Review: STRAßE ZUM JENSEITS - Spaghettis, Nigger und Mutterficker




Fakten:
Straße zum Jenseits (Across 110th Street)
USA, 1972. Regie: Barry Shear. Buch: Luther Davis, Wally Ferris (Vorlage). Mit: Anthony Quinn, Yaphet Kotto, Anthony Franciosa, Paul Benjamin, Ed Bernard, Gloria Hendry, Antonio Fargas, Richard Ward, Burt Young u.a. Länge: 102 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
In Harlem wurde eine illegale „Bank“ der Italiener Überfallen, 300.000 $ geraubt und ein Massaker angerichtet. Der in die Jahre gekommene Captain Mattelli, ein ganz harter Hund von einem Bullen, wird mit dem Fall vertraut. Zu seinem Unmut muss er mit dem farbigen Lt. Pope als Partner zusammenarbeiten. Doch nicht nur sie wollen die Täter finden, die Mafia möchte ihren Besitz zu gerne wiederhaben. Nick D´Salvio, der Schwiegersohn des Paten, soll ein Exempel an den Täter statuieren.



                                                                              



Meinung:
„Aber das große Tier bin ich. Doc „Mutterficker“ Johnson!“

Ein Hoch auf die deutsche Synchro der 70er, da gehörten Anglizismen noch nicht zum normalen Sprachgebrauch und es wurde artig alles übersetzt. Bekommt man so heute nicht mehr zu hören. Man muss den Amis ja auch nicht alles nachmachen, erst recht nicht diese unflätigen Schimpfworte.


Ebony and Ivory...
Geflucht wird ordentlich in „Straße zum Jenseits“, einem inzwischen scheinbar kaum noch bekannten Harlem-Thriller der frühen 70er. Dabei bringt der eigentlich eine ganze Menge mit. Dank Quentin Tarantino und seiner Blaxploitation-Heist-Hommage „Jackie Brown“ dürfte zumindest der Titelsong „Across 110th Street“ von Bobby Womack für Wiedererkennungswert sorgen, ließ er 1997 doch Pam Grier dazu im geilen Opener endlos lang durch den Flughafen marschieren. Offensichtlich mag der gute Quentin auch diesen Film und wollte ihm damit seinen Respekt zollen. Der legt auch gleich gut los. Ein ruppiger Auftakt, in dem es ordentlich Kugeln hagelt und u.a. Burt Young („Rocky“) recht unschön ins Gras beißen muss. Ab dann entwickelt sich eine Ghetto-Variante von „In der Hitze der Nacht“. Der große Zampano Anthony Quinn – auch ausführender Produzent - gibt den bärbeißigen Spaghetti-Ermittler Mattelli, eine Bullenlegende, dessen rabiate Methoden aus der guten, alten Zeit zum Auslaufmodell geworden sind. Mit lästigen Verhören hält sich der Mann nicht lange auf, prügelt schnelle Geständnisse lieber direkt aus dem Lumpenpack heraus („Eure humanitäre Scheiße hängt mir zum Hals raus!“). Dumm nur, dass er diesmal mit einem weniger auf Krawall gebürsteten, brav den Vorschriften folgenden „Nigger“ (bevor jetzt gemeckert wird, es wird sich nur dem Jargon des Films bedient) zusammenarbeiten muss (Yaphet Kotto, „Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“), der über seinen Methoden ganz und gar nicht amüsiert ist.


Völkerverständigung im gesitteten Dialog.
Die Vorzüge von „Straße zum Jenseits“ liegen eindeutig in seiner Präsentation, sei es technisch, darstellerisch und atmosphärisch. Da passt nahezu alles. Der Film versprüht eine rohe Authentizität, nimmt kein Blatt vor den Mund („Soll ich dein Gehirn an die Wand rotzen?“) und bewegt sich nah am Puls der Zeit. „Shaft“ oder „French Connection – Brennpunkt Brooklyn“ hatten kurz vorher das Genre umgekrempelt, in eine ähnliche Kerbe haut auch dieses Werk. Dicker Stallgeruch, explosive Stimmung, coole Mucke, harte Typen, durch die Bank glaubhaft verkörpert. Nicht nur von den Zugpferden Quinn, Koto oder Anthony Franciosa („Tenebre“), bis in die kleinsten Nebenrollen überzeugt hier jeder Darsteller. „Straße zum Jenseits“ verfügt zudem über dieses Feeling, was sich schwer kopieren lässt, was Filme dieses Jahrzehnts und dieser Gangart im besten Fall wie locker aus der Hüfte geschossen rüber bringen, schwer in Worte zu fassen. Leider, und das ist der große Knackpunkt, ist die Geschichte an sich nicht besonders außergewöhnlich, das Skript nicht mehr als Durchschnitt. Zwischen dem wuchtigen Auftakt und dem wirklich sehenswerten, energiegeladenen und ziemlich harten Finale werden kaum nennenswerte Highlights gesetzt, rein erzählerisch. Die engagierten, kraftvollen Darsteller, die tolle Stimmung und einige knackige Dialoge halten konstant bei Laune, nüchtern betrachtete passiert im Mittelpart allerdings nichts, was großartig in Erinnerung bleiben wird.


Trotzdem, der Film hat was und sollte bei Fans des Genres weit oben auf dem Zettel stehen, wenn sie ihn nicht schon kennen. Kerniges Männerkino, glänzend gespielt und mit partieller Durchschlagskraft, die sich nicht zu verstecken braucht. 

„Jenseits der 110. Straße bist du nur ein Nigger. Ein Nigger, der von uns bezahlt wird.“

6,5 von 10 durchsiebten Makkaroni

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