DK,
2016. Regie: Mads Matthiesen. Buch: Anders Frithiof August, Mads
Matthiesen, Martin Zandvliet. Mit: Maria Palm, Ed Skrein, Yvonnick
Muller, Dominic Allburn, Virgile Bramly, Marco Ilsø,
Leonardo Lacaria u.a. Länge: 108 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16
Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Emma
sieht fantastisch aus, was für ihren Traumjob als Model schon mal
eine ideale Voraussetzung ist. Hoffnungsvoll reist sie aus der
dänischen Kleinstadt, in der sie lebt, nach Paris, um den großen
Karrieresprung zu schaffen. Bei ihrer Ankunft wird sie schnell
enttäuscht, denn außer unfreundlichen Agentur-Mitarbeitern, einem
kleinen Zimmer als Unterkunft und großer Frustration bei ihrem
ersten Fotoshooting erlebt sie in der riesigen Hauptstadt Frankreichs
nicht viel. Als sie sich an einem Abend im Club an Fotograf Shane
ranmacht und mit ihm im Bett landet, folgt auf der Stelle das nächste
Shooting. Türen öffnen sich für Emma, aber auch einige Gefahren
und Abgründe, je tiefer sie in die Branche eintaucht...
Meinung:
Als
Model ist ein Leben im Luxus vorprogrammiert, so scheint es
zumindest. Blickt man auf die freudestrahlenden, makellosen Gesichter
und Körper in den Hochglanzseiten der Magazine, auf glamourösen
Werbereklamen oder in Fernsehbeiträgen, entsteht schnell der
Eindruck, eine Karriere auf dem Laufsteg, vor den Linsen angesagter
Fotografen und als Dauergast bei rauschhaften Partys sei der ganz
große Traum, den überwiegend sehr junge Frauen völlig zu Recht
anstreben sollten.
Er ist der Einstieg für Emma in eine neue Welt
Die
Realität ist aber wie so oft eine andere, denn nicht umsonst hat die
Mode-Industrie längst den Ruf eines gnadenlosen Haifischbeckens, in
dem mit den Körpern der vor allem anfangs eingeschüchterten,
überforderten Models wie mit Waren gehandelt wird. Da fast jedes
Mädchen, das eine ernsthafte Karriere in dieser Branche anstrebt,
das nötige Aussehen dazu mitbringt, ist glatte Attraktivität schon
lange zum Standard geworden. Hinter den Kulissen kommt es viel mehr
darauf an, wie weit man bereit ist zu gehen, wo die persönlichen
Grenzen liegen und in welchem Maße man das eigene Selbstwertgefühl
ausblenden kann, um kein noch so schmutziges Angebot auszuschlagen.
Als Emma zu Beginn in "The Model" aus einer dänischen
Kleinstadt nach Paris reist, ist sie voller Erwartungen und
Hoffnungen. Wie sich wenig später herausstellt, besteht ihr größter
Traum darin, einmal auf dem Catwalk für Chanel modeln zu dürfen.
Von diesem Ziel könnte sie bei der Ankunft aber kaum weiter
entfernt sein. Bei ihrem ersten Treffen in der Agentur, zu dem sie
sich verspätet, wird sie kalt empfangen, ihre Unterkunft ist ein
recht mickriges Zimmer, das sie sich zudem noch mit einem anderen
Mädchen teilen muss und das erste Fotoshooting verläuft
katastrophal.
Verlockungen an jeder Ecke und in jedem Wasser
Auch
wenn Mads Matthiesens Film mit handwerklicher Eleganz komponiert
wurde und der Soundtrack hin und wieder durch verführerische
Pop-Songs besticht, wischt der Regisseur den Glanz und Glamour der
Branche früh von der Oberfläche und zeichnet anhand des Werdegangs
seiner überforderten, sensiblen Hauptfigur ein düsteres Bild der
Mode-Welt. Emma erkennt, dass sie sich anpassen und im moralisch
korrumpierten Spiel teilnehmen muss, welches von einem Großteil der
Schlüsselfiguren in diesem Beruf ausgeübt wird. Nachdem sie mit dem
Fotografen Shane, der sie beim Shooting zuvor noch rücksichtslos
fallen ließ, ins Bett steigt, öffnen sich plötzlich einige Türen,
durch die das Mädchen hoffnungsvoll hindurchgeht. Von nun an
entwickelt sich "The Model" aufgrund von abgründigen
Obsessionen, erbitterter Eifersucht und geheimen Seitensprüngen zu
einem Drama, welches etwas zu sehr in Richtung Soap-Opera anstelle
präziser Entlarvung der Szene abschweift. Das Bedürfnis von Emma
nach Zwischenmenschlichkeit, dem Gefühl, dass sie jemand einfach nur
verständnisvoll in den Arm nimmt, spiegelt sich in den Gesichtszügen
von Hauptdarstellerin Maria Palm, die selbst Model ist und hier ihr
Schauspieldebüt gibt, überzeugend wider. Trotzdem wird sie vom
Drehbuch zu oft in vorhersehbare Erzählrichtungen gepresst, wodurch
ihre Entwicklung vom Mauerblümchen über ein selbstbewusstes,
verführerisches Model hin zur gebrochenen, verzweifelten
Persönlichkeit kaum überrascht und mit erwartbaren Konsequenzen
aufwartet, denen hinsichtlich Radikalität der letzte Schliff fehlt.
"The
Model" ist somit ein inszenatorisch überzeugendes Drama, das
die ernüchternde Tristesse sowie den verkommenen Konkurrenzgedanken
des harten Aufstiegs in der Model-Branche glaubwürdig aufzeigt. Mit
dem abgründigen Potential hat Regisseur Mads Matthiesen allerdings
zu wenig gewagt, weshalb sein Werk trotz entlarvender Spitzen etwas
zu sehr wie eine Hochglanz-Soap-Opera wirkt, die auf vorhersehbare
Entwicklungen setzt.
DK, FR, US. 2016. Regie: Nicolas Winding Refn.
Buch: Mary Laws, Polly Stenham, Nicolas Winding Refn. Mit: Elle Fanning,
Karl Glusman, Jena Malone, Bella Heathcote, Abbey Lee, Christina Hendricks,
Keanu Reeves u.a. Länge: 117 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Im Kino.
Story:
Die hübsche und zurückhaltende
Jesse kommt mit gerade einmal 16 Jahren nach Los Angeles, um dort als Model zu
arbeiten. Die Branche ist begeistert von ihrer Natürlichkeit, doch alsbald ruft
das auch zahlreiche Neider auf den Plan. Bald verwandelt sich Jesses Traum in
einen Alptraum.
Meinung:
Von der Kritik zerrissen und in
Cannes ausgebuht, dazu ein Titel, den sich selbst der größte Refn-Fanboy nicht
besser hätte ausdenken können. Ja, auch Nicolas Winding Refns neuster Streich
ist ein Dorn im Auge zahlreicher Zuschauer. Nach dem bereits mehr als
kontrovers diskutierten „Only God Forgives“ treibt der eigensinnige Regisseur
seinen Stil weiter auf die Spitze, provoziert dadurch fast schon seine
Kritiker. Dass auch „The Neon Demon“ ein inszenatorischer Augenschmaus ist,
steht außer Frage, was der Film jedoch darüber hinaus zu bieten hat ist ein
streitbares und dadurch enorm interessantes Thema.
Tödlich schön?
Wo soll man anfangen, bei einem
Film, dessen Anfang bereits unmissverständlich auf das Ende verweist?
Vielleicht bei einer Spoilerwarnung (die sich in Anbetracht des
minimalistischen Narratives fast schon als lächerlich erweist), denn ohne kann
kaum eine fruchtbare Auseinandersetzung mit dem Film stattfinden. „The Neon
Demon“ setzt sich von den gängigen Mechanismen einer klassischen Erzählung ab,
zumindest auf der inhaltlichen Ebene. Auf der formalen Ebene kann man jedoch
keinesfalls von einer komplett neuartigen Herangehensweise sprechen, zwar
schafft Refn es durchaus etwas Eigenes zu schaffen, und doch ist sein Stil
sicherlich auch ein Rückbezug. Die Einflüsse sind dabei vielfältig, sicherlich
haben die Giallis rund um Dario Argento („Suspiria“) und Mario Bava („Blutige
Seide“) etwas mit der Atmosphäre und Farbgebung des Films zu tun. Gewissermaßen
bezieht er sich sogar auf die Stummfilmzeit, denn Refn macht unmissverständlich
klar, dass sein Kino ein visuelles ist. Vielmehr ruft er sogar dazu auf, dass sich
die Kunstform Film stärker auf ihre Bilder verlassen soll, ja „The Neon Demon“
ist ein Plädoyer für die Macht der Bilder und das visuelle Erzählen. An einer Stelle heißt es: „Beauty
isn’t everything, it’s the only thing“, laut Refn könnte es auch lauten:
„Pictures aren’t everything, they’re the only thing“.
Der Anfang vom Ende?
Essentiell ist natürlich auch das
Sujet, mit dem sich Refn hier auseinandersetzt. Von vielen Seiten wird ihm
vorgeworfen, er wäre lediglich daran interessiert die Oberflächlichkeit der
Modebranche zu porträtieren und würde sich dadurch mit seinem Fokus auf
optische Schauwerte selbst deklassieren. Das stimmt einerseits zumindest
insofern, dass der dänische Regisseur in Hinblick auf die Model-Industrie
natürlich nichts Neues ans Tageslicht fördert. Wir sehen selbstverliebte
Menschen, exzentrische Fotografen, neidzerfressene Konkurrentinnen und
durchlaufen die üblichen Klischees von Schönheitsoperationen über Diäten bis
hin zum drohenden Karriereende mit 21. „The Neon Demon“ reduziert seine Figuren
maßgeblich auf ihre äußere Form, jedoch nicht, weil Refn sich nicht für sie
interessiert, sondern weil ihr Umfeld es fordert, weil sie sogar selbst auf
diese Oberflächlichkeit beschränkt werden wollen. Immer wieder treibt der Film
diesen Punkt auf die Spitze, wenn er menschliche Körper in geometrische Formen
überführt und dadurch unmissverständlich deutlich macht, dass diese reine
Oberflächlichkeit nichts Natürliches oder Menschliches mehr an sich hat. Es
gibt viele Filme, die sich mit dem Innenleben ihrer Figuren beschäftigen, doch
nur wenige, die sich im selben Maße mit Äußerlichkeiten auseinandersetzen. Refn
reflektiert darüber und unverdienterweise wird ihm deswegen fehlender Tiefgang
vorgeworfen.
Figur oder Körper?
Vordergründig ist „The Neon
Demon“ natürlich ein Film über die Model-Industrie, doch im eigentlichen Sinne
beschäftigt sich Refn mit menschlichen Oberflächen. Zu Beginn arbeitet er
unermüdlich mit Spiegeln, fängt die Körper und Gesichter der Figuren dadurch
oft mehrmals in jeder Einstellung ein. Es betont die Oberflächlichkeit, die
Reduktion auf äußere Formen, die unweigerlich beim ersten Kontakt zweier
Individuen entsteht. Bald zerbrechen jedoch diese Spiegel (im wahrsten Sinne
des Wortes) und natürlich ist es die Scherbe aus einem solchen, mit der sich
die Protagonistin Jesse an der Hand verletzt. Ihre Oberfläche ist durchtrennt,
die Grenze zwischen Innen und Außen geöffnet. Doch Jesse selbst beharrt
weiterhin auf die äußere Form, sie will nicht, dass jemand sich ihren inneren
Werten nähert, Liebe weist sie zurück. Es ist unklar, ob Unsicherheit oder
Unverständnis dahintersteckt, doch für sie, wie auch für fast alle anderen
Figuren des Films, gibt es nur Äußerlichkeiten. Und das ist nicht, wie
fälschlicherweise angenommen, eine Abrechnung mit der Modewelt, sondern
vielmehr eine überspitzte Kritik an der Oberflächlichkeit in unserer heutigen
Gesellschaft. Ein Zerrspiegel, denn nur in einem geeigneten Umfeld kann eine
solche Branche überhaupt gedeihen.
Schöne Menschen sieht man reichlich
Doch „The Neon Demon“ ist
keinesfalls ein Film, der rein auf interpretatorische Ansätze angewiesen ist.
Davon abgesehen ist er ein inszenatorisch wie atmosphärisch wirkungsvolles
Werk, welches sich unmöglich auf ein Genre festmachen lässt. Wenn die
psychedelische Technokulisse über die Szenerie wabert und Refn gewohnt
kryptisch und vage erzählt, dann generiert das an erster Stelle Unbehagen und
Anspannung. Jede Aktion, jede Bewegung scheint mit ausreichend Wirkung versehen
zu sein. Ein Film, der zunächst erlebt werden muss, ein Film, der seine
Zuschauer in einem Rausch aus Farben und Bilder bindet. Dabei ist „The Neon
Demon“ überaus angreifbar, vielleicht noch mehr als andere Filme Refns, denn er
ist über die Maße schwer zu fassen und man hat das Gefühl er bestünde aus
unzähligen Kleinigkeiten. Kleinigkeiten, bei denen nicht jede zu überzeugen
vermag und noch mehr gar nicht gedeutet werden können. Doch den Film zu sehen
ist eine überaus persönliche Erfahrung, weil er das Medium Film und auch die
eigenen Sehgewohnheiten an bestimmte Grenzen treibt. Denn letztlich ist „The
Neon Demon“ selbstreflexives Kino, nicht wie wir es bisher kannten, aber so wie
es im Jahr 2016 sein muss.
Über „The Neon Demon“ zu
schreiben ist eine undankbare, bisweilen auch frustrierende Aufgabe. Auch wenn
es die Länge des Textes nicht unbedingt impliziert, so werden diejenigen, die
den Film bereits gesehen haben, diese Empfindungen durchaus nachvollziehen
können. Denn es ist schwer Worte für ein
Werk zu finden, das so sehr von seinen Bildern lebt und noch schwerer die
unzähligen und zum Teil auch widersprüchlichen Gedanken, die einem während der
Sichtung durch den Kopf schweben, in produktive Bahnen zu lenken. Abschließend
bleibt lediglich zu sagen: Schaut euch diesen Film an, egal ob ihr ihm
letztlich etwas abgewinnen könnt oder nicht, denn „The Neon Demon“ verdient es
gesehen zu werden.
Fakten: Yves Saint Laurent
Frankreich. 2014. Regie: Jalil Lespert. Buch: Jacques Fieschi, Jalil Lespert,
Marie-Pierre Huster.Mit: Pierre Niney, Guillaume Gallienne, Charlotte LeBon,
Nikolai Kinski, Laura Smet, Ruben Alves, Marie de Villepin u.a. Länge: 101
Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 5. September auf DVD und Blu-ray
erhältlich.
Story: Yves Saint Laurent gilt über seinen Tod hinaus, als einer der größten
Modeschöpfer unserer Zeit. Wie es dazu kam und mit welchen privaten Problemen
er sich umgab, erzählt diese filmische Biographie.
Meinung: Wem sich
schon automatisch die Nackenhaare gen Himmel aufstellen, weil die
Herzallerliebste mal wieder eine ihrer berühmt-berüchtigten Shopping-Touren
einleiten möchte, der wird wohl einen Teufel tun und sich freiwillig einen Film
namens „Yves Saint Laurent“ anschauen – Was ja auch irgendwo verständlich ist,
schließlich trägt dieser Mann irgendwo Teilschuld daran, dass im Monat schon
mal schneller Ebbe im Portemonnaie vorherrschen kann, als man es sich
eigentlich vorgenommen hatte. Aber Jalil Lespert hegt mit „Yves Saint Laurent“
keinerlei Absichten dahingehend, eine Modeshow für das Kino zu inszenieren,
sondern kümmert sich vordergründig um den Menschen hinter dem visionären
Künstler, der die Damenmode mit seinen legendären Kollektionen auf ein neues
Level hieven konnte. Ihm ist es letztlich auch anzurechnen, dass die Frau von
Welt nun heute ganz selbstverständlich einen Smoking tragen darf, anstatt für
die auserlesene Abendgarderobe mal wieder das kleine Schwarze aus dem Schrank
zu fischen: Eine Herausforderung an das Geschlecht.
Yves, der stille Beobachter
Yves Saint Laurent wurde
Zeit seines Schaffens zum vorbildlichen Symbol der französischen Haute
Couture-Mode und prägte die Modewelt wie auch ihre folgenden Künstler wie
wenige andere. Mit Boutiquen, die sich um den gesamten Globus erstrecken, hat
der Mann sich ein Denkmal für die Ewigkeiten errichtet. Aber das Drehbuch „Yves
Saint Laurent“ empfindet es für kaum erstrebenswert, ein romantisierendes
Loblied auf Saint Laurent zu halten oder sich streng in seinen extravaganten
Modestücken zu verankern. Seine Weltkarriere geschieht quasi auf der narrativen
Nebenstrecke, hier wird mal ein Etuikleid in die Kamera gerückt, dort spenden
die überwältigten Zuschauer dem jungen Mann mal stehende Ovationen. Natürlich
macht es uns „Yves Saint Laurent“ unmissverständlich klar, dass wir es hier mit
einem wahren Genius seiner Gattung zu tun haben, mit einem Menschen, dessen
Klasse angeboren scheint, der sich auf seinen Instinkt verlassen kann. Was
„Yves Saint Laurent“ hingegen brennend interessiert, ist die Person, die die
Bühne verlässt, die in ihren Kreis des Vertrauens zurückkehrt und mit
seelischen Problemen zu ringen hat, die der massenmedialen Öffentlichkeit
verborgen bleiben sollten.
Das Genie bei der Arbeit
Freilich fällt Jalil Lespert Inszenierung höchstgradig gediegen aus und
überzeugt durch edle Aufnahmen, immer wieder unterstützt von Pianoklängen, die
sich ob der emotionalen Geschehnisse im Leben von Yves Saint Laurent und seinem
Lover Pierre Bergé sukzessiv intensivieren. Und damit haben wir auch das
zentrale Thema des Films gefunden: Die unstete Beziehung zwischen Yves und
Pierre. Yves' Talent ist ihm nicht gewiss nicht zu nehmen gewesen, doch ohne
Pierre, der eben nicht nur sein Lebensgefährte war, sondern auch Mentor und
Stütze, wäre ihm die internationale Reputation wohl nicht über diese Lebenszeit
zuteil geworden. Von seinem Armeeeinzug und dem Aufenthalt in Algerien, wo er
schlussendlich in einer Nervenanstalt eingeliefert wurde und mit
Elektroschlägen behandelt, hat sich Saint Laurent nie erholt und konnte seine
psychischen Schmerzen nur medikamentös unterbinden. Aus der Vita des gemobbten
Seminaristen, der bereits mit jungen 26 Jahren Leiter eines Modehauses wurde
und schließlich den Thron der modernen Modewelt für sich in Anspruch nahm,
spinnt „Yves Saint Laurent“ ein intimes Charakter-Drama und Zeitporträt, das
die Charakteristika seiner inzwischen musealen Kollektionen verbindet.
Trauer, Beklommenheit,
Stolz und Freude lassen sich vorfinden. Der dem Drogenrausch einmal zu oft
verfällt, den in den Frühling vernarrt ist und dessen Angst es angeblich ist,
irgendwann mit einer Glatze aufzuwachen. Irgendwann fühlen wir uns diesem Yves
tatsächlich nahe, so intelligent nutzt Lespert den Effekt, seine Geschichte aus
der Perspektive des Pierre Bergé zu entfalten. Dass „Yves Saint Laurent“ am
Ende aber wirklich so blendend funktioniert, liegt an der hervorragenden
Schauspielriege. Pierre Niney verlieht dem Genie ein Gesicht und eignet sich
Saint Laurents Positur mit erschreckender Akkuratesse an – Und hält ebenso dessen
mysteriöse Aura in Ehren! Ihm gegenüber steht Guillaume Gallienne als Pierre
Bergé, Saint Laurents Felsen in der Brandung, seine oftmals rettende Bastion,
die ihn aus dem Tief von Halluzinogenen und suizidalen Gedanken befreite. Und
genauso spielt Gallienne diesen Menschen aus: Jemanden, der keine Prinzipien
besitzt, aber zu seinem Wort steht. In diesem Sinne: Auch wenn die Streifzüge
durch die Geschäfte mit dem Frauchen gerne zur Qual werden, „Yves Saint
Laurent“ ist dennoch eine klare Empfehlung. Auch für echte Männer, wie auch
immer die aussehen sollen.
USA, 2001. Regie: Ben Stiller. Buch: Drake Sather, Ben Stiller, John Hamburg. Mit: Ben Stiller, Owen Wilson, Christine Taylor, Will Ferrell, Milla Jovovich, Jerry Stiller, David Duchovny, Jon Voight, Vince Vaughn, Alexander Skarsgard, Billy Zane, Winona Ryder, Justin Theroux, David Bowie, Christian Slater, Cuba Gooding jr., Natalie Portman, Paris Hilton, Lenny Kravitz u.a. Länge: 86 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Der neue malaysische Präsident will die Kinderarbeit abschaffen. Ein Schock für die Modeindustrie, schließlich wird ein Großteil ihrer Ware dort billig Produziert. Die mächtigsten Designer beauftragen ihren Kollegen Mugatu mit der Lösung des Problems. Ein Model, ein möglichst dämliches, soll per Gehirnwäsche zum Auftragskiller umgepolt werden. Die Wahl ist einfach: Derek Zoolander, dreifacher Dressman des Jahres, ist dumm genug und die Gelegenheit günstig. Gerade musste er seinen Platzhirschstatus an den aufstrebenden Kollegen Hänsel hergeben. Die Manipulation des Strohkopfs scheint problemlos, doch die Journalistin Matilda bekommt Wind von der Sache. Sie, Derek und Hänsel versuchen das Attentat zu verhindern.
Meinung:
- "...Bulimie."
- "Boah, du kannst Hypnose?"
Das sind Momente, in denen muss man "Zoolander" einfach gerne haben. Zwischen schwer erträgliche Durststrecken aus affigen Peinlichkeiten und einem Hauch von einer Story verstecken sich immer wieder absurd-komische Situationen, die selbst beim mehrfachen Ansehen immer wieder zünden. Ben Stiller und seine Co-Autoren zimmern eine total nebensächliche Geschichte rund um eine Abrechnung mit dem bizarren Fashion-Zirkus.
Mehr Haar als Hirn: Zoolander.
Dabei ist nicht alles Gold, vieles eher Blech. Einige Gags sind einfach nicht lustig, es wird stellenweise extrem nervig rumgehampelt, nur wenn "Zoolander" mal trifft, dann klasse. Der größte Witz an "Zoolander" ist ja die Persiflage an sich, eine Satire auf eine Szene, die oft schon so wie eine Karikatur erscheint. Da muss es halt so oben drüber gehen, um überhaupt noch einen Unterschied ersichtlich zu machen. Schrill, überkandidelt und bescheuert ist der Quatsch ja ohnehin, ihre Stars lächerliche Paradiesvögel, Selbstdarsteller und skurrile Hampelmänner. Auch wenn "Zoolander" manchmal leicht nervt, eigentlich stellt er die Mode-Szene damit nur bloß und unterstreicht damit ihre weltfremde Sinnlosigkeit. Das sollte es wohl sein und unabhängig von einigen Aussetzern, das ist Stiller zweifellos gelungen. Bunt, laut, blöd, so ist "Zoolander" und dadurch der bewusste Spiegel für eine Milliarden-Dollar-Industrie, die wahrscheinlich den Unterschied zu ihrer absurden Realität nicht einmal bemerken würde.
IQ-Duell auf Level 1.
Stiller selbst gibt als strunz-dummes Männer-Model Derek Zoolander eine herrlich blöde Vorstellung ab, die gleichzeitig sein größtes Talent darlegt: Sich, befreit von jeder Eitelkeit, hemmungslos zum Affen zu machen. Natürlich ist das grotesk bis dämlich, trotzdem auf seine ganz eigene Art charmant. Die gewohnte Chemie mit Owen Wilson passt, auch wenn die blond-gelockte Hügelnase immer verzichtbar sein wird. In einem Streifen wie "Zoolander" passt sogar der. Das Staraufgebot ist ohnehin beachtlich, wer hier alles vor die Kamera läuft (auch nur für wenige Sekunden) ist rekordverdächtig. Locker 20 Cameos machen zwar noch keinen guten Film, zeugen jedoch von einer ungeahnten Bereitschaft so mancher Stars und Sternchen für Selbstironie...oder das sie sich für nichts zu schade sind. Bei einigen kann man kaum sicher sein. Wie auch immer, irgendwie hebt selbst dieser Nebenfakt "Zollander" noch ein Stückchen an.
Schlussendlich ist "Zoolander" kein Hit und zeitweise einfach nur doof, haut dafür ab und an einige echte Knaller raus und strahlt eine gewisse Grundsympathie aus. Speziell Regisseur, Co-Autor und Hauptdarsteller Ben Stiller scheint noch eine gesunde Bodenhaftung zu haben und erkennt offensichtlich noch, was um ihn herum so für ein Schwachsinn stattfindet. Das bringt er auf den Punkt. Das er dafür eben heftig übertreiben muss liegt eher nicht an ihm.