Fakten:
Bruiser
FR, CA, USA, 2000. Regie & Buch: George A. Romero. Mit:
Jason Flemyng, Peter Stormare, Leslie Hope, Nina Garbiras, Andrew Tarbet, Tom
Atkins, Jonathan Higgins, Jeff Monahan u.a. Länge: ca. 96 Minuten. FSK:
Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Sein ganzes Leben hat Henry Creedlow immer nachgegeben.
Seine raffgierige Frau betrügt ihn ohne ein Geheimnis daraus zu machen mit
seinem widerlichen Chef, sein angeblich bester Freund bescheißt ihn bei der
Finanzanlage und sogar seine Putzfrau bestiehlt ihn. Eines Morgens erwacht er
mit einer Maske auf dem Gesicht, die sich nicht mehr entfernen lässt. Wie
ausgewechselt lässt er alle Hemmungen fallen und schlägt gnadenlos zurück.
Meinung:
George A. Romero lässt sich mit Fug und Recht als lebende
Legende des Horrorfilms bezeichnen. Seit bald 50 Jahren ist der 76jährige als
Regisseur aktiv, gleich sein Debüt wurde zum Klassiker und Wegbereiter seines
größten Erfolges. Mit „Night of the Living Dead“ schuf er 1968 die Mutter des
modernen Zombie-Films und der Auftakt einer drei Jahrzehnte umfassenden
Trilogie. Nicht wenige betrachten den Nachfolger „Dawn of the Dead“ (1978) als
den immer noch besten Beitrag zum Sub-Genre überhaupt. Schließlich vollendete
er 1985 mit (dem oft unterschätzen) „Day of the Dead“ sein beachtliches
Lebenswerk, an dessen Erfolg und Qualität er leider nie wieder anknüpfen
konnte. Lediglich sein (eher unbekannter) eigenwillig-faszinierender
Serienkiller-Vampir-Hybrid „Martin“ (1977) konnte auf diesem hohen Niveau
abliefern. Wirklich schlecht war keine seiner anderen Arbeiten…bis auf den
vorliegenden „Bruiser“.
Eine weiße Weste zum Beschmutzen |
Der Mittelstand schlägt zurück |
Was an sich gar nicht mal so uninteressant klingt – der „Verlust“
des Gesichtes als Metapher für einen auch inneren Reset-Schalter, der die
Weichen für den längst überfälligen (und in der Extreme nicht mehr
verhältnismäßigen) Frustabbau stellt -, vermag Romero weder in der Theorie (mit
seinem Drehbuch) noch der Praxis (der Inszenierung) adäquat umzusetzen. Die
radikale 180-Grad-Wendung der Hauptfigur vom Duckmäuser zum titelgebenden „Bruiser“
erlebt keine nur grob nachvollziehbare Entwicklung. Hoppla-Hopp wird
gemeuchelt, was ihm dumm gekommen ist. Rudimentär erklärt durch den plötzlichen
Neubeginn. Von einem Horrorfilm muss keine tiefe, schlüssige Charakterisierung
erwartet werden, aber der Hauch eines erzählerischen Versuchs ist doch nicht so
viel verlangt. Narrativ ist „Bruiser“ ganz schwach und erschafft auch keine
zwingend notwendige Sympathie für seine Anti-Helden, der nun mit aller Härte
seine Minderwertigkeitskomplexe handfest kompensiert. Vom Weichei zum Punisher,
und wenn es nur die Putze trifft. Grenzwertig. Der "Darkman" des Alltags. Wir haben es hier mit einem
Amokläufer zu tun. Und wer mag die schon?
Früher war bei Romero der (hier massiv gescheiterte) Subtext
schmückendes Beiwerk zu einem auch isoliert davon funktionellen Genre-Film,
selbst das bekommt dieser blasse Kraftmeier nicht auf die Kette. Es ist zäh wie
eine Schuhsole und wirkt oft wie eine zweit- bis drittklassige TV-Produktion
eines Anfängers, der sich gerade ausprobiert. Die Erfahrung eines Veteranen,
der einst mit mikroskopischen Mitteln denkwürdige Filme erschuf, ist wie
weggeblasen. Es erinnert an den aktuellen Dario Argento. Wo ist es hin, was
diesen Mann mal ausgezeichnet hat? Selbst gestandene B-Movie-Akteure wie Jason
Flemyng, Tom Atkins (in seiner Alt-Herren-Dauer-Rolle als Cop) und Peter
Stormare können da nichts mehr reißen. Letzterer darf sich zumindest komplett
austoben, den Schweinehund und das Gemächt raushängen lassen, was in der Form
auch schon wieder zu viel ist. Romero ist und war sicherlich nie ein Künstler,
wie es Dario Argento oder John Carpenter mal waren, sein Absturz sicher nicht
so brachial wie bei ihnen, verwunderlich in dieser Form aber allemal. Im
Gegensatz zu seinen Kollegen konnte er die Abwärtsspirale aber noch stoppen. Danach
folgte seine zweite Untoten-Trilogie, die man nach „Bruiser“ noch um einiges mehr
zu schätzen lernt.
3 von 10 frischen Gesichtern
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