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Review: DER SCHAKAL – ORIGINAL & REMAKE – Vom suggestiven Thriller zum stumpfen Affront

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Fakten:
Der Schakal (The Day of the Jackal)
USA. 1973. Regie: Fred Zinnemann. Buch: Kenneth Ross, Frederick Forsyth (Vorlage). Mit: Edward Fox, Michael Lonsdale, Derek Jacobi,
Delphine Seyrig, Tony Britton, Michael Auclair, Olga George-Picot, Donald Sinden, Ronald Pickup, Cyril Cusack, Anton Rodgers, Jean Sorel u.a. Länge: 145 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Frankreich, 1962: Die rechtsextreme Untergrundorganisation OAS beauftragt den Auftragskiller „Schakal“, um den französischen Staatspräsident Charles de Gaulle zu töten. Die bisherigen Attentatsversuche der OAS scheiterten alle wegen Verrätern innerhalb der Gruppierung. Um das Geld für den Schakal zu bekommen, überfällt die OAS einige Banken, was den französischen Abschirmdienst aufhorchen lässt. Schnell wird ihnen klar, dass die Organisation etwas plant. Nur was?





Meinung:
Als glänzendes Juwel des 1970er Jahre Kinos, wurde Fred Zinnemanns Polit-Thriller „Der Schakal“ auch das Privileg zuteil, den hochkarätigen Jahrgang zusammen mit Filmen wie „Der Exorzist“, „Papillon“, „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ und „Serpico“ zu belegen – Wobei die Hochachtung hier letztlich zweifelsohne auf Gegenseitigkeit beruhen muss. „Der Schakal“ ist eines dieser Werke, wie man sie heute in dieser Form nur noch als reine Rarität bezeichnen darf; ein Film, der seiner Geschichte kompromisslos alles unterordnet, keinen Wert auf obligatorische Spannungsspitzen legt und trotzdem durchweg aufregend ist. In seiner minutiösen Positur schafft Zinnemann es durch die ungemein konzentrierte Inszenierung eine Eindringlichkeit zu entfachen, die gefangen nimmt, die in ihrer akribischen Detailbesessenheit und dem höchsten Anspruch auf Realismus und Logik schlichtweg begeistert. Gedreht an herrlichen europäischen Schauplätzen samt kulturellen Wahrzeichen, erweckt „Der Schakal“ nicht nur dadurch den Eindruck, ein eher europäisch orientierten Thriller sein zu wollen. Wie sich die filmische Fiktion in den Kontext historischer Tatsachen (Unabhängigkeit Algeriens von Frankreich) stellt, beißt sich der Staatsapparat in die verzweifelte Jagd nach dem Profikiller 'Schakal' (Edward Fox). Das Finale enttäuscht etwas, wirkt abgehakt, der Rest ist große Kunst, die ihr Publikum noch ernst nimmt.


7,5 von 10 einbeinigen Kriegsveteranen




Fakten:
Der Schakal (The Jackal)
USA. 1997. Regie: Michael Caton-Jones. Buch: Chuck Pfarrer, Frederick Forsythe (Vorlage). Mit:
Bruce Willis, Richard Gere, Sidney Poitier, Diane Venora, Jack Black, J.K. Simmons, Mathilda May, John Cunningham, Richard Lineback, Peter Sullivan, Tess Harper u.a. Länge: 124 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Bei einer Razzia wird ein hochrangiges Mitglied der russischen Mafia erschossen. Dessen Vater sinnt auf Rache und beauftragt den teuersten, aber auch den besten Profikiller: den Schakal. Das FBI erfahrt davon, da aber nur der inhaftierte Ex-IRA-Scharfschütze Declan Mulqueen den Schakal kennt, arbeitet das FBI mit ihm zusammen.





Meinung:
Michael Caton-Jones' „Der Schakal“ ist nicht nur ein Gegenentwurf zu Fred Zinnemanns famosen Polit-Thriller, Caton-Jones' „Der Schakal“ ist ein echter Affront gegen das Original, der sich in die müde Ausrede flüchtet, doch unbedingt als 'freie Interpretation' verstanden zu werden. Natürlich kann die 1997er-Version es zu keiner Zeit mit dem Zinnemann/Forsyth-Stoff aufnehmen, weil er all die suggestiven Attribute des Klassikers mit Füßen tritt: War das politisch angespannte Klima Frankreichs der 1960er Jahre von Fred Zinnemann ohne reißerische Plakative greifbar gemacht worden, schafft es die Neuverfilmung nie wirklich, ein echtes Bedrohungsszenario auf die Beine zu stellen und schwankt von einer beliebigen Action-Sequenz zur nächsten. Bruce Willis soll seine Wandlungsfähigkeit als Schauspieler unter Beweis stellen, verkommt aber zur sadistischen Knallcharge, während Frauenschwarm Richard Gere sich mal wieder gegen sein Image zu stemmen versucht, anfangs auch erfrischend anders wirkt, sich spätestens nach einer halben Stunde aber schon der überkandidelten Verkrampftheit geschlagen gibt. „Schön“ ist es da nur, dass es Sidney Poitier durch sein routiniertes Acting gelegentlich ganz gut gelingt, den ganzen Unfug irgendwie zusammenzuhalten. Vergessenswert ist dieser Schabrackenschakal dennoch. Und wie.


3,5 von 10 einarmigen Waffenverkäufern


von souli

Review: ZWÖLF UHR MITTAGS – "Do Not Forsake Me, Oh My Darlin'"

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Fakten:
Zwölf Uhr Mittags (High Noon)
USA. 1952. Regie: Fred Zinnemann, Buch: Carl Foreman, John W. Cunningham (Vorlage).
Mit: Gary Cooper, Grace Kelly, Lloyd Bridges, Katy Jurado, Thomas Mitchell, Otto Kruger, Lon Chaney Jr., Ian MacDonald, Sheb Wooley, Harry Morgan, Tom London, Eve McVeagh, Morgan Farley, Cliff Clark u.a. Länge: 85 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Seiner Frau zu liebe legt Town Marschall Will Kane sein Amt nieder, um damit der Gewalt abzuschwören. Doch Frank Miller, ein Gangster den Kane einst ins Gefängnis brachte, ist auf den Weg zu ihm, um sich zu rächen. Zunächt beschließt Kane zu fliehen, doch als ihm klar wird, dass er nicht den Rest seines Leben von seinem Feind davonrennen will, kehrt er zurück.





Meinung:
Man muss dem Regisseur Fred Zinnemann und seinem Drehbuchautor Carl Foreman schon ein gehöriges Maß an Mut attestieren, denn in einer Zeit, in der sich der Western noch nicht als düsterer Abgesang definieren wollte und das uramerikanische und aus heutiger Sicht durchaus nostalgisch verklärte Menschenbild samt Moralvorstellungen dieser Epoche vielmehr propagierte, anstatt dieses auf explizite und subtile Art und Weise zu hinterfragen. Mit „Zwölf Uhr mittags“ nämlich schlägt Zinnemann in eine ganz andere Kerbe und erzeugt ein ganz und gar reziprokes Profil im Kontext seiner Entstehung, in dem er sich von jener Heldenstilisierung eines John Wayne distanziert und mit dem Town Marshal Will Kane (Gary Cooper) einen Charakter formt, der Emotionen ans Tageslicht bringt, die in einem von Machos dominierten Universum nur mit Schwäche assoziiert werden würden: Kane hat Angst und lässt sich von seiner Verzweiflung einige Male in die Knie zwingen.



Will Kane will seine Frau, keine Gewalt
Es ist genau dieses Bild des Town Marshals, welches „Zwölf Uhr mittags“ nachweisbar den Ruf einer echten Genre-Entmystifizierung einbringt, nicht umsonst wird „Zwölf Uhr mittags“ als ein Pionier des Spätwestern gehandelt. Der sonst so ehrenhaft, autoritär und diszipliniert auftretende Town Marshal in seinem Motiv der Führungsperson, der Vaterfigur mit Vorbildfunktion, wird konkret aus den Angeln gehoben und droht beinahe an seinem Posten, seiner Verpflichtung zu zerbrechen. Will Kane wird schon bald Besuch von dem Verbrecher Miller und seiner Bande bekommen, den er einst eigenhändig hinter der Gitter gebracht hat und er weiß genau, dass nur eine der beiden Seiten die Kleinstadt Hadleyville wieder verlassen wird. Wie es im Verhalten des Menschen nun mal Gang und Gäbe ist, vor seinen Problemen davonzulaufen, spielt auch Kane mit dem Gedanken, die Flucht zu ergreifen und wird darin nachhaltig von seiner Frau Amy (Grace Kelly) bestätigt. Doch auch in diesem Fall ist sich Kane darüber im Klaren, dass ein solches Manöver vielleicht der einfachste Schritt, nicht aber der beste wäre.



Auf zum finalen Gefecht
Die Folgen davon, nämlich ein Leben in Duckhaltung, ein Leben in der immerwährenden Angst zu führen, eines Tages doch von Miller und seinen Schergen gefunden zu werden, profitieren sich nicht. Wie „Zwölf Uhr mittags“ dieses Ausharren Kanes schildert, ist nicht nur dank seiner Echtzeitmethode atmosphärisch wie psychologisch intelligent gemacht, es ist der gesamte Rahmen, der nicht nur Kanes Kehle, sondern auch die des Zuschauer immer enger zuschnürt: Repetitiv schwenkt die Kamera auf verschiedene Uhren der Stadt, um seine Zeit langsam ablaufen zu sehen, genau wie immer wieder der Bahnhof fokussiert wird, auf dass Miller doch endlich eintreffen möge und der Horror sein Ende nimmt. Kane bittet dafür in der Stadt um Hilfe, doch niemand erklärt sich bereit, Schulter an Schulter mit ihm zu kämpfen – Bis auf seine Frau. Obgleich sich „Zwölf Uhr mittags“ auf politischer Ebene behaupten kann und als bittere McCarthy-Abrechnung gilt, wird die Luft aus jedem Blickwinkel spürbar dünner. Wo das ehrenhafte Zusammenraufen in schwerster Stunde ausbleibt, da schaufelt der Film Raum für Befangenheit, für Egoismus, Arglist und Zweifel.


„Zwölf Uhr mittags“ verschiebt die moralischen Weichen dahingehend, dass er einen oberflächlichen Helden in sich zusammenbrechen lässt. Kane hadert schon lange mit sich und seiner Position, am Ende wird er jedoch in seiner Skepsis nur bestätigt: Ein müder, desillusioniert Mann schleppt sich davon, nachdem er den Kampf geleistet hat, der sich in seinem Inneren schon viel zu oft ausgetragen wurde – Nur zu welchem Preis? „Zwölf Uhr mittags“ stellt Kane auf kein Podest, nur weil er seinen Zweck erfüllt hat. Er zeigt auf, dass Kane doch gar keine andere Wahl hatte, er musste sich dem Haufen Verbrecher in den Weg stellen und blieb dabei – bis auf seine Frau – vollkommen allein und auf sich gestellt: Kane wird sich seiner Pflicht mit Nachdruck bewusst, doch dieses Pflichtbewusstsein ist für ihn ein Attribut ohne Nutzen. Schlussendlich fällt der Sheriffstern in den Staub, angeekelt von seinem falschen Ausdruck, von seiner Wertlosigkeit: Man wird allein geboren und man stirbt allein, egal welchen Orden man sich an die Brust tackern darf. Die universale Symbolkraft, die dieser Moment entfaltet, hätte in seiner Ehrlichkeit ausdrucksstärker nicht sein können.


8 von 10 letzten verbleibenden Minuten


von souli