Specials: souli und stu... und die Jagd nach dem nächsten Kick


Puh, die letzte Nacht war wild und hemmungslos. Während souli mit noch recht unbekannten südamerikanischen Pilzen experimentierte, die ihm kurzzeitig das Gefühl von Unsterblichkeit gaben, tanzte sich stu auf einer Gabba-Party frei und versuchte danach, wie in Trance, die zwei blauen Drachen zu fangen. Nun gut, machen wir es kurz: souli hat sich in die heimische Tiefkühltruhe gelegt und stu wird wahrscheinlich wegen sexueller Belästigung angezeigt. Mit dickem Schädel (beide), einer leichten Erkältung (souli) und Unterleibsschmerzen (stu) haben die zwei es dennoch geschafft eine neue Liste auf die Beine zu stellen. Passend zu ihrem letzten Wochenende sagen sie euch diesmal, welche Drogenfilme sie am besten finden.



stu's Nr. 5: TRAFFIC - DIE MACHT DES KARTELLS - Romantisierung ade
Der oscar-prämierte Episodenfilm „Traffic“ von Steven Soderbergh versammelt nicht nur eine ordentliche Schar von Stars und bekannten Gesichtern, sondern zeigt dem Zuschauer auch minuziös die Abläufe eines Drogenkartells, sowie die Arbeit der Behörden gegen die Syndikate. „Traffic“ ist ein komplexer Film, eingehüllt in ein Meer von monotonen, ausgewaschenen Farben. Jeder Handlungsstrang erhält seine ganz eigene, farbliche Prägung. Das macht den Film stellenweise recht blockig und auch der eine oder andere dramaturgische Kniff wirkt etwas bemüht, aber im Gesamtbild betrachtet erweist sich Soderberghs Blick hinter die oft sehr romantisierte Fassade der Drogenmafia und  deren Bekämpfung als beeindruckendes, filmisches Dokument, welches zu allererst auf- sowie erklären will und sich deshalb oft sträubt sich reinrassiger Unterhaltung anzunähern und wenn, dann eher widerwillig.

souli's Nr. 5: ANANAS EXPRESS - Tiefschläge mit voller Liebenswürdigkeit
Jetzt, gleich zu Beginn, kommt der lustige Anteil meiner Liste, wobei „Fear and Loathing in Las Vegas“ auch schon seine komischen Momente hat, aber egal. In „Ananas Express“ geht es um einen Gerichtzusteller, der nichts lieber tut, als sich einen schönen Joint anzuzünden und genüsslich reinzuziehen. Aber die Probleme lassen nicht lange auf sich warten und schon steckt unser Hauptprotagonist Dale im größten Schlamassel. Regisseur David Gordon Green hat es mal wieder geschafft, Seth Rogen trotz pubertärer Tiefschläge vollkommen sympathisch und liebenswert darzustellen. Die Geschichte selbst ist natürlich nicht Preisverdächtiges, aber die Umsetzung ist so herrlich überdreht und unterhaltsam, dass es einfach nur Spaß macht, James Franco und Seth Rogen bei ihrer Flucht vor dem Chaos zuzusehen. Drogen, Action und jede Menge Skurrilität.


stu's Nr. 4: GRIDLOCK'D - Von der Schwierigkeiten clean zu werden
In den meisten Drogenfilmen ist der Kampf gegen die Sucht, der Versuch aus dem Kreislauf der Abhängigkeit auszubrechen immer wieder ein Thema. „Gridlock’d“ von Vondie Curtis-Hall konzentriert voll auf den Ausbruch aus der (hier) Heroinhölle. Der Film erzählt von den zwei Junkies Spoon und Stretch (Tim Roth und der verstorbene Rapper Tupac Shakur), die traumatisiert vom Beinah-Tod ihrer Heroin-Freundin beschließen clean zu werden. Was sich wie dreckiges Sozial- und Milieudrama anhört ist auch genau das, allerdings verpackt als Komödie. Die beiden Möchtegern-Ex-Junkies haben nämlich davon gehört, dass es Kliniken und staatlich geförderte Organisationen gibt, die beim Entzug helfen. Für die beiden klingt das wie eine Einladung ins Paradies, doch behördliche Willkür, stoische Paragraphenreiter und ihre eigene Sucht machen den Weg zurück in ein normales Leben zu einer Tour de Force, unterlegt mit tragischen, schwarzen und manchmal auch einfach nur verdammt lässigen Witz. Aber zwei wichtige Hinweise noch: Zum einen gibt es einen Film mit gleichem Titel, in dem David Hasselhoff die Hauptrolle spielt und der inhaltlich und qualitativ mit meinem vierten Platz nichts zu tun hat. Zum anderen sollte man nicht glauben, das Regisseur Curtis-Hall den Erfolg seines „Gridlock’d“ wiederholen konnte. Danach drehte er u.a. die Mariah Carey Blamage „Glitter“. Also Vorsicht!


souli's Nr. 4: ENTER THE VOID - Wiedergeburt a la Noé
Ein Gaspar Noe. Und wer den französischen Regisseur kennt, kann sich denken, in welche Richtung „Enter the Void“ geht und wie umstritten von er von der Masse aufgenommen wird. Dabei ist „Enter the Void“ in erster Linie kein Film über den eigentlich exzessiven Drogenkonsum, sondern über die Reinkarnation in Verbindung mit dem Tibetanischen Totenbuch. Gaspar Noe scheut sich natürlich in keinerlei Hinsicht vor extremen Darstellungen. Sex wird so dargestellt, wie er nun mal ist: Nackt und intensiv.  Genau wie der Drogenkonsum nicht verherrlichend offenbart wird, sondern als ausweglose Sucht, die nicht nur sich selbst zerstört, sondern auch all die Menschen, die einem nahe stehen. Sicher ist „Enter the Void“ ein gewöhnungsbedürftiger Film, doch wer sich auf ihn einlässt, und natürlich auch versteht, worauf er hinaus will, wird einen Trip der Extraklasse erleben.


stu's Nr. 3: SPUN - 1000 PS und 5345 Schnitte
Der skandinavische Regisseur Jonas Akerlund drehte bereits recht seltsam-kuriose Musikvideo u.a. für Rammstein oder Madonna, doch all seine Arbeiten für die Musikindustrie verblassen im Vergleich zu Akerlunds Kinodebüt „Spun“. Der Film ist ein einziger, irrwitziger Rausch. Im Mittelpunkt steht Ross (Jason Schwartzman), ein kleiner Junkie der für etwas Speed und Geld den Drogenhersteller Cook (Mickey Rourke) durch die Stadt kutschiert. Klingt alles nicht so wild, ist aber ein Trip mit 1.000 PS, vollem Adrenalinpegel und einem Overkill aus absurden, abseitigen und anarchistischen Ideen. „Spun“ ist, ähnliche wie „Leaving Las Vegas“ schwer mit Worten zu beschreiben. Es ist ein Film der es einem sehr leicht macht ihn nicht zu mögen, alleine die Tatsache dass Akerlunds Spielfilm-Debüt im Guiness Buch der Rekorde steht, für die meisten Schnitte (5345), zeigt, welche berauschende Erfahrung „Spun“ sein kann. Dabei streut der Film zwar auch immer wieder Argumente gegen Drogen ein, die sind aber eigentlich nicht notwendig, denn der Film fordert die Abscheu des Zuschauers mit epileptischen und an die Grenze des Ekels gehenden Szenen geradewegs heraus.  Ein Leben wie ein Drogentrip sieht vielleicht grandios aus, ist aber dennoch nur eins: scheiße. „Spun“ beweist dies äußerst eindrucksvoll.


souli's Nr. 3: FEAR AND LOATHING IN LAS VEGAS - Zwei scheiternde Traumjäger

Hunter S. Thompson ist schon ein Fall für sich, machen wir uns nichts vor, der Gonzo-Journalist hat sich Zeit seines Lebens aus gesetzlicher Sicht immer vollkommen daneben benommen und seinen Drogenkonsum unter den Mantel der Normalität gestellt. Für ihn selbst war es sicher etwas richtig, aber wie man in Wahrheit zu Drogen stehen sollte, mach ich wohl nicht mehr predigen. Aber Hunter S. Thompson war währenddessen auch ein verdammt genialer Kopf, der wie kein zweiter die amerikanischen Ansichten auseinandergenommen hat und den amerikanischen Traum als Illusion offenbarte. Genau darum geht es auch in „Fear and Loathing in Las Vegas“: Zwei Traumjäger machen sich auf nach Las Vegas um an ihren Idealen festzuhalten, doch längst sind sie selber Opfer dieser Zeit und den Lügen Amerikas. Wie Terry Gilliam diese scheiternde Jagd darstellt ist höchste Filmkunst mit einmaliger Sogwirkung, nicht zuletzt dank des genialen Johnny Depps, der als Hunters Alter Ego Raoul Duke eine seiner besten Leistungen abliefert.


stu's Nr. 2: LEAVING LAS VEGAS - Liebe, Leid und Lichter
Neben dem TV-Film „Der Trinker“ mit Harald Juhnke gibt es für mich keinen anderen Film, der Alkoholismus und den Verfall des Abhängigen sowie seiner Angehörigen, bzw. Liebe so schonungslos aber auch so bewegend aufzeigt wie Mike Figgis grandiose Love Story „Leaving Las Vegas“. Nicolas Cage spielt Autor Ben, der vom Leben enttäuscht beschließt, sich in Las Vegas zu tode zu saufen. In der Stadt angekommen lernt er recht bald die Prostituierte Sera kennen. Aus den zwei einsamen Seelen wird ein Paar und es keimt sogar Hoffnung auf, die jedoch durch jeden weiteren Drink, jeden Griff zur Flasche wieder ein Stück niedergerissen wird. Das schmerzt, weil es so kompromisslos aber niemals wertend präsentiert wird. Die klaren Highlights sind die Darsteller. Elisabeth Shue als Sera wirkt wie die Zerbrechlichkeit in Person und Nicolas Cage? Tja, der spielt hier die Rolle seines Lebens. Nie war er besser. Nie nahm er mich so in seinen Bann. Der Oscar war deshalb auch nur Formsache. Ein weiteres markantes Markenzeichen des Films ist sein Spiel mit dem Licht. Regisseur Mike Figgis benutzt hauptsächliche das normale Licht von Vegas und erschuf damit eine ganz eigene Welt, in der Ben und Sera umherschweben, auf den Weg in ihren Untergang.


souli's Nr. 2: SCARFACE - Die innere Leere des Tony Montana
„Scarface“ ist kein reiner Drogenfilm, ist mir schon klar, aber doch erzählt Brian De Palma neben dem Verfall von Tony Montana auch die Geschichte des Heroins in Amerika. Montana ist ein rücksichtloser Geschäftsmann, der immer nur seinen eigenen Vorteil sehen will, aber Gefühle und Ansichten von anderen Menschen immer wieder zerdrückt hat. Am Ende ist die leere von Tony Montana überdeutlich für jeden Zuschauer im eigenen Scheitern verfangen und ein normales Leben ist nicht einmal mehr im Ansatz griffig. „Scarface“ bedeutet Ruhm, Anerkennung und jede Menge illegaler Spaß. Aber „Scarface“ bedeutet auch Selbstzerstörung, Hochmut und Schmerz, vielleicht auch ein gerechter Schmerz, den Tony aufgrund seiner Lebensweise verdient hat. In jedem Fall ist „Scarface“ aber eins: Ein Meisterwerk über Aufstieg und Fall.


stu's Nr. 1: TRAINSPOTTING - Sag einfach ja
Sag ja zum besten Film von Danny Boyle. Sag ja zu einem der besten europäischen Filme der letzten Dekaden. Sag ja zu einem jungen, erfrischend proletarischen Ewan McGregor. Sag ja zu einem verdammt guten Soundtrack. Sag ja zum "perfect day". Sag ja zum Luftgewehr. Sag ja zu grandiosen Kameraeinstellungen. Sag ja zu abgründigen Witz und mitreißender Dramatik. Sag ja zu der wohl beschissensten Toilette Schottlands. Sag ja zu Moralkeulenverzicht. Sag ja zum kalten Entzug. Sag ja zu sehr tiefen Teppichen. Sag ja zu Opiumzäpfchen. Sag ja zu Francis Begbie, Spud, Tommy und Sick Boy. Sag ja zu Valium. Sag ja zur Mutteroberin. Sag ja zu Baby Dawn. Sag ja zu kleinen Kätzchen. Sag ja zu kalter Pilzsuppe und Pornoheften. Sag ja zum Sozialbau. Sag ja zu besudelten Bettlaken. Sag ja zu schockierenden Szenen. Sag ja zu einem der furiosesten und besten Filmanfänge aller Zeiten. Sag ja zu "sag ja". Sag ja zu der tollen Kelly MacDonald. Sag ja zu einem dem wichtigsten Film der 1990er Jahre. Sag ja zu einem der besten Filme aller Zeiten. Sag ja zu „Trainspotting“. Sag ja zu einem meiner absoluten Lieblingsfilme.


souli's Nr. 1: REQUIEM FOR A DREAM - Vernarbte Gefühle
Darren Aronofskys großes Meisterwerk. In „Requiem for a Dream“ treffen wir auf 4 Seelen, die sich in der unausweichlichen Drogensucht schlussendlich selbst zerstören. Dabei geht Aronofsky mit einer bitteren Konsequenz vor, die nicht nur in Sachen Eindringlichkeit immer voll auf die wunden Punkte schlägt, sondern auch die unverblümte Sichtweise der mittelschichtigen Drogenopfer in aller Deutlichkeit offenbart. Hier gibt keine Sympathiefiguren, und doch schmerzt der Anblick der fallenden Mensch, hier gibt es keine Rührseligkeit, alles ist voll von vernarbten Gefühlen, die sich in ihren Obsessionen längst selbst aus den Augen verloren haben. „Requiem for a Dream“ ist ein aufrüttelnder, intensiver und unvergesslicher Ausflug in menschliche Abgründe, die jeden Ausweg in ein standhaftes Leben vollkommen zertreten haben.



Habt ihr Vorschläge für eine neue Liste? Wenn ja, dann immer her damit.


Wir  danken souli für seine Mithilfe. Wenn ihr mehr von souli lesen wollt dann könnt ihr seine Kritiken und Meinungen zu diversen Filmen bei CinemaForever begutachten oder ihr besucht ihn mal bei Moviepilot.

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