Fakten:
Heat
USA, 1995. Regie & Buch:
Michael Mann. Mit: Al Pacino, Robert De Niro, Val Kilmer, Tom Sizemore, Diane
Venora, Amy Brenneman, Ashley Judd, Jon Voight, Wes Studi, Ted Levine, Natalie
Portman, Mykelti Williamson, Dennis Haysbert, William Fichtner, Tom Noonan,
Kevin Gage, Hank Azaria, Danny Trejo, Henry Rollins, Jeremy Piven, Miguel
Ferrer u.a. Länge: 164 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und
Blu-ray erhältlich.
Story:
Neil McCauly ist wohl der perfekte
Kriminelle. Seit Jahren ordnet er alles seinem „Beruf“ unter. Emotionen sind
nur sachlicher Natur, nur der nächste Coup hat Priorität, deshalb ist er nicht
zu fassen. Jeder Überfall ist bis ins Detail geplant. Eine spontane Abweichung
führt zu einem Schnitzer, der Lt. Vincent Hanna auf den Plan ruft. Wie McCauly
ein Besessener, der vielleicht nicht bereit ist alles für seinen Job zu opfern,
es aber dennoch triebgesteuert tut. Er kann nicht anders. Die Fährte wird
aufgenommen, es wird sich beschnuppert, es kommt zum Kontakt. Beiden ist klar:
Niemals wird einer aufgeben. Es wird keinen zweiten Sieger geben, nur Gewinner
und Verlierer, mit allen Konsequenzen.
Meinung:
„Ich tue das, was ich am besten
kann, ich dreh´ Dinger. Sie tun das, was Sie am besten können, Leute wie mich
davon abhalten.“
Vielleicht das gedrehte Ding der
90er. Die Konkurrenz ist nicht von schlechten Eltern. Scorsese knallte gleich
zwei große Mafia-Epen raus, Paul Thomas Anderson ließ den Riesenpimmel von Dirk
Diggler durchs Bild baumeln, Léon war der Profi, Tarantino schuf Sternstunden,
es gab nur eine Regel im Fight Club, Danny Boyle sagte Ja und gleichzeitig Nein
zu einer riesigen Liste, von den übermächtigen Coens ganz zu schweigen. Das
will und muss man gar nicht gegeneinander in ein Ranking stellen, aber wenn…weit
vorne.
Auf Puck und Bullen bestens vorbereitet. |
30 Sekunden...eine echte Prüfung. |
Loyal für echte Freunde. |
Besser spät als nie: Das Gipfeltreffen. |
Einer der bedeutendsten Szenen ist
natürlich das Zusammentreffen der Ikonen, auf das man gut 25 Jahre warten
musste. Robert De Niro und Al Pacino begannen ihre Filmkarrieren Ende der 60er,
schafften ihren Durchbruch Anfang der 70er, beide sogar sehr schnell mit
prägenden Rollen in einem Film: „Der Pate 2“. Ihnen war aber nicht eine
gemeinsame Szene gegönnt, den unterschiedlichen Zeitebenen geschuldet. Es
sollte 21 Jahre (und 1 ½ Stunden) dauern, bis sie sich endlich Angesicht zu
Angesicht gegenübersitzen durften. Nur für wenige Minuten, aber allein wie das
eingeläutet wird. Nachdem sich die Alphamännchen schon aus dem Dunkel
beschnuppert haben, kommt es zur legendären Tafelrunde, die die meisten Showdowns
in die Tasche steckt. Zu einem treibendem Score verfolgt Pacino sein
Alter Ego durch den nächtlichen Großstadtjungel, stellt ihn relativ
unspektakulär und lädt auf einen Kaffee ein. Hier werden sich alle ungeschönten
Tatsachen direkt ins Gesicht gesagt und anstatt sich selbst auf erschreckende
Art gespiegelt zu sehen, vertreten sie nur ihre unerschütterlichen Standpunkte,
jedoch mit Respekt vor dem Schaffen des Gegenüber vorgetragen. – „Wenn ich mich
entscheiden muss zwischen Ihnen und irgend so einer armen Sau, dessen Frau Sie
zur Witwe machen wollen…Bruder, dann hast du keine Chance!“ – „…denn egal was
passiert, Du stellst dich mir nicht in den Weg!“
Und so verharren sie in ihren
Drohgebärden, gehen auf menschlicher Ebene durchaus aufeinander zu, aber sobald
das Geschäft auf den Tisch kommt, sind sie sich einig: Du oder ich, koste es,
was es wolle. Das Interessante daran, dass die Karten trotzdem leicht neu
gemischt werden. Einer hat schon lange alles für sich als Kredo beschlossen,
hadert im letzten Moment kurz damit. Der Andere konnte oder wollte sich seine
destruktive, aufzehrende Passion nie direkt eingestehen, zieht sie dennoch
konsequent durch und am Ende entscheiden dennoch nur Fragmente. Bei der
Konfrontation zweier Idealisten kommt es auf die kleinsten Abweichungen an, die
werden das Urteil fällen. Erlösung und Befriedigung liegen nah beieinander, nur
am Ende ist wohl keiner richtig glücklich. Denn dann ist es vorbei. Was nun?
Einer hat es geschafft, der andere nicht. Aber was hat er damit gewonnen? Nur
eine Etappe, nicht das Ziel, das ist eh nur noch eine weit entfernte Utopie.
Realistisch waren beide schon lange angekommen, sie konnten es nur nicht
genießen. Und werden es niemals können. Sie hinterlassen nur verbrannte Erde um sich herum, ein Dunstkreis der Zerstörung, obwohl sie beide sozial kompetent sein können, nur nicht auf sich selbst gemünzt und für die, die sie vorgeben zu lieben...und es "leider" wahrscheinlich sogar tun. Traurig für alle Seiten.
Ein Tsunami von einem Film, der
einen in seiner Komplexität, Wucht und emotionalen Dichte radikal überrollt,
vernichtet und zerstört wie gleichzeitig unendlich befriedigt zurücklässt. Bis
zur nächsten Sichtung…und wieder, und wieder. Ein Hamsterrad, wie für seine
Figuren, denn wir werden daran nicht zerbrechen, sie schon.
10 von 10 Spiegelbildern eines
Besessenen
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