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Review: HALLOWEEN H20 - 20 JAHRE SPÄTER - Zurück zu den Wurzeln

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Fakten:
Halloween H20 – 20 Jahre später (Halloween H20: 20 Years Later)
USA, 1998. Regie: Steve Miner. Buch: Robert Zappia, Matt Greenberg. Mit: Jamie Lee Curtis, Adam Arkin, Josh Hartnett, Michelle Williams, LL Cool J, Adam Hann-Byrd, Jodi Lyn O’Keefe, Janet Leigh, Joseph Gordon-Levitt, Branden Williams, Marion Chambers Whittington u.a. Länge: 83 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
20 Jahre ist es her, dass Laurie Strode die Halloween-Nacht überlebte, in der ihr Bruder Michael Myers die Jagd auf sie eröffnete und dabei etliche Menschenleben auslöschte. Inzwischen lebt sie unter falschen Namen und leitet als Direktorin eine abgelegene, elitäre Privatschule. Ihre Vergangenheit hat sie jedoch niemals losgelassen. Noch heute wird sie von Albträumen geplagt, sieht ihren Bruder an jeder Straßenecke. Mit Alkohol und Medikamente versucht sie das Trauma zu unterdrücken. An diesem Halloweenabend kann sie ihm direkt ins Gesicht blicken: Michael lebt tatsächlich noch und hat sie aufgespürt. Laurie muss sich ihrem Dämon stellen, denn ihr 17jährige Sohn John ist nicht wie geplant mit auf einen Schülerausflug gefahren, sondern will mit seinen Freunden eine geheime Party auf dem Gelände feiern. Ein Grund, zu kämpfen.






Meinung:
Totgesagte leben länger, besonders wenn sie Freddy Krueger, Jason Vorhees oder eben Michael Myers heißen. Mit dem sechsten Teil der Reihe – „Der Fluch des Michael Myers“ – schien die Serie endgültig an seinem (unrühmlichen) Ende angelangt. Nicht nur wegen des Todes von Darsteller Donald Pleasence, von Beginn an als hartnäckiger Widersacher Dr. Loomis mit an Bord, der kurz nach Ende der Dreharbeiten verstarb. Durch den unsäglichen Hokuspokus, der der Figur Michael Myers im ursprünglichen finalen Teil angedichtet wurde, entfernte man sich erheblich vom eigentlichen Geist der Serie, die Nummer war endgültig durch. Das berühmte Ende mit Schrecken, dachte man. Pünktlich zum zwanzigjährigen Jubiläum kam die Rolle rückwärts, Michael war wieder da und die Macher beschritten vom Ansatz den einzig richtigen Weg.


Geschwister beim Stadtbummel.
„H20“ erlaubt sich den Luxus, alle Filme nach dem zweiten völlig zu ignorieren, eigentlich als niemals existent zu verleugnen und baut seine Story einzig und allein auf der Basis der ersten beiden Teile auf. Kein Sterbenswort davon, dass es nach den Vorfällen um Laurie Strode in der Halloweennacht von 1978 noch dutzende andere Morde gab, Myers schien wirklich seit 20 Jahren von der Bildfläche verschwunden zu sein. Eine interessante, sicher gewagte, allerdings aufgrund des hanebüchenen letzten Teils eine vollkommen richtige Entscheidung. Im echten Leben lassen sich Fehler der Vergangenheit selten rückgängig machen, im Film durchaus, also warum nicht? Möglich macht das  Jamie Lee Curtis, die nach 17 Jahren wieder zu dem Franchise zurückkehrt, dass sie damals berühmt machte und den Beinamen Scream-Queen einbrachte. Als Laurie Strode, die sich nun Keri Tate nennt, hat sie an den Erlebnissen der damaligen Nacht noch hart zu knabbern. Sie versucht so gut es geht am täglichen Leben teilzuhaben, kann die Maskerade für Außenstehende halbwegs aufrecht erhalten, ist innerlich jedoch eine gebrochene Frau, die ohne Wein und Medikamente kaum den Tag überstehen würde. Michael Myers hat sie damals nicht getötet, aber ihr Leben zerstört. Es wird seitdem von ihm und der panischen Angst vor seiner Rückkehr dominiert, sein Antlitz verfolgt sie Tag für Tag, nicht nur in ihren Träumen.


"Magst du gerne Horrorfilme?"
Curtis nach so langer Zeit wieder in dieser Rolle zu sehen ist für Fans tatsächlich so was wie ein Klassentreffen und ihre Leistung aller Ehren wert. Während man anderen Darsteller(inne)n bei solchen Back-to-the-Roots-Veranstaltungen eher mal unterstellen muss, dass Karrieretief und leere Bankkonten die Unterschrift unter den Vertrag setzten, scheint sie wirklich Lust auf diesen Film zu haben. Sie ist als verstörtes Nervenbündel ebenso überzeugend wie als taffe Löwenmutter, wenn sie um ihr eigen Fleisch und Blut zu beschützen sich endgültig ihrer Nemesis stellen muss. Traumatherapie mit dem Küchenmesser, nach alter Familientradition. Das direkte Aufeinandertreffen der Geschwister stellt zweifelsohne das Highlight des siebten „Halloween“-Films dar, der sonst leider eher enttäuscht als befriedigt. Dabei hat er relativ gute Voraussetzungen wie Ansätze und mit Steve Miner einen fähigen, Genre-erfahrenen Regisseur (u.a. Teil 2 & 3 der „Freitag, der 13.“-Serie, „House – Das Horrorhaus“, „Warlock – Satans Sohn“ oder hiernach noch „Lake Placid“), an dessen grundsolider Inszenierung es auch wenig zu bemängeln gibt. Insgesamt orientiert sich der Film stilistisch deutlicher an dem grandiosen Original von John Carpenter als praktisch alle anderen Nachfolger, mit Ausnahme vielleicht des direkt anschließenden zweiten Teils, ohne dabei jemals dessen Klasse zu erreichen. Die Eröffnungssequenz – in der übrigens dem jungen Joseph Gordon-Levitt eine recht einschneidende Erfahrung zuteil wird – zählt klar zu den gelungensten Momenten, danach verschwindet Michael zu lange von der Bildfläche.


Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?
Zwar war dies bei Carpenter auch nicht anders, auch dort war Myers lange nur eine fast unsichtbare Bedrohung, die im Dunkeln oder hinter einer Hecke lauerte, die unheilvolle Grundspannung kommt dabei nur nicht auf. Interessanter wäre es wohl gewesen, die Paranoia von Laurie geschickter auszuspielen, dem Zuschauer zu suggerieren, dass ihr vielleicht wirklich nur die gestörte Psyche einen bösen Streich spielt. Durch den Auftakt und die unbestreitbare Existenz von Myers funktioniert das selbstverständlich nicht und schürt eher die Ungeduld, wann es denn endlich losgeht. Problematisch ist in der Hinsicht besonders die knappe Laufzeit von gerade mal 80 Minuten. Wenn Michael letztlich seiner Passion nachgeht, ist der Film schon zu zwei Dritteln vorbei und hat kaum noch Luft, um richtig Gas zu geben. Schnell müssen die verzichtbarsten Personen über den Jordan geschickt werden, das wirkt zu rasch und gehetzt, einfach unverhältnismäßig zur gesamten Länge. „H20“ steht klar sein gegen Ende einfallslos wirkendes Skript im Weg, welches das unbestreitbar vorhandene Potenzial wenig nutzt. Durch die geringe Anzahl der Figuren und den begrenzten zeitlichen Spielraum fällt der Bodycount für einen „Halloween“-Film sogar extrem gering aus und beschränkt sich auf ein kurzes Zeitfenster, der Showdown kommt zu plötzlich und wirkt knapp gehalten, der Film hätte locker 20 Minuten mehr vertragen können, um nicht so abrupt beendet und ungeschickt abgestimmt zu erscheinen.


Bemerkenswert ist allerdings der Cast, unter dem sich (heute) einige sehr klangvolle Namen finden: Neben Curtis treten nicht nur ihre Mutter – Filmlegende Janet Leigh – in einem Cameo als ihre Sekretärin und die bereits damals bekannten Gesichter Adam Arkin und LL Cool J in den Nebenrollen auf, gerade die Besetzung der Teenies ist interessant. Der bereits erwähnte Joseph Gordon-Levitt hat nur wenig Screentime, dafür gibt Josh Hartnett sein Leinwanddebüt als Laurie’s Sohn John und als seine Freundin ist die heutige A-Darstellerin Michelle Williams zu sehen. Macht den Film zwar nicht immens besser, nur ein Fakt am Rande. Letztlich ist „H20“ zwar ambitioniert und versteht sich wohl eher als Spannungsfilm denn als typischer Slasher, kann dafür aber eben kaum Spannung erzeugen. Bemüht wirkt er, hat seine Ideen und vereinzelte Momente, ist handwerklich stabil gemacht, wirkt aber irgendwie unfertig oder eher nicht engagiert zu Ende gedacht. Sehr bedauerlich, so bleibt es bei dem löblichen Versuch, das Resultat ist eher verzichtbar. Immerhin besser als Teil 5, 6 und natürlich  der furchtbare Nachfolger „Halloween: Resurrection“, was allerdings keine große Kunst ist. 

4,5 von 10 zweckentfremdeten Schlittschuhen

Review: TAKE THIS WALTZ - Die Tücken der Liebe

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Fakten:
Take This Waltz
CA, 2011. Regie & Buch: Sarah Polley. Mit: Michelle Williams, Seth Rogen, Luke Kirby, Sarah Silverman, Jennifer Podemski, Diane D'Aquila, Vanessa Carter, Graham Abbey, Damien Atkins, Aaron Abrams, Dyan Bell, Albert Howell u.a. Länge: 117 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Im Flugzeug lernt die unsichere, leicht neurotische Margot den smarten Daniel kennen. Sie teilen sich auch ein Taxi, denn sie wohnen überraschender Weise in der Nachbarschaft. Genau gegenüber. Der dezente Flirt hat einen Haken: Margot ist verheiratet. Eigentlich sogar glücklich. Der Alltag mit dem liebevollen Ehemann Lou ist harmonisch, Zweifel oder eine Affäre eigentlich ausgeschlossen. Dennoch, von dem Mann gegenüber geht ein unvermeidlicher Reiz aus. Margot muss sich die Frage stellen, ob das Abenteuer auf der anderen Straßenseite es wert ist, die sichere, leicht eingeschlafene Ehe aufzugeben.



                                           
Meinung:
Als Darstellerin hat es Sarah Polley nie zum großen Durchbruch geschafft, vielleicht liegen ihre eigentlichen Stärken an anderer Stelle. Bereits mit "An ihrer Seite" konnte sie als Regisseurin/Autorin großes Lob einheimsen, mit "Take This Waltz" bestätigt sie dieses eindrucksvoll. Wie wunderbar sie den gängigen Lovestorys aus Hollywood hier demonstriert, was so ein kleiner Film mit der entsprechenden Hingabe und Ehrlichkeit bewirken kann, ist jeden Preis der Welt wert.

 
Eine Fahrt ins Ungewisse.
Wer sich bei dem Schlagwort "Lovestory" reflexmäßig in Igelstellung zusammenrollt, dem kann ich es kaum verübeln. Das liegt nicht am Stoff per se, Gott bewahre, wäre ja schlimm. Liebe und Tod sind wohl die universellsten Themen in der Kunst, sei es Literatur, Musik, Malerei oder eben Film. Damit muss sich jeder Mensch sein ganzes Leben oder zumindest irgendwann auseinandersetzten, kann eine Beziehung dazu aufbauen und Emotionen nachempfinden. Nur auf die gängige Art der erfolgreichen Liebesfilme aus den USA können viele Menschen getrost und ohne schlechtes Gewissen verzichten. A-Hörnchen findet B-Hörnchen, dazwischen viel Trouble, dümmliche Klischee-Figuren stehen belastend im Weg rum, sei es der verlogen-untreue Partner oder der schmierig-unsympathische Balz-Konkurrent. Wer hier die Guten und die Bösen sind ist genau so klar wie das Ende, nur wer auf verklemmten Humor und pubertäre Kicherei steht kann daran seine Freude haben. Genau das ist "Take This Waltz" nicht, genauer gesagt der direkte Gegenentwurf. Ein Liebesfilm für ein erwachsenes Publikum, dabei trotzdem nicht zentnerschwer und im Kern doch tragisch. Hier wird die Schnittstelle spielend leicht gefunden, die oft eher die vernichtende Sollbruchstelle darstellt.

 
Kinder und Betrunkene sprechen immer die Wahrheit.
Sarah Polley kreiert echte, nachvollziehbare Charaktere, mit allen Ecken und Kanten, die nicht wie aus einer Daily-Soap oder dem kindlichen Traum kleiner Mädchen entsprungen wirken. Margot - hinreißend, umwerfend gespielt von Michelle Williams - ist eine extrem unsichere, bald schon ernsthaft krankhafte Figur, die nicht nur "normale" Bestätigung braucht, sie sehnt sich nach etwas, das sie eigentlich durchgehend hat. Einem Partner, der ihr Seelenverwandter ist, sie nicht nur befriedigt, sondern in jeder Situation auffängt und stützt. Nur ihrem labilen Charakter ist es wohl zuzuschreiben, das sie dennoch nicht die liebevolle (normale) Monotonie eines Ehealltags zu schätzen weiß, die kleinen, verspielten Liebesbeweise ihres Partners nicht mehr entsprechend wahrnimmt, sondern sich lieber nach dem neuen, aufregenden Abenteuer mit dem spontan-fluffigen Stecher von nebenan sehnt. Das ist einerseits verständlich - der Alltag kann der schlimmste, weil schleichenste Beziehungskiller sein - andererseits so  verwerflich, da ihr Mann sie niemals vernachlässigt, sie konsequent liebt und das mit rührender Hingabe täglich bestätigt. Gut, gegen Gefühle lässt sich schwer ankämpfen, genau das schildert Sarah Polley sehr eindringlich und enorm authentisch. 

 
Hinterher ist man immer schlauer.
Ihren Figuren werden großartige, teils leicht bizarre Dialoge in den Mund gelegt, die sich weit vom üblichen Einheitsbrei entfernen und gerade dadurch so erfrischend, frech und unglaublich unterhaltsam funktionieren. "Take This Waltz" ist mindestens so heiter wie melancholisch, eine perfekte Mischung aus nachdenklich-stimmenden Gefühlskino und wunderbar unverkrampften Humor. Das Gefühl von Sarah Polley für das (eigene) Skript ist sensationell. Da gibt es locker ein Dutzend Szenen (wenn nicht mehr) die in diesem Moment merklich besser sind, als ein kompletter, verlogen-sülziger Love-Buster für die ganz große Leinwand. Schon erstaunlich, was ein(e) Regisseur(in) ausdrücken kann, wenn alles stimmt. Es gibt Situationen, in denen nichts erklärt oder nur ein einziges Wort gesprochen werden muss, allein die Chemie, die reine Konzeption und die punktgenaue Erfassung aller Faktoren sagt mehr aus, als es verbal nur ansatzweise möglich wäre. Dazu - bevor es unterschlagen wird - kommt ein wunderbar harmonischer Soundtrack und ein teilweise erstaunlich virtuoses Einsetzen der Kamera (für den Rahmen einer solchen Produktion speziell, aber auch generell).


Zusammenfassend: "Take This Waltz" ist ein bezaubernder, trauriger, komischer und genau in dieser Mischung perfekter Liebesfilm ohne Kitsch, Schmalz, selbstverliebte Glitzersternchen vor oder hinter der Kamera (ganz im Gegenteil), sondern genau das, was so einen Film für ein neutrales Publikum nicht nur erträglich, sondern regelrecht zur Pflichtveranstaltung werden lässt. Schön bis genial, mit Höhen und Tiefen, wie die Geschichte selbst. Ganz wunderbar, unbedingt ansehen. 



8
von 10 Hühnergerichten

Review: BLOWN APART - Ein Brief an Osama

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Fakten:
Blown Apart (Incendiary)
Großbritannien. 2008. Regie: Sharon Maguire. Buch: Sharon Maguire. Mit: Michelle Williams, Ewan McGregor, Matthew Macfadyen, Nicholas Gleaves, Sidney Johnston u.a. Länge: 96 Minuten. FSK: ab 12 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.


Story:
Nach einem Bombenanschlag auf das Emirates-Stadium, die Heimspielstätte von Arsenal London (von dem, wenn ich mich nicht getäuscht habe, NICHT die richtigen Wappen verwendet werden durften), sterben Ehemann und Sohn, während die Mutter Sex mit einem Journalisten hat. Sie muss nun mit dem Verlust zurechtkommen, sie will ihre Trauer und ihren Schmerz verarbeiten – und schreibt einen Brief an Osama Bin Laden, obwohl sie doch seine Adresse gar nicht kennt.




Meinung:
Hat sich eigentlich mal jemand gefragt, was aus Sharon Maguire geworden ist? Wer? Na, die Regisseurin von „Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück“! Sicher die wenigsten. Dabei sind Frauen auf dem Regieposten eher selten und schon einigermaßen auffällig. Aber trotz ihres Erfolgsfilms mit der pummeligen Renee Zellweger ist sie danach gar nicht mehr in Erscheinung getreten. Nicht im Kino, nicht im Fernsehen. Mit einer Ausnahme: dem Film „Blown Apart“


Die gezeichnete Mutter und der Reporter mit Schuldgefühlen
Vielleicht hätte sie es lassen sollen, dann „Blown Apart“ kann nur in wenigen Szenen überzeugen, plätschert oft ohne Ziel und ohne recht Fahrt aufnehmen zu wollen vor sich hin. Grund könnte sein, dass der Film sich zu keiner Zeit entscheiden kann, was er denn nun sein will. Einerseits ist da der Terrorismus-Thriller, in dem die Hintergründe über den Anschlag auf das Fußballstadion aufgeklärt werden sollen. Und auf er anderen Seite will der Film Schicksalsdrama sein über die Mutter, die gefangen zwischen Schuldgefühlen und dem Schmerz über den Verlust ihres kleinen Jungen nach und nach die Grenze zwischen Realität und Einbildung verliert, dabei aber immer noch genug Verstand hat, um einen arabischen Jungen quer durch London zu verfolgen. Dabei sind beide Bereiche, Thriller und Drama, zu unausgegoren, wobei besonders zum Ende hin die Dramen-Elemente deutlich überwiegen. Das ist auch gut so, denn auf seinem nicht sonderlich hohen Niveau ist das der klar stärkere Bestandteil des Films.


Was der Film aber wenigstens einigermaßen konsequent leisten kann, das ist, ein Bild der Londoner Bevölkerung zu zeichnen, auch wenn es oft nur schemenhaft und vielleicht zu oberflächlich passiert. Aber das ist einfach zu wenig. Dazu kommt auch, dass bis auf die nackte… ich mein bis auf die nachdenkliche und zerbrechliche Michelle Williams alle Schauspieler unter ihrem Niveau spielen. Williams trägt den Film ganz alleine, ist sowohl Lichtblick als auch Identifikationsfigur und schafft es, als trauernde Mutter vollkommen zu überzeugen. Allerdings kann dies eben auch daran liegen, dass ihre Leistung im Verhältnis zu ihren Nebendarstellern noch einmal in einem helleren Licht erscheint. Weder Ewan McGregor, noch Matthew Macfadyen können ihr auch nur im Ansatz das Wasser reichen. Sie spielen ihren Stiefel hinunter, bleiben dabei aber über weite Strecken zu hölzern, als dass sie zu mehr als zu Stichwortgebern für Williams taugen würden. Auch darum kann man eigentlich alle Szenen des Films, in denen Williams nicht auftaucht, getrost vergessen.


Michelle Williams lässt tief blicken - in ihre Seele
Gut ist, dass diese Trauerverarbeitung und die Probleme der jungen Mutter, mit diesem Schicksalsschlag zurecht zu kommen, zum Ende hin verstärkt in den Mittelpunkt des Films rücken, denn diese halbherzige Detektivgeschichte mit dem leider schwachen McGregor als megareicher Journalist läuft völlig spannungslos an mir vorüber. Und auch sonst ist der Film einfach zu kalt, auch wenn sich Williams die Seele aus dem Leib spielt, wirklich alles, oft ihr letztes Hemd, gibt und den Film alleine trägt. Nur die kleinen Aspekte sind es, die immer wieder ansatzweise zu begeistern wissen. Ein verschmutztes Plüschtier hier, die zunehmende Vermischung von Realität und Wahn- bzw Wunschvorstellungen da, was Williams Figur nur noch mehr in ausweglose Situationen bringt.


 

Ich könnte jetzt noch lange versuchen, weitere gute oder schlechte Aspekte zu finden, aber eigentlich ist der Film dafür viel zu egal. Die Idee ist zwar gut, die Inszenierung solide, keinesfalls aber besonders erwähnenswert. Die Umsetzung der Geschichte ist einfach zu gewollt und zu wenig gekonnt. Zu oberflächlich sowieso. Und bis auf die bezaubernde Michelle Williams (auch wenn sie immer traurig kuckt), kann auch der Cast nicht im Ansatz überzeugen. Da war mehr drin, aber so ist es nur Durchschnitt.


4,5 von 10 Fischstäbchen mit Pommes


Review: DIE FANTASTISCHE WELT VON OZ - Wenn Technik wahre Magie übertrumpft

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Fakten:
Die fantastische Welt von Oz (Oz – The Great and Powerful)
USA. 2013. Regie: Sam Raimi. Buch: Mitchel Kapner, David Lindsay.Abaire. L. Frank Baum (Vorlage). Mit: James Franco, Michelle Williams, Rachel Wesiz, Mila Kunis, Zach Braff, Joey King, Tony Cox, Bill Cobbs, Bruce Campbell, Abigail Spencer u.a. Länge: 129 Minuten. Auf DVD, Blu-ray und Blu-ray 3D erhältlich.


Story:
Berufsmagier Oscar Diggs arbeitet für einen Wanderzirkus und verzaubert sein Publikum mit seinen Tricks und Illusionen. Leider hat er eine Schwäche für schöne Frauen und bekommt deswegen den Zorn eines wütenden Ehemanns zu spüren. Oscar flieht mit einem Heißlustballon und gerät in einen Wirbelsturm, der ihn direkt in die magische Welt von Oz befördert. Hier wird er bereits sehnlich erwartet, denn laut einer alten Prophezeiung soll er das Land vor der bösen Hexe retten.





Meinung:
Das Zauberland Oz, von 1900 bis 1920 erdacht und verfasst von Autor L. Frank Baum, ist wohl das amerikanische Märchen schlechthin. In mehreren Büchern fing Baum seine Zauberwelt ein und dank des Filmklassikers „Der zauberhafte Land“ und Judy Garlans Evergreen „Somewhere ober the Rainbow“ ist das Reich von lebenden Vogelscheuchen, ängstlichen Löwen und bösen Hexen auch hierzulande bekannt, wenn auch nicht mit dem gleichen Umfang wie in den USA. Sam Raimi, der einst mit Filmen wie „Tanz der Teufel“ die Zensoren heraufbeschwor und später mit „Spider-Man“ bewies, dass Superhelden viel Geld in die Kinokasse spülen können, inszenierte nun ein farbenprächtiges Fantasy-Spektakel und erklärt dem geneigten Publikum wie der große Zauberer überhaupt nach Oz kam.


Erklärt Oscar einer Puppe wie man trampt?
James Franco spielt diesen Zauberer auf eingängige Weise und dass dieser eigentlich so gar keine heldenhaften Züge hat und lieber mit Lug, Betrug und Schmeichelei seinen Weg geht, macht bereits zu Beginn deutlich, dass in „Die fantastische Welt von Oz“ nicht die Stärke, sondern der Intellekt einen Heden formt und so vollzieht sich die allmähliche Wandlung vom selbstüberschätzten Illusionisten hin zum Retter von Oz ohne sonderliche, charakterliche Überraschungen. Aber gut, Sam Raimi ist klar auf unkomplizierte Familienunterhaltung aus. Dennoch ist „Die fantastische Welt von Oz“ immer dann am stärksten, wenn Raimi Gefahr und Unheil auf die bunte Welt loslässt. Ausflüge in dunkle Wälder, die Wandlung von etwas Gutem in etwas Böses und die Demaskierung versteckter Gefahren sind unglaublich eindringlich eingefangen und könnte bei dem einen oder anderen jüngeren Zuschauer durchaus für den einen oder anderen Schreck sorgen. Aber Raimi lässt immer die Farben überwiegen. Auch wenn manche grausigen Visagen erstaunliche Ähnlichkeiten mit Raimis Fluch-Horror „Drag me to hell“ haben, so versteht er es doch die magische Welt nie zu einem Ort ohne Hoffnungen zu machen. Hier gibt es für alles eine Lösung und jede Gefahr, wie groß sie auch sein mag, kann überwunden werden. Das ist liebenswert gemeint und leidet gewiss nicht an der erzählerischen Herzlichkeit, sonder an der Technik, denn „Die fantastische Welt von Oz“ erweist sich trotz Affen mit Flügeln, lebender Porzellanpuppen und singender Zwerge als wenig magischer Ort.


Hüte haben im Zauberland von Oz gerade Konjunktur
Das größte Problem was „Die fantastische Welt von Oz“ hat ist sein Look. Die bunten Farben prallen mit voller Kraft gehen den Sehnerv und sättigen das Verlangen nach Kolorit, welches durch die ersten 20 Minuten, die uns Raimi in stimmungsvoller schwarzweiß und 4:3-Optik verbringen lässt, geschürt wurde. Doch diese Zauberwelt Oz präsentiert sich zu unnatürlich. Unnatürlich in der Hinsicht, dass alles zwar perfekt geformt und ausgefüllt ist, es aber niemals die eigene Ausstrahlung kühler, computeranimierter Bilder loswird. Egal wie warm die Sonne über gigantische Glockenblumen strahlt, die gelbe Ziegelsteinstraße sich ihren Weg durch üppiges Grün bahnt und Goldschätze ganze Räume ausfüllen, das alles wirkt zu artifiziell. Das Gefühl etwas magisches, etwas unerklärliches zu erleben bleibt damit fast vollkommen aus. Somit erklärt „Die fantastische Welt von Oz“ nicht nur innerhalb der Filmhandlung Technik zur wahren Magie, sondern auch inszenatorisch. Es hat schon etwas erschreckendes, dass aus einer Vorlage, die die Macht der eigenen Vorstellung feiert, nun in ein aufgedonnertes Abenteuer verwandelt wurde, welches aussagt, dass es scheinbar keine Grenzen gibt, dieses Zeugnis aber in Form einer bunt-technisierten Ausstrahlung gleichzeitig widerlegt.


„Die fantastische Welt von Oz“ scheitert leider daran den Zauber von Oz einzufangen. Den Darstellern, die sichtbar Spaß mit ihren Rollen hatten, ist zu verdanken, dass Sam Raimis so farbenprächtige wie starre Technikdemonstration aber noch in empathischen Bereichen funktioniert und somit dem ähnlich gelagerten und enttäuschenden "Alice im Wunderland" von Tim Burton überragt. Wer sich wirklich verzaubern lassen will, der sollte zu „Das zauberhafte Land“ (1939) oder „Oz – Eine fantastische Welt“ (1985) greifen.


4 von 10 fliegenden Pavianen