Review: TOTAL RECALL - Ein Film über Erinnerungen zum vergessen



Fakten:
Total Recall
USA. 2012. Regie: Len Wiseman. Buch: Kurt Wimmer, Ronald Shusett, Mark Bomback, Philip K. Dick (Vorlage). Mit: Colin Farrell, Jessica Biel, Kate Beckinsale, Bryan Cranston, Bokeem Woodbine, Bill Nighy, John Cho, Will Yun Lee, Dylan Smith, Currie Graham u.a. Länge: 118 Minuten. FSK: Ab 12 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Die Erde im Jahr 2084: Nach einem chemischen Krieg sind nur noch Groß Britannien und Australien bewohnbar. Die Welt kämpft mit der Überbevölkerung, während Fabrikarbeiter Doug sich mit Alpträumen herum plagt. Um diesen zu entfliehen und um einmal etwas zu erleben, was ihn aus seiner Routine reißt, geht Doug zur Firma REKALL. Dort will er sich künstliche Erinnerungen einpflanzen lassen. Doch die Prozedur wird jäh durch ein Polizei-Kommando gestört. Für Doug der Beginn einer atemberaubenden Jagd und der Erkenntnis, dass er eigentlich gar kein Fabrikarbeiter ist.





Meinung:
Remake oder Neuinterpretation? Beides. Regisseur Len Wiseman und seine Autoren-Crew übernehmen nicht viele Eigenschaften des Originals. War dieses ein äußerst harter Sci-Fi-Film, zumindest auf den ersten Blick, ist der neue „Total Recall“ ein waschechter Blockbuster, der darauf angewiesen ist ein familienfreundliche Altersfreigabe zu erhalten, was bedeutet, dass hier geschossen gekämpft und verfolgt wird, ohne allzu großen Blutverlust. Fans und Puristen des Originals wird das nicht gefallen. Als Verbeugung vor „Total Recall“ des Jahres 1990 von Regisseur Paul Verhoeven, leiht sich Wiseman ein paar Zitate und Anspielungen. Die verkommen aber mehr zur Pflichtkür und lassen eine gewisse Ehrfurcht vermissen. Doch es liegt gewiss nicht nur an diesen Eigenschaften, dass der Film (mal wieder) ein Remake ist, welches die akute Ideenlosigkeit der Traumfabrik offen legt.


Er nannte sie fett, sie hasst seine Freunde. Sci-Fi-Ehestreit.
Len Wiseman hat nicht unbedingt den besten Ruf. Seine Filme sind actionreich, entbehren jedoch jeglicher Faszination. Bei Wiseman ist Styling alles. Es kracht, es wummert, es rauscht an einem vorbei und ist immer so schnell wieder vergessen wie es gekommen ist. Einzig Wisemans „Stirb Langsam 4.0“ konnte etwas länger im Gedächtnis verharren, was jedoch mehr am Kultcharakter John McClane lag und weniger an der Inszenierung. Ein  markanter Kopf fehlt auch dem neuen „Total Recall“. War es 1990 noch Schwarzenegger, der Probleme mit seiner Erinnerung bekam, so ist es hier Colin Farrell und dieser tut nicht mehr als zu rennen und zu schießen. Empathie? Neugier auf die Ereignissen, die noch folgen? Nicht hier. Hier gibt es nicht mehr als Blockbuster-Standards vor einer eindrucksvollen, düsteren Sci-Fi-Kulisse, die eine besser erzählte Geschichte verdient hätte. War das Original noch daran interessiert die Ebenen von Traum und Realität auszuloten, gibt es im Remake keinerlei Bewegungen in diesem Bereich. Alles ist klar, es gibt keine wirklichen Geheimnisse. Jede Szenen ist darauf ausgerichtet schnell zum nächsten Schauwert zu gelangen. Das ist rasant, aber auch höchst anstrengend sowie ermüdend und egal wie groß die Explosionen, die computeranimierten Settings oder die Jagden auch sind, es schreit einem regelrecht ins Gesicht, dass die Macher keinerlei Ideen hatten, sondern lediglich ein Budget, groß genug um voluminöse, künstliche Momente zu generieren, die einen kalt lassen.
„Total Recall“ hätte ein gelungenes Remake werden können. Die Vorlage von Kult-Autor Philip K. Dick wurde bereits von Paul Verhoeven äußerst frei adaptiert und auch Verhoeven war mehr an Action und Entertainment interessiert (allerdings für erwachsene Zuschauer) als an der Frage ob Held Doug alles nur träumt. Doch der Originalfilm war robuster, hatte einen wunderbaren Charme aus Sci-Fi-Fabel und Brutalo-Action und wirkte im Gesamtblick wesentlich runder und klüger. Was das Remake seinem Vorbild voraus hat, ist das Ensemble. Wiseman ist durchaus daran interessiert neben Held Doug auch andere Charaktere zu profilieren. Kate Beckinsale (Wisemans Gattin) und Jessica Biel sind nicht mehr als Abziehbilder, aber wenn sie in Aktion treten, dann hinterlassen sie einen größeren Eindruck als Colin Farrell, der als futuristischer Jason Bourne stetig blass bleibt. Vor allem Beckinsale darf einige Male ordentlich zulangen. Dass ist weder sonderlich reizvoll noch wirklich besonders, erhöht den Unterhaltungswert von „Total Recall“ aber zumindest stellenweise ein wenig.


Große Effekte, Action ohne Ende, ein Star-Ensemble und eigentlich auch eine vielversprechende filmische wie literarische Vorlage und dennoch ist „Total Recall“ nicht mehr als ein seelenloser Zeitvertreib, ein Film ohne Eigenheit, der zumindest atmosphärisch voll überzeugen könnte, wenn er nicht zwanghaft, fast schon wie in einem kranken Rausch versucht, Schauwert an Schauwert zu schweißen und dadurch nicht mehr erreicht als Übersättigung. Fehlende Ideen lassen sich halt nicht immer mit Bombast und Hetzerei überwinden.

3 von 10

1 Kommentar:

  1. Nun ein Film der mehr in die Bewerbungsmappe der F/X Mitarbeiter als in die des Regisseur gehört !!!

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