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Review: SHAPE OF WATER - DAS FLÜSTERN DES WASSERS - Romanze ohne viele Worte

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© 20th CENTURY FOX

Fakten:
Shape of Water – Das Flüstern des Wassers (The Shape of Water)
USA, CA, 2017. Regie: Guillermo del Toro. Buch: Guillermo del Toro, Vanessa Taylor. Mit: Sally Hawkins, Michael Shannon, Michael Stuhlbarg, Richard Jenkins, Doug Jones, Octavia Spencer, David Hewlett, Nick Searcy, Nigel Bennett u.a. Länge: 123 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Im Kino.


Story:
In einer wissenschaftlichen Regierungseinrichtung wird ein sensationeller Fund von höchster Priorität eingeliefert: Ein Wesen, halb Mensch halb Amphibie, gefangen genommen irgendwo im Amazonasgebiet, bisher völlig unerforscht. Die stumme, einsame Reinigungskraft Elisa baut unbemerkt eine Beziehung zu der Kreatur auf. Mehr noch, es entwickelt sich eine verbotene Liebesgeschichte…

                                                                                 
Meinung:
Mit stattlichen 13 Oscar-Nominierungen im Gepäck geht Guillermo del Toro’s neuestes Werk Shape of Water – Das Flüstern des Wassers sicher für alle etwas überraschend – zumindest in dem Ausmaß – als nominell großer Favorit ins alljährliche Wettrennen um den begehrten wie in seiner künstlerischen Bedeutung unlängst auch arg überschätzten Goldjungen, aber wenn die Veranstaltung eins definitiv generiert, dann positive Publicity, internationale Aufmerksamkeit und somit in der Regel ein kommerzieller Erfolg. All das sei del Toro ohnehin und generell gegönnt, denn der gebürtige Mexikaner zählt schon seit langem zu den kreativsten und liebenswertesten (trotzdem und auch deswegen so wichtig) Mainstream-Regisseuren der Welt, dem selbst Ausrutscher wie zuletzt sein optisch gewohnt prächtiger, aber ansonsten sehr verzichtbare Crimson Peak bisher nicht ernsthaft schaden.


© 20th CENTURY FOX
Liebe auf den ersten Blick?
Angesiedelt in den USA der 1950er Jahre erzählt Shape of Water – Das Flüstern des Wassers die ungewöhnliche Liebesgeschichte zwischen der stummen, einsamen Putzfrau Elisa (enorm liebenswert ohne falsches Mitleid zu heucheln: Sally Hawkins) und einem sonderbaren Amphibien-Wesen (del Toro’s Creature-Buddy Doug Jones), das in einem Labor zu Regierungszwecken gefangen gehalten wird. Schließlich ist gerade Kalter Krieg und jede individuelle Entdeckung oder Entwicklung, von der der böse Ruski nichts mitbekommt, könnte entscheidend sein…auch wenn wir noch nicht mal ahnen, wie die in diesem speziellen Fall aussehen könnte oder ob hier einfach eine Laune der Natur für nichts und wieder nichts als streng geheime Staatssache behandelt wird. Haben ist besser als Brauchen, so viel steht schon mal fest. Trotz der ganzen Geheimniskrämerei hat Reinigungskraft Elisa mehr oder weniger uneingeschränkten Zugang zu der Kreatur und baut auf der Basis von gekochten Eiern und Musik vom Plattenspieler eine behutsame Beziehung zu ihr auf, die irgendwann in einer gewagten Rettungsaktion und schlussendlich sogar in einer „verbotenen“ Liebesbeziehung gipfelt, während Ost und West sich noch nicht ganz sicher sind, was sie genau gerade jagen und wofür das eventuell gut sein könnte. Ist ja auch wurscht, Hauptsache der andere bekommt es nicht.


© 20th CENTURY FOX
Glatzköpfe unter sich
Ein Film erbaut auf Gegensätzen, die sich beißen oder wunderbar ergänzen. Mal sind die unüberwindbar und Grund für Feindseligkeiten, mal fügen sie sich ineinander wie zwei kaputte Puzzleteile, die sich maximal insgeheim und nie bewusst gesucht, aber nun plötzlich passend gefunden haben. Einiges funktioniert (wie die sehr redselige und immer stumme Putz-Kombo), oder eben nicht (wie die Amis und die Russen beim Artenschutz aus Vernunftgründen), weil es logisch ist. Und einiges passt einfach, weil es dafür keine empirische Begründung gibt, nur ein Gefühl. Guillermo del Toro gelingt ein sehr schöner, fantasievoller Liebesfilm mit einem überdeutlichen Appell an Toleranz, der sowohl von Rassismus, gesellschaftlicher Klassendiskriminierung und natürlich der selten fundierten Angst vor dem „Fremden“ und „Andersartigen“ erzählt (womit nicht nur Fisch-Wesen, sondern auch Menschen mit anderer politischer Weltanschauung gemeint sind), technisch exzellent ohne CGI-Overkill und mit ganz viel investiertem Herzblut, das ist unverkennbares del-Toro-Kino, das ihn und seine Art des Filmemachens speziell heutzutage so unverzichtbar wie notwendig macht.


Dieser für US-Mainstream- und besonders potenzieller Oscar-Gewinner erstaunlich freizügige und ungezwungene Film (sei es die Darstellung von Masturbation als Morgenritual oder ausgewählter, aber nicht zurückhaltender Gewaltdarstellung, vor der die meisten Filme in der Position sicherlich zurückgeschreckt hätten) hat eigentlich nur ein Problem: Er ist gar nicht (mehr) so unkonventionell, wie er es wohl gerne sein möchte, wie man es erhofft hätte und wie es bei einem del Toro in Bestform schon war. An sein Premium-Stück Pan’s Labyrinth kommt er nicht heran, ist sogar relativ vergleichbar mit anderen Filmen, die heute noch unabhängig von ihrer Veröffentlichung noch eine größere Magie entfalten. Edward mit den Scherenhänden ist da ein gutes Beispiel. Dieser thematisiert praktisch das Gleiche, versteht es aber noch individueller zu verkaufen. Shape of Water – Das Flüstern des Wassers ist ein guter, sogar ein sehr guter Film, der aber den ganz Großen nicht das Wasser reichen kann, irgendwo sichtlich hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Aber trotzdem ist er so herzlich und liebevoll umgesetzt, dass er jedem ans Herz gelegt werden sollte. Allein del Toro’s unverkennbare Verneigung vor dem Kino an sich zeigt: Er ist immer noch einer von uns, mit Leib und Seele. Kein Meisterwerk, aber zu schön um einfach nur „gut“ zu sein.

7,5 von 10 schwarzen Fingern

Review: CRIMSON PEAK- Eine Geisterbahn von vielen

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Fakten:
Crimson Peak
USA. 2015. Regie: Guillermo Del Toro.
Buch: Matthew Robbins, Guillermo Del Toro. Mit: Mia Wasikowska, Tom Hiddleston, Jessica Chastain, Charlie Hunnam, Jim Beaver, Burn Gorman, Leslie Hope, Doug Jones, Emily Coutts, Javier Botet, Laura Waddell, Sofia Wells u.a. Länge: 118 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Ab 25. Februar 2016 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
England im 19. Jahrhundert: Die junge Autorin Edith Cushing ist noch nicht lange mit Sir Thomas Sharpe verheiratet, doch schon kommen ihr erste Zweifel, ob ihr so ungemein charmanter Ehemann wirklich der ist, der er zu sein scheint. Edith spürt immer noch die Nachwirkungen einer schrecklichen Familientragödie, und sie merkt, dass sie sich immer noch zu ihrem Jugendfreund Dr. Alan McMichael hingezogen fühlt. Durch ihr neues Leben in einem einsamen Landhaus im Norden Englands versucht sie, die Geister der Vergangenheit endlich hinter sich zu lassen. Doch das Haus – und seine übernatürlichen Bewohner – vergessen nicht so einfach…




Meinung:
Der mexikanische Regisseur, Autor und Produzent Guillermo Del Toro hat sich über die Jahre eine erstaunliche Fanbasis aufgebaut. Kein Wunder. Kaum jemand anderer personifiziert kreative Inbrunst so sehr wie der bärtige Brillenträger, der mit Filmen wie „Hellboy“, „Hellboy 2“ oder „Pans Labyrinth“ grandiose Phantastik auf die Leinwand zauberte, die immer auch etwas Persönliche innehatte. Del Toro, das ist sicher, dreht Filme, weil er ein Geschichtenerzähler ist, nicht aus Profit oder Wirtschaftlichkeit. Das ist dann auch einer der Gründe, warum die meisten seiner Projekte nie die Phase der Entwicklung verlassen. Seine Film sind leider Gottes am Box Office nur selten ertragreich und wenn, dann auch nur weil das Ausland kräftig mitmischt, wie im Falle von "Pacific Rim“.


Wetten, dass gleich was aus der Ecke ins Bild springt
Sollte sein neuster Film „Crimson Peak“ nun ein Hit werden, wäre es schön für Guillermo Del Toro, aber gleichzeitig auch pure Ironie, denn seine gotische Romanze erweist sich als einer der schwächsten Del Toro-Filme, nicht sogar als schwächster seiner bisherigen Laufbahn. Gewiss ist dieser Gruselfilm kein wirkliches Ärgernis und er besitzt deutlich die unverkennbare Handschrift des Mexikaners, doch in seiner Gesamtheit fühlt sich „Crimson Peak“ seltsam unbefriedigend und teilweise sogar regelrecht lustlos an. Dabei stimmt eine der Hauptvoraussetzungen schon einmal. Das gesamte Setting, die Kostüme, die Bauten, das Licht, die Kamera und was sonst noch alles für Stimmung und Atmosphäre sorgt, wirkt wunderbar adäquat. Das Problem bei „Crimson Peak“ sind viel mehr die Geschehnisse innerhalb dieser vom Flair verzauberten Welt. Die eigentliche Geschichte ist es, die zunächst nicht wirklich in Gang kommen will und dann elendig versucht Suspense aufzubauen, obwohl die Handlung nicht die notwendige Dosis Cleverness besitzt, um einen als Zuschauer wirklich hinters Licht zu führen. Kurz: „Crimson Peak“ bekommt keinen funktionieren Spannungsbogen hin. und auch die Romantik wirkt eher dahin geschludert als wirklich überzeugend.


In Crimson Peak gibt es keine Geheimnisse
Spannung verwechselt Del Toro hier aber scheinbar mit belanglosen jump scares. Sobald die Musik von Fernando Velázquez wieder anzieht und Hauptfigur Edith Cushing (eine Nachname wie ein Hommagehammer)mal wieder durch die verfallenen Gemäuer ihrer englischen Neuheimat tapst, sollte jedem im Publikum klar sein, dass gleich etwas Geisterhaftes ins Bild springen wird. Woher man es weiß? Weil genau das in „Crimson Peak“ alle 10 bis 15 Minuten passiert und bereits beim zweiten Mal hat sich dieser Erschreck-Effekt so ausgepowert, dass man sich voll und ganz auf die Frage konzentrieren kann, warum „Crimson Peak“ vornehmlich auf kurze Schocks setzt, stattdessen aber keine konstante Aura des Schreckens zu generieren vermag? Vielleicht versucht Del Toro hier seine eigenen, detaillierten, träumerischen Welten mit der des James Wan zu verbinden? Wan, Schöpfer von „Saw“, erreichte mit seinen Gruselfilmen und deren Sequels („Insidious“ und „Conjuring“) ein Millionenpublikum, auch dank Mundpropaganda. Eventuell sah sich Del Toro genötigt „Crimson Peak“ so zu gestalten, dass Fans vom effekthascherischen Horrorlager auch einen Blick riskieren? Aber lassen wir die Mutmaßungen außen vor.


Kein Geist, nur Mia Wasikowska
Die laue Geschichte sowie die Fokussierung auf billige Schocks sind maßgeblich für das Scheitern von Del Toros „Crimson Peak“ verantwortlich – da hilft dann auch das schönste Setting nichts. Aber auch die auf Autopilot agierenden Darsteller sind unterstützend dabei den Gruselfilme mit romantischem Einschlag in Richtung Enttäuschung zu zerren. Tom Hiddleston verkommt als schlaffer Dandy zur Witzfigur, Jessica Chastain hakt alle Punkte der Antagonisten-Checkliste ab, während Charlie Hunnam – selbst wenn er im Bild ist – nicht wirklich anwesend erscheint. Und Hauptdarstellerin Mia Wasikowska? Nun die säuselt, erschreckt und tippelt sich durch den Film und bleibt so blass, dass es ein Anschein hat, sie sei der einzig wahre Geist, den es im Film zu sehen gibt. Aber natürlich gibt es eine Menge gruseligen Gestalten zu bestaunen. Dass die meist aus den Hochleistungsrechnern stammen stimmt schon etwas enttäuschend, dennoch merkt man hier Del Toros Faible und Leidenschaft für die Kreaturen der Nacht und ganz nebenbei huldigt er in einer Szenen sogar Stanley Kubricks „Shining“.


Leider bleibt „Crimson Peak“ hinter den Erwartungen zurück. Dabei lebten die vorherigen Filme von Guillermo Del Toros von einer überbrodelnden Phantastik sowie Detailliebe und auch „Crimson Peak“ besitzt diese Attribute, nur leider werden sie nicht wirklich konsequent eingesetzt. Der Film bleibt eine Geisterbahnfahrt, an deren Ende nichts zurück, nichts haften bleibt. Eine von vielen Attraktionen ohne wirklichen Mehrwert. Ein Gros voller verschenktem Potenzial. Das kommt also dabei raus wenn cineastisches Horror-Fast-Food in den synthetischen Mantel der Kunstfertigkeit gekleidet wird. Drum merke: Ein vertrockneter Snack, bleibt ein vertrocknete Snack. Aber wenigstens hat man was im Magen.


4 von 10 Gemälden von Mutter

Review: PANS LABYRINTH - Hoffnung am Ende des Irrgartens

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Fakten:
Pans Labyrinth (El laberinto del fauno)
ES, MEX, USA, 2006. Regie & Buch: Guillermo del Toro. Mit: Ivana Baquero, Sergi López, Maribel Verdú, Doug Jones, Ariadna Gil, Álex Angulo, Manolo Solo, César Vea, Roger Casamajor, Ivan Massagué u.a. Länge: 119 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Spanien, 1944: Die kleine Ofelia reißt mit ihrer hochschwangeren Mutter zu deren neuen Ehemann, einem General des faschistischen Franco-Regimes, der mit seinen Männer sich in den Bergen versteckende Rebellen jagt. Neben dem Grauen und Leid erlebt Orfelia dort märchenhaftes: Eines Nachts führt sie eine Elfe durch ein Labyrinth zu einem Fabelwesen, dem Pan. Dieser offenbart dem Mädchen, dass sie die Reinkarnation der Prinzessin des geheimen, unterirdischen Königreiches ist. Um wieder dorthin zurückkehren zu können, muss sie bis zum nächsten Vollmond drei gefährliche Aufgaben erfüllen.






Meinung:
Nachdem der Mexikaner Guillermo del Toro durch die Hollywoodproduktionen „Blade 2“ und „Hellboy“ sich auch auf dem Mainstreammarkt einen respektablen Namen gemacht hatte, konnte er mit verhältnismäßig viel Aufwand an die Realisierung eines Herzensprojekts gehen. „Pans Labyrinth“, einen Film einerseits über das düstere Kapitel der faschistischen Herrschaft des Franco-Regimes in Spanien, andererseits über das fantastische Abenteuer eines kleinen Mädchens, dem die Flucht in ein zauberhaftes, geheimnisvolles Königreich in Aussicht gestellt wird.


Der Augang von diesem Elend?
Im internationalen Kino wird diese Epoche weit weniger thematisiert als beispielsweise das Dritte Reich, wohl auch aufgrund seines geringeren, globalen Einflusses. Im Vergleich zu den Geschehnissen in Deutschland und deren Auswirkungen gehen die extremen Jahre während und direkt nach dem spanischen Bürgerkrieg deutlich unter, welthistorisch und somit auch als Stoff für filmische Aufarbeitung. Einen politischen Film macht auch del Toro nicht, nutzt allerdings diesen Backround für sein fantasievolles Erwachsenenmärchen, in dem zwei Welten aufeinanderprallen, die unterschiedlicher nicht sein können. Die zwei Erlebniswelten der kleinen Orfelia, die in einer Zeit von Furcht, Unterdrückung, Gewalt und Elend aufwächst. Ihre Mutter hat sich dieser Welt angepasst, sich selbst aufgegeben und sich dem Bösen in Person des bestialischen Hauptmanns Vidal (hassenswert-brillant verkörpert durch Sergi López) unterworfen, um ihrer Tochter eine Perspektive zu bieten. Ihre Hoffnungen und Träume hat der Krieg zerstört, die grausame Realität sie verschluckt. Orfelia hingegen hat sich ihre Kindlichkeit (noch) bewahren können, ihren Glauben an das Magische, das Gute in dieser trostlosen Zeit. Durch den nächtlichen Besuch einer Elfe macht sie Bekanntschaft mit dem mysteriösen Pan, der ihr durch das Lösen von drei Aufgaben eine Flucht in eine bessere Welt in Aussicht stellt, in welcher der reale Schrecken nur noch ein böser Traum sein wird.


Guter Freund oder verführerischer Feind?
Obwohl del Toro für Hollywoodverhältnisse auch hier nur mit einem „schmalen“ Budget um die 13 Millionen US-Dollar hantieren musste, gelingt ihm die Umsetzung seiner fantasievollen Elemente auf höchstem Niveau. Das CGI hält mit weitaus größeren Produktionen spielend mit und wird vor allem nur unterstützend benutzt. Wann immer sich mit realen Masken, Kostümen und Sets arbeiten lässt, greift del Toro darauf zurück und stellt damit die Konkurrenz beeindruckend in den Schatten. Kreativ, detailliert, mit einer faszinierenden Mischung aus leichter Morbidität und träumerischer Schönheit. Auch diese Welt ist nicht frei von Gefahr und Tod, doch mit Mut und einem guten Herzen lässt sich hier das Böse bezwingen. Es wird das noch belohnt, was in der finsteren Realität kaum noch eine Chance zu haben scheint. Seiner zum Teil schonungslos bebilderten Haupthandlung stellt del Toro diese hoffnungsvollen Ausreißer gegenüber, ohne das man sich urplötzlich in einen Disneyfilm geschleudert fühlt. Im Prinzip erlebt Orfelia bei ihren drei Prüfungen auf die tatsächlichen Ereignisse übertragbare Situationen, womit sie als Metapher verstanden werden können. Somit bietet „Pans Labyrinth“ weit mehr als reinen Eskapismus und eine märchenhafte Geschichte, eingebettet in einen bedrückenden und spannenden Nachkriegsfilm. Neben der ohnehin mitreißenden, anrührenden-schmerzhaften Story und seiner formalen Klasse liegt die große Qualität von del Toros Parabel in seiner vielseitig auslegbaren Deutungsweise.


Bewusst lässt der Regisseur seinem Film einen gewissen Spielraum, in wie weit man für sich selbst die Ereignisse interpretieren mag. Passieren Orfelia diese Dinge wahrhaftig? Trifft sie die Elfen und den Faun in dem Labyrinth, meistert sie ihre Abenteuer tatsächlich und ist sie wirklich die lange vermisste Prinzessin, die am Ende in ihr wundervolles Königreich zurückkehren kann? Oder erleben wir nur den Einblick in einen geschundenen, kindlichen Geist, der um die furchtbare Situation zu verarbeiten einen psychologischen Schutzmechanismus hervorruft? Der die Kraft der Fantasie nutzt, um dem Schrecken zu entfliehen, die Hoffnung aufrecht zu erhalten, dass alles sich zum Guten wenden wird und am Ende die Erlösung in Form einer besseren, warmen, gerechten Existenz wartet? Beides bleibt im Rahmen des Möglichen. Dementsprechend lässt sich auch das Ende in völlig verschiedene Richtung deuten und auch die Gefühle, die es hervorruft. Zwischen tieftraurig und Balsam für das Herz liegt nur die persönliche Sicht der Dinge. Guillermo del Toro überlässt es dem Zuschauer quasi selbst, mit welchen Emotionen, mit welchem Ende er ihn aus seinem Film entlässt. Und zwar voll und ganz. Das ist so schön, nicht im Geringsten bevormundend und absolut selten, eine wahre Glanzleistung. Wie der gesamte Film. 

8,5 von 10 magischen Kreidestücken

Review: PACIFIC RIM - Das Kind im Mann

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Fakten:
Pacific Rim
USA. 2013. Regie: Guillermo DelToro. Buch: Travis Beachem, Guillermo DelToro. Mit: Charlie Hunnam, Rinko Kikuchi, Idris Elba, Charlie Day, Diego Klattenhoff, Burn Gorman, Max Martini, Clifton Collins jr., Ron Perlman, Robert Kazinsky u.a. Länge: 131 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren.
Ab 17. 12. 2013 auf DVD, Blu-ray und Blu-ray 3D.



Story:
Aus den Tiefen des Pazifiks kamen sie empor, die Kaiju, gigantische Kreaturen, die gnadenlos alles zerstören was ihnen begegnet. Die Menschen haben bereits enorme Verluste hinnehmen müssen, doch dank des Jaeger-Programms, riesige Roboter, die von zwei Piloten mittels deren Geistes gesteuert werden, gibt es noch Hoffnung in der Schlacht Mensch gegen Monster.





Meinung:
Der Mexikaner Guillermo DelToro ist bekannt für seinen eigenwilligen, phantastischen Stil. Egal ob Monster-Horror („Mimik“), Vampir-Action („Blade 2“), schauriges Märchen („Pans Labyrinth“) oder höllischer Superheld („Hellboy“), allen seinen Filmen gab er eine ganz eigene, individuelle Handschrift, doch auch wenn er gerne und oft dem Spektakel frönte, das Gefühl einen Blockbuster aus der Traumfabrik zu sehen, stellte sich – gottseidank – nie wirklich ein. Doch nun mit „Pacific Rim“ darf sich DelToro nach dem Ausstieg aus dem Mammut-Projekt „The Hobbit“ auch einmal an großen CGI-Effekten, millionenteuren Chaos und großen Pathos versuchen und um eines bereits jetzt klar zu machen, „Pacific Rim“ ist großes, nicht sonderlich cleveres Popcorn-Kino, welches unter der Führung eines anderen Regisseur gewiss zum Scheitern verurteilt wäre, doch DelToro gelingt es spielend aus dem gigantomanischen Kampf Riesenroboter gegen Monsterkollos den bis jetzt besten Blockbuster des Jahres zu machen und das schönste daran, der Film trägt eine individuelle Handschrift. Die eines Kindes.


Fitness der Zukunft: Jaeger steuern
"Pacific Rim“ macht bereits von Beginn an klar, dass die Realität, die zuletzt vom bräsigen „Man of Steel“ verbittert als Aufhänger genutzt wurde, hier Pause hat. Hochhausgroße Kreaturen aus einem Dimensionsportal am Grunde des Ozeans? Ja, das ist unreifer Blödsinn und dieser wird ohne ironische Seitenhiebe genutzt. Fantasy ist Trumpf! DelToro vertraut zum einen auf die Einfachheit der Handlung und lässt diese den Film bestimmen, wobei die eigentliche Antriebskraft von „Pacific Rim“ der infantile Spaß am Spektakel ist. Es scheint fast so als ob hier die Imaginationen eines Kindes auf der Leinwand zu bestaunen sind. DelToro malt mit satten Farben und errichtet mit technisierten Bauklötzen ein Grundgerüst simpelster Prämisse, welches dafür eine Faszination inne hat, die sonst eben nur Kinder haben. Das kann man lächerlich, enttäuschend oder einfältig finden, aber eben auch mitreißend und anziehend. Wenn sich die massiven Maschinen den gnadenlosen Kaiju in den Weg stellen, dann entfacht DelToro einen krawalligen Zauber aus Zerstörung und Technik, Physis und Staunen. Dem gegenüber steht allerdings eine Dramaturgie die all zu leicht ins Schleudern kommt. Wenn die Jaeger-Mechs eine effektive Waffe erst dann einsetzen, wenn es gerade spannungstechnisch passt oder warum einige der Milliarden teuren Weltenretter Rettungskapseln haben und andere wieder nicht wirkt gewiss mehr als nur einmal seltsam und steif konzipiert, aber die Welt um diese Makel bleibt dennoch pulsierend, ein lebendiger Ort direkt aus der Phantasie eines Achtjährigen, der mit einem Lego-Baukasten sein eigenes Reich, sein eigenes Abenteuer entwirft und nachspielt. Dieser Achtjährige ist Guillermo DelToro. Die Frage die sich stellt ist, ob man bereit dafür ist sein eigenes, inneres Kind zu wecken. Einen Versuch sollte es aber wert sein.


"Cloverfield" ist für Pussys
Zugegeben, dieses Kind spart nicht mit Pathos, dafür aber mit Patriotismus. „Pacific Rim“ sind Nationen genauso schnurz wie Realismus. Erfrischend. Genau wie das detailverliebte Design. Obwohl die Schlacht Mensch gegen Monster ein einziger CGI-Rausch aus den Hochleistungsrechnern der SFX-Firmen ist, wirkt es dennoch greifbar, auch wenn ein Jaeger mit einem Öltanker als Waffe einem Kaijun den Scheitel zieht. DelToro gelingt es nämlich die Größe und Masse der kämpfenden Kontrahenten jederzeit so herrlich übertrieben und dennoch verständlich darzustellen, das „Transformers“-Spezi Michael Bay von ihm lernen sollte. Wirken bei Bay die Scharmützel eher artifiziell und mickrig, trotz der Größe der kämpfenden Partein, protzt „Pacific Rim“ mit wahrem, herrlich übertriebener, technisierter Hypersomie, der sich auch in der Kampfgeschwindigkeit der Jaeger zeigt. Schnelle Aktionen und flinke Bewegungen gibt es hier nicht. Wenn eine Stahlfaust mit der Größe eines Tagebaubaggers auf die Panzerung eines Kaijun trifft, dann ist das langsam aber auch unglaublich wuchtig und gibt den Kämpfen sogar etwas, was bis jetzt im Blockbusterjahr 2013 deutlich zu kurz kam: Spannung und Intensität. Das Gefühl, dass es hier wirklich um etwas geht ist jederzeit spürbar.


Groß, größer "Pacific Rim"
Dem Gegenüber steht das Design. Trotz seines modernisierten, digitalen Kerns wirkt „Pacific Rim“, genau wie der Jaeger mit dem Held Raleigh (Charlie Hunnam, „Sons of Anarchy“, „Cold Blood“) unterwegs ist, eher analog. Guillermo DelToro setzt viel auf Feinheiten und es gelingt ihm sogar eine Art Cyperpunk-Ästhetik herzustellen. High-Tech-Uhren im Radiowecker-Look oder Anzüge die aussehen wie eine Mischung aus Astronaut und schwarzer Ritter mögen für den einen gewiss befremdlich wirken, es ist aber auch ein Zeichen für die Detailliebe und –Versessenheit des Produktion. Schade, dass dieser Aufwand nicht für den 3D-Effekt genutzt wurde. DelToro, der „Pacific Rim“ ursprünglich im klassischen 2D-Gewand präsentieren wollte, musste sich doch Warner Bros. beugen und so erstrahlt die infantile Robo-gegen-Ungeheuer-Welt in ödem, konvertierten wenig dreidimensionalen Bildern. Ähnlich wie bei „Star Trek Into Darkness“ wissen die ersten Minuten zu Gefallen, doch danach ist das Gimmick nicht mehr als kaltschnäuzige Geldmacherei. Ein krasses, kapitales Kontrastprogramm zur Leidenschaftlichkeit von „Pacific Rim“.


„Pacific Rim“ ist ein Film, der den geneigten Zuschauer wieder zum Kind werden lässt. Großes Spektakel in einer realitätsfremden Welt, voller krachender Action und Faszination aus Gigantomanie und Phantasie. Dumm? Ja, sehr sogar, aber eben auch mit einem ganz besonders Gefühl versehen. Ein Gefühl, dass hier kein Marketingstratege oder Erfolg-nach-Plan-Regisseur am Werk war, sondern ein gewisser Guillermo DelToro, der in diesem mauen Blockbuster-Sommer Hollywood etwas wunderschönes zurückbrachte: den Mut Träume auf die Leinwand zu bannen, auch wenn dieser Traum letztlich nur großer Krawall ist und aus dem Kopf des achtjährigen Jungen kommt, den DelToro in sich trägt. So gesehen ist „Pacific Rim“ eine Liebeserklärung an das Kind im Manne. Wunderschön.


8 von 10 Gramm Kaijun-Knochenpulver für die männliche Potenz