Fakten:
Coma
USA, 1978. Regie & Buch: Michael Crichton. Mit: Genevieve Bujold, Michael Douglas, Elisabeth Ashley, Rip Torn, Richard Widmark, Lois Chiles, Hari Rhodes, Frank Downing, Richard Doyle, Alan Haufrect, Lance LeGault, Michael MacRae, Betty McGuire, Tom Selleck, Ed Harris u.s. Länge: 113 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Bei einem Routineeingriff fällt Nancy unerklärlicherweise ins Koma. Ihre beste Freundin Dr. Susan Wheeler, Chirurgin an der Klinik, ist geschockt. Sie beginnt nach der möglichen Ursache zu forschen und stellt dabei fest, dass es in dem Krankenhaus immer wieder zu solchen ungewöhnlichen Vorfällen kommt. Sie wittert eine Verschwörung. Doch weder ihr Vorgesetzter, noch ihre Kollege und Lebensgefährte Mark wollen ihr Glauben schenken. Susan bleibt hartnäckig und gerät damit bald in ein gefährliches Geflecht aus Lügen, Vertuschung und Mord.
Meinung:
Allroundtalent Michael Crichton verfilmte mit "Coma" eine literarische Vorlage seines Kollegen Robin Cook, schrieb das Skript und führte Regie. Ein Film, der perfekt in die späten 70er Jahre passt und auch heute kaum was von seiner thematischen Brisanz eingebüsst hat.
Ohne grossen Schnickschnack startet Crichton direkt in der Handlung, bei der besonders seine gute Beobachtungsgabe und Vorbereitung auffällt. Der Klinikalltag wird kurz, dafür sehr authentisch dargestellt, vor medizinischem Fachchinesisch wird nicht zurückgeschreckt, was den Zuschauer jedoch nicht überfordert. Crichton, ja auch Kopf hinter der Jahre später folgenden Serie "Emergency Room", geht es aussschliesslich um das Vorantreiben seines Thriller-Plots, fängt dabei gleichzeitig die für die Handlung und Stimmung elementar wichtige Abgeklärtheit und Nüchternheit einer US-Grossstadtklinik ein, in der prozentual verschwindend geringe Durchfallquoten zum täglich Brot gehören und normalerweise nicht weiter hinterfragt werden. Erst durch die persönliche Involvierung der Protagonisten gerät etwas ans Licht, das (damals sicher mehr als heute) erschreckenderweise gar nicht mal so unvorstellbar erscheint. Wer hinterfragt schon, wenn im OP mal etwas schief geht, vor allem wenn Gevatter Zufall als einziger Überschneidungspunkt herhält? Die Halbgötter in Weiß wirken hier noch unantastbarer und allwissender als heute, Medizin noch weniger perfekt, Dinge geschehen einfach mal, da kann man nichts machen.
Crichtons Inszenierung ist zunächst nicht sehr auf Tempo bemüht, wodurch der Film aber keinesfalls an Reiz und Spannung einbüsst. Vielmehr wird so nur die lückenlose, weiße Wand zementiert, die nur durch heftige, hartnäckige Bearbeitung kleine Löcher reisst, die einen Blick auf die schockierende Wahrheit dahinter gewährt. In der zweiten Hälfte steigt die Schlagzahl enorm, "Coma" wird genau das, was sich von Beginn an andeutet: Ein waschechter, 70er-Jahre-Paranoia- Verschwörungs-Thriller, der kritisch hinterfragt, was hinter den allgemein gültigen Wahrheiten und Erklärungen vor sich geht. Ein typisches Merkmal seiner Zeit, zumindest in den bis heute relevanten Thrillern, sicher nicht unwesentlich beeinflusst durch die damalige politische Lage der USA. "Coma" atmet extrem viel von diesem Zeitgeist, ist dabei packend-dicht inszeniert, steigert sich minütlich und auch heute noch etwas erschreckend, denn wer könnte definitiv ausschliessen, das so etwas nicht noch denkbar wäre?
Sicher, für heutige Sehgewohnheiten ist "Coma" möglicherweise etwas zäh im Aufbau, aber nur durch die ADHS-Brille. Das ist noch gekonnte und effektive Entfaltung, die sich nicht in Hektik verliert oder dem Zwang unterworfen ist, seinem Publikum nach wenigen Minuten den ersten Schocker auf den Tisch zu knallen. Lediglich etwas vorhersehbar ist das Ganze schon. Überraschungen kann der Plot kaum bieten, wobei ich da natürlich nicht für jeden sprechen kann. Was da abgeht, wer beteiligt ist und worauf das hinausläuft, relativ schnell klar. Ist letztendlich aber auch eigentlich schnuppe, spannend ist "Coma" zweifellos, darüberhinaus klasse umgesetzt und hält sogar Szenen parat, die so schnell kaum vergessen werden (die Halle der schwebenden Toten).
Sehr gut gealterter Thriller mit toller Story, gutem Cast (in kleinen Nebenrollen: Tom "Magnum" Selleck und Ed Harris, darf einmal etwas sagen) und knackig inszeniert. Immer noch sehr sehenswert.
7,5 von 10 Kunstfehlern
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