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Review: NO! - Gute Werbung kann Geschichte schreiben

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Fakten:
No!
CL, FR, USA, 2012. Regie: Pablo Larrain. Buch: Pedro Peirano. Mit: Gael Garcia Bernal, Alfredo Castro, Luis Gnecco, Néstor Cantillana, Antonia Zegers, Marcial Tagle, Pascal Montero, Jaime Vadell, Elsa Poblete, Diego Munoz, Roberto Farias u.a. Länge: 114 Minuten. FSK: Freigegeben ab 6 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Auf internationalen Druck hin lässt Chiles Diktator Pinochet 1988 eine Volksabstimmung über die Fortführung seiner Amtszeit zu. Einen Monat lang wird der Opposition die Chance gewährt, täglich einen 15minütigen Spot zu senden, der das Volk zum "Nein" gegen den Machthaber beflügeln soll. Werbefachmann René Saavedra übernimmt diese wichtige wie schwierige Mission. Zunächst scheinen die Chancen gegen den manipulativen, übermächtigen Staatsapparat äußerst gering.


                                                                            


Meinung:
- "Kein Mensch wird dieses Propaganda-Zeugs sehen wollen. ...wer denn auch, da schlafen doch schon alle. Ich schlafe da schon."
- "Ich schlafe da auch schon."
- "Sehen sie, alle schlafen da schon."



Hochinteressante Geschichtsstunde von Pablo Larrain über das Ende einer Schreckensdiktatur der jüngeren Historie. Logischerweise kann "No!" nicht Spannung durch das Resultat des Referendums erzeugen, wenn die historischen Fakten bekannt sind. Der Einblick in diese Zeit, in dieses Land und in die Gemüter seiner Bevölkerung, die nach langer Zeit endlich die Chance erhält selbst über seine Zukunft entscheiden zu können ist spannend genug. Durch die Verwendung von Original-Bildmaterial in Form der Wahlwerbespots und die optische Anpassung der gedrehten Szenen daran bekommt "No!" einen semi-dokumentarischen Touch. Die Übergänge sind fließend, technisch eine hervorragende Leistung und für die Stimmung ein geschickter Schachzug. Grobkörniges, leicht schroffes Zeitkolorit lässt den Zuschauer gefühlt direkt in das Chile der späten 80er eintauchen. Authentizität wird hier groß geschrieben, dennoch liegt gerade in dieser Mischung auch ein kleiner Schwachpunkt. 


 
René gegen das Regime.
Manchmal wirkt der Film etwas unentschlossen, ob er nun den Fokus auf den Spielfilm oder die Semi-Doku legen will. Beides gelingt zwar für sich genommen durchaus, nur die Feinabstimmung ist nicht optimal. Das sind genau genommen nur Nuancen und unterm Strich wohl auch nur eine rein subjektive Wahrnehmung, die an der Stelle aber erwähnt sein sollte. Etwas deutlicher fällt da die sehr einseitige Perspektive der Geschehnisse ins Gewicht. Sicher, der Film konzentriert sich nun mal auf die Köpfe hinter der No-Kampagne, dementsprechend erhält der Zuschauer sehr wenig Einblick in die Gegenseite. Dort sieht man stellvertretend für die Regierung mal einen Minister oder wird Zeuge einer Sitzung, doch viel mehr wird nicht beleuchtet. Gerade das wäre doch sehr spannend gewesen. Die Reaktion der siegessicheren Machthaber auf die kippende Stimmung im Land, auf die überraschend effektive Strategie der als harmlos eingestuften Kontrahenten. Diese wird zwar in den antwortenden Spots so wie in den folgenden Einschüchterungsversuchen verdeutlicht, doch die Menschen dahinter bleiben meist gesichtslos. Dadurch bleibt das Ganze leicht eindimensional, was gerade politisch-geschichtliche Filme dieser Qualität nicht unbedingt sein sollten.


Unterhaltsam, aufklärend und historisch relevant bleibt "No!" jedoch ohne Zweifel. Zudem bietet er einen Blick in die Welt der Werbung, zeigt die Mechanismen ihrer Funktionalität und die Macht, die von zielgerichteter, gut durchdachter Propaganda ausgehen kann. Sie kann ein ganzes Volk aus der Lethargie reißen, ihm neuen Mut und Kraft verleihen und letztendlich für eine Veränderung sorgen, die nicht mehr für möglich gehalten wurde. Natürlich kann sie auch als negatives Instrument genutzt werden, was die Vergangenheit schon hinreichend gelehrt hat. "No!" zeigt mal positive Manipulation durch die Kraft der Bilder und die Wirksamkeit gezielter Schlagworte. Ein guter und wichtiger Film. Nur eben nicht optimal.
 
7,5 von 10 Volksentscheiden

Review: DIE QUAL DER WAHL - Brachialer Kampf um Wähler und Lacher

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Fakten:
Die Qual der Wahl (The Campaign)
USA. 2012. Regie: Jay Roach. Buch: Shawn Harwell, Chris Henchy. Mit: Will Ferrell, Zach Galifinakis, Jason Sudeikis, Dylan McDermott, Kathrine LaNasa, John Lithgow, Dan Aykroyd, Brian Cox, Sarah Baker, Grant Goodman, Kya Haywood, Karen Maruyama, Taryn Terrell, Josh Lawson, Tzi Ma, Jack McBrayer, P.J. Byrne, Kate Lang Johnson, Steve Tom, Seth Morris, Nick Smith, John Goodman u.a. Länge: 85 Minuten (Kinofassung), 96 Minuten (Extended Cut, nur auf Blu-ray erhältlich). FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Kongressabgeordneter Cam Brady wurde bereits drei Mal wiedergewählt, doch kurz vor seiner vierten Wahl wird er mit einem Problem konfrontiert, denn diesmal stellt sich ein weiterer Kandidat zur Wahl auf: der eigensinnige Marty Huggins. Zwischen dem alten Hasen Brady, der gerne mal den einen oder anderen Skandal verursacht, und dem naiven wie plumpen Huggins entbrennt schnell ein äußerst aggressiver Wahlkampf, bei dem beide Parteien auf unfaire wie unorthodoxe Mittel zurückgreifen.




Meinung:
Hierzulande ist ein Wahlkampf ja eher eine biedere Angelegenheit. Da tingeln die Politiker, deren Persönlichkeit meist so interessant ist wie der Gang zum Mülleimer, durch Talkshows sowie Gemeindezentren und erhalten ihren eigentlichen Ruf meist nicht nur eigene Initiative, sondern eher indirekt durch die Satiriker unserer Nation. In den USA hingegen ist Wahlkampf ein lang andauernder Event. Wer kennt sie nicht, diese pompösen Bilder der gigantischen Wahlkampfpartys, in denen sich Schauspieler und Popstars die Klinke in die Hand geben um ihren politischen Kandidaten zu unterstützen? „Die Qual der Wahl“ nimmt diesen Zirkus jetzt aufs Korn. Jedoch nutzt die Komödie nicht den ganz großen politischen Zirkus. Sie nimmt sich lieber einem politischen Duell auf einer kommunalen Ebene an. Wobei in wie fern eine amerikanische Kongressabgeordnetenwahl kommunal ist, wage ich hier nicht zu beurteilen. Eins ist aber definitiv: das politische Duelle Cam Brady (Will Ferrell) gegen Marty Huggins (Zach Galifinakis) ist weit entfernt vom Ruhm des Weißen Hauses, was nicht bedeutet, dass „Die Qual der Wahl“ nicht versteht wie das Tamtam eines Wahlkampfes karikiert wird.


Demokrat Cam Brady weiß, wie man Wähler begeistert
Unter der Regie von Jay Roach, der einst mit den „Austin Powers“-Filmen sein Gespür für massentaugliche Anarcho-Komik bewies, duellieren sich nun Will Ferrell und Zach Galifinakis und was deren Rollen angeht, so wird hier auf Nummer sicher gegangen. Ferrell mimt den Überheblichen, während „Hangover“-Star Galifinakis den Sonderling geben darf. „Die Qual der Wahl“ vertraut auf diese beiden komödiantische Archetypen und lässt den Nebenfiguren somit fast keine Chance. Ein wahrlich sträflicher Fehler. Vor allem Dylan McDermott als knallharter Wahlkampfleiter von Marty Huggins hat ein paar durchaus ansehnliche Auftritte, die jedoch meist von der Präsenz der Hauptfiguren zunichte gemacht werden. Trotzdem kann ich „Die Qual der Wahl“ eine durchaus gutfunktionierende Antriebskraft nicht absprechen. Roach und seine Stars entfachen einen wahrlich irrwitzigen politisches Kräftemessen, dem alle Vorurteile, die wir als Zuschauer über Politik, die Kandidaten und der bösen Wirtschaft haben, ohne Abstriche bedient. Vom geheimen Trash Talk, sexuelle Eskapaden über konservative Werte- und Moralvorstellungen bis hin zum versteinerten Lächeln, wird hier in knapp 90 Minuten einfach alles aufgefahren. Der Witz kommt also aus dem Bekannten, wirklich überraschendes gibt es nicht, oder eher viel zu selten. Um dies zu kompensieren haut der Film aber dann und wann aber ordentlich auf die Pauke. Ohne auf political correctness zu achten wird hier um sich gehauen. Das Ergebnis sind wirklich amüsierende Momente, die fern jeglicher Intelligenz oder Eloquenz sind, der Politik-Posse aber wirklich gut tun und sie zumindest in Teilen für eine etwas längere Zeit in der Erinnerung des Zuschauers verfestigen.


Hinter seiner brachialen Komik verbirgt sich, man mag es kaum glauben, durchaus eine Botschaft mit einem spöttischen Kern. „Die Qual der Wahl“ zeigt nicht nur der Politik, ganz egal ob Demokrat oder Republikaner, den Stinkefinger, sondern streckt der modernen Wirtschaft auch noch mit voller Wonne den blanken Hintern zu. Das Thema Outsourcing gehört zum Themenkatalog des Films. Das wird wenig innovativ genutzt, ändert aber nichts an der klaren Aussage des Films, die durchaus antikapitalistisch ausfällt. Der große Revoluzzer ist „Die Qual der Wahl“ dabei nicht, aber wenn Wirtschaftsbosse (ulkig: Dan Aykroyd und John Lithgow) durch den Kakao gezogen und als eiskalte, raffgierige Unsympathen dargestellt werden, dann tut das der Proletarierseele einfach gut. „Die Qual der Wahl“ möchte sich als eine Art komödiantische Rache am Modern Business verstehen. Letztlich ist es aber auch nur eine von vielen Komödien, die durchaus hätte schlechter sein können, aber dennoch weit entfernt davon ist ein großer Wurf zu sein. Es ist einfach grober Klamauk mit einer leichten, satirischen Hülle. Hätte Jay Roach diese Faktoren vertauscht, vielleicht wäre ein Film entstanden, der mit richtigem Biss auf Politik und Wirtschaft losgegangen wäre. Ob dies mit Will Ferrell und Zach Galifinakis möglich gewesen wäre, steht wiederrum auf einem anderen Blatt Papier. Wobei beide durchaus schon gezeigt haben, dass sie auch abseits ihrer festgefahrenen Rollentypen funktionieren. Deswegen möchte ich hier am Schluss noch „It’s a Kind of Funny Story“ und „Alles muss raus“ erwähnen.

6 von 10