Fakten: Postal USA, CAN, D, 2007. Regie: Uwe Boll. Buch: Uwe Boll,
Bryan C. Knight. Mit: Zack Ward, Jackie Tohn, Chris Coppola, Larry Thomas, Ralf Moeller, Verne Troyer, Dave Foley, Erick Avari, Chris Spencer, Seymour Cassel, J.K. Simmons, Michael Paré, Lindsay Hollister, Uwe Boll, Vince Desidaro, David Huddleston, Rick Hoffman, Michael Eklund, Julia Sandberg u.a.
Länge: 103 Minuten. FSK: ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-ray
erhältlich.
Story: Uwe Boll vs. USA, das muss in dem Fall reichen.
Meinung: Ach
herrje. Was ist denn das? So sehr Uwe Boll als Typ zu schätzen und zu
mögen ist, das entzieht sich komplett meines Verständnis für einen Film.
Der kultige Trash-Onkel mit dem Herz am rechten Fleck und dem
irgendwo zwischen Mainz und Hollywood vergessenen Talent liefert einen
einzigen Irrsinn ab, der sich wohl als Satire versteht, was sich
zumindest erkennen lässt. Das kann ja oft reichen, mir reicht ja oft
purer Trash, aber das geht kaum noch.
Kurz vorm Dreh noch schnell die guten Gags beseitigen
Das Interessanteste an
Bolls Oberquark ist natürlich sein Ansatz und die durchaus amüsante
Startsequenz. Der USA wird sein schmutziger Spiegel vorgehalten, in
allen Bereichen. Innen- und Außenpolitik, Waffengeilheit, Rassismus,
Paranoia, der ganze Blödsinn der dem durchschnittlich gebildeten
Nicht-USler schon lange klar ist, wird von "uns Uwe" mit einem
ultra-respektlosen Ansatz in die Fresse geklatscht, das man es
eigentlich mögen müsste. Nur: Es ist einfach so plump, bescheuert,
sinnlos, peinlich, armselig zusammengeschustert, das funktioniert nicht
mal als Trash oder Satire. Die ansatzweise lustigen Ideen von
Boll werden niemals gekonnt zum Ende geführt, ersaufen in einer fast
schon bodenlosen Frechheit von stümperhaften Inszenierung, totaler
Belanglosigkeit, wie das den jemand finden mag. Da schmeiße ich einfach
mal meine Kritik in den Raum, aber wie ich das verkaufe ich ja total
wurscht. Hauptsache voll überspitzt, das auch jeder Blödhansel das rafft
(sollte ja laut Audiokommentar auch so gemeint sein, nur dann wird der
Zuschauer schon per se als total verblödet eingestuft), leider nur nicht
witzig, sonder unglaublich konfus und nervig.
Von wegen "Zero Dark Thirty"
Das Boll mit
Anlauf und vorheriger Bohnensuppe komplett auf das verblendete
US-Weltbild scheißt ist ja an und für sich recht sympathisch, aber das
ist doch kein Freifahrtsschein für einen Eintopf aus einer nicht mal im
Ansatz zusammenhängender Sketchparade nach dem Motto "Je oller, desto
doller". Da kann er sich gerne für seinen Grundsatz abfeiern lassen,
aber das auf schon fast unglaubliche 103 Minuten platt zu walzen ohne
nur den Anflug von Talent für einen Film (was Boll ja selten, aber
immerhin schon erkennen ließ, "Siegburg") ist schon eine
Unverschämtheit. Bitte Onkel Uwe, nicht falsch verstehen, ich mag
dich als Person, als Medienfigur und ich finde die im Internet
gesammelte O-Töne von dir zu "Postal" großartig, nur kann ich leider mit
diesem Sammelsurium an Unsinn nicht mal unter dem Deckmäntelchen von
Trash und Liebe zum Scheißkram etwas anfangen. Das ist für mich
gnadenlose Zeitverschwendung.
Fakten: Killing them softly
USA. 2012. Regie und Buch: Andrew Dominik. Mit: Brad Pitt, Scoot McNairy, Ben
Mendelsohn, Ray Liotta, Richard Jenkins, James Gandolfini, Max Casella, Slaine,
Sam Shepard, Vincent Curatola, Trevor Long u.a. Länge: 104 Minuten.FSK:
freigegeben ab 16 Jahren. Ab 17. Mai auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story: Jackie Cogan wird dafür bezahlt, um Dinge zu bereinigen. Als zwei Gangster
ein Pokerspiel in New Orleans, welches unter dem Banner der Unterwelt stand,
überfallen und die Schuld dem ortsansässigen Veranstalter in die Schuhe
schieben, ist Jackies Spürsinn gefragt. Als der Job beginnt hässlich zu werden,
engagiert Jackie einem zweiten Mann für die Drecksarbeit aus New York. Der
Beginn von großen Problemen.
Meinung: Es ist die duale
Zerschlagung der immensen Erwartungshaltung des Konsumenten, die Andrew
Dominiks "Killing Them Softly" pleonastisch in die Knie zwingt. Zum einen ist
es die plakative Poster/Cover-Gestaltung – Brad Pitt mit angelegter
Schrotflinte, bereit das Gehirn seines Gegenübers an der Wand zu verteilen -
die einen falschen Eindruck erweckt und so manchen Zuschauer dann mit fast
durchgängige Geschwätzigkeit vor den Kopf stoßen wird. Das ist aber nur das
kleinere Übel. Wer hingegen "Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling
Robert Ford" gesehen hat – und diesen natürlich auch in seiner
unbeschreiblichen Brillanz erfassen konnte – weiß, zu welch hypnotischer
Großtat der Australier in der Lage sein kann. Eine Repetition von derartiger
Qualität ist ein unmögliches Unterfangen, und doch hegt man die Hoffnungen,
dass der Filmemacher an seine vorgegebene Klasse erneut anknüpfen kann, die
Wahrheit lässt jedoch in den meisten Fällen in ganzen anderen Bereichen
wiederentdecken: »Killing Them Softly« ist nicht nur im Vergleich mit Dominiks
vollkommener Western-Entmystifizierung eine unbedeutende Welle im Meer der
bewegten Bilder, sondern auch als eigenständiger Film bestenfalls im undifferenzierten
Mittelfeld anzusiedeln.
Andrew Dominik
entreißt die Essenz der literarische Vorlage »Cogan's Trade« aus den 1970er
Jahren und verlagert sie in das New Orleans im Jahre 2008. Die Mentalität des
Vereinigten Amerikas wurde beinahe auf den Kopf gestellt und der amerikanische
Traum ist nur noch eine trügerische Illusion, ein zerbrochenes Überbleibsel aus
Tagen der Zuversicht und Hoffnung. Vom Tellerwäscher zum Millionär, jedes Ziel
kann erreicht werden und wenn man sich selbst treu bleibt, wird man irgendwann
genau das Leben führen können, welches man sich immer ersehnt hat. In »Killing
Them Softly« liegt die optimistische Moral der USA gekrümmt auf dem Boden der
Realität und wartet auf den Gnadenschuss, genau wie die wirtschaftlichen
Mechanismen unmissverständlich Folgendes klarmachen: Ohne Geld bist du ein
Niemand. Und ein Niemand mit löblichen Ambitionen, aber ohne Dollar in den
Hosentaschen, bleibt ein Niemand. That's
the spirit.
Jackie tötet gerne sanft. Hat nur gerade die falsche Waffe.
Dominik empfängt
uns im Bostoner Untergrund – hier wird nur vom Syndikat gesprochen – und dieser
verfolgt genau die gleichen Ziele, wie auch die politische Exekutive: Geld,
Geld, Geld. Vorgestellt werden uns die beiden Kleinkriminellen Frankie (Scoot
McNairy) und Russell (Ben Mendelsohn), die eine illegale Poker-Runde, geleitet
von Markie Trattman (Ray Liotta), überfallen sollen und ihrem Auftraggeber
Johnny Amato wie auch sich selbst die Taschen wieder profitabel füllen können,
denn Geldprobleme hat schließlich jeder und in diesem Milieu kann man sich
nicht aus der finanzielle Misere hieven, ohne einen schmutzigen Weg
einzuschlagen. Das Ding soll auf sicherem Fundament abgezogen werden, weil
Markie vor Jahren schon einmal seine eigene Poker-Runde überfallen ließ. Die
Vermutung bewahrheitet sich und die beiden Vollzeitidioten ziehen mit Koffern
voll Geld wieder aus der angespannten Poker-Runde ab. Natürlich ist dieser
Überfall nicht ohne Folgen und das Syndikat setzt ihren besten Vollstrecker
Jackie Cogan (Brad Pitt) auf die bis dahin unbekannten Täter an.
Man kann Dominik
natürlich nicht vorwerfen, dass er das Rad nicht neuerfinden würde. Das
Gangster-Genre ist wohl eines der Genres, bei dem nun wirklich so ziemlich
alles bis in die hintersten Winkel ausgeleuchtet wurde und jeder Charakter in
gewisser Form schon mal bei Martin Scorsese und Konsorten entdeckt wurde. Was
an dem Umgangston von »Killing Them Softly« allerdings wirklich schockiert, ist
die fehlende Subtilität, die Dominik in aller Offensichtlichkeit durch den
kritischen Vorschlaghammer ausgetauscht hat. Die Auslegung der Handlung ist
klar und Dominik versucht die Gegensätze zwischen der politischen Führungsetage
und dem organisierten Verbrechen auf einen gleichen Nenner zu bringen, denn in
beiden Bereichen geht es – wie gesagt – um das stinkende Geld. Wie Dominik allerdings
diese Konsum- und Gesellschaftskritik in seinen Film einstreut, ist schon
beinahe mit lustlosem Dilettantismus gehandhabt: In jeder zweiten Szene hören
wir Barack Obama oder George W. Bush aus dem Radio oder dem Fernseher
schwafeln, wie sie von einem amerikanischen Aufschwung predigen, während die
Tatsachen natürlich ganz andere sind. Erstaunlich und erschreckend, wenn man
bedenkt, dass der Mann mal ein Meisterwerk inszenierte, bei dem GERADE die
feinsinnigen Zwischentöne und psychologischen Auslotungen den Nerv trafen.
Auf Markie kommen massive Probleme zu
Nun ist der
Vorschlaghammer aber nicht das einzige Problem, die prominent besetzen
Charaktere wissen den Karren nämlich auch nicht mehr aus dem Dreck zu ziehen
und Dominiks Drehbuch ist nicht nur uninspiriert, die Dialoge wirken in ihren
Verbalisierungen zeitweise auch nahezu karikaturistisch. Der Umgangston ist
natürlich nicht von Höflichkeiten gezeichnet, soviel sollte klar sein, wenn
sich Frankie und Russell dann aber unterhalten und jedes zweite Wort wirklich
„Ficken“, „Schlampe“ und „Wichser“ ist, dann ist das keine Milieu-Authentizität
mehr, das ist einfach nur noch lächerlich und reflektiert genau den Tiefgang,
den Dominik seinen Figuren zugesprochen hat: Keinen. Hätte man nicht Brad Pitt
als Jackie Cogan im Repertoire, der nicht mit Pulp-Coolnes auftritt, sondern
eine eloquente Lässigkeit an den Tag legt, die seinen Profi schnell einer
unscheinbaren Dekonstruktion unterzieht, "Killing Them Softly" wäre auch aus
schauspielerischer Sicht unbrauchbar, denn Darsteller wie Ray Liotta oder James
Gandolfini (Hier übrigens als selbsternannter Hobbyficker mit von der Partie)
bekommen keine Möglichkeiten, ihr Können wirklich zu beweisen.
„Killing Them
Softly“ ist zwar eine klare Enttäuschung, aber keine Katastrophe, denn die
Atmosphäre stimmt und die gewisse Symbolik, die sich vom Gangsteralltag auf die
politische Bewegung projizieren lässt – Wer die Pistole zieht, der drückt auch
ab, Schläge werden ausgeteilt, aber nicht eingesteckt – machen den Film auf
seine Art doch noch erträglich. Auch wenn sich Dominik der Gewaltästhetisierung
nicht gänzlich entzieht und Kopfschüsse mal in Zeitlupe festhält, damit das
Blut auch Tropfen für Tropfen in Richtung Kamera streut, bleibt "Killing Them
Softly" ein Film, in dem die mäßigen bis soliden Dialoge Oberhand gewinnen.
Shootouts gibt es keine und Action erst recht nicht. Letztlich ist das alles zu
wenig, aber immer noch genug, um nicht wirklich den herzlosen Gnadenstoß
erteilt zu bekommen, die Aussage des Filmes bleibt simpel und erlaubt keine
tiefere Auseinandersetzung mit dem eigentlich bedeutungsvollen Kern:
Pragmatismus gibt es überall. Punkt. „America is not a country. It's just a
business. Now pay me.“ 5 von 10 pragmatischen Bartträgern von souli
Wir danken unserem ewigen Gast-Autor souli für seine Kritik. Wenn ihr mehr von
souli lesen wollt, dann besucht doch unseren Blog Buddy CinemaForever.