Specials: souli und stu ... und die besten Filme aus der Heimat


Nachdem stu und unser geschätzter Gast-Autor souli beim letzten Mal darüber Auskunft gaben, welche Sexszenen sie am besten fanden, geht es diesmal gesitteter zu und wie kann man die Leichtigkeit sexueller Euphorie am einfachsten abstreifen? Richtig, in dem man über den deutschen Film spricht. Hier nun also die deutschen Lieblingsfilme von souli und stu.


souli’s Nr. 5: Angst essen Seele auf – Fassbinder und der Rassismus
Das Rainer Werner Fassbinder einer der wichtigsten Bestandteile der deutschen Filmgeschichte war, ist nicht streitbar, auch wenn der bayrische Regisseur immer Geschmackssache war, sowohl als Filmemacher, wie auch als Mensch. Fassbinder hat den Finger gerne in soziale Wunden gesteckt und Missstände ohne falsche Moral aufgedeckt. Nicht umsonst hab ich hier nun auch das Melodrama "Angst essen Seele auf" mit Brigitte Mira und El Hedi Ben Salem aus dem Jahre 1974 gewählt, in dem Fassbinder sich dem schwierigen und aktuellen Thema des Rassismus angenommen hat und nicht nur an die Toleranz und Annahme appelliert, sondern auch über die Einsamkeit, die kleinbürgerliche Rassendiskriminierung und die innere Schönheit der Gemeinsamkeit erzählt, die sich in der grauen Hässlichkeit zusammenfindet und mit neuen Problemen zu kämpfen hat. Wer Fassbinder mag, sollte Angst essen Seele auf unbedingt sehen. Ein großes Stück deutsche Filmgeschichte.


stu’s Nr. 5: ANTIKÖRPER –  Die Spannungsschraube wird angezogen
In seinen besten Momenten (und davon gibt es viele)  ist dieser Thriller ein raffiniert gesponnes Netz aus filmischen Taschenspielertricks und menschlichen Abgründen. Regisseur Christian Alvart klaut zwar bei den ganz großen des Genre, sei es nun "Sieben", "Das Schweigen der Lämmer" oder "M- Eine Stadt sucht einen Mörder", verschafft seinen Film aber dennoch eine intensive Eigenständigkeit. „Antikörper“ ist kein perfekter Film, aber er erbringt den Beweis, dass deutsche Filme durchaus fähig sind ein massenkompatibles Genres zu bedienen und zu erfüllen. Alvarts Thriller ist ein pessimistischer, böser Film mit psychologischem Budenzauber und einem überaus überzeugenden Killer. Leider hat der Film ein Problem: das Ende. Das ist an Unförmigkeit kaum zu überbieten, aber mal abgesehen von den letzten vier Minuten erweist sich „Antikörper“ als gelungene Spannungsschraube die immer wieder angezogen wird. Das ist weit weg vom oftmals doch sehr elitär wirkenden, deutschen Autorenfilm und lässt sich auch nicht mit sonstigen Unterhaltungsfilmen in eine Schublade legen. Schön.


souli’s Nr. 4: Nosferatu – F.W. Murnau und der Schreckliche Blutsauger
Jaja, die Vampire waren, sind und bleiben immer ein gegenwärtiges Thema im Filmbereich, denn die Facetten des Blutsaugers verlieren allgemein nie an Reiz, nur die Umsetzung lässt nicht selten zu wünschen übrig, Stichwort Edward Cullen und Bella Swan. „Nosferatu – Die Sympathonie des Grauens“ ist jedoch nicht nur einer der besten Vampirfilme aller Zeiten, sondern auch einer der besten deutschen (Stumm-)Filme, die je gedreht wurden. Murnau, ein Meister und Visionär, setzt unzählige Grundsteine für das heutige Horror-Genre und doch blieb er in seiner Art immer unverwechselbar und genauso unantastbar. Atmosphärisch, schauspielerisch und inszenatorisch ist hier alles ganz großes Tennis. Ein Meisterwerk, genau wie Werner Herzogs Hommage „Nosferatu – Das Phantom der Nacht“ von 1979 mit Klaus Kinski.


stu’s Nr. 4: Knockin‘ on Heaven’s Door - Wenn Träume wahr werden
Ein Taxifahrer trifft Til Schweiger in einer Buchhandlung, nimmt all seinen Mut zusammen und gibt dem deutschen Superstar sein Drehbuch und prompt wird ein Film daraus gemacht. Manchmal werden Träume halt wirklich wahr, denn so lernten sich Schweiger und Regisseur Thomas Jahn kennen. Das Ergebnis dieser zufälligen Begegnung war „Knockin‘ on Heaven’s Door“ eine actionreiche Road-Movie-Komödie die im Jahre 1996 zum nationalen Kino-Hit wurde. Der Film bestach damals durch seine wunderbare Mixtur aus Klamauk, rührender Tragik, comichafter Action und wunderbaren Figuren. Moritz Bleibtreu wurde durch seine Rolle des tumben Killers Abdul über Nacht zum Star und die, die dachten der deutsche Film würde nur aus schwerer Kost oder leichtem Heitertei bestehen, wurde eines besseren belehrt. „Knockin‘…“ liegt dazwischen. Zugegeben, wirklich revolutionär war der Film nie. Regisseur Jahn kopierte stellenweise äußerst dreist von anderen Filmen, was dem Unterhaltungswert jedoch nicht im Geringsten stört. Übrigens zu einem der größten Fans des Films gehört Quentin Tarantino. Der Mann weiß halt was gut ist.


souli’s Nr. 3: Auf der anderen Seite – Ballade über Leben und Tod
Fatih Akin ist einer der letzten Hoffnungsträger im deutschen Kino, die sich nicht den Konventionen beugen und das Massenpublikum um den Finger wickeln wollen, sondern noch richtige Geschichten über Erwachsene erzählen. "Gegen die Wand" gab den beeindruckenden Startschuss, doch mit seinem Episoden-Drama "Auf der anderen Seite" übertraf sich Akin 2007 selber. Eine unheimlich reife, nachdenkliche und menschliche Reise durch verschiedene Menschen, die gegenseitig eine unscheinbare Rolle im Leben der anderen Personen spielen, ohne es zu wissen. Es wäre wohl nicht vermessen oder übertrieben zu behaupten, dass Auf der anderen Seite das letzte große Meisterwerk aus Deutschland ist und man von Fatih Akin in Zukunft noch so manche Großtat erwarten kann, die in ihrer erzählerischen Brillanz noch so manches Mal faszinieren werden.


stu’s Nr. 3: Die Brücke –  So einfach wie eindrucksvoll
Wie grausam, wie unaussprechlich der Gräuel des zweiten Weltkriegs war, dazu gibt es viele Filme. Doch nur wenige schnüren einen so die Kehle zu, wie Bernhards Wickis Meisterwerk „Die Brücke“. Ein paar Schuljungs sollen in einer Stadt eine unwichtige, kleine Brücke verteidigen und ihr Stolz, geschürt von Propaganda und einer nationalsozialistischen Erziehung, verbietet es ihnen die Brücke aufzugeben. Wicki ist ein so einfacher wie eindrucksvoller Film gelungen. Er zeigt die Unmenschlichkeit auf und führt die jungen (Kinder-)Soldaten erbarmungslos in ihren Untergang. Hier gibt es keine Helden, nur Opfer, so wie in jedem Krieg eben. „Die Brücke“ ist einer der beständigsten Beiträge aus Deutschland zum Thema Krieg und seine Simplizität und Gnadenlosigkeit geht auch heute noch durch Mark und Bein. Ach ja, als Warnung: Wer das miese Remake, welches von Pro7 produziert wurde, ansieht, ist selber schuld.


souli’s Nr. 2: Fitzcarraldo – Größer werden Filme nicht
Werner Herzog zählt, genau wie Fassbinder, zu den größten Regisseuren der deutschen Nachkriegsgeschichte. Zusammen mit seinem Lieblingsdarsteller Klaus Kinski war Herzog unschlagbar, abgesehen von der letzten Zusammenarbeit „Cobra Verde“, in der die unterschiedlichen Ansichten schon viel zu deutlich zu spüren waren. „Fitzcarraldo“ jedoch ist ein Mammutwerk, ein Film, der so voller dynamischer Intensivität und überwältigenden Naturaufnahmen spürt, dass die Sogwirkung der Inszenierung einfach unausweichlich ist. Kinski selbst ist natürlich eine Naturgewalt, die eine Präsenz besitzt, deren Ausmaß nur wenige Darsteller heute noch erreichen. Vielleicht ist „Fitzcarraldo“ die vollkommenste Zusammenarbeit von Herzog und Kinski, schlechter als die Meisterwerke „Aguirre, der der Zorn Gottes“ und „Nosferatu – Das Phantom der Nacht“ ist „Fitzcarraldo“ sicher nicht, doch ob er besser ist, kann man unschwer sagen, unmöglich um genau zu sein. Gesehen haben muss man sie dennoch, denn so etwas gibt es nur einmal.


stu’s Nr. 2: ÖDIPUSSI – Loriots Film-Debüt
Er war und das wird er wohl immer sein, der wohl beste Beobachter von menschlichen Verhalten mit all seinen Makeln und Nuancen. Vicco von Bulöw alias Loriot war, nein, ist die Sperrspitze des deutschen Humors. Seine Sketchsendung ist auch Jahrzehnte nach ihrer Erstausstrahlung immer noch ungeschlagen in ihrer Brillanz. Der erste Kinofilm von Loriot macht da keine Ausnahme. Natürlich ist auch sein zweiter und letzter Kinofilm, der wunderbare „Pappa ante portas“ ein Kandidat für diese Liste, aber „Ödipussi“ gefällt mir einfach einen Tick besser. Warum? Weil’s nun mal so ist. Loriots Film-Debüt ist ein so pointiertes, eloquentes und mit subtilem Humor angereicherter Film, dass er, ähnlich wie Loriots Sketche, auch bei der gefühlt 100. Sichtung  immer noch unterhält, zum schmunzeln und losprusten einlädt. Loriot war ein Meister seines Faches und die Werke, die er uns hinterließ beweisen dies immer aufs neue.

souli’s Nr. 1: Der Himmel über Berlin – Die unmenschliche Menschlichkeit
Wim Wenders „Der Himmel über Berlin“ ist für mich der beste deutsche Film, die ich bis jetzt gesehen habe. Ein faszinierende, poetische, philosophische und einfach nur wunderschöne Reise durch die unmenschliche Menschlichkeit, offenbart durch den Engel Damiel, der sich nichts sehnlicher wünscht, als ein ganz normaler Mensch zu sein. Wim Wenders inszeniert einen Film der Gegensätzlichkeit. Schmerz und Liebe, Farbe und graue Eintönigkeit. „Der Himmel über Berlin“ ist einer der Filme, die genau wie der Mensch selbst, immer weiter wachsen und reifen und so immer wieder versteckte Facetten offenbaren, die dem Zuschauer erst mit einer gewissen Lebenserfahrung verständlich sein können. Ohne Gefühlsduselei oder religiöse Belehrungen wird hier über tiefe Bedürfnisse und Emotionen gesprochen, die jeden berühren und ansprechen, ebenso Damiel, mit dem man sich als Betrachter immer wieder identifizieren kann. Ein Kunst- und Meisterwerk der ganz besonderen und unvergesslichen Sorte.


stu’s Nr. 1: Bang Boom Bang – „Is‘ der geil“
Okay, ihr habt es sicherlich schon bemerkt, während souli auf Autorenfilmer-Fan macht und die anspruchsvolle Fahne des deutschen Films schwenkt, mach ich eher auf Proll. Warum auch nicht, denn Proleten haben auch ihren Reiz. Ich meine damit nicht Ausfälle wie „Ballermann 6“, sondern die Gangster-Posse „Bang Boom Bang“. Peter Thorwarths erster Spielfilm ist längst Kult. Kein Wunder, denn er bietet dem geneigten Zuschauer ein Potpourri aus schrägen Typen und noch schrägeren Situationen. Der Clou ist Films besteht nicht darin eine absurde, kriminalistische Geschichte zu erzählen, sondern darin, dass er voller Originale steckt. Ralf Richter als prolliger Ganove Kalle Grabowski ist genauso in seinem Element wie der leider viel zu früh verstorbene Diether Krebs als Godfather of Unna, Werner Kampmann. „Bang Boom Bang“ ist darüber hinaus auch eine Liebeserklärung an den Ruhrpott. So schroff und herzlich wie die Region ist auch Thorwarths Films, der seit seinem Kinostart im Jahre 1999 immer noch in Bochum im Kino läuft. Das ist Liebe.



Habt ihr Vorschläge für eine neue Liste? Wenn ja, dann immer her damit.


Wir  danken souli für seine Mithilfe. Wenn ihr mehr von souli lesen wollt dann könnt ihr seine Kritiken und Meinungen zu diversen Filmen bei CinemaForever begutachten oder ihr besucht ihn mal bei Moviepilot.

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