Review: I AM NOT A SERIAL KILLER - Von Soziopathen und anderen Monstern



                                                                    


Fakten:
I Am Not a Serial Killer
GB, IE, 2016. Regie: Billy O’Brien. Buch: Billy O’Brien, Christopher Hyde, Dan Wells (Vorlage). Mit: Max Records, Christopher Lloyd, Laura Fraser, Christina Baldwin, Karl Geary, Dee Noah, Lucy Lawton, Anna Sundberg, Raymond Brandstorm, Michael Paul Levin u.a. Länge: 104 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Die bis dahin verschlafene Kleinstadt Clayton wird durch eine bestialische Mordserie erschüttert. Der Teenager John Cleaver - dem selbst eine soziopathische Störung diagnostiziert ist und täglich dagegen ankämpft, nicht gewissen Grenzen zu überschreiten – glaubt hinter die Identität des Killers gekommen zu sein. Sein greiser, augenscheinlich völlig harmloser und liebenswerter Nachbar Crowley, der offenbar ein düsteres Geheimnis verbirgt.

                                                                             
Meinung:
Jede Stadt hat ihre Monster. So auch Clayton, der Inbegriff der langweiligen, dafür gutbehüteten, friedvollen US-Kleinstadt-Idylle im nicht gerade für großes Spektakel verrufenen Mittleren Westen. Das Familienunternehmen der Cleavers – ein von zwei Schwestern betriebenes Bestattungsinstitut – kann sich über mangelnde Beschäftigung nicht länger beschweren, auch wenn sie nur bedingt erfreut sind über den sprunghaften Anstieg ihres Gewerbes. Eine äußerst brutale Mordserie sucht die Gemeinde heim, die Opfer werden förmlich in Fetzen gerissen, einzelne Organe und Extremitäten sind nach den Massakern spurlos verschwunden. Während die Bevölkerung angewidert und selbstredend mit großer Furcht reagiert, ist John Wayne Cleaver – der 15jährige Sprössling und Gelegenheitsgehilfe im familiären Betrieb – mehr fasziniert als geschockt.


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Denn John beschäftigt sich schon lange fast obsessiv mit Serienkiller, jedoch nicht aus rein makabren Gelüsten. Er selbst ist als soziopathisch diagnostiziert, befinden sich in Dauertherapie, reflektiert sich und sein Leiden ausgiebig und ist sich seiner Störung sehr bewusst. Weiß auch, dass er sich aufgrund seiner eingeschränkten Empathiefähigkeit immer an einer gefährlichen Grenze bewegt, weswegen er eigene, klare Regeln und Verhaltensmuster aufgestellt hat, die eine eventuelle Eskalation verhindern sollen. Der positive Nebeneffekt des Ganzen: Es macht ihn zu einer Art Amateur-Profiler, der anders, analytischer, sachlicher denkt. „Seinesgleichen“ näher ist und somit schnell auf die (vermutlich) richtige Fährte kommt. Wen er als potenziellen Täter entlarvt und was er dabei Unglaubliches zu sehen bekommt scheint allerdings nicht nur abwegig und surreal, sondern lässt den Zuschauer – besonders wegen der persönlichen Vorgeschichte des (Anti?)Helden – nicht unbegründet Zweifeln, ob er einer objektiven oder subjektiven, krankhaften Sichtweise ausgesetzt ist. Das reicht in der Regel schon für einen interessanten Plot, aber – so viel darf ruhig verraten sein – der gleichnamigen Romanverfilmung ist es eindeutig nicht daran gelegen, eine Richtung ganz konsequent zu bedienen, worin ein großes Wagnis besteht und I Am Not a Serial Killer - unabhängig davon ob man dieses als gelungen oder gescheitert ansehen mag – nur schwer bis gar nicht als Massenware verkaufbar macht.


Tatsächlich wirkt der Film im ersten Moment gelegentlich unausgegoren, wenn er sich an gewisse Genre-Konventionen anlehnt und diese kurz danach wieder fallen lässt…um sie später wieder aufzugreifen und erneut zu ignorieren. Die teilweise wüst anmutende Mischung aus Comig-of-Age-Psychodrama, Serienkiller-Film und Fantasy-Horror erfindet sich durchgehend neu, nicht immer ohne Ecken und Kanten, erzeugt dabei einen faszinierende Brei, der sich sichtlich vom Geist der typischen Stephen-King-Erzählungen ernährt und trotzdem seinen ganz individuellen Stil findet. Die Adaption eines aus der rückblickenden Ich-Perspektive erzählten Romans kann unmöglich dessen Narration rekonstruieren und muss dementsprechend Abstriche machen, einen anderen Pfad finden, der vielleicht nicht optimal ist, aber sich unter den Umständen mehr als respektabel aus der Affäre zieht. Der Film transportiert trotz Umwegen und Ausreißern die Stimmung der Grundidee bemerkenswert, nicht zu Letzt wegen der starken Inszenierung von Billy O’Brien und dem guten Cast, in vorderster Front der lange selten in Erscheinung getretene Christopher Lloyd. Liebe und Tod, Erwachsenwerden und (Aus)Sterben und besonders Gut und Böse bzw. der schmale, ambivalente Grat dazwischen werden thematisiert, mit etwas Thrill, etwas Humor, etwas Fantasterei und einer leicht romantischen Ader versehen. Muss und wird nicht jedem gefallen, aber dafür werden solche Filme auch nicht gemacht. 

7 von 10 Gedichten am Kamin

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