Fakten:
USA, 2015. Regie: Robbie Pickering.
Buch: Oren Uziel. Mit: Nicholas Braun, Mackenzie Davis, Josh Fadem, Denis
Leary, Ed Westwick, Vanessa Hudgens, Keegan-Michael Key, Bob Odenkirk, Joan
Cusack, Patton Oswalt u.a. Länge: 92 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren.
Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Dillford ist eine typisch-amerikanische
Kleinstadt…naja, nicht ganz. Vampire, Zombies und Menschen leben hier mehr oder
weniger friedlich miteinander, obwohl man den anderen Gattungen nie so richtig
über den Weg traut. Das hat ein Ende, als auch noch eine Alien-Invasion über
Dillford einbricht. In der allgemeinen Panik gehen die „Gesellschaftsschichten“
aufeinander los. Drei Teenager – ein Mensch, eine Vampirin und ein Zombie –
müssen in dem Chaos zusammenhalten, um ihr Stadt zu retten.
Meinung:
Es gibt so diese Filme, über die
bereits nach den ersten Minuten innerlich gerichtet wird und oft – nach
etlichen Jahren und tausenden Stunden Filmerfahrung – ist dieser erste Eindruck
zumindest tendenziell nicht falsch. Natürlich kann sich alles noch in die eine
oder andere Richtung verschieben, manchmal ist es sogar die Intention der
Macher, aber bei Freaks of Nature ist die Entwicklung selbst dafür noch
erstaunlich. Was anfangs wirkt wie eine naive Low-Budget-Nerd-Fantasie mit
netter Grundprämisse und geringer Substanz dahinter nimmt nach einem rumpeligen
Start plötzlich einige Kurven mit so viel Elan, Begeisterung und Cleverness,
dass man ihm so manche Verfehlungen und überzogene Albernheiten überhaupt nicht
mehr ernsthaft krumm nehmen will.
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Und da denkst du, du hast schon alles gesehen... |
In Dillford ticken die Uhren nicht
anders als überall sonst in US-Kleinstädten, es ist nur ein etwas sonderbares
Uhrwerk. Hier leben (warum auch immer) Menschen, Vampire und Zombies Seite an
Seite. Machen naturgemäß schon ihr eigenes Ding, aber halten den Burgfrieden aufrecht
und versuchen wenigstens miteinander klarzukommen. Aufgrund ihrer Eigenarten
und Unterschiede sind geringe Konfrontationen nicht zu vermeiden, auch da DIE
halt anders sind als WIR. Eine Dreiklassengesellschaft, in der die leicht
erhabenen und tendenziell mächtigeren Vampire sich für etwas Besseres halten,
die Menschen eben Menschen sind, nichts Besonderes aber immer noch besser als
die primitiven, abfällig belächelten Zombies, deren einziger Antrieb der nach
frischem Hirn aus der Dose ist. Man koexistiert ohne sich ernsthaft auf die
Füße zu treten, bleibt lieber unter sich und gönnt dem sonderbaren Mitbewohner
seine Daseinsberechtigung, solange jeder seinen Platz kennt und akzeptiert. Bis
die Aliens kommen. Wieso, weshalb, warum, keiner weiß es aber die Schuldigen
sind schnell ausgemacht: Natürlich die Anderen. Begründet auf Vorurteilen,
Fremdenhass und Grüppchenbildung eskaliert im Angesicht einer plötzlichen und
unverständlichen Bedrohung von außen sofort die Situation, es herrscht Bürger-
und Klassenkrieg im Freakshow-Tollhaus. Nur drei jugendliche Außenseiter ihrer
Spezies raufen sich notgedrungen zusammen, während um sie herum sich alle
gegenseitig die Köpfe einschlagen oder die Därme aus dem Körper reißen.
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Hirn, blutig, zweimal bitte |
Wie gesagt, der Auftakt wirkt
leicht unbeholfen und nicht mehr in petto zu haben als den Anflug einer Idee,
doch dann mausert sich Freaks of Nature (fast) noch zum natürlich offensiv
angepeilten Geheimtipp für Außenseiter und deren Sympathisanten. Die
überdeutliche Gesellschaftsallegorie ist nicht sonderlich subtil, deshalb aber
nicht weniger smart, trifft sie doch unmissverständlich die richtigen Töne und
begegnet vermutlich immer gleichbleibenden Problemen mit einer ordentlichen Prise
Ironie, Sarkasmus und spleenig-sympathischen Einfällen, bei dem Autor Oren
Uziel und Regisseur Robbie Pickering sich von Referenzen und Zitaten durch
ihre wohl eigene filmische Prägung hangeln, die irgendwo Mitte der 80er
beginnen dürfte und ihren Höhepunkt in den 90ern haben müsste. Neben einem Gruß
an Terminator 2 oder dem strunzdoofen Safe-the-Day-Geistesblitz von Independence
Day, wirkt Freaks of Nature zwischendrin leicht wie die Fantasy-Filmfest-Variante
von Breakfast Club. Am Ende gleiten den beiden die Zügel wieder deutlich aus
der Hand, da kann es nicht albern und überladen genug sein, aber da hat der
Film mit seinem feinen (und verglichen mit dem Rest eindeutig überwiegendem) Zwischenspurt
bereits so viele Bonuspunkte gesammelt, die kann er unmöglich wieder
entscheidend verzocken.
Als Horror- und
Science-Fiction-Film-Parodie manchmal stumpf, aber öfter nett und tatsächlich
witzig, als Coming-of-Age-Posse sogar gelegentlich richtig sensibel abgestimmt,
als Gesellschaftsparabel nicht von seinem Wahrheits- und Satiregehalt
gescheitert (eher im Gegenteil) ist Freaks of Nature einer dieser Filme, die
nicht perfekt sind, im Gegenzug mit so viel sichtlichem Herzblut gemacht und im
wahrsten Sinne des Wortes lebendig, menschlich sind, das man ihnen ihre
unübersehbaren Macken gerne verzeiht. Es gibt so viel uninspirierte, blutleere
Quasi-Alternativen, dagegen ist das echt erfrischend, auf seine eigene, eben
nicht reibungsfrei Art und Weise. Thematisch somit sehr passend.
6,5 von 10 lahmgelegten
Bowling-Armen
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