Specials: souli und stu... und die etwas anderen Helden


Sie retten alte Damen aus brennenden Häusern, unterbinden den Drogenhandeln auf Säuglingsstationen oder schlagen einfach den Bösen so lange und so oft zusammen, bis dieser bekehrt ist, flieht oder den Löffel abgibt. Ja, Helden sind schon was Tolles. Super Menschen diese Helden, allesamt. Doch neben den strahlenden Saubermännern gibt es noch andere Formen von Weltenrettern und Beschützern. souli und stu hatten jedenfalls genug vom heroischen Getue. Wenn die zwei echte Helden sehen wollen, dann gehen sie ins Bad und schauen in den Spiegel. Welche filmischen Persönlichkeiten die beiden aber wirklich heldenhaft finden, weil sie so faszinierend, markant und außergewöhnlich sind, verraten sie euch hier.



stu's Nr. 5: Das unorthodoxe Duo - Jay und Silent Bob in DOGMA
Er ist Regisseur, Autor, Darsteller und vor allem Autodidakt: Kevin Smith. Der ehemals pummelige, immer noch vollbärtige Filmfan, der beschloss selbst Filme zu drehen und mit Werken wie „Clerks“, „Chasing Amy“ oder „Dogma“ genau so viele Anhänger wie Kritiker um sich scharte, gilt für viele alleine schon als Kult, doch zu wahrer Größe kommt Smith vor allem dann, wenn er selbst in seinen Filmen zu sehen ist und zwar als Silent Bob, der untrennbar ist mit den quasselnden, äußerst pöbelhaften Jay. In jedem von Smiths früheren Filmen taucht dieses Duo auf und für die Fans sind genau diese Momente die wahren Höhepunkte. In der Religions-Farce „Dogma“ dürfen Jay und Silent Bob sogar der letzten Verwandten von Jesus dabei helfen die Zerstörung der Welt zu verhindern und obwohl sie dabei auf große Fäkalienberge, sexy Musen und Gott persönlich treffen, bleiben sie ihrem unorthodoxen Stil treu. Wahrlich heldenhaft.  


souli's Nr. 5: Der einsame Müllmann - Travis Bickle, der TAXI DRIVER
Travis Bickle. Ein Filmcharakter, der wirklich jedem Filmfan etwas sagen sollte, denn sonst lässt sich das schon als extreme Bildungslücke bezeichnen. Travis Bickle tritt in Martin Scorseses unantastbaren Meisterwerk „Taxi Driver“ auf und wird von Robert De Niro in einer legendären Performance entfaltet. Travis hat ein klares Ziel vor Augen: Er will die Straßen säubern. Jedoch nicht im Sinne der Müllabfuhr und am frühen Morgen den Abfall der Stadt abholen, sondern er will das Gesindel und den Dreck der Menschheit von den Straßen pusten. Er will das Verbrechen verjagen, doch dafür muss er selber zum Täter werden. Er muss mit der Welt, die er durch und durch verabscheut eine Einheit bilden. Travis ist ein einsamer, vom Vietnamkrieg traumatisierter und unscheinbarer Mensch, der in seinem Kopf schon lange jeden Plan zurechtgelegt hat. Rückschlage halten ihn nicht auf, sondern feuern ihn nur weiter an, seine Ziele endlich in die Tat umzusetzen. Eigentlich hat Travis mit seiner Aussage schon Recht, einfach weil die heutige Welt (die sich von der damaligen kaum unterscheidet) von Brutalität und Schmutz verpestet wird. Jedoch ist die brutale Vorgehensweise die falsche. Wer hier reagieren muss, sind die gesellschaftlichen Oberhäupter, doch die verschließen die Augen. Travis handelt, und das ist der richtige Weg, auch wenn seine Methoden nicht befürwortend sind…


stu's Nr. 4: Der Film Noir-Held aus der High School - Brendan Frye aus BRICK
Film Noir geht ja immer und überall, erst Recht in einer amerikanischen High School. Das Spielfilm-Debüt von Rian Johnson („Looper“) vermischt eine klassische wie düstere Detektivgeschichte mit dem Look amerikanischer Teenager-Filme. Doch noch prägnanter als diese Verschmelzung der Stilmittel sind die Figuren. Hier gibt es keine normalen Schüler. Hier sind die von den Jungs angehimmelten Mädchen so verführerische wie gefährliche Grazien und die Schulhofschläger sind schlechtgelaunte Gesellen und Handlanger eines Gangsterbosses, der klassisch in seinem Sessel thront. Das Markanteste am gesamten Film „Brick“ ist aber Hauptdarsteller Joseph Gordon-Levitt als Brendan Frye. Ein kühler Denker und Logiker, aber auch ein unglaublich tapferer und sich durchbeißender Charakter, der unbeschreiblich nonchalant ist (alleine wie er vor jedem Kampf seine Brille wegsteckt). „Brick“ ist ein grandioser Film, weil er ähnlich mutig wie sein Held Dinge tut, die keiner wirklich erwartet, denn wer hätte jemals gedacht, dass Film Noir und High School inhaltlich und ästhetisch so gut zusammen passen? Gut, Brendan Frye hätte es gewusst und deswegen ziert sein blutendes Gesicht auch unseren Blog-Header. 


souli's Nr. 4: Die anziehende Gefahr - DRACULA
Also jetzt kommen wir zu einer fiktiven Person (Ja, es gibt sie nicht wirklich, Überraschung!) die seit unzähligen Jahrzehnten ihre spitzen Beißerchen in die Hälse schönster Jungfrauen haut: Graf Dracula. Kaum ein anderes Wesen ist so anziehend und gleichzeitig so gefährlich. Der Jäger, der Untote, der Romantiker und die Bestie. Dabei bleibt vor allem Bela Lugosi und Christopher Lee in Erinnerung, gerade Lee hat sich als Blutsauger unsterblich gemacht, in dem er in den Hammer-Film-Productions immer wieder aufgetreten ist und seinen unverkennbaren Charme ohne Halt versprühte und so zum heißgeliebten Blut kam. Dracula, dieses unsterbliche Wesen, dessen Faszination einfach nie vertrieben werden kann. So tragisch in seiner Rolle, weil er keine andere Wahl hat und Menschen umbringen muss, nur um selber nicht dem Schmerz des Todes durchgehend zu verfallen. Allgemein sind Vampire, wenn es denn nicht die seelenlosen Viecher aus den modernen Horrormachwerken sind, immer ansprechende Anti-Helden, weil sie ihrem Dasein entschwinden wollen, um nicht noch mehr Unheil anzurichten, aber sich doch nicht von der Menschenwelt abnabeln können, weil sie sie immer brauchen. 


stu's Nr. 3: Der Racheengel - Oh-Dae su aus OLDBOY
Mal wieder muss Rache als leitendes Motiv für einen Film herhalten, doch Park Chan-wook bietet mit "Oldboy" einen der besten Rache-Filme aller Zeiten. Der südkoreanische Regisseur entfacht einen tobenden, atemlosen Kreislauf aus Liebe und Hass, eine existenzielle, gewalttätige Suche nach Erlösung, die für die Hauptfigur Oh Dae-su zu einem fiebrigen, alptraumhaften Trip wird. Vorbei an der inneren Ohnmacht, durchschneidet Oh Dae-su alle gängigen Formen des emotionalen Lebens und krallt sich nur noch an seiner Wut fest, die ihn zu einem unbesiegbar scheinenden Henker macht, der nur noch atmet um den Grund seiner 15-jährigen Gefangenschaft zu erfahren verbunden mit dem Drang nach Rache. "Oldboy" ist wie seine Hauptfigur ein brodelnder Vulkan, dessen Ausbrüche jedoch nicht in oberflächlichen Szenen ausartet, sondern in cleveren, teilweise poetischen Bildern, die zum einen das Leiden von Oh Dae-su spürbar einfängt, zum anderen aber auch Zeit und Muse hat eine positive Wandlung aufzuzeigen, auch wenn das bittere Ende diese Anflüge von Hoffnung mit einem Hieb zerschlägt, denn der Racheengel aus der Gefangenschaft hat seine größte Prüfung noch vor sich, wo bei man Oh Dae-su nicht mit den typischen Racheengeln der Filmindustrie vergleichen darf. Der Film ist brutales Kino, denn er hört nicht bei physischer Gewalt auf, er geht tiefer in die Seele seiner Akteure und lässt sie leiden ohne erkennbare Chance auf (die erhoffte) Erlösung und gerade das macht "Oldboy" zu einem cineastischen Erlebnis, denn zwischen der Psychologischen und Physischen Gewalt versteckt sich eine essentielle Frage, die in vielen Rache-Filmen gar nicht erst genannt wird, die Frage nach dem Warum. Daraus gewinnt der Film seine wahre Kraft und Größe und macht ihn zu einem heißen Eisen: Ein Film der sich in den Kopf einbrennt, genau wie seine Hauptfigur, ein letztlich unsympathischer Typ, aber Sonnyboy-Everybodys Darlings-Typen gibt’s ja eh schon genug.


souli's Nr. 3: Das Arschloch der Nation - Alex De Large in UHRWERK ORANGE
Irgendwie kennt jeder den Hosen-Song “Hier kommt Alex!” aber niemand kann zuordnen, welchen Ursprung dieses Lied überhaupt hat. Das gute alte Rein-Raus-Spiel, ein bisschen Horrorshow und entspannen in der Korova Milchbar? Keine Ahnung? Echt nicht? Natürlich liegt die Antwort mal wieder bei Meisterregisseur Stanley Kubrick und seinem visionären „Uhrwerk Orange“, in dem er nicht die Auswirkungen der Gewalt seziert, sondern auch die Gewalt selbst auf einen Menschen projiziert, dessen Lebensinhalt durch diesen bestimmt wurde. Die Brutalität trifft auf die Bekehrung und erfährt neue Formen und Folgen. Die Hauptfigur ist dabei eben unser Alex, ein Jugendlicher, ein Vergewaltiger, ein skrupelloser Schläger und ein Ludwig van Beethoven-Fan. Vom Arschloch der Nation wird er durch Gehirnwäsche zum ruhigsten Fisch im Aquarium der Gesellschaft. Jeder Gedanke an Sex, Gewalt und Verbrechen schmerzen ihn und er steckt das ein, was er einst ausgeteilt hat. Alex ist eine abstoßende und ekelhafte Figur, die dann doch irgendwie tragisch und mitfühlend offenbart wird. 


stu's Nr. 2: Der Prophet - Tyler Durden aus FIGHT CLUB
"Fight Club" reißt den Zuschauer durch einen düsteren und verwinkelten Tunnel, der quer durch die dunkelsten Abgründe unserer Seele führt, vorbei am Spiegelbild einer verlogenen Gesellschaft. Der Film ist eine freche, groteske Satire auf diese geordnete Welt, wo der Alltag und der Wahnsinn eins sind und glorifizierte Brad Pitt endgültig als das Hollywood- Schönheits- Produkt Nr. 1, während Edward Norton nach "Im Zwielicht" und "American History X" seine dritte, hochklassige Darstellung ablieferte.  Noch nie ging Pitt in einer Rolle so auf und noch nie schien er so eins mit einer Figur zu werden. Tyler Durden ist rebellischer Querdenker, ein proletarischer Prophet, einer verlorenen Generation. Dass diese Figur in der Realität alsbald selbst zu dem wurde, was sie bekämpfte, ist so genial wie irrwitzig. Durden, der verloren Messias der 1990er Jahre.


soulis Nr. 2: Des Teufels Liftboy  Mickey Rourke in ANGEL HEART
Ja, Mickey Rourke war die letzten Jahre immer wieder in den Medien, nicht weil er mit großen Schauspielleistungen glänzen konnte, sondern weil er sein Gesicht so verunstalten ließ, dass nicht einmal die eigene Mutter ihn wiedererkannt hat. Aber wir wissen ja inzwischen, dass Rourke mit Aronofskys „The Wrestler“ mit einer unglaublichen Wucht zurückkehrte und doch noch eine Rolle für die Ewigkeit verkörperte. Dabei hat Mickey Rourke seine ganz besondere Darstellung schon in den 1980er Jahren in Alan Parkers „Angel Heart“ abgeliefert. Als getriebener Detektive fällt er in einen Strudel aus Geheimnissen, Okkultismus und Getriebenheit. Mit Robert De Niro als gänsehauterregender Louis Cyphre fährt Rourke zur Topform auf und das Ende ist wohl eines der unvergesslichsten überhaupt. Rourke ist hier das komplette Gegenteil eines Hollywood-Helden und nimmt den verdienten  Fahrstuhl direkt in das Höllenfeuer.


stu's Nr. 1: Der ewige Kämpfer - Harvey Pekar, der AMERICAN SPLENDOR
Wer Harvey Pekar ist, bzw. war? Leute, schaut euch seine Biopic „American Splendor“ an, dann wisst ihr es. Harvey Pekar kämpfte nämlich sein ganzes Leben lang, gegen einen übermächtigen Feind. War es Krebs, HIV? Nun, er hatte mal Hodenkrebs, aber dies war nicht seine wahre Nemesis. Waren es Roboter aus der Zukunft, Drogendealer, verrückte Wissenschaftler, arabische Fundamentalisten, ein psychopathischer Serienkiller? Nein. Das hätte der gute Harvey wohl gar nicht interessiert. Harvey Pekars größter Feind, mit dem er sich jeden Tag seines Lebens auseinandersetzen musste war das Leben, genauer gesagt, der ganz normale Alltag. Er beschritt diese Schlacht immer wieder. Er verlor und er gewann. Aber er gab nie auf und wurde somit zu einem Unikum, zu einer Kultfigur, zu einem wahren Helden. Wenn ihr wissen wollt dann schaut euch „American Splendor“ mit Paul Giamatti und Hope Davis an. Tut es, wenn ihr die Geschichte eines wahren Helden sehen wollt, dann versteht ihr vielleicht, dass wir alle letztlich Helden sind.


souli's Nr. 1: Eiskalte Diabolik - Tigrero aus LEICHEN PFLASTERN SEINEN WEG
Wenn wir schon über „etwas andere Helden“ sprechen, dann darf natürlich Klaus Kinski keinesfalls fehlen, denn wer kennt seine weltberühmten Wutausbrüche am Set oder in verschiedenen Interviews nicht? Der Mann konnte laut werden und der Mann konnte auch richtig fies sein. Interessant wird es jedoch, wenn Kinski ein durchtriebener Fiesling ist, aber die äußere Coolness bewahrt, um sich der eigenen Diabolik genüsslich hinzugeben. In diesem Fall treffen wir auf Sergio Corbuccis „Leichen pflastern seinen Weg“ aus dem Jahre 1968. Hier spielt Klaus Kinski den blonden Kopfgeldjäger Tigrero. Ein gnadenloser Menschenjäger, konsequent im Umgang und ebenso undurchsichtig. Jean-Louis Trintignant gibt den eigentlichen namenlosen Helden, der sich wegen persönlicher Schicksalsschläge rächen will, doch in dieser Welt gibt es keine Sieger oder Verlierer, keine Guten und keine Bösen. Das wird besonders in der letzten Szene ohne Umschweife deutlich. Kinski spielt wieder mal überragend und ist der geborene Bösewicht, den man dennoch irgendwie faszinierend findet.


Habt ihr Vorschläge für eine neue Liste? Wenn ja, dann immer her damit.



Wir  danken souli für seine Mithilfe. Wenn ihr mehr von souli lesen wollt dann könnt ihr seine Kritiken und Meinungen zu diversen Filmen bei CinemaForever begutachten oder ihr besucht ihn mal bei Moviepilot.

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