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Review: BLUE JASMINE – Cate Blanchett ist zum Niederknien

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Fakten:
Blue Jasmine
USA. 2013. Regie und Buch: Woody Allen. Mit: Cate Blanchett, Mit: Cate Blanchett, Alec Baldwin, Sally Hawkins, Bobby Cannavale, Andrew Dice Clay, Louis C.K., Peter Sarsgaard, Michael Stuhlbarg, Max Casella, Alden Ehrenreich, Tammy Blanchard, Joy Carlin u.a. Länge: 98 Minuten. FSK: freigegeben ab 6 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Jasmine Francis gehört einst zur High Society von New York. Doch nun muss sie nach San Francisco zu ihrer Schwester ziehen und lernen ein neues, eigenständiges Leben zu führen, ohne Luxus und Überfluss.





Meinung:
Woody Allen ist einer der letzten großen Autorenfilmer, die das gegenwärtige Kino noch zu bieten hat. Mit „Die Stadtneurotiker“ wurde der europäischste unter den amerikanischen Filmemacher 1978 über Nacht zur Ikone seiner Zunft und schrieb sich auf die Agenda, jedes Jahre einen neuen Film zu veröffentlichen – Was er auch bis heute einhalten sollte. Seit seinem Ausflug in das sommerliche Spanien mit „Vicky Cristina Barcelona“ aber kehrte der gebürtige New Yorker seinem Heimatland den Rücken zu und tobte des Weiteren unbeschwert und Hand in Hand mit der nostalgischen Verklärung jener Metropolen durch die kulissenhaften Settings von Rom und Paris. Natürlich wussten auch diese Werke in summa zu überzeugen, doch der scharfsinnige Intellekt des Meisters der pointierten Dialoge blieb unausgeschöpft und die Sehnsucht nach geschliffener Präzisionsarbeit – auch aus psychologischer Sicht – wuchs wie der Missmut seiner zahlreichen Fans stetig. „Blue Jasmine“ aber gelobte Besserung, denn mit den Europareisen war Allen es leid und der Weg zurück in die Staaten, auch in sein geliebtes New York, erschien wie eine Befreiung von den abgedroschenen Postkartenmotiven.

 
Jasmine und ihre Schwester Ginger
Mit „Blue Jasmine“ erfindet Allen weder das Kino, noch seinen eigenen motivischen Stil neu. Das hat der Mann längst nicht mehr nötig, denn auch wenn sich seine Filme in Vergangenheit in ihrer kontextualisierten Ausrichtung immer relativ nahe kamen, war es immer die gewiefte Umsetzung, die Allens Duktus so ungemein vielseitig, empathisch und anspruchsvoll, aber dabei nie träge wirken ließ. Nein, Allen war, ist und bleibt ein Menschenkenner, der mit einem gezielten Schnitt mit dem Seziermesser ganze Gesellschaftsschichten in ihrem charakteristischen Rhythmus demaskieren konnte, auch wenn das auf seiner Europa-Tour leider deutlich zu kurz war und ihm die Illustration der beschwingten Lebensphilosophie der Europäer als fluffige Hommage viel wichtiger erschien. In „Blue Jasmine“ weht ein anderer Wind, ein fröstelnder, ein desillusionierter, ja, ein beinahe nihilistischer Grundtonus, der das Geschehen ebenso vitalisiert und gleichwohl destruiert. Man merkt „Blue Jasmine“ endgültig an, dass Woody Allen als Regisseur an einem Punkt in seiner Karriere angekommen (und vielleicht auch ein Mensch?), in dem sie ohne Illusionen, ohne falsche Zugeständnisse und ohne Hoffnungen auf (Selbst-)Genesung auskommen muss.

 
Vielleicht hilft Alkohol ja
Anhand flüssiger Parallelmontagen zwischen der Arbeiterklasse an der West-, und der dekadenten Upper Class an der Ostküste, schildert Woody Allen den psychischen Zerfall seiner Hauptdarsteller- in. Durch ihren Mann, einen Finanz- und Ehebetrüger, wird Jasmine in den freien Fall manövriert und die Zeiten, in denen sich die recht unnahbar wirkende Mitvierzigerin mit Luxusmarken à la Louis Vuitton, Dolce & Gabbana, Valentino und Chanel eindeckte, werden schlagartig zerbrochen und die snobistische High -Society in New York gegen die geerdeten Verhältnisse in San Franciscos weit weniger glamourösen Mittelschicht eingetauscht: Der materielle Reichtum hat sein bitteres Ende gefunden und Jasmine, ein vollkommen aus der Spur geratenes Häuflein Elend, versucht mittels Rückzug in den Schoße der Familie ihrer Schwester ein neues Leben zu beginnen – Ohne Erfolg. „Blue Jasmine“ bekundet die sich ständig windende Abwärtsspirale, die gläsernen, alkoholgetränkten und tablettenverstrahlten Blicke Jasmines, ihre fragilen Wahrnehmungsstörungen, ihre Neurosen und Psychosen, durch eine sozial-satirische Tonalität, die sich gekonnt durch ironische, sarkastische und zynische Spitzen verständigt und gleichermaßen die Melancholie eines zwischenmenschlichen Zerwürfnisses greifbar macht.


Dass „Blue Jasmine“ in seinem Changieren zwischen tiefer Bitterkeit und leisen Humorspitzen aber wirklich so hervorragend funktioniert, liegt an der phänomenalen Darbietung von Cate Blanchett, die sich der Stereotypisierung der Fratzen der differenten gesellschaftlichen Schichten durch ihre ungemein facettenreiche und ebenso mitreißende Performance ohne Probleme entzieht. Ohne diese Ausdrucksstärke hätte sich „Blue Jasmine“ gegebenenfalls den Vorwurf verifizierbarer Eindimensionalität gefallen lassen müssen, doch was Blanchett hier leistet und damit auch aus dem Drehbuch holt, ist schlichtweg zum Niederknien.


7 von 10 üppigen Nerzmänteln


von souli

Review: AMERICAN HUSTLE – Boogie Nights, (Selbst-)Betrug und jede Menge Leerlauf

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Fakten:
American Hustle
USA. 2013. Regie: David O. Russell. Buch: Eric Warren Singer, David O. Russell. Mit: Bradley Cooper, Christian Bale, Jennifer Lawrence, Amy Adams, Jeremy Renner, Louis C.K., Robert DeNiro, Jack Huston, Michael Pena, Said Taghmaoui, Alessandro Nivola, Colleen Camp, Shea Whigham, Paul Herman, Elisabeth Röhm, Anthony Zerbe u.a Länge: 138 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 17. Juli 2014 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Basierend auf wahren Begebenheiten: New York, 1978: Während Irving Rosenfeld für seine Familie ein ganz normaler Wäschereibesitzer ist, verdient er den Hauptteil seines Geldes eigentlich mit Trickbetrügerein. Seine Geliebte Sydney ist ihm bei dieser lukrativen Tätigkeit behilflich. Doch als Irving vom FBI-Agenten Richie bei einem Betrug geschnappt wird, muss er, um nicht im Gefängnis zu landen, mit dem Gesetzeshüter zusammenarbeiten.





Meinung:
Es ist ja nicht so, als wäre David O. Russell einfach aus dem Nichts emporgestiegen, aber seine RomCom „Silver Linings“ um bipolare Störung und das Suchen und Finden zwei von der Gesellschaft Ausgestoßener haben den Regisseur und Drehbuchautor an einen Punkt in seiner Karriere eskortiert, an dem ihm ein Quäntchen mehr Ruhm und Lobhudeleien von allen Seiten das Genick hätte brechen können. Was natürlich äußerst schade um den Mann gewesen wäre, denn in ihm schlummert ein durchaus talentierter und ebenso spitzzüngiger Zeitgenosse. Wenngleich – und es klingt mal wieder nach Realsatire – gerade „Silver Lining“ dann eine herbe Enttäuschung war und er es mit seinem eigentlich erfrischend-ungenierten und dabei doch ernstzunehmenden Ansatz viel zu leicht gemacht hat, sollte man Russell nicht gleich abschreiben und verdammen. Immerhin hat er zuvor mit dem Boxer-Drama „The Fighter“ einen ungemein packenden Oscarcrowdpleaser der Extraklasse geschaffen, genau wie ihm mit der Kriegs-Satire „Three Kings“ auch einige Nadelstiche in das politische Herz Amerikas gelangen.


Die Oscarverleihung von 1978, na ja, nicht ganz
Aber Russell ist nun in vollem Umfang in der Öffentlichkeit angekommen, ihm stehen alle Türen offen, er kann sich seine Schauspieler aussuchen und ist inzwischen selbst den Personen ein Begriff, die nicht jeden Tag die heimische Filmsammlung sabbernd entstauben und liebkosen. Kann die erdrückende Popularität aber auch ein guter Indikator sein? Es kommt da ganz auf die Individualität an. Wenn man es zum Beispiel wie Nicolas Winding Refn macht, der seinen Durchbruch mit dem stylischen Neo-Noir „Drive“ feierte und dem Publikum anschließend mit „Only God Forgives“ gnadenlos vor den Kopf stieß, um zu verdeutlichen, dass die Welt es sich bloß nicht einbilden soll, ihn zu kennen und seine Methodik als ‚vorhersehbar‘ zu titulieren. Russell ist da natürlich aus einem ganz anderen Holz geschnitzt und wie schon mit „Silver Linings“ hegt er auch mit seinem neusten, bereits nach den ersten bewegten Bildern zum Übermeisterwerk stilisierten Produktion „American Hustle“ nicht die Absicht, sein Publikum in irgendeiner Form zu fordern.


"Sieht du Chris, und deswegen war 'Hangover 3' scheiße"
Traurigerweise hat sich Russell nach „Silver Linings“ nicht weiterentwickelt und schafft es mit „American Hustle“ so rein gar nicht irgendetwas Brauchbares zu verkünden. Vollkommen außer Frage stehen dabei die handwerklichen, die technischen, die audiovisuellen Aspekte von Russells Inszenierung. Jede Kameraeinstellung ist hervorragend konditioniert, jede Aufnahme ein Hochgenuss, nur lebt „American Hustle“ schlicht und ergreifend nicht von seinen schicken Formalitäten. Diese geben dem Geschehen nur den durchkomponierten Schleier, in dem sich Russell mit seiner Geschichte hätte geschmackvoll einkleiden dürfen, um das Innere der exquisiten Ummantelung nachhaltig zu unterstützen. Dem ist nicht so, weil „American Hustle“ darauf verzichtet, seinen Handlungsverlauf konkret zu strukturieren und das Szenario immer wieder nur durch narrative Anekdoten, durch luftleere Randnotizen voranschreiten zu lassen. Russell, und das betrübt nun wirklich, findet für sein Werk keinerlei adäquaten Rahmen und negiert den Entwicklungen auf den verschiedenen Ebenen jedwede Stringenz.


„American Hustle“ ist Nonsens ohne Hand und ohne Fuß. Was die vehemente Substanzlosigkeit etwas komprimiert, aber nicht vergessen macht, ist der durchaus vorhandene Unterhaltungsfaktor, der „American Hustle“ immer in Bewegung hält – Wenn auch gelegentlich nur im trägen Schritttempo. Verantwortlich dafür sind ohne Wenn und Aber die wirklich blendend agierenden Akteure. Dass Russell seine Darsteller zur Improvisation animiert, ist kein Geheimnis und sorgt auch in diesem Fall dafür, dass das Drehbuch partiell schrecklich unausgereift und lückenhaft erscheint. Den Stars dabei zuzusehen, wie sie als Bestandteil der hedonischen 70s-Ära zur Höchstleistung auflaufen, macht Spaß. Und das Amüsement resultiert nicht zuletzt aus der feschen Haarpracht der männlichen Riege, in der sich Bradley Cooper auch gerne mal mit Lockenwicklern in den Haaren präsentiert. Am Ende hat sich Russell mit „American Hustle“ trotzdem reichlich verzettelt und schippert mit seinem nichtssagenden Scorseseduplikat durch die Gewässer der Belanglosigkeit. Toll gespielt, hervorragend fotografiert, doch am Ende ist man genauso schlau wie vorher.


4 von 10 Pobacken als Buschtrommeln


von souli