Review: SNOW WHITE AND THE HUNTSMAN - Ein Märchen ohne Zauber


Fakten:
Snow White and the Huntsman
USA. 2012. Regie: Rupert Sanders. Buch: John Lee Hancock, Evan Daugherty, Hossein Amini. Mit: Kristen Stewart, Chris Hemsworth, Charlize Theron, Ian McShane, Sam Clafin, Bob Hoskins, Toby Jones, Nick Frost, Ray Winstone, Stephen Graham, Lily Cole, Eddie Marsan, Sam Spruell, Johnny Harris, Brian Gleeson, Vincent Regan, Liberty Ross, Noah Huntley u.a. Länge:  131 Minuten. FSK: Ab 12 Jahren freigegeben.


Story:
Nach dem Tod ihrer Mutter heiratet der König, Snow Whites Vater, die wunderschöne Ravenna. Doch seine neue Frau verfolgt finstere Pläne. Sie tötet ihren Gatten und nimmt mit ihrem Bruder und einer finsteren Armee das Königreich ein. Snow White wird in einem Turm gesperrt. Jahre später, das Reich ist ein Ort des Verfalls geworden, soll Snow White für die Schönheit der Königin geopfert werden, doch ihr gelingt die Flucht in den Wald, in dem unsagbare Schrecken hausen. Doch Ravenna will Snow Whites Tod um jeden Preis und beauftragt den Huntsman mit der Suche nach ihr.



Meinung:
Sie kommen wieder zurück auf die großen Leinwände. Gemeint sind die Märchen, jene volkstümlichen Geschichten, die wir mit den Gebrüdern Grimm, der einen letzten, elterlichen Vorlesung vorm schlafen gehen und alten, bunten Filmen aus den Studios der DEFA in Verbindung bringen (zumindest der Schreiber dieses Textes). Märchen sind einfach universell, nicht Tod zu kriegen, aber wer will das schon? Wer will schon diese wunderbaren Erzählungen von bösen Wölfen, verschwundenen Kindern und heimtückischen Stiefmüttern in die Verbannung schicken? Wohl niemand, vor allem nicht Hollywood, die seit einiger Zeit die Märchen wieder für sich entdeckt haben. Bis jetzt allerdings mit äußerst bescheidenem Erfolg. Die Rotkäppchen-Verwurstung „Red Riding Hood“ war ein schlapper Weichzeichner-Grusel und Tarsem Singhs so bunter wie selbstgefälliger Spieglein, Spieglein“ erwies sich auch als eher tumber Versuch den Märchenfilm wieder zu neuer Blüte zu verhelfen. Erfolgreich waren übrigens beide Filme nicht, doch mit „Snow White and the Huntsman“ konnte jetzt der erste Film seit langem mit einer Märchen-Thematik ordentlich Kasse machen. Nur sonderlich sehenswert ist auch diese sehr freie Schneewittchen-Adaption nicht.


Charlize Theron ist Ravenna
Das Regie-Debüt des Werbefilmers Rupert Sanders sieht auf dem bloßen Papier vielversprechend aus. Eine große, phantastische Welt, gefüllt mit der volkstümlichen Geschichte von Schneewittchen, eines der wohl bekanntesten und beliebtesten Märchen.  Doch was sich gut liest, verkommt im Film zum zwar technisch ordentlichen, aber nie wirklich homogen wirkenden Stil-Cocktail. Der Film schlendert stetig umher und weiß nie so recht an welcher Form er sich festhalten soll. Düstere, erwachsene Optik, bunter Kitsch und zusammengekehrte Mythologie werden scheinbar ohne erkennbares Rezept in einem Topf geworfen und so lange vermischt und gekocht, bis eine undefinierbare wie schale Masse dabei herauskommt. „Snow White and the Huntsman“  will es jedem Recht machen und vergisst dabei sich ein eigenes Profil zu verpassen. Stattdessen wildert der Film lieber bei anderen Genre-Beiträgen und kopiert stellenweise äußerst dreist  bei „Legende“ oder „Prinzessin Mononoke“, auch wenn dies durchaus auch als Hommage angesehen werden kann.


Snow White und ihr Hansemann
Der stilistische Duktus des Films ist im Gegensatz zu seiner Narration noch die kleinste Schwäche. Sanders Neo-Märchen leidet wesentlich mehr darunter, dass die Geschichte zu vollgepackt ist. Unzählige Figuren werden vorgestellt, fallen gelassen, vergessen, wieder aufgegriffen und machen diese Schneewittchen-Adaption zu einer arg zähen Angelegenheit.  Und auch der Umgang mit der Wandlung von Snow White ist schlampig: von der eingesperrten Jungfer zu einer weiblichen Variante von Richard Kimble innerhalb weniger Augenblicke. Hier zeigt sich ein weiteres großes Problem des Films: die Darsteller. Denn die Wandlung der Heldin wäre durchaus annehmbar, aber Hauptdarstellerin Kristen Stewart beweist – mal wieder – dass sie als Postergirl vielleicht perfekt ist, als Schauspielerin aber meist nicht mehr hinbekommt als mit leeren Augen in die profillose Märchenwelt des Films zu starren. Allerdings wäre es unfair nur auf die Leistung von Mrs. Stewart  einzuschlagen. Auch die anderen Darsteller wirken meist bemüht, aber niemals überzeugend. Aber wie sollten sie auch? Wie bereits erwähnt behandelt das Buch seine Figuren passend zum Märchen äußerst stiefmütterlich. Auch die sieben Zwerge, die hier nicht fehlen dürfen, werden noch kurz vor knapp eingeführt und mit einer lieblos-dramatischen Background-Story versehen, die den Film nur weiter streckt und aufbläht. Eine Ausnahme bei den Figuren ist Charlize Theron als böse Königin. Ihre Performance ist zwar massivste Überzeichnung, kratzt dadurch aber immer mal wieder am Rande des Horrors und hüllt den Film so zumindest kurzzeitig ist einen dunklen Mantel, dessen Faszination aber auch nie sonderlich lange anhält, weil sie letztlich doch nur aus Effekthascherei besteht.


Trotz großem Budget, einem ansehnlichen Cast und großem technischen Aufwand erweist sich „Snow White and the Huntsman“ als wenig anziehendes Märchen. Mehr als eine unforcierte Ansammlung verschiedener Stile, schwacher darstellerischer Leistungen und einer vertrauten Geschichte, die so lange verdreht, gezerrt und aufgeblasen wird, dass sie als jeglichen ursprünglichen Zauber verloren hat bietet der Film nicht. Dass dieses Werk ein solch großer Erfolg  war zeigt mal wieder, das Happy Ends wohl wahrlich nur im Märchen vorkommen.

1 von 10

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