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Review: THE GREEN HORNET – Dekonstruktion durch Reduktion

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Fakten:
The Green Hornet
USA. 2011. Regie: Michael Gondry. Buch: Seth Rogen, Evan Goldberg.
Mit: Seth Rogen, Jay Chou, Christoph Waltz, Cameron Diaz, Edward James Olmos, David Harbour, Jaime Harris, Tom Wilkinson, James Franco, Edward Furlong u.a. Länge: 119 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Britt Reid ist der Erbe eines Zeitungsimperiums. Leider weiß der Tunichtgut wenig damit anzufangen, doch mit Kato, seinem persönlichen Autoschrauber und Kaffeekocher Kato beginnt er seine Zeit für etwas Gutes zu nutzen. Die beiden bekämpfen als Superhelden das Verbrechen in der Stadt.





Meinung:
Nachdem sich Britt Reid mal wieder in eine Schulhofschlägerei hat verwickeln lassen, greift sein Vater James Reid, ein angesehener Medienmagnat, der ein ganzes Zeitungsimperium zu leiten hat, zu drastischen Mitteln: Er reißt dem Superheldenspielzeug seines Sohnes den Kopf ab und schleudert diesen in die Mülltonne seines Großraumbüros. Mit dieser Szene beginnt „The Green Hornet“ und wirkt in seiner sinnbildlichen Deutlichkeit für eine Comic-Verfilmung nicht umsonst wie ein feuriges Statement. Aber ist „The Green Hornet“ wirklich der Abgesang auf die ewigen Erzählungen von allmächtigen wie sittsamen Überhelden, wie es die Exposition voraussetz? Eher nicht. Jedenfalls nicht in dieser konkreten Konsequenz. „The Green Hornet“ ist dennoch eine angenehme Abwechselung im explosiven Getümmel zwischen „X-Men“, „Spider-Man“, „Batman“ und „Iron Man“, denn sind die Heroen in ihren eigenen Werken zwar auch nicht immer mit übermen schlichen Fähigkeiten gesegnet, richten sich die Zeiger ihres moralischen Kompass im Inneren aber ganz und gar auf tugendhafte Werte, ist das mit der Hornisse etwas anders.

 
Muss denn wirklich erwähnt werden, dass Waltz der Böse ist ?
In Deutschland ist die Geschichte der Grünen Hornisse beziehungsweise des Britt Reid und seinem chinesischen Sidekick Kato nicht ganz so verbreitet wie die des Peter Paker, Clark Kent oder Bruce Wayne. Sie wird in diesem Fall aber vor allem dadurch interessant, dass sie eben nicht diesen strikten Fokus auf ethische Normen legt und keinesfalls aus einer tiefen Überzeugung heraus dem Verbrechen den Kampf angesagt hat, sondern schlichtweg aus Langeweile. Es hat eben gepasst. Britt Reid (Seth Rogen, „Bad Neighbors“) gibt den verzogenen Sohn des Tycoons James Reid (Tom Wilkinson, „Batman Begins“), der durch den Erfolg seines Vaters in Saus und Braus lebt, jeden Abend die größten Partys frequentiert und die Nacht zum Tage macht – Natürlich immer mit einer anderen Bettgespielin an seiner Seite. Nachdem sein Vater aber stirbt und er zum Erben des Zeitungskonzern wird, muss er zum einen dort etwas Verantwortung übernehmen, entdeckt aber parallel dazu durch den Bediensteten Kato (Jay Chou) eine neue Möglichkeit, sich die Nächte um die Ohren zu schlagen: Green Hornet wird geboren.

 
Zwei äußerst unterschiedliche Helden: Britt und Kato
Der Plot ist wenig originell und bedient sich über weite Strecken den handelsüblichen Regularien des Sujets: Wir werden Teil davon, wie Britt und Kato ihren eigenen Mythos kreieren, wie sie sie ihr Equipment entwickeln und zu ersten Feldversuchen aufbrechen. „The Green Hornet“ versucht seine komödiantische Strahlkraft dadurch zu entfachen, in dem er die Dynamik zwischen Britt und Kato zelebriert und ihre Zankerei einem Buddy-Movie gleich ausreizt: Sie freunden sich an, sie entzweien sich und wachsen dann im großen Finale wieder zusammen. Dass Britt und Kato aber eigentlich nie wie Freunde wirken, sondern eher wie eine Zweckgemeinschaft, die sich von einer ulkigen Idee haben überfallen lassen, tut dem Film dahingehend einen Abbruch, dass er seiner egomantischen Hauptfigur Britt die Zuneigung immer weiter entreißt, während Kato, der eigentliche Held, streng in seiner Rolle als bloßer Sidekick verharren muss. Im Klartext bedeutet das: Wir folgen über eine geraumen Zeit einem Unsympathen, der sein eigenen Leben nicht auf die Reihe bekommt, aber so tut, als wäre er der große Macker, sich aber schon dadurch vollkommen verloren fühlt, wenn sein morgendlicher Cappuccino nicht am Bettrand auf ihn wartet.


Außerdem hat man es geschafft, einem Visionär wie Michel Gondry („Vergiss mein nicht!“, „Der Schaum der Tage“) die eigentlichen Stärken zu entziehen und ihn einer ungemein beliebigen Bildsprache unterzuordnen, die all die intuitiv-expressive inszenatorische Finesse vermissen lässt. Nichtsdestotrotz ist „The Green Hornet“ ein gutes Stück Comic-Adaption, in dem sich die dickliche Hornisse nicht gegen Nazis, sondern gegen einen Russen namens Chudnofsky (Christoph Waltz, „Django Unchained") zur Wehr setzen muss, der jedoch auch weit unter seinen eigentlichen Fähigkeiten zurückbleibt. Ähnlich wie eine Cameron Diaz, deren Besetzung nun überhaupt keinen Ertrag bringt. Man muss sich „The Green Hornet“ als einen Seth Rogen-Film vorstellen, der auf Blockbuster-Niveau getrimmt worden ist und von einem Fantasten der jüngeren Geschichte denkbar einfach, aber akzeptabel in Szene gesetzt wurde. Hier gibt es keine Charaktere, hier regieren nur Typen, und doch darf man sich unterhalten fühlen, denn auch wenn „The Green Hornet“ infantiles und mit einem Spritzer Ironie, leisem Retro-Charme und politischen Notizen angereichertes Action-Comedy-Kino ist, zeigt er sich auf seinem Level durchaus wirkungsvoll. Besser als diese momentane 'Dark n Gritty'-Welle ist das allemal. Und der modifizierte Chrysler Imperal ist schlicht famos!


5 von 10 vergebenen Chancen


von souli

Review: DER SCHAUM DER TAGE – Augsburger Puppenkiste à la Michel Gondry

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Fakten:
Der Schaum der Tage (L’écume des jours)
Frankreich. 2013. Regie: Michel Gondry. Buch: Luc Bossi, Michel Gondry, Boris Vian (Vorlage). Mit: Romain Duris, Audrey Tautou, Gad Elmaleh, Omar Sy, Aissa Maiga, Charlotte Le Bon, Philippe Torreton, Natacha Régnier, Zinedine Soualem, Sacha Bourdo u.a. Länge: 94 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab dem 13. Februar auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Das Leben scheint sonnig für Colin, denn der junge Mann lebt in Wohlstand in den Tag hinein und lässt es sich dabei an nichts fehlen: Musik, Geld und Frauen sind die drei Dinge, die ihn glücklich machen. Auf einer Party trifft der Junggeselle jedoch auf eine Frau, die ihm auf Anhieb den Kopf verdreht: Chloé. Für Colin steht fest, dass er mit dieser Frau seinen Lebensabend verbringen will und so macht er prompt Nägel mit Köpfen und bittet die bezaubernde Chloé schon bald nach dem ersten Treffen um ihre Hand. Doch das junge Glück wird früh getrübt, denn in den Flitterwochen befällt die Braut eine seltsame Krankheit: Eine Seerose hat sich in Chloés Lunge eingepflanzt. Ein Problem, auf das nicht einmal die besten Ärzte eine Antwort wissen.





Meinung:
Dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sich Michael Gondry („Science of Sleep“) seinem literarischen Äquivalent Boris Vian widmen würde, der ähnlich verspielt wie Gondry die Möglichkeiten seines Mediums auszureizen wusste, um einen seiner in der französischen Heimat weitreichend umjubelten Romane auf die Leinwände dieser Welt zu projizieren, hat der in Versailles geborene Träumer schon an vielerlei Stellen durchsickern lassen. Mit „Der Schaum der Tage“, nichts weniger als ein Wunschprojekt, setzte Gondry sein langjähriges Vorhaben nun in die Tat um und adaptierte respektvoll Vians Debütroman „L’écume des jours“ beinahe Satz für Satz. Herzblut war es nicht, was Gondry in der Umsetzung fehlte, an der mangelte es dem Mann im Allgemeinen eh noch nie. Was „Der Schaum der Tage“ letztlich rigoros scheitern lässt, ist Gondrys Eifer, metaphorische Schauwerte zu modellieren, die den Fokus von den Charakteren lenken und „Der Schaum der Tage“ zu einer durch und durch gefühllosen, aber gewohnt ansehnlichen Angelegenheit macht.


Feuchte Küsse
Kann ein Film aufgrund von zu viel Innovationskraft untergehen, oder gilt die Maxime: Je mehr Kreativität, desto besser. „Der Schaum der Tage“ beweist, dass sich jede noch so originelle Idee irgendwann als abgenutzt erweisen muss, wenn sie im Gesamtkonzept einfach nicht mehr bewähren kann und es zu erdrücken droht, anstatt zu unterstützen. Die visionäre Begabung Gondrys definiert sich durch sein Geschick, surreale Schauwerte in eine ungemein sensible Dramaturgie einzuweben und sich in seiner Narration aber trotzdem nie zu streng auf eine der beiden Seiten konzentrierte. Sein Opus Magnum „Vergiss mein nicht!“ war ein Paradebeispiel dafür, phantastische Settings symbiotisch mit einer Liebesgeschichte zu verweben, wie sie feinfühliger nicht geschrieben hätte werden können. In „Der Schaum der Tage“ darf sich die gondry'sche Symbiose nicht zu Wort melden und während durchaus fähige, aber für den Ausgangspunkt der ersten Liebe viel zu alte Darsteller wie Roman Duris, Audrey Toutou und Omar Sy wie hölzerne Marionetten in den Seilen hängen, labt sich Gondry an der aberwitzigen Kreation seiner irrealen Welt, in der alles möglich scheint.


Mit Knetmasse, Wolle, Pappmaschee und dazugehörigem Stopp-Trick-Verfahren lässt sich „Der Schaum der Tage in seinen Animationen altmodisch lesen und gefällt als Rückbesinnung auf alte Tugenden in einem von CGI-Hochleistungen geprägten Zeitalter anfangs umso mehr. Wenn Gondry seine Charaktere aber nur noch wie auf einem Schachbrett von A nach B schiebt und sie immer genau da platziert, wo er zu den nächsten Effekterausch ausleben kann, werden nicht nur die Gefühle der Protagonisten außer Acht gelassen, die futuristische Welt im Retromantel verliert in der unablässigen und grobschlächtigen Reizüberflutung auch nach und nach ihren eigentlich unverkennbaren künstlerischen Wert. Vom liebenswerten Fantasten, der auch den Emotionen seiner Protagonisten Aufmerksamkeit schenkte und sie plastisch werden ließ, ist in „Der Schaum der Tage“ weit und breit keine Spur. Hier hantiert nur ein gewitzter Handwerker, der sich am absurden Überdruss seiner findigen Animationen reibt und es im Gegensatz zu Vian vergisst, die vitale und langsam ergrauende Umwelt zum Spiegel der Seele seiner Charaktere zu machen. In „Der Schaum der Tage“ darf nur geguckt werden, denn zu sehen gibt es nichts.


3 von 10 Küssen im Tunnel


von souli