Länge: 90 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Nach einer wahren Geschichte. New York in den 1960er Jahren: Teenager Jim Carroll lebt für den Basketball. Er gilt als talentierter Spieler, doch noch mehr als der Sport wird er und seine Teamkameraden von Drogen angezogen. Und so gerät Jim immer mehr in einen Strudel aus Sucht und Verbrechen.





Meinung:
Wenn Jim Carroll, inzwischen längst in den Klauen der Abhängigkeit gefangen, wieder mal vollkommen benebelt von der letzten Line in der Badewanne liegt und dabei krampfhaft versucht, seine Augen irgendwie offenzuhalten, um in seinem Tagebuch die letzten Zeilen seines gegenwärtigen Gefühlszustands zu dokumentieren, kommt es zu einem memorablen Augenblick von ungemein symbolischer Natur: Der Junge aus Manhattan, der sein geliebtes Basketballtraining aufgrund des Drogenkonsums aufgeben musste, der von seiner katholischen Schule geflogen ist und sich auch von seinem letzten familiären Bezugspunkt, seiner Mutter, abwendete, der quasi alles verloren hat, schliddert mit geweiteten Pupillen langsam seinem Ende entgegen. Doch seine Passion, die Rhetorik, die Poesie, die Kunst im Allgemeinen, will ihn nicht loslassen, rüttelt ihn in mahnender Manier immer wieder wach, fleht um seine Besinnung, schreit nach Vernunft, kämpft freimütig gegen Windmühlen.


Voll am Arsch: Jim Carroll
Diese Kunst hat ihm zwar letztlich nicht das Leben gerettet, seine Erlösung, die ihm den entscheidenden Entzug ermöglichte, tritt schließlich in einer ganz anderen Form auf, sie machten ihn und seine in der Literatur hochgeschätzten Basketball Diaries aber zu einer abschreckenden, aufklärenden und auch hoffnungsvollen Referenz für all die, die sich in einer ebenso ausweglosen Situation wie einst Carroll in seiner Jugend befanden und den Glauben an sich selbst und die Welt verloren haben. Dass das Drehbuch die autobiographische Vorlage nun aus den 1960er Jahren hebelt und in 1990er Jahre verpackt, büßt gewiss einen Bruchteil an realitätsbezogener Authentizität ein, tut der filmischen Narration  aber keinen Abbruch, weil sie sich dennoch genau auf die elementaren Aspekte konzentriert, die für ihre Entfaltung keinen festen zeitlichen Rahmen beanspruchen: „Jim Carroll“ ist sowohl Milieu- als auch eine Charakterstudie, aber kein konkretes Zeitportrait.


Scott Kalvert und Bryan Goluboff gelingt es, die signifikante Botschaft Carrolls zu vermitteln, ohne sich aber in überstilisierten Melodramatik oder falscher Glorifizierung seiner Charaktere, vor allem natürlich Jim Carroll, zu wälzen. Obgleich man „Jim Carroll“ gerne in die Sparte des obligatorischen Drogenfilms einquartieren möchte, ist Scott Kalvert doch eher an einem Film gelegen, der sich nicht allein auf den Konsum und Entzug fokussiert, sondern seinem titelgebenden Protagonisten ein facettenreiches Innenleben verleiht, in dem den Drogen und Carrolls schrecklichen Exzessen natürlich eine große Rolle zu Teil wird, der emotionale Ursprung hingegen, seine Entwicklung und das Verlangen nach Ablenkung und Verdrängung, genauso zentriert wie honoriert. „Jim Carroll“ geht letzten Endes allerdings nur deshalb so gut auf, weil er mit Leonardo DiCaprio einen herausragenden Hauptdarsteller vorzuweisen hat, der sich nach „This Boys Life“ und „Gilbert Grape“ erneut in schauspielerische Höhenlagen katapultiert und bereits mit diesem Auftritt in seiner noch so jungen Karriere bewiesen hat, dass er ein absoluter Ausnahmeperformer ist. Groß.


7 von 10 Tagebucheinträgen


von souli

Review: KAP DER ANGST - Remake nach Maß

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Fakten:
Kap der Angst (Cape Fear)
USA, 1991. Regie: Martin Scorsese. Buch: Wesley Strick. Mit: Robert De Niro, Nick Nolte, Jessica Lange, Juliette Lewis, Joe Don Baker, Robert Mitchum, Gregory Peck, Martin Balsam, Illeana Douglas, Fred Dalton Thompson u.a. Länge: 123 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Vor 14 Jahren unterschlug Anwalt Sam Bowden entlastendes Material für seinen Mandanten Max Cady, um Strafmilderung für den brutalen Vergewaltiger zu verhindern. Nun ist Cady wieder auf freien Fuß und hat nur ein Ziel vor Augen: Vergeltung. Doch statt eines blinden Rachefeldzugs geht er weitaus geschickter vor. Er konfrontiert Bowden direkt mit seiner Anwesenheit, verfolgt ihn und seine Familie, bedroht und terrorisiert sie, jedoch so geschickt, dass er strafrechtlich nicht zu belangen ist. Die Bowdens leben in Todesangst und der Psychopath zieht die Schlinge immer fester um ihren Hals immer fester. Sam sieht nur noch einen Ausweg: Er muss Cady ausschalten, um seine Familie zu schützen.



                                                                           

Meinung:
"Sie lernen noch, was Verlust heißt..."


Remakes, das täglich Brot des heutigen Hollywood-Kinos, oft nicht mehr als plan- und kreativlose Strohhalme, um aus guten Ideen der Vergangenheit nochmal Bares zu machen. Zumindest in den letzten Jahren - selbst mit guten Willen - eine kaum zu leugnende Tatsache. Nicht nur die Anzahl der neu aufgekochten Geschichten nervt, vielmehr ist es die Motivation für sie und die Art und Weise, wie sie oft Fans des Originals eher verärgern ob der Lieblosig- und Gleichgültigkeit, mit der sie dahin gerotzt werden. Sinnvolle Neuinterpretationen gab es wenige. Aber es gab sie. Eines der besten Beispiele dafür ist Martin Scorsese's "Kap der Angst", das Remake des Thriller-Klassikers "Ein Köder für die Bestie" (im Original beide: "Cape Fear") von 1962. Sicher spalten sich auch hier die Lager: Musste das sein? Braucht es ein Remake dieses Films? Auf diese Fragen könnte zwar eigentlich mit nein geantwortet werden, doch wenn ein Remake, dann bitte so. Hier wird ein Klassiker nicht mit Füßen getreten, im Gegenteil, es wird sich vor ihm verneigt und eine Frischzellenkur auf aller höchstem Niveau verpasst.
 

Da ist der Stress noch verhältnismassig klein
Scorsese lässt keinen Zweifel daran, wie sehr er das Original schätzt und erweist ihm in mehrerer Hinsicht Referenzen. So wurde das durch Mark und Bein gehende Titelstück von Bernard Herrmann auch in seiner Version verwendet, nur leicht abgewandelt. In kleinen Gastauftritten sind die Stars des Original zu sehen, ironischerweise mit einem Seitenwechsel. Gregory Peck, im Original Anwalt Sam Bowden, ist zwar wieder ein Strafverteidiger, steht diesmal jedoch auf der Seite von Max Cady. Ex-Cady Darsteller Robert Mitchum wird im Remake vom Psychopath zum Bullen, und Ex-Bulle Martin Balsam ist als Richter zu sehen. Speziell zu Beginn bedient sich Scorsese sogar gelegentlich eher altmodischen Schnitten und Überblenden, wenn auch nur an gewissen Punkten und ohne die im Grunde modernen Inszenierung aus den Augen zu lassen. Das sind nur kleine Momente, die jedoch sehr wohl als Hommage an das Original wie das klassische Thriller-Kino verstanden werden können und wohl auch sollten.

Hush little baby
Was "Kap der Angst" letztendlich zu einem ausnahmslos gelungen Remake macht, ist seine hochkarätige Inszenierung, seine treibende Spannung und sein famoser Cast. In vorderster Front glänzt Scorsese-Liebling Robert De Niro als selbstgerechter Racheengel Max Cady, mit einer bestialischen Aura auf dem schmalen Grat zwischen primitiven, triebgesteuerten Ungeheuer und wohlüberlegt handelnden Sadisten, der sich bei seinen perfiden Spielchen nie zu weit aus der Reserve locken lässt und dennoch sein Opfer an den Rand des Wahnsinns treibt. Statt roher, planloser Gewalteruptionen zermürbt er Bowden und seine Familie, säht geschickt Zwietracht und sorgt für innere Krisenherde in der oberflächlich so heilen Vorzeigefamilie, reißt mühsam geflickte Wunden erneut auf und zerreibt sie von außen wie innen. De Niros Spiel ist stellenweise atemberaubend und kaum schwieriger umzusetzen, da er einen riskanten Drahtseilakt vollzieht. Oft verlangt die Rolle die Grenzen des Overactings zu tangieren, doch ein De Niro in Bestform nimmt die Hürde spielend und steigert sich im Verlauf des Films immer weiter, bis er im nervenzerrenden Finale dem puren Bösen so nahe ist und in Perfektion verkörpert, wie es nur wenige vor und nach ihm geschafft haben. Nick Nolte in der Rolle von Anwalt Sam Bowden, Jessica Lange in der seiner Ehefrau und Juliette Lewis als leicht naives Töchterchen können da mithalten, obgleich die Show natürlich eindeutig De Niro gehört.

 
"Heute Abend wirst du lernen wie ein Tier zu sein...wie ein Tier zu leben und wie ein Tier zu sterben." 

 
Ein Familienausflug voller Freude
Martin Scorsese zieht seinen Hut vor dem Kino der alten Schule und zelebriert gleichzeitig modernes Hochspannungskino mit einer knüppeldicken Atmosphäre, hochwertigen Bildern, effizienten Adrenalin-Pushern und teilweise brillanten Einstellungen und Einzelsequenzen. Neben dem bereits erwähnten Herzschlagfinale, in dem der Terror wie Wahnsinn seinen Höhepunkt erreicht, sei besonders die eher unspektakuläre Szene in der Schule genannt, in der Cady die junge Danielle so geschickt umgarnt und manipuliert. Der Zuschauer kann sich nicht sicher sein, welchen Plan Cady verfolgt, ob er plötzlich über das Mädchen herfällt oder nicht, ob das Tier in ihm zum Vorschein kommt, bis er wie der böse Wolf wieder in der Wald-Kulisse  der Theaterbühne verschwindet. Ein grandioser Moment. So grandios wie der gesamte Film.


 
Um zum Ausgangspunkt zurückzukehren: Remakes werden immer umstritten sein, oft zu recht, doch es geht auch anders. Selbst große Filme müssen nicht automatisch verschandelt werden, wenn die richtigen Leute beteiligt sind. Das ist dann wohl der springende Punkt. Hier werden Superstars durch Superstars ersetzt, einer der besten Regisseure seiner Zeit hat das Zepter in der Hand, alles bekommt einen zeitgemäßen Anstrich und leugnet dennoch nicht seine Herkunft. So gehört sich das. Chapeau.

 
9 von 10 Bootsausflügen.

Trailerpark: Starpower in AUGUST: OSAGE COUNTY

Keine Kommentare:



Hier der neue Trailer zu einem der wohl heißesten Anwärter auf den Oscar im nächsten Jahr: „August: Osage County“ von Regisseur John Welles („Company Men“).Mit Julia Roberts, Benedict Cumberbatch, Ewan McGregor, Chris Cooper, Juliette Lewis, Sam Shepard, Dermot Mulroney, Abigail Breslin und dem lebenden Oscar-Magneten Meryl Streep ist der Film, der auf einem Stück des Pulitzerpreisträgers Tracey Letts („Killer Joe“) beruht, mehr als hochkarätig besetzt. Letts hat sein Bühnenstück übrigens auch selbst zum Drehbuch umgewandelt. An Weihnachten startet „August: Osage County“ in den Staaten. Bei uns dürfte der Film wenig später dann auch in die Kinos kommen. Bei der Verfilmung des preisgekrönten Theaterstücks handelt es sich um eine Komödie rund um die Familie Weston, die durch eine Krise sich dort wiederfinden, wo sie aufwuchsen: einem schmucken Haus in Osage County.