Review: WERWOLF VON TARKER MILLS - Der Junge und die Bestie

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Fakten:
Werwolf von Tarker Mills (Silver Bullet)
USA, 1985. Regie: Daniel Attias. Buch: Stephen King (auch Vorlage). Mit: Gary Busey, Everett McGill, Corey Haim, Megan Follows, Terry O’Quinn, Bill Smitrovitch, Lawrence Tierney u.a. Länge: 91 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Die amerikanische Kleinstadt Tarker Mills wird von einer unheimlichen und unerklärlichen Mordserie heimgesucht: Immer in Vollmondnächten, beginnend im Januar, werden grauenvoll zugerichtete Leichen aufgefunden – wobei der Mörder offensichtlich keine Unterschiede zwischen jung und alt, männlich oder weiblich macht. Lediglich der gelähmte, auf einen Rollstuhl angewiesene Marty vermutet früh, dass ein Werwolf in Tarker Mills sein Unwesen treiben könnte.

                                                                                                                             

Meinung:
Allgemein wird den Verfilmungen der Geschichten von Stephen King fast pauschal eine mindere Qualität attestiert. Wie oft wird gemeckert, dass die Filme bis auf wenige Ausnahmen alle unbrauchbare sein. Misst man sie mit den Vorlagen gibt es natürlich einige Enttäuschungen, wer jedoch genauer hinsieht wird erkennen, dass es sehr wohl einige gelungene King-Adaptionen gibt, die positiven wie negativen Beispiele halten sich in etwa die Waage (nimmt man dazu gebastelte Sequels und Reihen aus, wie z.B. bei „Kinder des Zorns“). Selbstverständlich müssen die meisten Filme leicht isoliert von der literarischen Quelle betrachtet werden, ein Film kann einem (guten) Buch im seltensten Fall das Wasser reichen, allein was Ausführlichkeit und Charaktertiefe angeht. Manchmal lässt sich das nicht ausklammern, besonders wenn die Ursprungsgeschichte gerade dadurch erst ihre Klasse bezog, aber das muss nicht immer der Fall sein.


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Noch scheint der Sommer spaßig zu werden...
Man könnte also behaupten, „Werwolf von Tarker Mills“ hat den Vorteil, nicht auf einem der großen Klassiker Kings zu beruhen, sondern auf einer seiner zahlreichen Kurzgeschichten, die inhaltlich nicht unbedingt zu seinen Meisterstücken zählen. Die Fallhöhe und Ansprüche sind geringer, am mangelnden Transfer von psychologischer Komplexität kann man kaum scheitern. Selbst der Drehbuchautor Stephen King nicht, der später noch eindrucksvoll beweisen sollte, wie riesig der Unterschied zwischen einem guten Roman- und Skriptautor doch ist. So setzte er selbst eines seiner besten Werke mit dem Drehbuch zu „Friedhof der Kuscheltiere“ in den Sand, obwohl er sich dicht an die eigene Geschichte hielt. Seine Filmfiguren waren platte, hohle Körper der ursprünglichen Charaktere, er konnte sie nicht mit Leben erfüllen und den tiefen seelischen Konflikt auf die Leinwand transportieren, der sein Buch so (selbst)zerstörerisch und niederschmetternd machte. Von dem unsäglichen Mist den er viele Jahre später mit dem Skript zu „Desperation“ verzapfte (ebenfalls ein hervorragendes Buch) wollen wir lieber gar nicht erst anfangen, das sprengt den Rahmen. Bei „Werwolf von Tarker Mills“ gelingt es King tatsächlich, seiner eigenen Stimmung treu zu bleiben und ein funktionelles Drehbuch zu verfassen, das natürlich keine höheren Ansprüche zu bedienen hat, aber seinen Zweck erfüllt und dazu noch anständig umgesetzt wurde.


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Gary Busey und die Spiegel, da kann man schon erschrecken
Überraschenderweise von einem Rookie, der nach seinem Spielfilmdebüt nur noch als Serienregisseur aktiv sein sollte. Daniel Attias hat dort praktisch schon alles gemacht, von „Miami Vice“ über „Berverly Hills, 90210“ bis hin zu „Die Sopranos“, „The Walking Dead“ oder „Homeland“. Dies ist sein bis heute einziger Kinofilm, der durchaus kompetent inszeniert ist. Es verfügt über dieses typische Stephen-King-Flair: Eine verschlafene Kleinstadt, deren heile Welt aufgerüttelt wird vom übernatürlichen Bösen, das sie heimsucht. Mit leichten Coming-of-Age-Anteilen versehen gleicht „Werwolf von Tarker Mills“ einer (nicht kindgerechten) Gute-Nacht-Geschichte, einem Märchen, in dem die belächelten Außenseiter in Person des behinderten Marty (Corey Haim, „The Lost Boys“) und seines versoffenen Onkel Red (Gary Busey, „Alarmstufe: Rot“) sich dem entgegenstellen, was ihre Gemeinde in Vollmondnächten dezimiert. Die Figuren sind einfach, aber sympathisch skizziert und vor allem gelingt Attias eine homogene Abstimmung aus trügerischer Idylle und stimmungsvollen Schreckensmomenten. Wenn er seine Kreatur zuschlagen lässt, dann gerne ohne Samthandschuhe und clever in Szene gesetzt. Masken und Effekte sind für eine kleinere 80er-Produktion gut gemacht, werden trotzdem nicht über Gebühr strapaziert, um doch negativ auffallen zu können. Man sieht genug, aber nicht zu viel, die Mitte treffsicher erwischt.


Auf seine schlichte Art und Weise gelingt es „Werwolf von Tarker Mills“ seine Spannung und Atmosphäre schnell aufzubauen und kontinuierlich zu halten, ohne dabei in höhere Gefilde vorzustoßen. Das braucht er auch nicht. Es ist einer dieser Filme, die so wie sie sind ganz einfach gut funktionieren und durch ihre liebevolle Umsetzung überzeugen. Das Finale fällt leider zu hastig und dünn aus, sonst kann sich das schon sehen lassen. Etwas „Stand by Me – Das Geheimnis eines Sommers“, etwas mehr „The Howling“, ein guter Cast (u.a. noch Everett McGill, „Twin Peaks“ oder Terry O’Quinn, „The Stepfather“) und eine angenehme Grundstimmung schnüren ein nettes Paket zusammen, dass auch ohne (aber besonders mit) 80er-Nostalgie anständig anzusehen ist.

6 von 10 Silberkugeln

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