Fakten:
Malastrana (La corta notte delle
bambole di vetro)
IT, BRD, CS, 1971. Regie &
Buch: Aldo Lado. Mit: Jean Sorel, Ingrid Thulin, Mario Adorf, Barbara Bach,
Fabijan Sovagovic, José Quaglio, Relja Basic, Piero Vida, Jürgen Drews u.a. Länge: 97
Minuten. FSK: Ungeprüft. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
In einem Park in Prag wird der
leblose Körper des amerikanischen Auslandskorrespondenten Gregory Moore entdeckt. Für
tot erklärt landet er in einer Klinik, doch Moore lebt. Unfähig, sich der
Umwelt zu offenbaren rekapituliert er die letzten Tage um zu begreifen, wie er
in diese Situation kommen konnte.
Meinung:
„An dieser Stadt und ihren Menschen
scheint die Zeit vorbei gegangen zu sein.“
Mit dem Fund eines leblosen Körpers
eröffnet Aldo Lado sein Regiedebüt „Malastrana“ (nicht gerade wortwörtlich „übersetzt“
von „La corta notte delle bambole di vetro“), für einen Giallo keine ungewöhnliche
Ausgangslage. Sehr wohl jedoch das, was dann geschieht. Schon während des
Vorspanns, auf dem Weg ins Krankenhaus, setzt die (angenehm zurückhaltende) Musik
von Ennio Morricone relativ spät ein, zunächst hört man ein Pochen, wie sich
herausstellt einen Herzschlag. Denn der scheinbare Tote ist noch
lebendig. Nur bemerkt es niemand und aus unerklärlichen Gründen kann er sich
trotz vollen Bewusstseins nicht mitteilen. Mit der grausamen Aussicht, in
wenigen Stunden vielleicht lebendig begraben zu werden, versucht er seine
verschwommenen Erinnerungen an die letzten Tage zu sortieren, um wenigstens zu
begreifen, wie er in diese Lage kommen konnte.
Eine zweite Meinung wäre sinnvoll. |
Also DIE ist ganz sicher hinüber. |
Ganz fehlerfrei ist „Malastrana“
keinesfalls, da muss man ehrlich sein. Irgendwann verliert der Film
(unabsichtlich) sein interessantes Wechselspiel der Szenarien leicht aus den
Augen, hängt zu sehr in den Rückblenden, wodurch das Tempo dann doch unnötig
verschleppt wird, unser armer Todeskandidat in seiner abscheulichen Situation
gerät etwas in den Hintergrund. Lado reizt seine grandiose Prämisse über die 97
Minuten nicht immer konsequent aus, lässt einiges an Potenzial liegen. Dafür
reißt das durchaus überraschende und bitter-böse Finale wieder einiges raus.
Der Volltreffer für die undurchsichtige Stimmung ist ganz klar das gewählte
Setting in Prag. Die Goldene Stadt hinter dem Eisernen Vorhang ist der ideale
Handlungsort. Die leicht mysteriöse, alt-historische Aura verschmilzt mit
damals aktuellen Geheimhaltungs- und Verschwörungsthematiken des Kalten
Krieges, was den Film bis zum Schluss nicht ganz durchschaubar macht. Die im
Verlauf der Handlung ans Licht kommende Entführungsserie könnte durchaus
politisch motiviert sein – was die Hauptperson, einen amerikanischen Journalisten,
als störendes Objekt zur Zielscheibe machen würde -, aber auch ein ganz anderen,
todgeschwiegenen (okkulten?) Hintergrund haben. Das spielt „Malastrana“ trotz
leichter Schönheitsfehler clever aus und nutzt seine wunderschöne wie
befremdliche Kulisse erstklassig. Das mögliche Meisterwerk des Genres ist es
nicht geworden, aber eine bemerkenswerter Beitrag allemal.
7 von 10 schönen Schmetterlingen
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