Review: DAS PENDEL DES TODES & SATANAS - DAS SCHLOSS DER BLUTIGEN BESTIE - Corman, Price & Poe


Fakten:
Das Pendel des Todes (Pit and the Pendulum)
USA, 1961. Regie: Roger Corman. Buch: Richard Matheson, Edgar Allan Poe (Vorlage). Mit: Vincent Price, John Kerr, Barbara Steele, Luana Anders, Anthony Carbone, Patrick Westwood, Lynette Bernay, Larry Turner, Mary Menzies u.a. Länge: 78 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Nachdem er von dem plötzlichen Tod seiner Schwester Elizabeth erfahren hat, macht sich Francis Barnard auf zu dem Schloss seines ihm bisher unbekannten Schwagers Nicholas Medina. Der trauernde Witwer nimmt ihn auf, doch bald häufen sich merkwürdige Ereignisse. Nachts soll angeblich die Stimme von Elizabeth zu hören sein. Francis vermutet nicht nur einen Schwindel, darüber hinaus verdächtigt er Nicholas nicht unschuldig am Tod seiner Schwester zu sein. Schließlich richtete schon dessen Vater im Folterkeller der Burg grausame Dinge an…


                                                                                               

Meinung:
Edgar Allan Poe frei nach Roger Corman: Wie bei allen seiner zwischen 1960 und 1964 entstandenen Adaptionen des legendären Schauerpoeten legt der sonstige Trash-Papst wenig Wert auf eine werkgetreue Umsetzung, bis auf das namensgebende Pendel hat dieser Film eigentlich überhaupt nichts mit der Geschichte von Poe zu tun. Vielmehr bedient sich Corman verschiedener Bausteine aus Poes Vita (nicht zu Letzt sehr deutlich aus „Das verräterische Herz“) und bastelt daraus sein ganz eigenes Ding zusammen, marketingtechnisch (wie immer) geschickt-dreist unter dem bekannten Titel „Das Pendel des Todes“ veröffentlicht.


Wenn schon Vincent Price Fracksausen bekommt...
Das könnte man bemängeln, aber bei Corman konnte man nichts anderes erwarten. Wer sich darüber beschwert, ist selbst schuld. Das Resultat aus diesem Allerlei an Inspirationsquellen ist dafür einer seiner besten Regiearbeiten geworden, bei der sich erkennen lässt das der alte Sparfuchs mehr kann als ihm allgemein zugesprochen wird. Für die (trotzdem natürlich noch) bescheidenen Verhältnisse ist „Das Pendel des Todes“ ein kleiner Augenschmaus geworden, geprägt von einer kräftigen Farbgebung, stimmungsvolle Sets und eine liebevolle Ausstattung, durch die souveräne Kameraführung exzellent umrahmt. In seinen besten Momenten erinnernd an die Aura der guten Produktionen aus dem Hause HAMMER, mit leicht psychedelischen Farbtupfern geschmückt. Trotz der nur 78 Minuten Spielzeit zwar schwerfällig in seinem Spannungsaufbau, niemals wirklich unheimlich oder gar erschreckend, gleicht Corman dies atmosphärisch nahezu aus und irgendwo schwebt doch noch der Geist von Edgar Allan Poe durch die Gänge des Schlosses und seines morbiden Hobbykellers. Unverzichtbar natürlich: Das ikonische  Grusel-Bärtchen Vincent Price, der bei seinem theatralischen Spiel aus den Vollen schöpfen darf. Mit Runzel-Stirn und hochgezogener Augenbraue gibt er gesten- und ausdrucksreich den verängstigten Schlossherr mit Kindheitstrauma an der Klippe zum Wahnsinn, darf sich zum Schluss gar in feinstem Overacting austoben, alles im Rahmen von Geschichte wie Inszenierung nicht störend, sondern absolut angemessen.


Auf den letzten Metern, wenn das gigantische Käsemesser endlich pendelt, gewinnt der Film gar eine sarkastische Note hinzu. Wer mit den Geistern der Vergangenheit spielt, wird von ihnen eingeholt. Geschichte wiederholt sich und wenn sich der Kreis wie die Grabespforten (erneut) schließen beendet Corman alles mit einer zynisch-pointierten Schlusseinstellung, die zu einem schadenfrohen Grinsen einlädt. Als Horrorfilm nicht nur aus heutiger Sicht sicherlich nur bedingt brauchbar, als im besten Sinne altmodische „Gutenachtgeschichte“ bei Kerzenschein sehr wohl, für Corman- und Price-Fans ohnehin eine Pflichtübung.

6,5 von 10 Stimmen aus dem Grab

                                                                                  

Fakten:
Satanas – Das Schloss der blutigen Bestie (The Masque of the Red Death)
USA, GB, 1964. Regie: Roger Corman. Buch: Charles Beaumont, R. Wright Campbell, Edgar Allan Poe (Vorlage). Mit: Vincent Price, Hazel Court, Jane Asher, David Weston, Nigel Green, Patrick Magee, Paul Whitsun-Jones, Skip Martin u.a. Länge: 86 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Der grausame Prinz Prospero entführt das Bauernmädchen Juliana, ihren Liebhaber und ihren Vater auf sein Schloss. Dort feiern er und seine dekadenten Freunde ein rauschendes Fest, das von einem Maskenball gekrönt werden soll, während jenseits der Burgmauern die Pest das verarmte Volk dahinrafft. Juliana soll seine neue Gemahlin werden, ihre Liebsten sich zur Belustigung gegenseitig töten. Prinz Prospero und sein Gefolge fühlen sich in ihrer Festung sicher vor dem roten Tod, schließlich haben sie ihre Seelen schon lange dem Teufel verkauft. Ein Trugschluss…


                                                                                                 
                                                                                     

Meinung:
„Wenn ein Gott der Liebe und des Lebens wirklich existiert hat, dann ist er schon lange tot. Irgendjemand, irgendetwas hat jetzt seinen Platz inne.“

Mit der vorletzten seiner insgesamt sieben Edgar Allan Poe-Adaptionen (oder aufgrund der sehr freien Auslegung eher Kreationen) schuf Roger Corman gleichzeitig den kreativen wie künstlerischen Höhepunkt seines Œuvres, dem oft (und nicht immer zu Unrecht) ein eher zweifelhafter Ruf anlastet. „Satanas – Das Schloss der blutigen Bestie“ (alternativ auch als „Die Maske des roten Todes“ veröffentlicht) hebt sich erstaunlich von den üblichen Arbeiten Cormans ab, sowohl von seiner inszenatorische Qualität, Reife und sogar seinem inhaltlichen Subtext.


Mein Freund, der Tod.
Für einen hochwertigen Nägelkauer im traditionellen Sinne fehlt es eindeutig am dramaturgischen Geschick, „Satanas – Das Schloss der blutigen Bestie“ (wie auch immer der Film damals zu diesem reißerischen deutschen Titel kam) lebt zugegeben nicht von seiner herausragend erzählter Geschichte und flacht in seinem Spannungsbogen immer mal wieder deutlich ab. Dieser Film funktioniert eindeutig über das Erlebnis, seinen rauschartigen Zustand, den Corman in Zusammenarbeit mit seinem Kameramann Nicholas Roeg (später selbst besser bekannt als Regisseur von Meisterwerken wie „Wenn die Gondeln Trauer tragen“) entfesselt. Ein Sog aus Farben, Beleuchtung und Ausstattung, wie ein Mix aus Mario Bava und Andy Warhol, hinter dem selbst der große Zampano Vincent Price in die zweite Reihe degradiert wird. Selbst Dario Argentos Prunkstück „Suspiria“ scheint unweigerlich inspiriert von Cormans faszinierendem Farbenspiel: Wenn Vincent Price und Hazel Court durch die in immer neuen Tönen schimmernden Räume des Palastes streifen, kommt man aus dem Staunen kaum heraus (man achte nur mal auf die zahlreichen Kerzen und deren Anordnung, irre) und der Vergleich zwingt sich praktisch auf. Ein aberwitziger Genuss für die Sinne. Kein Film zum reinen Ansehen, einer zum Aufsaugen, zum Erleben. Doch das ist noch nicht alles, denn selbst als Diskurs über Religion, Gesellschafts- und Machtstrukturen eröffnen sich Ebenen, die man Corman so ganz sicher nicht zugetraut hätte.


Hinter der scheinbar sicheren Mauern seiner Festung verschanzt sich der sadistische Prinz Prospero vor der wütenden Pest, der Plage für das gemeine Fußvolk, meint den roten Tod ausgesperrt zu haben. Dort drinnen feiern sie ihr dekadentes Gelage, benehmen sich im wahrsten Sinne des Wortes wie gemästete Tiere und huldigen dem Fürst der Finsternis als ihrem Erlöser. Leid, Qualen, Erniedrigungen, Folter und Tod als Belustigung für die hässliche Fratze des Adel, den Glauben der Bauern an einen barmherzigen Gott überheblich verspottend, denn sie selbst haben sich in diesen Stand erhoben. Zwischen rauschenden Festen wird die Realität abseits der Schlossmauern ausgeklammert, als Seuche und Plage des Pöbels ignoriert. „Satanas – Das Schloss der blutigen Bestie“ kann als Parabel wie Sozialstudie betrachtet werden, die interessante Denkanstöße liefert und in einem ästhetischen Ballett des Todes mündet. Besser, hochwertiger hat Roger Corman davor und danach nie gearbeitet. Für seine Verhältnisse schon ein Meisterwerk, aber auch allgemein ein intensiver, packender Trip.

7 von 10 Gesichtern des Todes

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