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Review: WITCHING & BITCHING - Nichts als Ärger mit den Weibern

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Fakten:
Witching & Bitching (Las brujas de Zugarramurdi)
ES, FR, 2013. Regie: Álex de la Iglesia. Buch: Jorge Guerricaechevarria, Álex de la Iglesia. Mit: Hugo Silva, Mario Casas, Carmen Maura, Pepón Nieto, Carolina Bang, Terele Pávez, Jaime Ordónez, Gabriel Angel Delgado, Santiago Segura, Macarena Gómez, Secun de la Rosa, Javier Botet, Enrique Villén u.a. Länge: 114 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
José ist der Anführer einer aus der Not geborenen Räuberbande. Als Straßenkünstler getarnt landen sie einen spektakulären Coup und erbeuten einen großen Schmuckschatz. Doch ihre Flucht steht unter keinem guten Stern: Auf dem Weg nach Frankreich passieren sie die in Navarre gelegene Stadt Zugarramurdi. Die Stadt ist fest in den Händen eines Hexenkults, der just einen Sabbat abhält. Angesichts der Horde von Hexen ist die José und Co. verfolgende Polizei nun noch das geringste Problem…






Meinung:
Wenn ein silberner Christus, ein menschlicher Spielzeugsoldat, Mini Maus, SpongeBob, der Unsichtbare und ein kleiner Junge, der eigentlich seine Hausaufgaben machen sollte, einen Schmuckhändler ausrauben, sich eine blutige Schießerei mit der Polizei liefern und bei ihrer Flucht mit einem entführten Taxi mitten in einem Hexensabbat geraten, können dafür eigentlich nur Robert Rodriguez (dessen „From Dusk Till Dawn“ ganz leicht Pate stand) oder eben Spaniens Enfant terrible Álex de la Iglesia verantwortlich sein.


Niemand verarscht Jesus!
Das ist anfangs nicht weniger rasant, turbulent und unterhaltsam wie sich anhört. Der furiose Auftakt schürt die Hoffnung, dass sich Kindskopf Iglesia hier ähnlich hemmungslos und stilsicher geschmacksbefreit austoben wird wie bei seinem letzten Werk, dem bewusst polarisierenden Vorschlaghammer „Mad Circus“, der in seiner rabiaten Zügellosigkeit wohl das bisher beste Werk des unberechenbaren Spaniers darstellte. Diese Erwartungen kann sein neuester Streich „Witching & Bitching (ähnlich „sinnvoll übersetzt“ wie schon „Mad Circus“) im weiteren Verlauf leider nicht gänzlich erfüllen. Wie immer bei Iglesia und seinem Stamm-Co-Autor Jorge Guerricaechevarria werden eine gute Grundidee und zahlreiche nette Einfälle zusammengeschmissen, können dabei jedoch kein rundum stimmiges Skript ergeben. Besonders ihr Hang zu Albernheiten und dem fehlenden Gespür, wann man lieber mal gezielt auf den Punkt kommen sollte, wird ihnen gelegentlich zum Verhängnis. Altbekannte Probleme der Herren, die hier zu deutlich sichtbar sind.


"Erst noch eine Folge Bibi Blocksberg, dann gehts auf die Jagd."
Mit seinen 114 Minuten ist „Witching & Bitching“ nicht nur schlicht viel zu lang und zieht sich somit im Mittelteil stellenweise arg, er verpasst einfach oft den perfekten Zeitpunkt, um knackig ins Ziel zu kommen. Der Humor schwankt zwischen ganz lustig, nervtötent und unpassend kindisch (die beiden Polizisten, deren Zickerein untereinander nicht mal ein müdes Lächeln erzeugen können), schafft nur ganz selten dieses bösartige Niveau, was Iglesia in seinen besten Filmen auszeichnete. Im ausgiebigen Schlussspurt zieht das Tempo wieder drastisch an, das hektische Treiben erreicht dann allerdings schnell einen Punkt, der des Guten einfach zu viel ist. Der Gedanke, einen überdrehten Geschlechterkrieg zwischen südländischen Chauvis und mehr als emanzipierten Teufelsweibern in einem wilden Genre-Mix auf die wenig subtile Spitze zu treiben (inklusive einem Peter-Jackson-Gedächtnis-Finale) ist einerseits herrlich ruppig, andererseits schon extrem an der Grenze zum ausufernden Blödsinn. Feintuning ist nicht das Ding von Iglesia, der selbst seine Fans hier mit seinem teilweise pubertären Verständnis von Humor droht zu verschrecken.


Deutliche Kritikpunkte, die ganz klar stellen sollten: Wer mit dem Mann bisher wenig anfangen konnte, sollte einen großen Bogen um „Witching & Bitching“ machen. Der Rest sollte aber durchaus einen Blick riskieren, denn wenn man Iglesia eines zusprechen kann, dann Leidenschaft, Kreativität und Spaß an der Sache. Trotz Hängern und Rohrkrepierern, sein Hexenzirkus ist durchaus einfallsreich, zitiert gerne und ausgiebig aus dem okkulten Genre und versprüht diesen überdrehten Charme, den jeden seiner Filme auszeichnet. Dazu erstaunlich gut getrickst und mit spielfreudigen Darstellern besetzt, die über so manche Problemchen hinwegtäuschen können, wenn auch nicht durchgehend. Am Ende hätte man sich sicher mehr erwartet, aber wer bei Iglesia etwas voraussetzt, ist selber schuld. Dafür ist er zu wenig 08/15. Und das ist gut so.

6 von 10 Fingern im Schlafrock.

Review: 800 BULLETS - Opa macht ernst

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Fakten:
800 Bullets (800 balas)
ES, 2002. Regie: Álex de la Iglesia. Buch: Jorge Guerricaechevarria, Álex de la Iglesia. Mit: Sancho Gracia, Ángel de Andrés, Carmen Maura, Eusebio Poncela, Luis Castro, Manuel Tallafé, Enrique Martinez, Luciano Federico, Eduardo Gómez, Terele Pávez u.a. Länge: 121 Minuten. FSK: ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD erhältlich.

Story:
Der kleine Carlos wächst ohne Vater auf. Was genau mit ihm passiert ist weiß er nicht, nur das er bei einem Unfall ums Leben kam. Dann erfährt er, dass sein Vater zusammen mit seinem Großvater Julián, den er nie kennen gelernt hat, in Western mitgespielt hat. Auf dem Weg zu einer Klassenfahrt verkrümelt sich Carlos und macht sich auf nach Almeria, um seinen Großvater zu finden. In den ehemaligen Filmkulissen von Spaghetti-Western arbeiten Julián und einige andere Saufbolde als Darsteller einer billigen Wild-West-Show und erzählt wehmütig von den Zeiten, als er noch das Stuntdouble von Clint Eastwood war. Julián will von Carlos zunächst nichts wissen, doch der Junge bleibt hartnäckig und wächst seinem knorrigen Opa langsam ans Herz. Als Carlos Mutter Laura ihn ausfindig macht, ist sie stinksauer und will es dem verhassten Ex-Schwiegervater, den sie verantwortlich für den Tod ihres Mannes macht, heimzahlen. Sie sucht eh gerade ein Gelände für einen Freizeitpark und kauft die Westernstadt, um sie abzureißen. Julián und seine Kollegen stehen vor dem Nichts. Sie besorgen sich 800 echte Kugeln und verteidigen ihre "Heimat".

 


Meinung:
Die Idee von Álex de la Iglesia und seinem Stamm-Co-Autor Jorge Guerricaechevarria (ja, der heißt wirklich so und ich muss es jedesmal abschreiben) ist, wie eigentlich immer, sehr interessant. An Einfällen und Kreativität mangelt es den beiden Herrschaften nie, allein deshalb sind die Filme eigentlich immer einen Blick wert. "800 Bullets" macht da keine Ausnahme, Iglesia, über den es sicher geteilte Meinungen gibt, versteht sein Handwerk als Regisseur formal auch absolut. Leider reicht das diesmal nicht ganz für einen klar gelungenen Film.


Die Stärken liegen mal wieder in den Figuren, die von Haus aus zwar überzeichnet, dabei aber auch diesen Charme von Comicfiguren haben. Sie sind liebenswert, sympathisch, gerade weil sie (natürlich) reichlich Ecken und Kanten haben und weit weg von "perfekten" Menschen sind. Das in die Jahre gekommene Ex-Eastwood-Stuntdouble Julián und seine Mannschaft von trinkwütigen Losern muss man einfach gerne haben. Die gesamte Idee, dass diese Möchtegern-Cowboys sich wegen ihrer Existenz nun mit scharfer Munition bewaffnen und zu Besetztern ihrer kleinen, gammeligen Westernstadt werden, hat Potenzial. Iglesias Film hat leider zwei große Probleme:


Western für Rentner in Almeria
1. Er ist zu lang. 121 Minuten klingt schon viel für so eine Geschichte, ist es auch. Grundsätzlich werden die zwei Stunden zwar immer mit irgendwas unterhaltsamen gefüllt, nur das hätte es beileibe nicht gebraucht. Kürzer, straffer würde es wohl besser funktionieren. Speziell das theoretische Finale, also ab dem Punkt, an dem die titelgebenden 800 Kugeln ins Spiel kommen, wäre als zünftig-knackiger Showdown besser gewesen. Das wirkt etwas zu ausgedehnt, was aber bei Iglesia/Guerricaechevarria (wieder abgeschrieben) nicht zum ersten Mal vorkommt. Vergleichbar mit "El dia de la bestia": Fängt gut an, die besten Momente gibt es in der Mitte, ab dann fällt es ab. Das Finale eines Films sollte eigentlich den Höhepunkt bieten, ist hier (schon wieder) nicht so. Da baut der Film leider ab. Zudem wirkt es etwas zu sentimental, aber dazu gleich noch in Punkt 2.

 
Zumindest die Bar ist gefüllt
2. Es jetzt daran fest machen zu wollen, dass ein Kind im Mittelpunkt der Handlung steht, ist vielleicht sehr oberflächlich, aber es ist mit Sicherheit ein Grund dafür: Iglesia ist nicht so böse und verrückt wie sonst. Das ist von daher schädlich, da er immer zu Klamauk neigt, sich das in seinem böse-zynischen Kontext aber sonst nicht negativ äußert. Dem Film fehlt es eindeutig an dieser geschmackvollen Geschmacklosigkeit. Nicht komplett, dass es sich um einen Iglesia handelt ist unverkennbar, aber ein gedrosselter. Richtig Iglesia ist es in der Mitte, die Feier im Saloon. Da wird hemmungslos gesoffen, der kleine Junge begrabbelt die Möpse einer Dirne, während er mit seiner Muttel telefoniert, einer der Darsteller zündet sich an und am nächsten Tag kommen die doofen Touristen, alle liegen im Halbkoma rum und sind sich nicht sicher, ob der Selbstentzünder überhaupt noch lebt. Diese leichte Boshaftigkeit, Durchgeknalltheit fehlt dem zu oft. Schmunzler gibt es immer, auch nette Running Gags wie "den Aufgeknüpften", der dauernd vergessen wird, aber da wäre doch mehr möglich und auch nötig gewesen. Iglesia ist für seine Verhältnisse viel zu brav, beraubt sich quasi selbst einer seiner Stärken. Am Schluss wird es auch unnötig tragisch, was anderen Filmen oft gut tut, nur in einer Iglesia-Bad-Taste-Show ist das schon bald "familientauglich". Das kitscht sogar fast, muss echt nicht sein.


Trotz der Kritikpunkte macht "800 Bullets" Spaß, dafür ist der einfach zu liebevoll, handwerklich und von seiner Grundidee, sowie den einzelnen, kleinen Momenten, viel zu gut gemacht. Nur wird das selbstgeschaffene Potenzial leider klar verschenkt. Freunde von Crazy-Iglesia sollten den trotzdem sehen und auch andere Filmfans werden hier kaum ihre Zeit verschwenden, nur ein Knaller ist es nicht.


Anmerkung: In der letzten Filmszene taucht "Clint Eastwood" auf, Iglesia hatte geplant, dass Clint sich selber spielt. Interesse war sogar da, aber wegen "Mystic River" hatte er einfach keine Zeit. Schade, die Idee (wie so vieles hier) ist nett.

6 von 800...äh, 10 Kugeln