Review: TURBO KID - Der kleine Festivalhit auf dem Prüfstand


Fakten:
Turbo Kid
CAN/ NZ. 2015. Regie und Buch: Francois Simard, Anouk & Yoann-Karl Whissell. Mit: Munro Chambers, Laurence Leboeuf, Michael Ironside, Edwin Wright, Aaron Jeffery, Romano Orzari, ua. Länge: 93 Minuten. FSK: noch nicht bekannt. Ab dem 22. Oktober 2015 im Kino.


Story:
In einer postapokalyptischen Zukunftsvergangenheit (1997 halt) muss The Kid plötzlich all seinen Mut und sein Wissen als Comicfan anwenden, um gegen den sadistischen selbsternannten Herrscher Zeus zu kämpfen.


                                        
                                                   
Meinung:
Wer das diesjährige Fantasy Filmfest, das neulich erst mit einem speziellen Screening von M. Night Shyamalans neuem Film „The Visit“ zu Ende ging, verfolgt hat, dem wird aufgefallen sein, dass einige Filmtitel öfter als andere genannt wurden. „Turbo Kid“ ist einer dieser Filme, die sehr gut abgeschnitten haben und in der Gunst der Zuschauer stand. Und das ist überaus verständlich, handelt es sich doch um eine liebe- und humorvolle Hommage an die 1980er Jahre. Das ist an sich nichts Neues, wurde doch der Kurzfilm „Kung Fury“ auf einem Online-Videoportal vor drei Monaten zu einem vollen Erfolg. Vergleichen lassen sich die beiden Filme jedoch nicht wirklich, denn da, wo „Kung Fury“ frivol noch ein, zwei Schritte weiterging, nimmt „Turbo Kid“ sich etwas zurück und konzentriert sich eher auf einen flüssigen Fortgang der Geschichte.


Mit Helm und Gartenzwerg bestens gerüstet für den Kampf.
In der postapokalyptischen Welt, in der nur noch eine Handvoll Menschen leben und um die äußerst knappen Wasservorräte konkurrieren, die von Zeus, einem sadistischen Herrscher, kontrolliert werden. Kriege haben das Gesicht der Erde verunstaltet, die Dürre trägt ihren Rest dazu bei, dass die Welt nicht wiederzukennen ist. Trocken wie die Erde selbst kommt dann auch der erste Witz mittels Voice-Over auf den Zuschauer zu. Es ist die Zukunft. Es ist 1997. Festgehangen in den 80er Jahren, mit Kassetten, Comic-Büchern, quitschbunten Frühstückscerealien und wummernder Synthie-Musik. Da macht sich sofort diese Stimmung der Achtziger breit, die immer diesen gewissen Grad der Sensation versprach und zumeist auch lieferte. In dieser muss The Kid schließlich gegen Zeus und seine Schergen kämpfen, als diese seine neue Kameradin Apple gefangen nehmen. Zeus nämlich richtet eine Art Gladiatorenkämpfe aus, wobei er die Leichen der Verlierer in eine Apparatur steckt - zur Wassergewinnung. Schließlich besteht der Körper zum Großteil aus H2O. Darin steckt natürlich eine wahnwitzige Abrechnung mit der menschlichen Ausbeutung der Erde, mit der exzessiven Konsumgesellschaft. Der Grund aber weshalb diese inhaltlichen Spitzen so wunderbar funktionieren und nicht etwa ungelenk wirken, ist dass diese unterschwellige Nachricht so passiv und unaufdringlich daherkommt. Man mag sie mitbekommen oder nicht, das Sehvergnügen wird nicht geringer sein.


Auge um Auge, ein ungleiches Duell.
Den drei Regisseuren muss man wirklich ein Lob aussprechen. Die Art und Weise wie sie das Konzept der Hommage anpacken, das ist nämlich echt toll. Die Hommage verkommt hier nicht zum Selbstzweck und vor allem nie zum einzigen Aushängeschild, wie es bei dem eingangs erwähnten Kurzfilm zum Beispiel der Fall war. Das Regie-Trio nutzt die Anleihen der dargestellten Zeit geschickt, um natürlich das humoristische und liebevolle Potenzial auszunutzen, aber auch, um damalige (Männer-)Ideale gehörig zu entlarven und durch den Kakao zu ziehen. Diese Momente sind es, die dem Film Profil verleihen und ihn nicht zu einem bloßen Spaß-Projekt verkommen lassen. Die Humorspitzen sind jedoch letzten Endes breiter gefächert und nicht lediglich auf die Zeitreise bezogen. Überraschung, Mimik und Gestik spielen hier eine große, fast Slapstick-artige Rolle. Und dann wäre da ja noch die gute alte Gewalt. Das Splatter-Department hat hier ganz eindeutig Extrastunden schieben müssen. Die Blut- und Ekeleffekte sind verdammt noch mal saftig, skurril und tänzeln nicht lange um den heißen Brei herum. Da werden Köpfe durchschnitten, Menschen halbiert. Da schießen Augen aus ihren Höhlen, Sägeblätter durch den Körper und der Darm aus der Magendecke. Die Jugendfreigabe wird dem Film wohl zurecht verwehrt werden.


„Turbo Kid“ war auf dem Fantasy Filmfest einer der großen Hits und konnte auch auf dem Sundance Festival Erfolge feiern. Und das überrascht nicht wirklich. Der Film ist laut, frech, selbstbewusst, niedlich, widerlich, cool, locker und immer wieder überraschend. Es ist teilweise überraschend, wie selbstsicher die Filmemacher hier die Genre-Klaviatur rauf- und wieder runterspielen, wie sympathisch die 80er Hommage funkioniert, ohne dabei zu sehr over the top zu sein und wie ekelhaft dieser Film geworden ist. Das sollte einem wohl bewusst sein, bevor man sich diesen Film zu Gemüte führt. Sonst reagiert man wohlmöglich mit Ablehnung und das wäre schade, schlummert in diesem Genre-Spaß doch ein wirklich liebenswerter und verspielter Film. Und jetzt an alle: „Are you ready to become a master in the art of kicking ass?“

6.5 von 10 Darmproblemen

von Smooli

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