Review: MONSIEUR CLAUDE UND SEINE TÖCHTER - Rassimus, ein Spaß für die ganze Familie




Fakten:
Monsieur Claude und seine Töchter (Qu'est-ce qu'on a fait au Bon Dieu?)
FR, 2014. Regie: Philippe de Chauveron. Buch: Philippe de Chauveron, Guy Laurent. Mit: Christian Clavier, Chantal Lauby, Ary Abittan, David Benichou, Medi Saddun, Frédéric Chau, Noom Diawara, Elodie Fontan, Frédérique Bel, Julia Piaton, Emilie Caen, Pascal N´Zonzi, Salimata Kamate, Tatiana Rojo u.a. Länge: 97 Minuten. FSK: Freigegeben ab 0 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Monsieur Claude und seine Frau Marie sind ein zufriedenes Ehepaar in der französischen Provinz und haben vier ziemlich schöne Töchter. Am glücklichsten sind sie, wenn die Familientraditionen genau so bleiben wie sie sind. Ihre kleine Welt wurde nun schon dreimal erschüttert, denn bis auf ihre jüngste  sind alle Töchter mit Männern verheiratet, die anderer Abstammung sind, arabisch, chinesisch, jüdisch. Nun steht die vierte Ehe vor der Tür und – wie könnte es anders sein – der Auserwählte ist ein Farbiger. Die Eltern sind wenig begeistert, doch das trifft auch auf den künftigen Schwiegervater zu, der selbst so seine Vorurteile hat.





Meinung:
Ein Araber, ein Jude und ein Schlitz…pardon, ein Chinese kommen in einer Bar…oder heiraten die drei Töchter des gutsituierten, stolzen Franzosen und erzkonservativ-gläubigen Katholiken Monsieur Claude. Nein, wie schrecklich, der arme Mann. Da rackert man sich sein Leben lang für die kleinen Prinzessinnen ab, erzieht sie zu guten Partien und dann das. Naja, aber zur Rettung des Stammbaums gibt es ja noch Tochter Nummer vier und die kündigt an, dass ihr Verlobter endlich ein katholischer Franzose ist. Dass er afrikanischer Abstammung ist, verschweigt sie den stolzen Eltern erstmal, bis denen beim ersten Zusammentreffen fast das Croissant in den Cidre fällt. Und dann kündigt sich zur Trauung auch noch die gesamte Bagage vom schwarzen Kontinent an, das kann einem aber auch die Stimmung verhageln. Besonders, wenn der Vater des Bräutigams nicht etwa ein dankbarer Wilder ist, sondern selbst jegliche Vorurteile gegenüber dem weißen Mann, speziell den Franzosen, pflegt.



Der Vater der Braut ist Kummer gewohnt, der Ärmste.
Mal wieder ein Spaß für die ganze Familie aus Frankreich, bei dem die halbe Nation dort und hier begeistert in die Kinos strömt und hinterher mit der sonnigen Botschaft entlassen wird, dass wir doch alle nur Menschen sind. Fein gemacht. Das ist ja alles gut und schön, die Message absolut richtig, doch wie grobschlächtig und unbedacht dieser Film sie unters Volk wirft, da wundert es nicht, dass böse Stimmen ihm selbst ausgelebten Spießbürger-Rassismus vorwerfen, verpackt im heiteren Feel-Good-Comey-Gewand. Ganz so drastisch sollte man die Sache auf keinen Fall sezieren, „Monsieur Claude und seine Töchter“ will ganz bestimmt keine Vorurteile schüren oder gar gewisse Bevölkerungsgruppen als minderwertig darstellen, die Botschaft von Toleranz und Gleichheit ist sicher ernst gemeint, anderes lässt sich ihm kaum unterstellen. Nur geht er dabei massiv ungeschickt vor, in dem überhaupt nichts dafür getan wird, dass auch nur eine der handelnden Person MAL NICHT über seine Herkunft, Nationalität und Religion definiert wird. Im Gegenteil, die machen den ganzen Tag scheinbar auch nichts anderes. Jeder stellt sich und seine ethnischen Wurzeln pausenlos in den Mittelpunkt bzw. kehrt die der anderen hervor, um hämische Klischee-Scherzchen über sie zu machen. Haben diese Menschen nichts Besseres zu tun? Mal ehrlich, wie oft sieht sich jeder von uns im Alltag als Deutscher und wird nicht müde, dass bei jeder sich bietenden oder nicht bietenden Gelegenheit seinem Gegenüber, der vielleicht einen anderen kulturellen Hintergrund hat, aufs Brot zu schmieren? Schlimmer noch, dass hier so getan wird, als wenn Monsieur Claude ein wirklich hartes Los damit gezogen hätte, dass er nun eine Multikulti-Familie hat. Klar, der Film macht sich über den verklemmten Rassismus seines Protagonisten lustig und stellt diesen zwar als unnötig und kleingeistig dar, trotzdem sollen Lacher darüber generiert werden, wenn er zum dritten Mal der Hochzeit einer seiner Töchter beiwohnt, wieder mit einer anderen Migrationsfamilie im Hintergrund. Im Prinzip lacht der Zuschauer nicht (nur) über diesen Mann, es lacht auch aufgrund der eigenen Vorurteile, die sich hier in einer Form von Schadenfreude ausdrückt. Zumindest zu einem gewissen Anteil. Denn wenn es so egal wäre, wen die Töchter heiraten, wieso ist das plötzlich komisch?


We are family...
Dazu kommt noch, dass hier ja nicht gerade sozialschwache, kaum integrierte oder besonders exotische Ehemänner präsentiert werden. Das sind alles Franzosen, zwei von ihnen sogar mit Jobs, die sich jeder Schwiegervater nur wünschen würde, Sprachbarrieren oder Culture-Clash existieren überhaupt nicht. Wenn es nicht andauernd thematisiert werden würde, große Unterschiede zwischen ihnen würde doch niemand bemerken. Genau das hätte „Monsieur Claude und seine Töchter“ mal lieber in den Mittelpunkt stellen könne. Einfach mal nicht alle zwei Minuten einen Witz auf dieser Grundlage bringen, dann würde sich das erstens nicht so abnutzen und zweitens vielleicht tatsächlich zu einem glaubhaften Plaidoyer für ein aufgeschlossenes, gleichberechtigtes Zusammenleben werden. Natürlich kann und darf da auch mal ein Klischee ausgegraben und sich über die einzelnen Gruppen amüsiert werden, etwas Spaß und Selbstironie sollte jeder verkraften, wenn es nicht abwertend oder bösartig wird. Abwerten oder bösartig ist auch der Film nicht, er ist nur plump und erweckt so manchmal den Eindruck, er würde die eigene Botschaft nicht verstehen, letztlich mit und nicht über Ressentiments lachen, was völlig kontraproduktiv ist. Als Krönung erfolgt nicht mal am Ende ein glaubhaftes Umdenken, stattdessen werden 60 Jahre Schubladen- und Hautfarbendenken durch einen durchzechten Abend und Klamottentausch einfach so weggeblasen, so funktioniert das eben in dieser Art von Filmen. Probleme sind zum Lösen da und wenn man nicht weiß wie, sind sie halt irgendwann verschwunden. Simsalabim.


Wenn man sich gar keine Gedanken über den Film machen würde, man könnte ihn sicher auch einfach so durchgucken, ab und an mal schmunzeln oder gar lachen (kommt halt immer auf den Humor an, manches ist ja auch ganz drollig), sich das Gemüt streicheln lassen und fertig. Man könnte sich aber auch zu viele Gedanken machen, ihn in der Luft zerreißen und ihm Dinge andichten, die zwar nicht ganz von der Hand zu weisen sind, aber wohl eher auf seiner Ungeschickt- und Achtlosigkeit fußen, als dass man ihn wirklich böse Absichten unterstellen könnte. Es ist unterm Strich einfach nur eine Komödie zur Massenabfertigung, die vielleicht gut gemeint, aber schlecht durchdacht und furchtbar unreflektiert ist. Ein Film wie ein Eigentor, das frenetisch bejubelt wird. Aber funktioniert ja, bon travail. 

4 von 10 ethnisch korrekten Abendessen

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