Fakten:
Ben & Mickey vs. the Dead (The
Battery)
USA, 2012. Regie & Buch: Jeremy
Gardner. Mit: Jeremy Gardner, Adam Cronheim, Niels Bolle, Alana O’Brien, Jamie
Pantanella, Laryy Fassenden, Kelly McQuade u.a. Länge: 101 Minuten. FSK:
Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Ben und Mickey streifen seit
Monaten durch New England, das von einer Zombieplage heimgesucht wird. Immer in
Bewegung, um nicht auch zu Untoten-Futter zu werden. Eine Situation, die
besonders Mickey sehr belastet. Als sie zufällig den Funkspruch anderer
Menschen aufschnappen, keimt Hoffnung bei ihm auf, auch wenn die Unbekannten
unmissverständlich klar machen, dass sie keinen Wert auf ungebetene Gäste
legen…
Meinung:
Liebe Studiobosse, sehr geehrte Hollywoodproduzenten,
hier können Sie noch was lernen. Wieviel Geld benötigt man wohl Ihrer Meinung
nach, um einen guten Zombiefilm zu drehen? Siebenstellig sollte es schon sein,
gell? Logisch, allein die ganze Special Effects, die Masken, die Sets und gute
Schauspieler spielen schließlich auch nicht für ein Taschengeld. Was kassierte
ein Johnny Depp so für seine letzten Streifen? Mensch, das wird teuer. Aber von
nichts kommt schließlich nichts. Geld schießt keine Tore sagt man im Fußball,
auch da stimmt das nur bedingt und in der US-Filmindustrie – zumindest nach der
Ansicht der meisten Menschen – erst recht nicht,…alles falsch! Man benötigt
nicht mehr als einen Mann, der sein ganzes Herzblut investiert, eine Idee hat und
das Ding einfach mal in die Hand nimmt (Talent hilft nebenbei). Robert
Rodriguez hat es 1992 mit „El Mariachi“ vorgemacht, als er für popelige 7.000
Dollar einen manierlichen Actionfilm aus dem Hut zauberte. Der „neue“ Robert
Rodriguez heißt Jeremy Gardner. Zwanzig Jahre später - die Budgetgrenzen sind inzwischen ins
Unermessliche geschossen – unterbietet der das Ganze sogar noch. Geschätzt
6.000 Dollar kostete sein Baby „The Battery“ (bei uns mal wieder prima
„eingedeutscht“ als „Ben & Mickey vs. the Dead“, Ähnlichkeiten zu „Tucker
& Dale vs. Evil“ selbstverständlich rein zufällig), eine unvorstellbar
geringe Summe, besonders in Anbetracht des Endprodukts.
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Zahnhygiene trotz Apokalypse, vorbildlich. |
Relativierend müssen dabei zwei
Dinge erwähnt werden: Natürlich ist es nicht zu verbergen, dass da kaum Geld im
Umlauf war (so wenig ist dennoch verblüffend) und sicher musste Jeremy Gardner
mehrere Eingeständnisse machen, die er unter anderen Bedingungen wohl vermieden
hätte. Er ist nicht der Messias des modernen Kinos, nicht ein Idealist des
reinen, rudimentären Filmemachens, er hatte schlicht nicht mehr. Mit drei bis
vier Nullen mehr hinter seinem Budget wäre bestimmt ein ganz anderer Film
daraus geworden. Vielleicht sollte man Gardner Griechenland anvertrauen: Mach
aus der Not eine Tugend, arbeite mit dem, was du hast oder eben nicht und
versuche dennoch, dich anständig aus der Affäre zu ziehen. Viel besser kann so
was wie „Ben & Mickey vs. the Dead“ kaum werden, zumindest was die
Umsetzung angeht. Unübersehbar Independent- und Super-Low-Budget-Kino, das sich
an manchen Stellen eben clever behelfen muss um nicht als schäbiges Z-Movie
ausgelacht zu werden und seine Stärken dort zu suchen, wo Geld dann tatsächlich
keine Tore schießt. Dabei ist „Ben & Mickey vs. The Dead“ von seiner
Geschichte nicht mal originell oder unverbraucht. Seit der Doppel-Trilogie von
George A. Romero, den unzähligen Nachahmern und Weggefährten, in Zeiten von
„The Walking Dead“, was kann und soll so ein Film schon groß neu erzählen. Zwei
Typen - nicht wirklich beste Freunde, die
Zeit hat sie eher zusammengeschweißt – kämpfen sich durch die Welt nach dem
Z-Day. Die Menschheit wurde (mal wieder) von den Untoten heimgesucht,
aufgefressen oder schleicht nun selbst als hirnloses Gammelfleisch durch die
verwaisten Überreste von dem, was mal die Zivilisation war.
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Ein Zombie hängt durch. |
Für Ben und Mickey gibt es nur noch
ein Ziel: Den Tag zu überleben. Sie haben alles verloren, nur noch ihr Leben
und sich gegenseitig. Mehr gibt es nicht mehr zu schützen, zu erreichen.
Zumindest Zottelbart Ben (Selfmademan Gardner selbst) hat das scheinbar schon
lange erkannt und akzeptiert. Der sensiblere Mickey hat sich nicht so gut mit
der Situation arrangiert. Sie verkörpern die Glas halbvoll- und halbleer-Typen.
Ben lebt nur im Hier und Jetzt, begegnet dem Schicksal mit nüchternem
Realismus, verpackt mit Galgenhumor und „Scheiß drauf, is‘ halt so“-Zynismus.
Mickey kann und will sich nicht fügen, flüchtet sich hinter seine Kopfhörer, in
die Musik seines Discmans. Diese kaputte, vom Tot dominierte Welt ausblenden.
Immer mit der Hoffnung auf eine Zukunft jenseits von Nächten auf Bäumen und
Dächern, auf die Rekonstruktion dessen, was längst nicht mehr existiert. Es
sind diese gegensätzlichen Charaktere, ihre liebevolle Beschreibung und ihre
Interaktion miteinander, auf die sich „Ben & Mickey vs. The Dead“
hauptsächlich stützt. Vielleicht notgedrungen, viel Zombieaction kann man bei
den Mitteln nicht präsentieren, doch gerade das gelingt dem Film auf eine ganz
lockere, unverkrampfte Weise. Ohne das Seifenoperflair von „The Walking Dead“,
ohne großartige Blut- und Goreeffekte, ohne Jump Scares und auch ohne zu sehr
auf provozierte Lacher zu setzen.
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Kopfhörer auf und den ganzen Scheiß hinter sich lassen... |
Trotz seines lässigen Tonfalls und
einiger wunderbarer Humoreinlagen (auf die Masturbationsszene hätte man dabei ruhig
verzichten können), nicht zu Letzt durch die pfiffigen Dialoge und eine
begnadete Tanz- und Gesangseinlage von Gardner, ist „Ben & Mickey vs. The
Dead“ vom Gefühl klar näher an Romero als an Ulknummern wie „Shaun of the Dead“
oder „Zombieland“. Er ist apokalyptisch, pessimistisch, alles nur im kleineren
Rahmen. Vor allem gehen einem die Figuren nah. Man hat ja praktisch nur die
Beiden, wie sie sich gegenseitig, ist immer ganz dicht bei ihnen, gewinnt sie
lieb. Fiebert, hofft und leidet umso mehr mit ihnen, spürt ihre Verlorenheit,
die durch die weiten, langsamen, teils endlos wirkenden Aufnahmen noch
unterstütz wird. Aber wie löst man eigentlich das Problem, dass man in einem
Zombiefilm kaum Effekte und Action bieten kann? Das ist eine Besonderheit, die
erstaunlich gut funktioniert und vielleicht nicht so dargestellt, wenn das Budget
nicht derart limitiert gewesen wäre. Wann immer das Skript eine solche, nicht
vernünftig umsetzbare Szene verlangt, wird einfach die unübliche Perspektive
gewählt: Statt den Einen im Kampf mit den Zombies zu zeigen, bleibt man bei dem
Anderen. Klingt doof, langweilig? Nein, besonders im Finale. Wenn über eine
Zigarettenlänge verstreicht, wartet man selbst angespannt darauf, das alles gut
ausgehen mag. Die dafür zwingend notwendige Empathie und Sympathie ist längst
gegeben.
Um es zusammenzufassen: „Ben &
Mickey vs. The Dead“ spielt vom finanziellen Aufwand in der untersten
Amateurliga, ist von seiner reinen Handlung schlicht und oberflächlich nur ein
weiterer Zombiefilm, mit seinen 100 Minuten gar einen Hauch zu lang geraten, aber
er ist hinreißend bemüht, grundehrlich, mit voller Hingabe gemacht und viel
berührender, als alles was sich für Geld kaufen lässt. Das Engagement verdient
eine glatte 1 (in Schulnoten), ebenso der Soundtrack, der noch schnell erwähnt
werden sollte. Ein Beweis dafür, was sich alles aus nichts machen lässt. Auf
seine ganz eigene Art schon große Klasse.
7 von 10 Schlüsseln im hohen Gras
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