Review: DER DIALOG – Gefangen im Strudel aus Paranoia, Schuldgefühlen und sozialer Isolation


Fakten:
Der Dialog (The Conversation)
US, 1974. Regie & Buch: Francis Ford Coppola. Mit: Gene Hackman, Harrison Ford, Robert Duvall, Frederic Forrest, Allen Garfield, Teri Garr, John Cazale, Cindy Williams u.a. Länge: 154 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Harry Caul ist ein Abhörspezialist und absoluter Experte auf seinem Gebiet. Obwohl er beruflich in die intimsten Sphären seiner Zielpersonen eindringt, ist er privat das genaue Gegenteil. Penibel genau ist alles in seiner Wohnung arrangiert, gegen Eindringlinge abgesichert und vor unerwünschter Zugriffe von außerhalb geschützt. Bei seinem aktuellen Auftrag, für den Harry ein Pärchen bespitzelt, glaubt er schließlich, Zeuge eines Mordkomplotts geworden zu sein und steigert sich immer tiefer in die Tonaufnahmen hinein...




Meinung:
Francis Ford Coppola ist ein Regisseur, der sich in der Filmgeschichte den Ruf eines Meisters erarbeitet hat und für einige der größten und beliebtesten Werke überhaupt verantwortlich ist. Kaum eine Topliste der besten Filme aller Zeiten kommt ohne die "Der Pate"-Reihe oder den Anti-Kriegsfilm "Apocalypse Now" aus und jeder Cineast sollte diese Filme mindestens einmal in seinem Leben gesehen haben. Im Schaffen von Coppola wird allerdings ein Film gerne von der breiten Masse übergangen, welcher außerdem noch der persönliche Liebling des Regisseurs selbst ist. Gemeint ist "Der Dialog", in dem Gene Hackman die Hauptrolle des Abhörspezialisten Harry Caul spielt.


Immer hochkonzentriert bei der Arbeit
Für Caul gehört es zu seinem täglichen Geschäft, in die intimsten Sphären seiner Zielpersonen einzutauchen, diese kurzfristig oder über einen längeren Zeitraum hinweg zu beschatten, Unterhaltungen aufzuzeichnen und diese Überwachungsbänder bei seinem Auftraggeber abzuliefern. Konträr zu seinem Beruf ist Caul privat allerdings das genaue Gegenteil. Die Haustür ist doppelt und dreifach mit Schlössern gesichert, die Nummer des Telefons ist streng geheim und jeder Gegenstand in der Wohnung ist genauestens arrangiert. Coppola konzentriert sich über weite Strecken seines Films darauf, den Charakter seiner Hauptfigur zu zeichnen und dem Zuschauer diesen in sich gekehrten, am liebsten von der Außenwelt isolierten Menschen näher zu bringen. Bereits frühzeitig distanziert sich "Der Dialog" von gewöhnlichen Thrillern, verzichtet fast durchgängig auf große Knalleffekte oder plötzliche Entwicklungen und verschreibt sich einem sehr langsam inszenierten, sorgfältig ausgebreiteten Psychogramm seiner höchst sensitiven Hauptfigur. Der anfangs porträtierte Kontrollzwang und Ordnungswahn, den Caul mit äußerster Sorgfalt praktiziert, lässt sich recht einfach als Verhalten erkennen, welches das Resultat vorangegangener Ereignisse oder Erlebnisse sein muss.


Die Zielpersonen - Vielleicht bald Mordopfer?
Innere Spannung und subtile Anziehung generiert der Regisseur hier im Zusammenspiel mit dem wahnsinnig konzentrierten Spiel von Hauptdarsteller Gene Hackman durch das Ergründen der Seelenwelt von Caul, der nach und nach weitere Facetten seiner Persönlichkeit offenbart, Beweggründe preisgibt und dabei aufgrund seines aktuellen Auftrags, bei dem er glaubt, in ein Mordkomplott geraten zu sein, immer tiefer in einen wahren Strudel aus Paranoia, Schuldgefühlen und psychischer Belastung versinkt. Für Caul ist ein Leben außerhalb seiner eigens errichteten Überwachungswelt kaum mehr möglich, zu tief ist bereits die Angst in ihm verankert, ebenfalls ein kleiner Teil einer übergeordneten Verschwörung zu sein. "Der Dialog" entpuppt sich hierbei vor allem auf der tonalen Ebene als kunstvoller Triumph, denn selten hat ein Film so präzise, intensiv und aufmerksamkeitsfordernd mit Geräuschen, Tönen, wirren Stimmgefügen und verdichteten Sound-Schnipseln jongliert, wie dieser. Auch die Kameraeinstellungen suggerieren oftmals ein Gefühl der Überwachung, besitzen stärker als gewohnt den Charakter des stillen Beobachters und scheinen den Protagonisten immer wieder in seiner Bewegungsfreiheit einzuschränken.


Gerade wenn man meint, Coppola führe seinen Film konsequent bis zum Schluss auf dieser ruhigen Charakterdrama- sowie Psychothriller-Ebene, spitzt der Regisseur die Situation zum Ende hin nochmal drastisch zu, erreicht beinahe Qualitäten eines verstrickten Hitchcock-Werks und überrascht mit einem ebenso schockierenden wie deprimierenden Finale, in dem der tragische Käfig, den sich die Hauptfigur Stück für Stück selbst errichtet hat, keinen Ausweg mehr zulässt.


8 von 10 wiederholt abgespielte Tonbandaufnahmen


von Pat

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