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Review: LITTLE BIG MAN - Kleiner Mann, großer Lügner?

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Fakten:
Little Big Man
USA, 1970. Regie: Arthur Penn. Buch: Calder Willingham, Thomas Berger (Vorlage). Mit: Dustin Hoffman, Faye Dunaway, Old Lodge Skins, Richard Mulligan, Martin Balsam, Jeff Corey, Aimée Eccles, Kelly Jean Peters, Robert Little Star, Carole Androsky, Cal Bellini u.a. Länge: 134 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Der 121 Jahre alte Jack Crabb erzählt einem Journalisten die Geschichte seines bewegten Lebens. Wie er vom weißen Waisenjunge zum stolzen Indianerkrieger „Little Big Man“ wurde, von dort an eigentlich jede nur mögliche Karriere im wilden Westen einschlug, zu seinen Wurzeln zurückkehrte und nicht nur Zeitzeuge, sondern entscheidender Teilnehmer an der Schlacht am Little Bighorn wurde.







Meinung:
„Es war einfach zum Verzweifeln: Die Indianer wollten mich umbringen, weil ich ein Weißer war und die Weißen, weil ich ein Indianer war.“

Arthur Penn wurde mit seinem Anti-Helden-Gangsterfilm „Bonnie und Clyde“ zu einem der Wegbereiter der New-Hollywood-Ära und setzte dieses mit seinem, für damalige Verhältnisse, sehr ungewöhnlichen und mutigen Spätwestern „Little Big Man“ fort. Tatsächlich wurde es sein kommerziell erfolgreichster Film, obwohl er ein Heiligtum des US-Kinos satirisch und durchaus kritisch hinterfragte und sogar teilweise demontierte. Aus heutiger Sicht wirkt das nicht mehr so extrem, man muss dazu etwas in die Vergangenheit des Genres blicken und auf das, was im klassischen Western gang und gäbe war.


Helden unter sich: Wild Hoff und Wild Bill.
Ein greiser und höchstwahrscheinlicher (allerdings nicht sicherer) Pseudo-indianischer-Münchhausen erzählt sein aufregendes Leben. Er war ein von Indianern geschaffener und anschließend aufgezogener Waisenknabe, wurde zum „Little Big Man“, zum Mündel christlicher Fanatiker, zum Assistenten eines Quacksalbers, zum Limonade-trinkenden Revolverhelden (der erst durch das Zusammentreffen mit Wild Bill bemerkt, dass man als solcher schon Menschen erschießen sollte), zum erfolglosen Kaufmann, zum Trinker, zum Soldaten (oder eher Mitarbeiter der Armee) und insgesamt halt zu allem, was das Genre an Figuren so hergibt. Wie ein Forrest Gump durchläuft Jack Crabb zufällig und selbstverständlich alle Stationen seiner Zeit und begegnet nebenbei noch prägenden Figuren wie Wild Bill Hickok, Buffalo Bill und besonders General Armstrong Custer, dessen historisches Schicksal er (angeblich) maßgeblich beeinflusst hat. Der Weg dahin ist kurios, wendungsreich und ziemlich flott vorgetragen, mit einem agilen Dustin Hoffman prima besetzt und von Arthur Penn hervorragend – teils sogar spektakulär – inszeniert.


Kleiner Mann auf großem Gaul
„Little Big Man“ ist Satire und Persiflage auf den Urtyp des amerikanischen Western, geht wenig glorifizierend mit den prominenten Figuren um (allein General Custer wird so böse als arroganter, größenwahnsinniger Gockel präsentiert, besonders im grandiosen Finale) und ist eher eine humorvoller Underdog-Story als heroische Männerphantasie und Heldenode. Mit teilweise sehr satirischem Witz werden Klischees vorgeführt und wie am Fließband parodiert, ohne das „Little Big Man“ mit gutem Gewissen als Komödie bezeichnet werden könnte. Dafür geht er auch an einigen Stellen viel zu drastisch zur Sache. Allein das Massaker von Custer’s Truppe in einem Reservat wird so unverblümt dargestellt, da schluckt man kurz. Gerade der Aspekt, das der Film sich deutlich von den damals üblichen Methoden entfernt, sie gleichzeitig miteinbezieht und nie gänzlich in eine Schublade einzuordnen ist, macht ihn so originell. Durch die Erzählerperspektive (eines nur bedingt als glaubwürdig einzustufenden Methusalem) wird durchgehend suggeriert, dass wir hier nur Indianer-Garn aufgetischt bekommen, genauso übertrieben, ausgeschmückt aber - wie bei jedem guten Märchen – mit dem Fünkchen Wahrheit oder moralischen Lektion, die wir uns bitte selber rauspicken dürfen.


Sicher wirft der Film etwas zu viel zusammen, kommt leicht überfrachtet rüber und ist trotz seines rasanten Tonus manchmal schlicht vollgestopft. Da kann nicht jede Idee voll zünden, Blindgänger unvermeidlich. Manches ist dafür so gelungen oder zumindest im Ansatz herrlich unverkrampft, ohne Rücksicht auf Historie oder US-Heldentum und passt daher hervorragend in das Bild des neuen, mutigen Studiofilms, dass man „Little Big Man“ kaum nicht Respekt zollen kann. Selbst ganz unabhängig von einem Dustin Hoffman und einem Arthur Penn mit ordentlich Pfeffer im Arsch. Ungewöhnlich, teils absurd, manchmal wäre weniger etwas mehr gewesen, am Ende einfach eine wunderbar runde, eckig-kantige Sache. 

7,5 von 10 Märchenstunden im Altersheim

Review: CHINATOWN – Ein Ort, in dem gute Absichten keine Bedeutung haben

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Fakten:
Chinatown
USA. 1974. Regie: Roman Polanski. Buch: Robert Towne.
Mit: Jack Nicholson, Faye Dunaway, John Huston, John Hillerman, Diane Ladd, Perry Lopez, Roman Polanski, Darrell Zwerling, Roy Jenson, Bruce Glover, Joe Mantell, RoyRoberts u.a. Länge: 131 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Los Angeles, 1937. Privatschnüffler Jack Gittes bekommt von einer attraktiven Ehefrau den Auftrag ihrem Gatten eine Affäre nachzuweisen. Doch Gittes Ermittlungen scheinen ins Leere zu laufen. Als er den Ehemann doch noch mit einer anderen, jungen Frau ertappt und der Ehefrau die Fotos zukommen lässt, muss er wenig später erkennen, dass er getäuscht wurde. Für Gittes beginnen turbulente  gefährliche Tage




Meinung:
Eigentlich hatte Roman Polanski („Ekel“) mit den Staaten abgeschlossen, eigentlich wollte er dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten und unendlichen Perspektiven doch für immer den Rücken kehren und seine Karriere ausschließlich in Europa fortsetzen: Kein Blick zurück über die kalte Schulter sollte es geben, obwohl Amerika doch eigentlich seine Zukunft bedeutete. Die memorablen Bilder der menschlichen Tragödie um das bestialische Verbrechen an seiner Frau Sharon Tate („Tanz der Vampire“) und dem gemeinsamen, ungeborenen Kind, verfolgten Roman Polanski Schritt und Tritt und hetzten ihn in einen ohnmächtigen Zustand, in dem jede einzelne Träne tief verwurzelt in unbändigen Schuldgefühlen war. Jedes Blinzeln wurde zur intuitiven Rekapitulation der unwiderruflichen Vorfälle, als wäre sein Leben bis dahin nicht schon von genügend Schmerz, Kummer und Trauer gezeichnet gewesen.


Jack Gittes hat immer den richtigen Riecher
Aber Amerika wollte nicht locker lassen und konnte den ambitionierten wie aufstrebenden Filmemacher mit den polnischen Wurzeln nicht von jetzt auf gleich aus seinem verheißungsvollen Schoß verabschieden. Und auch wenn viel innere Kraft gebündelt werden musste und die Überwindung, zurück in das Land seines persönlichen Horrors zurückzukehren, einen erneuten emotionalen Zusammenbruch nach sich ziehen sollte, war es nicht nur für Roman Polanski als Künstler die beste Entscheidung. Sein „Chinatown“ lässt sich auch als intime Konfrontation mit der quälenden Vergangenheit lesen und funktioniert somit blendend als bittere Bewältigungsmaßnahme – Und das sieht man dem Film in seinem unterkühlten Frust an, denn in Roman Polanskis Brust pochte ein zerdrücktes Herz, müde von der Frage nach Gerechtigkeit und wutentbrannt aufgrund der deutlichen Antwort darauf, was menschliche, fanatische Verrohung bedeuten kann.


Der Ausgangspunkt ist inzwischen weitreichend bekannt und der ausgeführte Mord von Charles Manson anhand einer obskuren Todesliste ging in seiner irrationalen Wucht in die Geschichte ein. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass Roman Polanski und sein mit dem Oscar prämierter Drehbuchautor Robert Towne genau diese individuellen Referenzen in „Chinatown“ einbauen und einen klassischen, handwerklich natürlich hervorragenden Film Noir (re-)konstruieren, der sich eindeutig als Gleichnis auf die amoralen Verkettungen im tobenden Los Angeles verstehen lässt. Die Stadt der Engel faucht und bebt, weil ihr die maroden Schattengestalten aus dem Sumpf der Korruption hinterrücks die Flügel abgetrennt haben. In einer Zeit, in der sich die Fugen aufgrund der wirtschaftliche Depression langsam wieder geglättet haben, herrscht die Zuchtlosigkeit und es wird Gang und Gäbe, seinen Kontrahenten hinterhältig ein Messer in den ungedeckten Rücken zu rammen, anstatt einen fairen Kampf anzuordnen.


Für einen Schnüffler immer perfekt angezogen: Jack Gittes
„Chinatown“ ist daher auch kein Film, der sich mit Idealisten und Optimisten unter seinen Anhängern auszeichnet, dafür ist die Narration und das gesamte Szenario einfach zu dreckig, durchzogen von mannigfachen Abgründen, zu konsequent und hoffnungslos in seiner alles verschlingenden Düsternis. Dabei bekommt „Chinatown“ einen Protagonisten zugesprochen, der noch aus guten Absichten handelt, der sich zwar zum Sinnspruch gemacht hat, seine Nase aus verstrickten Angelegenheiten rauszuhalten, um sich in seinem Stuhl zurückzulehnen und eine filterlose Zigarette nach der anderen zu konsumieren, diese Leitlinie aber aus dem Fokus drängt, wenn es wirklich von Nöten ist. Jake Gittes (Gewohnt brillant: Jack Nicholson) nämlich ist ein Privatdetektiv, ein opportuner Schnüffler und leitender Kopf einer blühenden Detektei. Mit seinem neusten Fall, rundum die wohlhabende Evelyn Mulwray (Faye Dunaway), die ihrem Mann des Fremdgehens bezichtigt, rutscht Gittes langsam hinein, in die erwähnten Abgründe, die ihm schnell das Leben und die moralische Instanz nehmen könnten.


Roman Polanski porträtiert konzentriert eine Welt, in der nicht nur der gute Wille ein nutzloses Gedenken darstellt, auch die Wahrheit ist nur ein übergangenes Anhängsel schrecklicher Verbrechen. Während Los Angeles zum symbolischen Metronom des Abscheulichen wird und den Takt des Inneren, Chinatown, vorgibt, bahnt sich ein Krater durch diese Stadt, der nicht nur politische und wirtschaftliche Schandtaten abdeckt, auch die Familien zerbrechen, stürzen in die desillusionierende Leere und werden im Zweifelsfall noch mit dem unehrenhaften Tod entlohnt. Eine Welt ohne Helden, aber mit Menschen, die zu unmenschlichen Taten in der Lage sind; mit Herzen, die nicht der Liebe wegen schlagen, sondern darauf warten, endlich gebrochen zu werden. Roman Polanski hat vollkommen Recht: Wenn man einen Film über gravierende Missstände inszenieren möchte, dann muss man diese auch siegen lassen, jeder Unzufriedenheit und Enttäuschung zum Trotz.


8 von 10 zerschnittenen Nasenflügeln


von souli

Review: BARFLY - SZENEN EINES WÜSTEN LEBENS - Suff und Poesie

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Fakten:
Barfly - Szenen eines wüsten Lebens (Barfly)
USA, 1987. Regie: Barbet Schroeder. Buch: Charles Burkowski. Mit: Mickey Rourke, Faye Dunaway, Alice Kringe, J.C. Quinn, Jack Nance, Frank Stallone, Sandy Martin, Roberta Bassin u.a. Länge: 96 Minuten. FSK: ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
Henry ist ein Trinker, mit Leib und Seele. Jeden Tag zieht es ihn in die selbe Spelunke, zum fast täglichen Ritual gehört eine Schlägerei mit Intimfeind Eddy. Doch Henry ist auch ein Poet, der zum Abschluß seines trinkwütigem Tages seine Gedanken zu Papier bringt. Eines Tages lernt er Wanda kennen, wie er eine hoffnungslose Barfly...






Meinung:
Kein Mann für kleine Schlücke: Henry.
- "Warum hören sie nicht auf zu trinken? Trinken kann doch jeder."
- "Nicht trinken kann doch jeder. Es gehört ein spezielles Talent dazu Trinker zu sein."

Das semi-autobiographische Skript von Undergroundlyriker Charles Bukowski führt den Zuschauer an die Tresen, in die Kneipen, in die versifften Behausungen und somit mitten in das ziellose Leben am Ende des amerikanischen Traums von Erfolg und Wohlstand. Das Burkowski hier eigene Erfahrungen verarbeitet ist unverkennbar, viel zu deutlich und präzise wirkt die Milieuschilderung rund um sein filmisches Alter Ego Henry.
An seiner Seite wird durch einen Alltag getaumelt, dessen einziger Fixpunkt der Stuhl an der Theke ist, in dem niemand ein höheres Ziel verfolgt als den nächsten Drink. Was höchst deprimierend und pessimistisch klingt stellt sich erstaunlicherweise als genau das nicht raus. Eben so wenig wird glorifiziert, wie könnte es auch? "Barfly" schildert, ganz ohne zu werten. Es ist keine Ode an die Trinkerei, dafür zeigt es viel zu deutlich und ungeschönt die fatalen Folgen. Es ist aber auch kein erhobener Zeigefinger mit expliziter Abschreckmoral. Dem Zuschauer wird ein Blick in diese Welt gewährt, ohne ihn belehren zu wollen. 


Das perfekte Diner: Scotch und Marlboro.
Die Handlung ist mehr ein vorübergehendes geöffnetes Zeitfenster, keine abgeschlossene Geschichte. Es startet und endet mitten im Geschehen, stellt diese Welt mit reichlich Insiderwissen nach, überzeugt durch einen skurrilen Witz wie seine Ernsthaftigkeit, die nie als bedeutungsschwangere Moralsau vor einem hergetrieben wird. "Barfly" ist die Studie einer Szene, eines Milieus und deren Figuren. Die eines Mannes, der mehr ist als nur ein Kneipenphilosoph, in dem wahrlich Talent schlummert, nur eben dieses spezielle Talent hat, Trinker zu sein. Mickey Rourke liefert hier wohl die Glanzleistung seiner "ersten" Karriere ab. Rourke geht in der Rolle voll auf, zelebriert sie bis ins Detail exakt, allein seine unglaubliche Körperhaltung ist fantastisch. Er wirkt tatsächlich wie ein Mensch, der im Dauerrausch mehr oder weniger eine "normale" Motorik verlernt hat. Ebenbürtig agiert Faye Dunaway, die im Gegensatz zu Rourke ihre besten Zeiten bereits hinter sich hatte, hier aber nochmal alles abruft. Eine uneitele, ganz wunderbare Leistung, die für Damen in Hollywood in dieser Form nicht üblich ist.

Etwas mehr Geschichte rund um diesen interessanten Einblick und die herausragenden Darsteller wäre vielleicht wünschenswert gewesen, doch auch so ist "Barfly" ein mehr als sehenswerter Film.


7,5 von 10 Promille