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Review: DER EINZIGE ZEUGE – Integration auf Zeit

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Fakten:
Der einzige Zeuge (Witness)
USA. 1985. Regie: Peter Weir. Buch: William Kelley, Earl W. Wallace, Pamela Wallace. Mit: Harrison Ford, Lukas Haas, Kelly McGillis, Danny Glover, Viggo Mortensen, Alexander Godunov, Josef Sommer, Patti LuPone, Timothy Carhart u.a. Länge: 112 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Der siebenjährige Samuel Lapp wird Zeuge eines Mordes. Der ermittelnde Polizist John Book beschließt ihn und seine Mutter zu verstecken. Doch der Mörder findet Book und die Lapps und verletzt den Polizisten schwer. Daraufhin fliehen die drei in eine Amisch-Gemeinde, in der Hoffnung, dass sie dort sicher sind.





Meinung:
Der in Sydney geborene Peter Weir ist ein echter Tausendsassa und fühlt sich in mehr Genres heimisch, als mancher Regisseur Zeit seines Lebens Filme veröffentlichen durfte: Angefangen mit seinem von einer ungemein suggestiven Mystik geschwängerten „Picknick am Valentinstag“, der den Filmmarkt aus Down Under zusammen mit Nicolas Roegs „Walkabout“ in den 1970er Jahren richtig ins Rollen brachte, hat der melancholische Romantiker Weir mit dem Jugend-Drama „Der Club der toten Dichter“, der Medien-Satire „Die Truman Show“ und den historischen Stoffen „Master & Commander – Bis ans Ende der Welt“ wie „The Way Back – Der lange Weg“ seine Wandelbarkeit ein ums andere Mal unter Beweis gestellt. Unter seinen Fans wie in  weitreichenden Cineastenzirkeln wird allerdings keiner dieser Filme als Weirs Opus magnum gehandelt. Vielmehr wird die Romanadaption „Mosquito Coast“ genannt, in der Harrison Ford 1986 einen Aussteiger mimte, der der Konsumgesellschaft ein für alle Mal den Rücken kehrte und nach Südamerika auswanderte. Als ebenso beliebt gilt auch der für 8 Oscars nominierte „Der einzige Zeuge“.


John Book unter Amisch
Wie in dem ein Jahr später erschienenen „Mosquito Coast“ verkörpert der sich in der Mitte der 1980er Jahre auf dem Höhepunkt seiner Karriere befindende Harrison Ford mit dem couragierten Großstadtpolizisten John Book erneut den Hauptdarsteller (übrigens die einzige Rolle, für die Ford jemals für einen Academy Award nominiert wurde). Dieser befragt den siebenjährigen Samuel, der einen vom korrupten Detective Lt. James McFee (Danny Glover) ausgeführten Mord auf der Bahnhoftoilette mitangesehen hat. Samuel gehört der Glaubensgemeinschaft der Amish People an, die den technischen Fortschritt großzügig ablehnen, keine Elektrizität benutzen und streng nach den Regeln der Bibel verkehren: Ein schlichtes Leben ist das höchste Gut der Amischen. Als McFee dann in einer Tiefgarage auf Book trifft und ihm eine Kugel in den Bauch verpasst, sieht dieser sich gezwungen unterzutauchen und versteckt sich in der Amischen-Gemeinschaft von Rachel (Samuels Mutter, gespielt von Kelly McGillis) und ihrem Sohn. Ein rigoroser Culture-Clash bahnt sich an!


Ist der kleine Samuel wirklich in Sicherheit?
Das Besondere an „Der einzige Zeuge“ ist, wie es Peter Weir und das Drehbuch tunlichst vermeiden, die Gepflogenheiten der Amish People der Lächerlichkeit preiszugeben, sondern primär die soziokulturellen Differenzen sensibel und wertfrei thematisieren: „Der einzige Zeuge“ denunziert nicht, aber er idealisiert auch nicht, was schon eine große Kunst für sich ist. Mit wunderbar-naturalistischen Bildern, deren malerische Kraft an das Kino eines Terrence Malick („In der Glut des Südens“) gemahnen, bäumt sich ein Scheunenbau in der Mitte des Films zu einem der schönsten, symbolistischen und memorabelsten Augenblicke auf. Auch wie „Der einzige Zeuge“ die scheuen, aber durchweg von gegenseitiger Begierde elektrisierten, Annäherungsversuche zwischen John Book und Rachel darstellt, zeugt von einem enormen Feingefühl. „Der einzige Zeuge“ ist in seinem Narrativ sorgfältig ausbalanciert und dabei sowohl klassischer Thriller, als auch aufrichtiges Sittengemälde, welches mit einem stilistisch sehr an einen Western erinnernden Finale aufwartet, um zwischen all diesen Aspekten noch eine leise, sensitive Liebesgeschichte einzuflechten.


Nicht umsonst gilt das Drehbuch als Referenzwerk an Filmhochschulen, haben William Kelley, Earl W. Und Pamela Wallace doch mit ihrem Skript zu „Der einzige Zeuge“ Famoses geleistet: Ohne sich zu verheddern, pejorativen Zwischentönen Auftrieb zu verleihen oder sich in grobschlächtigen Gesten zu vergessen, ist „Der einzige Zeuge“ subtiles, einfühlsames Kino, das sich nicht nur in seiner Milieu-Studie immer frei von Vorurteilen gibt, auch die Schauspieler und das Handwerk (vor allem der Schnitt!) lassen keine Tadel zu. Ein besonderer Film.


7,5 von 10 Verstecken im Mais


von souli

Review: SCHUTZENGEL - Til Schweiger ballert sich durch

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Fakten:
Schutzengel
Deutschland. 2012. Regie: Til Schweiger. Buch: Til Schweiger, Stephen Butchard, Paul Maurice. Mit: Til Schweiger, Luna Schweiger, Moritz Bleibtreu, Heiner Lauterbach, Karoline Schuch, Axel Stein, Herbert Knaup, Trystan Prütter, Jana Reinermann, Kostja Ullman, Katharina Schüttler, Anna-Katharina Samsel, Nina Eichinger, Oliver Korittke, Tim Wilde, Fahri Yardim, Rainer Bock, Jacob Mantschez, Ralph Herforth, Mickey Hardt, Mathias Döpfner, Aleksanar Jovanovic u.a. Länge: 133 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Nina ist 15 und Vollwaise. Das Leben hat ihr nur Hürden in den Weg gelegt. Doch die größte liegt noch vor ihr. Sie wird Zeuge wie der Geschäftsmann Becker ihren Freund, einen Hotelpagen, erschießt. Nina kommt ins Zeugenschutzprogramm, unter die Obhut des Ex-KSK-Soldaten Max Fischer und dessen Team. Doch bei der Staatsanwaltschaft gibt es einen Maulwurf. Das Versteck fliegt auf und Max versucht Nina vor Beckers brutalen Schergen in Sicherheit zu bringen.




Meinung:
„Keinohrhasen“ war gestern. Jetzt versucht sich Tausendsassa Til Schweiger am Actionfilm, diesmal nicht im Gewand des „Tatort“, sondern  als eigenständiger Kinofilm. „Schutzengel“ zeigt sich dabei als optisch knackiger, inszenatorisch eher unspektakulärer und handlungstechnisch durch und durch misslungener Versuch den Beweis anzutreten, dass der deutsche Film auch gute Actioner hervorbringen kann. Das Grundgerüst von „Schutzengel“ erweist sich als bieder und wenig innovativ. Super-Cop beschützt junge Kronzeugin. Diese Einfachheit kann man dem Film vorwerfen, allerdings muss ein guter Actionfilm nicht unbedingt große Handlungsgeschütze auffahren um zu überzeugen. Dass Schweigers erster härterer Genre-Beitrag ziemlich misslungen ist, liegt also nicht einzig und alleine an der Story. Viel mehr leidet „Schutzengel“ darunter, wie diese Story vermittelt, Action präsentiert und die Figuren dargestellt werden. 



"Psst Til, die bösen Kritiker kommen nicht in deine Träume."
Große Kritik und Gezeter gab es vorab, als bekannt wurde, dass Schweigers Tochter Luna hier die weibliche Hauptrolle spielt. Dies erweist sich durchaus ein Makel des Films, denn Luna Schweiger kann als verfolgte Waise Nina nicht überzeugen. Im andauernden Flüsterton, ohne eine Art von überzeugender Ausstrahlung und ausgestattet mit einem einzigen Gesichtsausdruck schleust sie ihr Vater durch den Film. Ihrer Rolle enthält er dazu keine echte Wandlung. Nina ist und bleibt ein Opfer. Eines welches vom kargen Script so dermaßen in diese einfältige Figurenform gequetscht wird, dass sie zu einem Dasein im Bereich des Gleichgültigen verdammt ist. Ein Mitfiebern, ob sie von ihren Häschern erwischt wird, ist so quasi unmöglich. Auch ihr Beschützer Max, der Ex-Soldat, ist wenig interessant. So stoisch wie Schweiger mit Kritikern umgeht, so stoisch spielt er hier seine Rolle, die in einigen Phasen ihrer Charakterisierung sogar unfreiwillige Komik bereithält. So erweist sich Schweiger Intention, den deutschen Soldaten, die im Ausland ihr Leben riskieren, zu ehren, als überaus alberne und zutiefst kitschige Backgroundstory, der es an wirklicher, wahrhaftiger Ehrfurcht fehlt. Denn diese seine Rolle, dieser Max Fischer entspricht einfach einem Klischee. Einem, welches so verbraucht, abgewetzt und leer ist, dass Schweigers Verneigung, vor den Männern und Frauen der Bundeswehr, einen ungewollten komischen – fast schon überspitzen – Ton trifft. Ganz ehrlich, wenn Schweiger und Nebendarsteller Moritz Bleibtreu von ihren Einsätzen am Kundus sprechen und dabei alles an Schicksalsschlägen auspacken, was die Thematik zu bieten hat, löste dies bei mir ein Gefühl des Fremdschämens aus. Vor allem wenn ich bedenke, das Schweiger seinen Film groß damit bewarb, ihn für die Soldaten gemacht zu haben. Nach der Sichtung von „Schutzengel“ kommt mir dies endgültig wie geschmacklose PR vor. 


Ob Schweiger sich hier vorstellte auf Kritiker zu zielen?
Geschmacklos sind die Actionszenen, die bei einem Film, der damit hausieren geht, dass er dem Action-Genre angehört, nicht. Wirklich gelungen sind sie aber leider auch nicht. Bei über zwei Stunden Film gibt es relativ selten fliegende Projektile zu bestaunen – andere Formen von adrenalinhaltigen Aktionen gibt es hier nicht. Wenn es dann aber knallt, fahren Schweiger und sein Team durchaus große Actionmomente auf. Doch diese zünden einfach nicht. „Schutzengel“ ist, egal ob mit seiner Story, seinen Figuren oder eben seiner Action, höchst undynamisch. Die Kugeln schwirren durch die Luft, zerbersten Mauerwerk, durchlöchern die Guten wie die Bösen. Mitreißend? Nein. Die Schusswechsel wirken zu statisch und weil der Held, wie auch sein Anhang, letztlich auch nicht mehr ist, wie ein Objekt in Menschengestalt, stellt sich auch keine Spannung ein. Dazu kommt, dass Schweiger als Regisseur gefühlt jede zweite Nachladesequenz bei Pistolen mit verlangsamter Geschwindigkeit zeigt und auch bei Feuergefechten nicht auf seinen Hang zu einengenden Close Ups verzichtet. Dass die Nebenfiguren, von der treuen Staatsanwältin, über den bösen Waffenhändler bis hin zum verkrüppelten Soldatenfreund allesamt auf festen Bahnen agieren, die keinerlei Spielraum für fesselnde Entwicklungen bereitstellen, wuchtet den wenig dynamischen Eindruck der Actionsequenzen auch in die ruhigeren Momente des Films herüber.


„Schutzengel“ ist, wie von seinem Regisseur gewohnt, ein sehr amerikanisiertes Werk. Die Credits sind mal wieder in englischer Sprache, die Optik macht aus Berlin die US-Westküste, der pseudo-melancholische Pop-Score suppt durch die Szenen, die Uckermark wird zum Western-Outback und gegessen wird in einem American Diner. Dieser Hang zum Amerikanischen wirkte schon bei „Zweiohrküken“ oder „Kokowääh“ zu aufgesetzt und nimmt „Schutzengel“ jede Form der Authentizität. Dafür fallen die teilweise wirklich gravierenden Logiklöcher, will sagen Plotholes, nicht weiter auf. Nur bei den teilweise wirklich haarsträubenden Dialogen, einhergehend mit der Psychologie der Figuren auf Hausfrauen-Niveau, kann selbst die klebrigste Patina aus amerikanischer Optik, nichts verschleiern.


Til Schweigers „Schutzengel“, der für den erfolgsverwöhnten Star des deutschen Kinos nicht zu dem finanziellen Erfolg wurde wie gedacht (und erhofft), ist es auch nicht gelungen einen Actionfilm zu inszenieren, der beweist, dass unsere Nation mit mehr aufwarten kann, innerhalb des Genres, als „Alarm für Cobra 11“. Schweigers Film krankt an seinen Ambitionen und deren Ausführung. Actiontechnisch nicht sonderlich eindrucksvoll, dramaturgisch viel zu platt und somit ausdruckslos sowie als Gesamtpaket nicht mehr als ein verzichtbarer Funke, der die Tiraden der Schweiger-Hasser nur noch weiter anfeuert. Meine ganz persönliche Tirade zu „Schutzengel“: Der Film ist Murks!

1 von 10 Punkten, äh Points, of course