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Review: ER IST WIEDER DA – Hitler, kann das sein?!

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Fakten:
Er ist wieder da
Deutschland, 2015. Regie: David Wnendt. Buch: David Wnendt, Timur Vermes (Vorlage). Mit: Oliver Masucci, Fabian Busch, Lars Rudolph, Christoph Maria Herbst, Katja Riemann, Frank Plasberg, Michael Kessler, Stephan Grossmann, Joko Winterscheidt, Klaas Heufer-Umlauf, Gudrun Ritter  u.a. Länge: 116 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.


Story:
Basierend auf der gleichnamigen Romanvorlage taucht Adolf Hitler im Berlin des 21. Jahrhunderts auf. Da ihn jedoch keiner für den echten Hitler, sondern lediglich für eine sehr gelungene Parodie hält, wird seine Figur gezielt vermarktet. Zuerst erkennt nur Fabian Sawatzki das Potential und will einen Dokumentarfilm drehen, in dem er Hitler mit dem aktuellen Deutschland und seinen Einwohnern konfrontiert. Schnell verbreiten sich jedoch Hitlers Auftritte und er dominiert dadurch die Medienwelt.





Meinung:
Schon die gleichnamige Romanvorlage von „Er ist wieder da“ erfreute sich im Jahre 2011 großer Beliebtheit, schnell entstand um das erfolgreiche Buch jedoch auch eine Kontroverse. Darf man über Hitler lachen und wenn ja, gibt es Grenzen und wann sind diese erreicht? Während den Einen „Er ist wieder da“ zu harmlos und oberflächlich war, sahen Andere wiederum einen Tabubruch. Auch der Film löst die selben Reaktionen aus, das konnte der Aufenthalt im vollbesuchten Kinosaal nur zu deutlich beweisen. Genervte Zwischenrufe, Applaus, Jubel und vorzeitiger Abbruch des Kinobesuches, all das konnte man beobachten und das allein ist wohl schon Beweis genug, dass es sich bei „Er ist wieder da“ um eine effektive Satire handelt.


In Sachen Internet muss der Führer noch geführt werden
„Er ist wieder da“ ist gerade deswegen leicht zu kritisieren, weil der Film selbst sehr kritisch ist. Viele Zuschauer fühlen sich auf den Schlips getreten und die natürliche Reaktion darauf ist Kritik. Kritik am Film, am Buch und an den Beteiligten, zumeist unbegründet. Das ist doch alles Schwachsinn bekommt man dann zu hören. Der Film überschreitet Grenzen, darüber sollte man sich nicht lustig machen. Doch gerade diese Aussagen beweisen doch, dass an dem Inhalt des Films etwas Wahres dran ist. Wenn Satire sich nur innerhalb eines abgesteckten Raumes bewegt und darauf achtet keinem Zuschauer zu nahe zu treten dann ist sie sinnlos. Sie muss Grenzen überschreiten, muss Missstände anprangern und darf vor allem nicht davor zurückschrecken ihren Zuschauern ans Bein zu pinkeln. Das viele Kritiker den Inhalt zu harmlos und oberflächlich finden zeigt doch nur, wie weit sich diese schon vom Gedankengut des durchschnittlichen Bürgers entfernt haben, wenn der Kinobesuch dann doch sehr offensichtlich das genaue Gegenteil offenbart. „Er ist wieder da“ teilt aus, und das in alle Richtungen. Es gibt Spitzen gegen das Fernsehen und gegen Youtube, gegen die aktuelle Regierung und die Opposition, gegen Rechte und Linke, aber vor allem auch gegen den durchschnittlichen Bürger.


Der Führer staunt: Print ist doch noch nicht tot
Dabei beweist „Er ist wieder da“ auch genug Gespür für den aktuellen Zeitgeist. Hitlers Auftritte reichen von Polittalkshows bis hin zu Joko & Klaas, es gibt Youtube-Slideshows und Zusammenschnitte über die Flüchtlingsdebatte. Was inszenatorisch zunächst nach deutschem Einheitsbrei aussieht ist jedoch mit solcher Selbstironie umgesetzt, dass es optimal ins Gesamtkonzept des Filmes passt. Auch für den aufmerksamen Filmfan gibt es einiges zu entdecken, so überträgt David Wnendt beispielsweise eins zu eins eine Szene aus „Der Untergang“, nur tauscht er Hitler durch den Chef eines Privatsenders und die Situation im Bunker durch eine Krisensitzung im Büro aus. Das „Er ist wieder da“ aus rein filmtechnischer Sicht sehr viele Fehler macht fällt dabei nur kaum ins Gewicht. Klar sind die Schnitte zum Teil dilettantisch, die Kamera uninspiriert und manche Elemente der Handlung völlig sinnlos in den Film integriert. Gerade gegen Ende bekommen wir von diesen Momenten immer mehr zu spüren, wenn die satirischen Lacher ausgehen bekommen wir stumpfe Gags, die das Publikum bei Laune halten sollen. Das ist unnötig, fällt aber nicht weiter ins Gewicht, da der Film seine Stärken aus ganz anderen Quellen bezieht und die weniger gelungenen Momenten schnell vergessen lässt.


„Er ist wieder da“ lässt seine Zuschauer oft ratlos zurück. Man merkt im Kinosaal, dass sich die Menge oft uneinig ist. Soll (beziehungsweise darf) ich hier noch lachen? Diese Frage schwebt allgegenwärtig durch den Raum und allein diese Tatsache beweist schon, dass es der Film satirisch in sich hat und dass er sich traut gewisse Komfortgrenzen zu überschreiten. „Er ist wieder da“ wird sicherlich nicht jedem gefallen, aber das ist auch gut so, denn sonst würde er wohl kaum funktionieren.


7 von 10 erschossenen Hundewelpen


von Vitellone

Review: FEUCHTGEBIETE - Hinter der Pfui-Bah-Show

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Fakten:
Feuchtgebiete
BRD. 2013. Regie: David Wnendt. Buch: Claus F. Falkenberg, David Wnendt, Charlotte Roche (Vorlage). Mit: Carla Juri, Meret Becker, Axel Milberg, Christoph Letkowski, Edgar Selge, Peri Baumeister, Marlen Kruse, Harry Baer  u.a. Länge:  109 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Helen ist 18, Scheidungskind und nimmt es mit der Hygiene nicht so genau. Trotzdem schwingt sie den Rasierer, um Körperhaare loszuwerden – auch die am Arsch. Doch als sie sich schneidet und somit eine Analfissur zufügt, muss sie ins Krankenhaus. Dies könnte die Chance sein, ihre verkrachten Eltern wieder näher zu bringen.





Meinung:
Das mediale Echo, als Charlotte Roche ihren Debütroman „Feuchtgebiete“ auf den Büchermarkt losließ war verhalten, zumindest was die lobenden Stimmen betraf. Ansonsten erwies sich der Roman als gutes Futter für Schlagzeilen und Diskussionen. Viel wurde am Buch herumgemäkelt. Dabei wurde Roches literarischer Auswurf meist nur auf die Ekeleskapaden reduziert, war zur Folge hatte, dass sich „Feuchtgebiete“ nur noch vehementer auf den Bestsellerlisten festsetzte und somit mehr Schlagzeilen generierte. Das solch ein Erfolgsroman nicht lange braucht, um als Films adaptiert zu werden ist wenig verwunderlich.


Helen mag Klobrillen am liebsten pur und ohne Klopapierschutz
Regisseur David Wnendt, der 2011 mit dem Neonazi-Drama „Kriegerin“ ein beachtliches Spielfilmdebüt ablieferte, weiß was erwartet wird, von einer Filmadaption des angeblichen Skandalromans: Ekel. Wnendt zeigt seinem Publikum allerhand Bilder und Szenarien, die bei zartbesaiteten Zuschauern durchaus den einen oder anderen Würgereiz hervorkitzeln können und „Feuchtgebiete“ benutzt diese Art der Attraktion nicht nur als Stilmittel, sondern oftmals auch als Antriebskraft.  Trotzdem ist „Feuchtgebiete“ kein blanker Reißer, der einzig und alleine davon erzählt wie mit Grillzangen in Menstruationsblut herumgestochert wird und Wundwasserblasen platzen. Hinter der ganzen Pfui-Bah-Show verbirgt sich die Geschichte einer großen Unsicherheit. Hauptfigur Helen ist nur vordergründig eine Rebellin, die mit Körperflüssigkeiten und ihrer Sexualität kokettiert. Die 18jährige schleppt ein Trauma hinter sich her und genau diese Thematik versucht Regisseur Wnendt mehr und mehr in den Fokus zu rücken. Problem dabei ist jedoch, dass die Figur der Helen dabei von einer selbstbestimmten, jungen Frau zu einer Marionette des Anstands verkommt. Denn „Feuchtgebiete“ lehnt das Argument, dass Helens Faszination für gesellschaftlich genormte Widerlichkeiten und etwas andere sexuelle Praktiken das Ergebnis eines Traumas ist, nicht ab, sondern verstärkt es nur noch. Somit erweist der Film all denen, die die Geschichte pamphletisch als „unerhört“ oder „krank“ bezeichnen, einen Gefallen und reduziert gleichzeitig die Individualität der Figur Helen.


Wir hoffen, dass der Arzt nicht nach seinem Ehering sucht
Aus rein künstlerischer Sicht gibt sich „Feuchtgebiete“ keine wahre Blöße. Mit großer Verspieltheit setzt David Wnendt das Geschehen in Szene und dem Kanon der Romanvorlage entsprechend, wurde auch darauf verzichtet die Darsteller, wie sonst so oft üblich, via Make-Up zu körperlichen Makellosigkeiten zu verwandeln. So befindet sich der Film in einer ewig zittrigen, meist er sehr erfrischenden, Balance zwischen künstlerischer Bildartistik und zwangloser Ungeschminktheit. Ein mittlerweile recht rarer Seiltanz, der immer mal wieder droht abzustürzen, was auch daran liegt, dass sich „Feuchtgebiete“ erzählerisch auf einem eher biederen Level bewegt. Ganz und gar nicht bieder kommt dafür Hauptdarstellerin Carla Juri daher. Die Schweizerin verleiht der Helen eine anfangs durchaus angenehme Verve. Bedauerlicherweise macht Helen erst am Ende eine Art Entwicklung durch. Dieser charakterliche Stillstand raubt dem charakterlichen Fixpunkt von "Feuchtgebiete" vieles von ihrer Präsenz, auch wenn diverse Off-Kommentare ihren Rebellenstatus regelrecht penetrant zu unterstreichen versuchen.


„Feuchtgebiete“ ist besser als der Roman von Charlotte Roche. Das war auch nicht die eigentliche Herausforderung. Regisseur und Co-Autor David Wnendt hat mit seinem zweiten Kinofilm ein durchaus schwieriges Projekt gewählt und ist nicht vollkommen gescheitert. Er weiß wie man inszeniert und Tonalitäten entwirft, nur leider ist „Feuchtgebiete“ dann doch nicht mehr als recht konservatives Erzählen, angereichert mit einer breiten Massen von mal mehr und mal weniger effektiven Szenen, die Schock und Ekel erzeugen (sollen), ansonsten aber eher unerheblich sind. Unerheblich. Ja, dieses Wort beschreibt „Feuchtgebiete“ wohl am passendsten.


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