Review: THE LORDS OF SALEM - Satan bevorzugt Vinyl

                                                                                         
Fakten:
The Lords of Salem
USA, 2012. Regie & Buch: Rob Zombie. Mit: Sheri Moon Zombie, Bruce Davison, Jeff Daniel Phillips, Judy Geeson, Meg Foster, Patricia Quinn, Ken Forree, Dee Wallace, Maria Conchita Alonso, Richard Fancy, Andrew Prine, Michael Berryman, Sid Haig, Bonita Friedericy, Nancy Linehan Charles u.a. Länge: 97 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


 
Story:
Radio-Moderatorin Heidi und ihre Kollegen erhalten ein Paket, abgeschickt von "den Lords". Es enthält eine Schallplatte, die sie in ihrer Sendung spielen. Die abstrakten Klänge kommen nicht nur erstaunlich gut bei ihren Hörern an, sie erzeugen bei Heidi merkwürdige Flashbacks und Visionen. Fortan hat die Frau mit Halluzinationen und Wahnvorstellungen zu kämpfen, die mit der Vergangenheit ihres Heimatorts Salem in Verbindung zu stehen scheinen. Einst fanden hier satanische Rituale eines Hexenzirkels statt, der vom Reverend und seinen Inquisitoren blutig zerschlagen wurde. Als die mysteriösen Lords mit ihrem zweiten Paket ein Konzert in Salem ankündigen, steigern sich Heidis Visionen immer weiter und bald kann sie nicht mehr zwischen Wahn und Wirklichkeit unterscheiden. Wer sind die Lords of Salem und was wollen sie von ihr?


                                                                                   


Meinung:
Mit seinem fünften Spielfilm dürfte der eh umstrittene Regisseur Rob Zombie nun endgültig polarisieren. Sein lange angekündigtes Baby "The Lords of Salem" macht mal so gar keine Anstalten, sich beim breiten Publikum anzubiedern - eher im Gegenteil. Wie schon bei seinem letzten Film "Halloween 2" schert sich Zombie scheinbar nicht viel darum, ob das gut ankommen wird oder nicht. Er geht hier sogar noch einen Schritt weiter. Fast scheint es so, als wenn er mit diesem Film nur einen Zuschauer befriedigen will: Sich selbst. Wenn das noch jemanden gefallen sollte, super, aber darum geht es ihm nicht. "The Lords of Salem" ist sein Film, von ihm für ihn und die Zuschauer sind herzlich dazu eingeladen, an seiner Privat-Party teilzuhaben...nur ohne Gewähr.

Bequem ist anders.
Ob man nun Zombie für einen Trottel, das neue Wunderkind des Horrorfilms oder nichts von alledem hält, eines muss man ihm lassen: Der Mann sollte Unterricht über Kostenminimierung im Filmgeschäft abhalten, da können einigen Herren noch was lernen. Für 1,5 Millionen $ binden sich manche Stars nicht mal die Schuhe zu, damit dreht Zombie einen ganzen Film. Kein Zwei-Personen-Stück in einem Keller, sondern einen kompletten Film mit allem Drum und Dran, inklusive Masken, Effekten und sogar einem relativ namenhaften (wenn sicherlich auch bezahlbaren) Cast. Respekt! Natürlich müssen da in einigen Punkten leichte Abstriche gemacht werden und etwas mehr Kohle hätte dem Werk in Details bestimmt nicht geschadet (speziell bei Masken, Effekten und Setdesign), doch Zombie macht aus der Not (meistens) eine Tugend und setzt seine begrenzten Mittel recht effektiv ein. Da kommt ihm sein Gespür für Stimmung zugute, das kann enorm über gewisse Makel hinwegtäuschen. Nur manchmal gerät er schon sichtlich an seine Grenzen, an einigen Stellen wäre weniger klar mehr gewesen. Zwar muss Zombie für seinen Anspruch gelobt werden, sich von dem Budget nicht zu sehr die Hände auf den Rücken fesseln lassen zu wollen, jedoch hätte er auf einige Effekte lieber verzichten sollen, die eher albern rüberkommen. Das zerstört kurzzeitig die eigentlich durchgehend beklemmende Atmosphäre und holt den Zuschauer ruckartig auf den Boden der Tatsachen zurück. Gerade der ist allerdings bei "The Lords of Salem" überhaupt nicht das Maß der Dinge.

Karneval in Salem.
Wenn man denn die puren Tatsachen betrachtet: Eine Story existiert nur rudimentär, narrativ wird sich aufs Nötigste beschränkt und Zombie's Ehefrau Sheri Moon wird abseits seiner Produktionen wohl niemals eine Hauptrolle spielen. Bemüht ist sie ohne Frage, nur mehr lässt sich ihr kaum anrechnen. Wenn die mal halbwegs gefordert wird, ist der Ofen schnell aus. Das, gepaart mit den lächerlichen Mitteln, würde vielen Filmen schon das Genick brechen. Genau an dem Punkt schlägt jetzt das durch, was "The Lords of Salem" - und Rob Zombie im Allgemeinen - so interessant und besonders macht. Zombie offenbart mal wieder seine uneingeschränkte Liebe und Hingabe zum Genre, sein Fachkenntnis, sein Nerd-Herz. Oft erinnert sein Werk an das europäische Horrorkino der Vergangenheit, in seinen Schwächen wie Stärken. Eine starke Bildsprache, eine verstörend-beängstigende Soundkulisse, faszinierend-morbide Einfälle und abstrakte Momente, teilweise grandios in Szene gesetzt. Dazu ist kein Geld erforderlich, man muss nur wissen wie was wirkt und was man will, und dies versteht Zombie einwandfrei. Die Geschichte gerät vollkommen zur Nebensache, wenn man sich in Zombies okkulten Strudel aus Bild, Ton, Symbolik und Referenzen verliert. Das funktioniert partiell prächtig. Als wenn Rob Zombie den Film drehen würde, den Dario Argento bei seinem beschämenden Mütter-Trilogie-Abschluss "The Mother of Tears" nicht hinbekommen hat. Tatsächlich könnte "The Lords of Salem" fast als solcher funktionieren, Parallelen sind vorhanden, handwerklich wie von der Geschichte. Zwar ist Zombie nie so gut wie Argento zu seinen besten Zeiten, allerdings würde der alte Dario wohl alles dafür geben, heute so gut zu sein wie Zombie hier.
 
"The Lords of Salem" macht es einem echt nicht einfach. Mal ist das bärenstark, mal unpassend trashig, mal großartig und mal fast albern. Bezeichnend dafür ist das Finale, in dem ist alles drin. Grandiose Einstellungen wechseln mit absurder Clipästhetik, wie MTV auf LSD. Das hinterlässt einen merkwürdigen Eindruck, wirkt wüst und wild zusammengeworfen, doch das ist es dann wohl, was Rob Zombie wollte und er geil findet. Es sei ihm gegönnt, ist ja sein Film. Durch und durch. Man kann zu diesem teils beachtlichen, teils merkwürdigen Hexensabbat stehen wie man will, nur eins ist unbestreitbar: Er ist anders und mutig. Das ist schon mal mehr, als andere Regisseure jemals hinbekommen werden.
6,5 von 10 Schallplatten aus der Hölle

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