Review: DIE HERREN DRACULA - Wenn der Vater mit dem Sohne...Särge kauft



Fakten:
Die Herren Dracula (Dracula père et fils)
FR, 1976. Regie: Édouard Molinaro. Buch: Alain Godard, Édouard Molinaro, Jean-Marie Poiré, Claude Klotz (Vorlage). Mit: Christoper Lee, Bernard Menez, Marie-Hélène Breillat, Catherine Breillat, Mustapha Dali, Bernard Alane, Claude Génia, Jean-Claude Dauphin, Anna Gaël, Gérard Jugnot u.a. Länge: 95 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Richtig nach Papa kommt Draculas Sohn Ferdinand nicht gerade. In über 200 Jahren hat er noch keinen Menschen getötet, um seinen Blutdurst zu stillen. Sein Vater ist schwer enttäuscht. Die rumänische Revolution zwingt die Beiden zur Flucht aus ihrer Heimat, auf der sie getrennt werden. Junior strandet in Paris, wo er sich getarnt als illegaler Einwanderer mit ehrlicher Arbeit über Wasser hält, nach Möglichkeit mit welcher, die ihm ohne schlechtes Gewissen den Zugang zu Blut ermöglichen. Senior landet in London, merkt schnell, dass es in der modernen Welt nicht so einfach ist, sich nach Belieben durch die Gegend zu beißen und wird zufällig Star einer Vampirfilmproduktion. Als Dreharbeiten ihn nach Paris verschlagen, ist die Familie endlich wieder vereint. Doch dann begegnet Dracula Nicole, dem exakten Ebenbild seiner verstorbenen Gemahlin. Sie soll für die Ewigkeit an seiner Seite sein, was Menschenfreund Ferdinand verhindern will.







Meinung:
Einige Schauspieler durften in ihrer Karriere schon in die Rolle von Graf Dracula (oder einer Variation davon) schlüpfen, doch niemand so oft wie Christopher Lee. Erstmals für die Hammer-Studios im Jahr 1958, allein für sie verkörpert er satte acht Mal den Fürst der Finsternis, was ihn zur Legende machte. 1976 waren diese Zeiten vorbei, die Hammer-Studios schon selbst so gut wie tot, dennoch legte er noch einmal Fangzähne und Umhang an. Für die französische Persiflage „Die Herren Dracula“ parodiert er selbst seine berühmteste Rolle. Im ersten Moment klingt das ehrlich gesagt wenig schmeichelhaft, eher wie ein peinliches Gnadenblut für den gestandenen Mimen. Glücklicherweise ist dem nicht so, immerhin sitzt mit Regisseur Édouard Molinaro ein Komödienfachmann am Ruder (u.a. „Oscar“ oder „Ein Käfig voller Narren“).


Auch wenn es nicht so aussieht, er ist kein Mustervampir
Zu Beginn scheint kaum ein Unterschied zu den ursprünglichen Hammer-Filmen bestehen, die ersten zehn Minuten könnten genauso gut aus jedem von diesen stammen. Erst wenn Draculas Sohnemann (der Familienname wird übrigens nur im Titel, nie im Film erwähnt, bleiben wir trotzdem einfach mal dabei) das Licht bzw. eher die Dunkelheit der Welt erblickt – ganz stilecht in einer Sarg-Wiege, sehr putzig – beginnt der lustige Teil. Mit fünf Jahren hält der Kleine seinen inzwischen verwitweten Vater ordentlich auf Trab. Spielt mit menschlichen Schädeln („Ferdinand, man kegelt nicht mit der Urne seiner Mutter!“), will sein Blutfläschchen nicht austrinken und sperrt lausbübisch die untote Nanny bei Sonnenaufgang vor die Tür, der kleine Racker. Typische Kleinkinder Probleme eben. Allerdings entwickelt sich Ferdinand nicht zu Papas ganzen Stolz: Mit 200 Jahren ist er immer noch ein Flaschenkind, das Töten von Menschen ist ihm zuwider. Der politische Umbruch in ihrer Heimat zwingt sie auch noch zur Aufgabe ihres bis dato in der Zeit nahezu stehengebliebenen Jagdgebietes, sie müssen auf die andere Seite des Eisernen Vorhanges, in den goldenen Westen fliehen. Nicht ganz einfach, auch für Vampire, und so trennen sich unfreiwillig ihre Wege. Während Ferdinand sich in Paris als illegaler Tagelöhner inkognito durchs Leben schlagen muss, irrt der einst so stolze und gefürchtete Vater durch die Nacht von London und muss feststellen, dass die moderne Welt so einige Tücken parat hält für Blutsauger, die nur das transsilvanische Hinterland gewohnt sind.


Auch auf seine alten Tage ist Papa ein Gourmét geblieben.
Allein diese Idee beinhaltet schon eine feine Ironie. Ferdinand versucht sich als Mensch zu integrieren, will Arbeiten und ein verhältnismäßig „normales“ (Menschen)Leben führen, muss jedoch irgendwie versuchen, seinen Blutdurst zu stillen. Papa hingegen will einfach weiterhin sich durch die Bevölkerung saugen, scheitert dabei an der Blutarmut von Gummipuppen oder der ihm bisher unbekannten Transparenz von Glastüren (egal wie blöd das klingt, wenn das so exakt getimt ist, ist auch so was echt lustig) und muss letztlich – wenn auch zufällig - einen menschlichen Beruf annehmen (als Darsteller in einem Vampirfilm, „Shadow of the Vampire“ lässt grüßen) um nicht zu verhungern. Ganz frei von Albernheiten ist und kann wohl ein Film wie „Die Herren Dracula“ kaum sein, dafür noch in einem angenehmen, eher gedrosselten Rahmen. Die meisten Gags funktionieren tatsächlich recht gut, manche Momente sind schlicht zum Schießen. Allein eine klassische Mann-Frau-Problematik im Schlafzimmer…pardon, im Sarg…und wie elegant der Herr sich der nervigen Situation entledigt, köstlich („Armes Schnuckilein“). Auch der Einkaufbummel von Vater und Sohn beim Bestatter kann sich sehen lassen („Darf mein Sohn ihn probieren?...Zieh‘ deine Schuhe aus!“).  


Es ist hier nicht alles pures Comedy-Gold, das braucht man nicht beschönigen, dennoch werden genug nette Situationen geboten, die für ein angenehmes Sehvergnügen sorgen. Zum Schluss baut der Film dann nur sichtlich ab, der Vater/Sohn-Konflikt um das Ebenbild von Gattin/Mutter ist kein besonderes Highlight, das schleicht sich so zum Abspann hin. Trotzdem, insgesamt macht der Film deutlich mehr Spaß, als man wahrscheinlich vorher erwartet hätte. Das ist kein „Tanz der Vampire“, aber auch kein dümmliches Kasperletheater und Christopher Lee hatte offensichtlich auch Spaß am Dreh, das merkt man. Nicht selbstverständlich, solch ein Rollenangebot hätten viele an seiner Stelle wahrscheinlich empört abgelehnt. 

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