Review: DESIERTO - TÖDLICHE HETZJAGD - Willkommen in Amerika


Fakten:
Desierto – Tödliche Hetzjagd
USA, Mexiko, Frankreich. 2015. Regie: Jonás Cuarón. Buch: Mateo Garcia, Jonás Cuarón. Mit: Gael García Bernal, Jeffrey Dean Morgan, Diego Catano, Alondra Hidalgo, Marco Pérez, Oscar Flores, Butch McCain, David Lorenzo u.a.. Länge: 94 Minuten. FSK: freigegeben ab 18 Jahren. Ab 12. Oktober 2016 auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
Um endlich seinen Sohn wiederzusehen, hat der Mexikaner Moises eine riskante Reise angetreten. Er hat zwei Führer bezahlt, die ihn als Teil einer Gruppe von Gleichgesinnten durch die Wüste führen und illegal den Weg in das Land der unbeschränkten Möglichkeiten weisen sollen. Doch als der Lastwagen mitten in der Wüste streikt, müssen die Leute den Rest des Weges zu Fuß zurücklegen. Aber kaum, dass sie über der Grenze sind und US-amerikanischen Boden betreten haben, kreuzt Sam ihren Weg. Mit seinem Hund und seinem Gewehr bewaffnet hat der gnadenlose Südstaatler die Grenzpatrouille in die eigene Hand genommen und will den Immigranten eine Lektion erteilen.




Meinung:
Du hast Problem“ sagt der Teddybär mit Stimmfunktion zu Beginn von Desierto – Tödliche Hetzjagd, während Moises versucht ihn wieder abzustellen. Ja, Moises hat als illegaler Einwanderer ein Problem. Er will über die Grenze in die USA. Raus aus Mexiko, rein ins Land der Freiheit. Mit ihm sind über ein Dutzend anderer, die ebenfalls ihr Glück versuchen wollen und dabei auf die Hilfe von erfahrenden Führern vertrauen. Eine Szenerie wie man sie vermutlich tagtäglich an der amerikanisch-mexikanischen Grenze erlebt. Doch bei Desierto – Tödliche Hetzjagd haben den Einwanderer neben der Hitze, dem Staub und der sporadisch auftauchenden Grenzpatrouille noch ein weiteres Problem: Sam.


 
Sam. Alleine der Name ist pures Sinnbild. Doch dieser Uncle Sam ist kein strahlender Held, sondern ein wandelndes Klischee. Waffen- und Kruzifix-Tattoos befinden sich auf seinen Oberarmen, im Getränkehalter seines versifften Pick-Ups ist eine Dose Bier eingeklemmt, im Radio dudelt Countrymusik, die Flasche Billig-Whiskey ist in der Mittelkonsole verstaut und sein Hund Tracker, erinnert sehr an einen deutschen Schäferhund. Es reicht die erste Einstellung, um zu wissen, dieser Sam wird die mexikanischen Einwanderer, die gerade durch die Spärlichkeit des Grenzgebiet huschen, nicht willkommen heißen und es dauert nicht lange, da eröffnet der Jäger das Feuer auf seine Beute. Peng! Peng! Er richtet ein Massaker an und Regisseur Jonás Cuarón fängt dies ähnlich ein wie die Wüstenlandschaft: amusisch und karg.

 
Desierto – Tödliche Hetzjagd bietet innerhalb seiner Geschichte viele Momente, um diesen Sam zu einem psychopathischen Derwisch verkommen zu lassen, ähnlich wie den Killer Mick Taylor in den Wolf Creek-Filmen. Doch Cuárón verzichtet darauf. Sam ist ein manchmal fast schon sympathisches wie verbittertes, wandelndes Stereotypenersatzlager, aber in seiner direkten und geerdeten Art nicht uninteressant Vor allem weil seine Motivation sowie seine Entscheidung statt Hasen nun Menschen zu jagen so unspektakulär wie lapidar erscheint. Das ist sein Land, die illegalen Einwanderer sind für ihn Vieh. Auch wenn Sam es niemals frontal ausspricht, seine Haltung und Einstellung ist im Grunde eine radikale Kanalisierung des heutigen Rassismus. Ihm ist es egal, warum diese Menschen, die mit seinem Gewehr aufs Korn nimmt in den Staaten wollen. Sie gehören für ihn einfach nicht dort hin. Ordnung muss für ihn eben sein, mit allen tödlichen und barbarischen Konsequenzen. Sein direkter Gegenspieler Moises, ein überlegter wie hilfsbereiter Kerl, bietet da den passenden Kontrast. Doch Desierto – Tödliche Hetzjagd macht es sich schon sehr einfach diese beiden Figuren gegenüber zu stellen und recht rasch verliert sich das Kritische der Handlung und was übrig bleibt ist pure Genre-Ware - eben eine Hetzjagd durch die Wüste. Jäger und Gejagter.


Das ist bedauerlicherweise nie so fesselnd wie es hätte sein können und gerade das Finale wirkt vom Spannungsaufbau erstaunlich kraftlos, auch wenn das Ende an sich, für einen Genre-Film, fast schon mutig und rebellisch erscheint. Dennoch bleibt letztlich der Gesamteindruck zurück, dass Desierto – Tödliche Hetzjagd viel Potenzial verschenkt hat. Damit ist nicht seine politische und gesellschaftlich Ebene gemeint, sondern ganz einfach sein nicht immer zufriedenstellender Umgang mit den eigenen Möglichkeiten das Publikum zu fesseln. Dafür sieht der Film optisch grandios aus und der unaufdringliche aber dennoch gelungene Soundtrack von Musiker Woodkid kann sich auch hören lassen.


5,5 von 10 Klapperschlangen

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