Review: PANS LABYRINTH - Hoffnung am Ende des Irrgartens

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Fakten:
Pans Labyrinth (El laberinto del fauno)
ES, MEX, USA, 2006. Regie & Buch: Guillermo del Toro. Mit: Ivana Baquero, Sergi López, Maribel Verdú, Doug Jones, Ariadna Gil, Álex Angulo, Manolo Solo, César Vea, Roger Casamajor, Ivan Massagué u.a. Länge: 119 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Spanien, 1944: Die kleine Ofelia reißt mit ihrer hochschwangeren Mutter zu deren neuen Ehemann, einem General des faschistischen Franco-Regimes, der mit seinen Männer sich in den Bergen versteckende Rebellen jagt. Neben dem Grauen und Leid erlebt Orfelia dort märchenhaftes: Eines Nachts führt sie eine Elfe durch ein Labyrinth zu einem Fabelwesen, dem Pan. Dieser offenbart dem Mädchen, dass sie die Reinkarnation der Prinzessin des geheimen, unterirdischen Königreiches ist. Um wieder dorthin zurückkehren zu können, muss sie bis zum nächsten Vollmond drei gefährliche Aufgaben erfüllen.






Meinung:
Nachdem der Mexikaner Guillermo del Toro durch die Hollywoodproduktionen „Blade 2“ und „Hellboy“ sich auch auf dem Mainstreammarkt einen respektablen Namen gemacht hatte, konnte er mit verhältnismäßig viel Aufwand an die Realisierung eines Herzensprojekts gehen. „Pans Labyrinth“, einen Film einerseits über das düstere Kapitel der faschistischen Herrschaft des Franco-Regimes in Spanien, andererseits über das fantastische Abenteuer eines kleinen Mädchens, dem die Flucht in ein zauberhaftes, geheimnisvolles Königreich in Aussicht gestellt wird.


Der Augang von diesem Elend?
Im internationalen Kino wird diese Epoche weit weniger thematisiert als beispielsweise das Dritte Reich, wohl auch aufgrund seines geringeren, globalen Einflusses. Im Vergleich zu den Geschehnissen in Deutschland und deren Auswirkungen gehen die extremen Jahre während und direkt nach dem spanischen Bürgerkrieg deutlich unter, welthistorisch und somit auch als Stoff für filmische Aufarbeitung. Einen politischen Film macht auch del Toro nicht, nutzt allerdings diesen Backround für sein fantasievolles Erwachsenenmärchen, in dem zwei Welten aufeinanderprallen, die unterschiedlicher nicht sein können. Die zwei Erlebniswelten der kleinen Orfelia, die in einer Zeit von Furcht, Unterdrückung, Gewalt und Elend aufwächst. Ihre Mutter hat sich dieser Welt angepasst, sich selbst aufgegeben und sich dem Bösen in Person des bestialischen Hauptmanns Vidal (hassenswert-brillant verkörpert durch Sergi López) unterworfen, um ihrer Tochter eine Perspektive zu bieten. Ihre Hoffnungen und Träume hat der Krieg zerstört, die grausame Realität sie verschluckt. Orfelia hingegen hat sich ihre Kindlichkeit (noch) bewahren können, ihren Glauben an das Magische, das Gute in dieser trostlosen Zeit. Durch den nächtlichen Besuch einer Elfe macht sie Bekanntschaft mit dem mysteriösen Pan, der ihr durch das Lösen von drei Aufgaben eine Flucht in eine bessere Welt in Aussicht stellt, in welcher der reale Schrecken nur noch ein böser Traum sein wird.


Guter Freund oder verführerischer Feind?
Obwohl del Toro für Hollywoodverhältnisse auch hier nur mit einem „schmalen“ Budget um die 13 Millionen US-Dollar hantieren musste, gelingt ihm die Umsetzung seiner fantasievollen Elemente auf höchstem Niveau. Das CGI hält mit weitaus größeren Produktionen spielend mit und wird vor allem nur unterstützend benutzt. Wann immer sich mit realen Masken, Kostümen und Sets arbeiten lässt, greift del Toro darauf zurück und stellt damit die Konkurrenz beeindruckend in den Schatten. Kreativ, detailliert, mit einer faszinierenden Mischung aus leichter Morbidität und träumerischer Schönheit. Auch diese Welt ist nicht frei von Gefahr und Tod, doch mit Mut und einem guten Herzen lässt sich hier das Böse bezwingen. Es wird das noch belohnt, was in der finsteren Realität kaum noch eine Chance zu haben scheint. Seiner zum Teil schonungslos bebilderten Haupthandlung stellt del Toro diese hoffnungsvollen Ausreißer gegenüber, ohne das man sich urplötzlich in einen Disneyfilm geschleudert fühlt. Im Prinzip erlebt Orfelia bei ihren drei Prüfungen auf die tatsächlichen Ereignisse übertragbare Situationen, womit sie als Metapher verstanden werden können. Somit bietet „Pans Labyrinth“ weit mehr als reinen Eskapismus und eine märchenhafte Geschichte, eingebettet in einen bedrückenden und spannenden Nachkriegsfilm. Neben der ohnehin mitreißenden, anrührenden-schmerzhaften Story und seiner formalen Klasse liegt die große Qualität von del Toros Parabel in seiner vielseitig auslegbaren Deutungsweise.


Bewusst lässt der Regisseur seinem Film einen gewissen Spielraum, in wie weit man für sich selbst die Ereignisse interpretieren mag. Passieren Orfelia diese Dinge wahrhaftig? Trifft sie die Elfen und den Faun in dem Labyrinth, meistert sie ihre Abenteuer tatsächlich und ist sie wirklich die lange vermisste Prinzessin, die am Ende in ihr wundervolles Königreich zurückkehren kann? Oder erleben wir nur den Einblick in einen geschundenen, kindlichen Geist, der um die furchtbare Situation zu verarbeiten einen psychologischen Schutzmechanismus hervorruft? Der die Kraft der Fantasie nutzt, um dem Schrecken zu entfliehen, die Hoffnung aufrecht zu erhalten, dass alles sich zum Guten wenden wird und am Ende die Erlösung in Form einer besseren, warmen, gerechten Existenz wartet? Beides bleibt im Rahmen des Möglichen. Dementsprechend lässt sich auch das Ende in völlig verschiedene Richtung deuten und auch die Gefühle, die es hervorruft. Zwischen tieftraurig und Balsam für das Herz liegt nur die persönliche Sicht der Dinge. Guillermo del Toro überlässt es dem Zuschauer quasi selbst, mit welchen Emotionen, mit welchem Ende er ihn aus seinem Film entlässt. Und zwar voll und ganz. Das ist so schön, nicht im Geringsten bevormundend und absolut selten, eine wahre Glanzleistung. Wie der gesamte Film. 

8,5 von 10 magischen Kreidestücken

Review: FLUCHT AUS L.A. - Blindschleiche statt Klapperschlange

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Fakten:
Flucht aus L.A. (Escape from L.A.)
USA, 1996. Regie: John Carpenter. Buch: John Carpenter, Debra Hill, Kurt Russell. Mit: Kurt Russell, Stacy Keach, Steve Buscemi, George Corraface, Cliff Robertson, A.J. Langer, Peter Fonda, Pam Grier, Valeria Golino, Michelle Forbes, Bruce Campbell u.a. Länge: 97 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Nach einem verheerenden Erdbeben im Jahr 2000 wurde Los Angeles vom Festland abgeschnitten und dient nun als Hochsicherheitsgefängnis für das totalitäre Regime der USA. Nun, 2013, steht die Welt am Rande eines Krieges. Ausgerechnet jetzt hat sich die Tochter des US-Präsident auf die Seite der Rebellen geschlagen und mit einer Satellitensteuerung in L.A. untergetaucht, mit der sich die Welt in Sekundenbruchteilen kontrollieren ließe. Die Zeit drängt und mal wieder bleibt der Regierung keine Wahl: Erneut zwingen sie Outlaw Snake Plissken zu einem Himmelfahrtskommando in den Moloch. Mit einem tödlichen Virus infiziert hat er nur 10 Stunden Zeit die Steuerungseinheit wiederzubeschaffen, damit er das rettende Gegengift bekommt.






Meinung:
Snake Plissken ist wieder da, gerechnet hatten damit wohl nur die Wenigsten. 15 Jahre nachdem ihn John Carpenter in „Die Klapperschlange“ durch das Sodom und Gomorra des ehemaligen New York City jagte und damit nicht nur einen Klassiker des Science-Fiction-Kinos schuf, sondern gleichzeitig diesen Charakter zur Kultfigur stilisierte. Nebenbei auch der große Durchbruch seines Darstellers Kurt Russell. In „Flucht aus L.A.“ kehrt der wortkarge Augenklappenträger aus dem Vorruhestand zurück, um erneut unfreiwilligen seiner verhassten Regierung „dienen zu dürfen“.


Neue Stadt, alte Probleme, dumm gelaufen.
Eine gewisse Skepsis gegenüber diesem verspäteten, unerwarteten Sequel lässt sich kaum vermeiden und vermutlich hatte seine Realisierung auch was mit den einknickenden Karrieren seiner Stars zu tun. John Carpenter hatte zwar zwei Jahre zuvor mit „Die Mächte des Wahnsinns“ den bis heute stärksten Film nach dem Ende seiner absoluten Höchstphase (Ende der 70er/Anfang der 80er) inszeniert, der Film wurde jedoch seinerzeit mit gemischten Gefühlen aufgenommen und war kein großer, finanzieller Erfolg. Wie schon seit Jahren. Es musste also dringend wieder die Kasse klingeln. Kurt Russell, der diesmal auch am Skript mitschrieb, steckte Mitte der 90er ebenfalls in einem kleinen Tief, zählte nicht mehr zu der Elite im Actiongenre und sah wohl in der Reanimation seiner prägnantesten Filmfigur die Chance auf ein Comeback. Das mag spekulativ sein, doch nicht nur deshalb erscheint „Flucht aus L.A.“ wie eine Notgeburt, die gezwungen eine Geschichte wieder aufbrüht, die kaum sinnvoll fortzusetzen ist. Wohlwollend ließe sich argumentieren, es würde sich um eine Hommage an das eigene Original oder eine Semi-Remake wie z.B. „Tanz der Teufel 2“ handeln, nüchtern betrachtet wird sich einfach wiederholt und dann sogar mehr schlecht als recht.


Bruce Campbell als Mickey Rourke.
Statt New York dient nun eben Los Angeles als Freilaufgehege für das kriminelle Gesindel, welches in seiner anarchischen Gesellschaft eigentlich mehr Freiheiten genießt als das Volk abseits der Mauern in der strengen, nach selbstgerecht-faschistoider Moral gesäuberten Militärdiktatur. Wieder gilt es zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt ein dringend benötigtes Gut zurück zu beschaffen und natürlich kommt dafür nur der dauernd totgesagte Staatsfeind Nr.1 in Frage. Obwohl „Flucht aus L.A.“ klar ein Sequel ist, erinnert es in der Tat mehr an eine Neuauflage mit abgeändertem Setting. Neues fällt Carpenter, Russell und der ebenfalls am Skript tätigen Debra Hill dabei kaum ein, wenn nur in Details, die mit dem Standortwechsel zu tun haben, im Prinzip so aber auch schon im Erstling zu sehen waren. Jetzt wie damals werden einst schillernde Stadtteile zur abscheulichsten Brutstätte des Wahnsinns. In New York war der Broadway geschmückt von aufgespießten Köpfen, die Kanalisation bevölkert von Kannibalen, in Beverly Hills jagen nun von plastischer Chirurgie grotesk Entstellte nach frischen Körperteilen. Mit Sicherheit noch die beste Idee des gesamten Films, inklusive eines Auftritts vom fast bis zur Unkenntlichkeit „verschönten“ Bruce Campbell als Ober-Schnippler. Dieser bizarre Moment sowie einige ironische Anspielungen und sarkastische Spitzen können leider weder über die vorherrschende Einfallslosigkeit, dem allgemein stimmungsraubenden Stilbruch und die stellenweise fast albern wirkende Inszenierung hinwegtäuschen.


Aus Snake ist ein schöner Schmetterling geworden.
Carpenter kopiert sich inhaltlich zwar ohne falsche Scham selbst bis sich die Balken biegen, verwirft gleichzeitig jedoch die brillante Atmosphäre seines Originals, die es bis heute zu einem Meisterwerk seines Genres macht. Trotz roher Gewalt und verlotterter Freaks in den Straßen von L.A., trotz Gewitter, Erbeben und Tsunamis, die unheilvolle Finsternis, den apokalyptischen Hölle-auf-Erden-Charakter kann und will die Fortsetzung gar nicht aufrechterhalten. Bunter, flippiger, mit nicht zu übersehendem Comic-Flair versucht der Regisseur seinen Film vielleicht zeitgerechter zu gestalten, seinen Anti-Helden mehr amüsante One-Liner raunen zu lassen und jede Figur mehr schrill als bedrohlich zu präsentieren. Von den Sidekicks wie Steve Buscemi und Peter Fonda bis hin zum Oberschurken George Corraface, sie alle sind viel zu gut gelaunte Hampelmänner. Der Duke von New York hätte sich Cuervo Jones in seinen Taco gestopft. Damit lädt  Carpenter eine seine stärksten Waffen (die er zumindest mal hatte) mit Platzpatronen. „Flucht aus L.A.“ erinnert mehr an einen zwar zynischen, dennoch nicht wirklich schrecklichen Vergnügungspark, in dem letztlich alles gar nicht so ernst gemeint ist. Wahrscheinlich ernst gemeint, dadurch nur noch katastrophaler sind die Effekte, wenn es über das handgemachte hinausgeht. Selbst für 1996 ist das CGI erbärmlich und wäre eigentlich in der Form nicht mal nötig, beachte man was Carpenter früher mit kleinem Geld durch geschickte Regie darstellen konnte.


Selbst am Ende wird sich so haarklein am Original orientiert, dass es ungefähr den Effekt hat wie die Gags von Otto Waalkes: Früher war das geil, aber immer die gleiche Pointe ist witzlos. „Flucht aus L.A.“ ist bezeichnend für den Abstieg des einstiegen Genies John Carpenter. Er war mal der Zeit voraus und als er nur noch mit ihr gehen wollte, kam nicht mehr viel bei rum. An einigen Stellen ist das gerade noch leidlich unterhaltsam, im Gesamten und besonders im Vergleich mit dem sensationellen Original eigentlich nah an einer Frechheit. Über solche Filme freuen sich die Fans nicht, sie fühlen sie veräppelt. Das wollte Carpenter sicher nicht, aber er wollte die letzten zwanzig Jahre bestimmt auch nur gute Filme machen, das Ergebnis ist traurige Realität.

4 von 10 (nicht!) perfekten (CGI)Wellen

Review: THE PACT 2 - Alte Kost lasch aufgewärmt

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Fakten:
The Pact 2
USA, 2014. Regie & Buch: Dallas Richards Hallam, Patrick Horvarth. Mit: Camilla Luddington, Scott Michael Foster, Caity Lotz, Patrick Fischler, Amy Pietz, Haley Hudson, Nicki Micheaux, Mark Steger, Brad Grunberg u.a. Länge: 96 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Ab dem 2.1. 2015 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Als Annie Barlow den berüchtigten Judas-Killer vernichtet hat, sollte der Alptraum eigentlich zu Ende sein. Doch wieder geschieht ein Mord mit der Handschrift des Irren. Das FBI fürchtet, dass ein Nachahmungstäter umgeht und sich Opfer sucht, die mit dem ursprünglichen Fall zu tun haben. June Abbott versteht zunächst nicht, warum sie in Gefahr sein soll, bis sie erfährt, dass ihre richtige Mutter Jenny Glick war, das erste Opfer des Killers. Verstört von grausamen Alpträumen und Visionen forscht June nach.




Meinung:
Sequels zu bekannten Filmen, auch und gerne kostengünstig und somit gewinneffizient direkt auf den Heimkinomarkt geschmissen, gehören inzwischen zum (guten?) Ton. „The Pact“ von 2012 zählt nun nicht gerade zu den Filmen, über die hierzulande viel gesprochen wurde. Der Mystery-Geister-Serienkiller-Flick von Nicholas McCarthy landete damals bei uns auch direkt im Regal der Videothek, war im direkten Vergleich mit der dort Staub ansetzenden Konkurrenz allerdings noch eine halbwegs brauchbare Alternative. Nicht etwa aufgrund seiner innovativen, kreativen Geschichte, vielmehr war das talentierte Händchen des Regisseurs für das stabile Endprodukt verantwortlich. Dank sehen- und hörenswerten Bild- und Tonmontagen und einem erkennbaren Gespür für solide Spannungsmomente konnte McCarthy aus dem nicht weiter erwähnenswerten Plot einen für den einmaligen Gebrauch zufriedenstellenden Beitrag auf die Beine stellen. McCarthy ist nun nicht mehr mit an Bord, für Drehbuch und Regie ist das bisher eher unbekannte Duo Dallas Richards Hallam und Patrick Horvarth verantwortlich.


Killer schreiben nicht per WhatsApp...
Zwei Dinge sollten vielleicht im Vorfeld geklärt werden: Musste ein Sequel sein? Definitiv nicht, abgeschlossen war die Handlung, aber es ist ja heute üblich, sich am Ende immer ein Hintertürchen offen zu halten, so auch damals bei „The Pact“. Und: Ist es zum besseren Verständnis von „The Pact 2“ zwingend erforderlich den Vorgänger gesehen zu haben? Nein, nicht unbedingt, obwohl es sich um eine direkte Fortsetzung handelt und nicht nur um irgendeinen thematisch ähnlichen Schmufix, der sich nur mit dem Namen schmückt (in dem Bereich leider nicht unüblich). Zunächst wird eine relativ eigenständige Handlung mit neuen Charakteren aufgebaut, die Bezüge zum ersten Teil werden für Quereinsteiger verständlich erläutert. Erst im weiteren Verlauf gibt es ein Wiedersehen mit einigen bekannten Figuren. Gut für den Neueinstieg und auch eine Chance, sich nicht als purer Aufguss zu präsentieren. Diese Chance wird leider vertan. Eigentlich ist es aufgrund dessen fast sogar besser, ohne Vorkenntnis an den Film heranzugehen, denn das kommt einem alles extrem bekannt vor. Im Grunde genommen wir dem Sequel nur oberflächlich neuer Input gegeben, am Ende ist es prinzipiell die gleich Nummer, nur wesentlich öder und deutlich weniger wirkungsvoll vorgetragen. Optisch mag der Film für eine Low-Budget-DTV-Premiere zwar überzeugend sein und die Darsteller auf dem Niveau brauchbar, das handwerkliche Geschick von McCarthy geht der Fortsetzung leider schmerzlich ab.


...aber streicheln einen sanft in den Schlaf.
Nicht nur vom Handlungsablauf, auch stilistisch orientieren sich die Herren Hallam und Horvarth deutlich am ersten Teil, mehr als eine müde Kopie ist dabei nicht herausgekommen. Die wenigen Jumpscares verpuffen fast wirkungslos und werden in der Form seit Jahren immer wieder gebracht, eine Grundspannung stellt sich praktisch nie ein. Wo Nicholas McCarthy noch mit seiner Inszenierung  über inhaltliche Abnutzungserscheinungen hinwegtrösten konnte, wissen seine Nachfolger damit keinerlei Akzente zu setzen. Somit fallen die üblichen Genreprobleme wie wenig glaubhafte Verhaltensmuster (erstaunlich schnell fügt sich die neue Protagonistin in ihr Schicksal, wo sonst jeder normal Mensch bis zu Letzt noch stark zweifeln würde) oder extreme Vorhersehbarkeit noch deutlicher ins Gewicht. Gerade der letzte Punkt ist extrem ärgerlich, besonders für Kenner des Originals. Schon die „Pointe“ (nennen wir es mal so) von Teil 1 war nicht besonders neu oder spektakulär, Teil 2 wiederholt sie praktisch. Nicht im Detail, der Schuh ist aber der selbe. Das gegen Ende versuchte Verwirrspiel ist so ein alter Hut und nicht im Geringsten überraschend, da zuckt man als erfahrener Genrefreund nicht mal mehr mit den Achseln, wäre zu viel der Mühe.


„The Pact 2“ scheint im ersten Moment noch eigene Wege zu gehen, entpuppt sich aber alsbald als verzichtbare, spannungsarme Wiederverwertung ohne neue Ideen. War zu befürchten, gehofft hatte man auf mehr. Und damit wir uns schon vor Vorfreude die Hände reiben können, Teil 3 scheint bereits in den Startlöchern zu stehen. Die Begeisterung kennt keine Grenzen. Juhu.

3 von 10 Schädelresten an der Wand

Review: ABOUT SCHMIDT - Ein Mann auf seiner letzten Mission

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Fakten:
About Schmidt
USA, 2002. Regie: Alexander Payne. Buch: Alexander Payne, Jim Taylor, Louis Begley (Vorlage). Mit: Jack Nicholson, Hope Davis, Dermot Mulroney, Kathy Bates, June Squibb, Howard Hesseman, Harry Groener, Connie Ray, Len Cariou u.a. Länge: 120 Minuten. FSK: Freigegeben ab 6 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Warren Schmidt ist frisch pensioniert und hat nun alle Zeit der Welt, um mit seinem Leben unzufrieden zu sein. Als unerwartet seine Frau verstirbt, sieht er nur noch eine wirklich sinnvolle Aufgabe im Leben: Die Hochzeit seiner einzigen Tochter mit ihrem seiner Meinung nach unbrauchbaren Verlobten zu verhindern. In seinem Wohnmobil macht sich Schmidt auf zu einer Reise, die ihm viel mehr über sich selbst eröffnen wird, als er zunächst gedacht hat.


                                                                               



Meinung:
Alexander Payne ist wahrlich einer der interessantesten Regisseure der letzten 15 Jahre, auch wenn er nur wenige Filme in dieser Zeit auf die Kinoleinwände losließ. Dafür merkt man jedem einzelnen von ihnen die absolute Hingabe, die Herzensangelegenheit an. Kein Auftragsregisseur, kein Mann für den prallen Geldbeutel, einfach ein engagierter, motivierter, womöglich (rein aufgrund seines filmischen Outputs interpretiert) sogar leicht kauziger Kerl, der offensichtlich das Herz am rechten Fleck hat. Nah an seinen Figuren, ihren Schicksalen. Mit der notwendigen Portion Humor, Satire, aber – und das ist entscheidend – ohne Häme. Er veräppelt niemanden, kitzelt nur aus den Tücken, den kleinen und großen Schlaglöchern des Alltags, von theoretisch banal („Election“) bis niederschmetternd („The Descendants – Familien und andere Angelegenheiten“) diese oft nicht zu beschreibende Essenz aus Komik und Tragik. Wie das Leben so oft, nicht schwarz oder weiß. Zart-Bitter.


Früher war das alles knackiger.
Mit 66 Jahren fängt das Leben an… oder endet, alles eine Frage der Sichtweise. Für Warren Schmidt ist es Anfang und Ende zugleich. Mit warmen Worten und der gebührenden Ehre in den wohlverdienten Ruhestand geschickt aus seinem Dasein als leitende Kraft einer Versicherungsgesellschaft, oder vor die erschreckend-perspektivlose Tür seines Lebens gesetzt. In fast katatonischer Schockstarre lässt er die Prozedur über sich ergehen, wohl wissend, dass nun das große, schwarze Loch der Bedeutungslosigkeit droht ihn zu verschlingen. Was nun? Dort draußen steht das Schlachtschiff von einem Wohnmobil, angeschafft für den befürchteten, nie ernsthaft in Erwägung gezogenen Tag X, drinnen die alte Frau, in die sich seine Partnerin im Laufe der Zeit verwandelt hat. Die verspätete Midlifecrisis trifft ihn wie einen Vorschlaghammer. Aus die Maus, Feierabend. Vorher war das Leben anstrengend, fordernd, sinnvoll. Nun ist es einfach…ruhig… nutzlos. Das Warten auf das Ende. Für manche unvorstellbar schön, angenehm, frei, für Menschen wie Warren Schmidt das Grauen. Einfach leben um zu existieren, ohne klare, zwingende Aufgabe? Unmöglich. Ein nicht spleeniges, sondern oft tatsächliches Problem von Arbeitstieren, die „plötzlich“ (wie die schockierende Tatsache, dass jedes Jahr am 24.12. wieder Weihnachten ist) nichts mehr zu tun haben. Aus ihrer Sicht. Muss man persönlich nicht, aber kann man realistisch betrachtet durchaus verstehen. Freud und Leid liegen im Leben oft dicht beieinander…Alexander Payne, voilà.


Warren schaut in eine perspektivlose Zukunft...
Auch ohne die Selbstverständlichkeit des Protagonisten als seine eigene zu betrachten, versteht es der Regisseur sie unmissverständlich, hervorragend auf den Zuschauer zu übertragen. Das letzte Ticken der Dienstuhr, das (Akten)Lebenswerk auf dem Müll, die Marotten des eigentlich geliebten Partners als plötzlich unerträglicher Schleifstein, der einen langsam zermürbt. Als Schmidt sich ein Ziel, einen Ausweg aus dieser hässlich-schönen Hölle wünscht, bekommt er es auf die undankbarste Weise serviert. Alles fällt in sich zusammen, jede Konstante, das Nichts ist allgegenwärtiger und in seiner Endgültigkeit präsenter denn je. Was tut man nun? Man lässt das Schlachtschiff zu Wasser, segelt auf die letzte, sinnergebende Mission…und findet, ganz anders als erwartet, darin die Bestätigung für das eigene Dasein. Klingt das anstrengend? Durchaus. Ist es das? Niemals. Alexander Payne kreiert ein herzliches, melancholisches und ein zu nicht geringem Anteil urkomische Roadmovie, das ganz behutsam zwischen Spaß und Ernst wechselt, spielend leichtfüßig, sich nie in auf einer Spur festfährt. Manchmal hat es den Anschein, doch genau im richtigen Moment wird das Ruder nie ruckartig herumgerissen, um diesen fließenden, scheinbar einfachen Pfad zu treffen, der eigentlich unglaublich schwierig ist.


...oder auch mal dumm aus der Wäsche.
Der alles zusammenhaltende Baustein ist (natürlich) Jack Nicholson, der nicht nur eine grandiose Performance abliefert, sondern gleichzeitig ein altes Image demontiert. Hochbegabt, das wusste und hat man oft gesehen, aber auch eitel. Davon ist hier nichts zu sehen. Mad-Jack geht mit seinem Alter, mit dem natürlichen Erscheinungsbild offensiv um, schert sich einen Dreck um sein Ego und diverse Allüren, investiert alles für die Rolle, stemmt den Film auf seinen runzligen Schultern. In diesem Jahrtausend eine seiner unbestritten besten Leistungen, gemeinsam mit "Departed - Unter Feinden" seine letzte auf diesem Niveau , der Ruhestand ist aktuell ja beschlossenen Sache. Sag niemals nie, aber selbst Connery hat das irgendwann gesagt. Ist manchmal auch besser. Aber wenn wir schon über eitel oder nicht sprechen: Die mutigste Szene gönnt Alexander Payne der großen Kathy Bates. Was diese gestandene, sensationelle Darstellerin in ihrem Alter hier wagt, dafür wären sich die meisten weiblichen Stars (30 und mehr Jahre jünger) zu schade…und das für bestimmt eine unverhältnismäßig  gesteigerte Gage. Das spricht sowohl für sie als auch für den Regisseur. „About Schmidt“ ist großes Kino der kleinen, umso wichtigeren Dinge. Nuanciert, nie albern, trotzdem manchmal skurril und wahnsinnig witzig, gleichzeitig bewegend, ohne zu nerven.


Der schönste, wichtigste Moment wird eh am Ende gesetzt. Als die Odyssee schon als unbefriedigender Erfahrungsbericht abgestempelt ist, der müde Warren droht wieder in sein Loch zu fallen, werden ihm die Augen geöffnet. Obwohl klar vorhersehbar, das ist schön. Treffend. Und einfach ehrlich, richtig. Am Ende ist es der ganze Film. Womit wir am Anfang wären…Alexander Payne. Nicht immer Gold, aber nie Blech. Das hier ist Gold.

8 von 10 Briefen nach Tansania

Review: MR HOPPY’S GEHEIMNIS – Roald Dahl’s „Wolke 9“

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Fakten:
Mr. Hoppy’s Geheimnis (Esio Trot)
UK, USA. 2014. Regie: Dearbhla Walsh. Buch: Richard Curtis, Paul Mayhew-Archer, Roald Dahl (Vorlage). Mit: Dustin Hoffman, Judi Dench, James Corden, Richard Cordery, Pixie Davies, Jimmy Akingbola, Geoffrey McGivern u.a. Länge: 88 Minuten. FSK: freigegebe ohne Altersfreigabe. Ab 2. Januar auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Vor fünf Jahren zog sie in den Stock unter Mr. Hoppy, die gutmütige wie freundliche Miss Silver. Sofort verliebt sich Mr. Hoppy in sie, doch er traut sich nicht, ihr seine Liebe zu gestehen. Als Miss Silver eine junge Schildkröte namens Alfie bekommt und Mr. Hoppy erfährt diese – zur Sorge der Besitzerin – nicht wächst, klügelt Hoppy einen Plan aus, um Miss Silver den Wunsch einer ausgewachsenen Schildkröte zu erfüllen.




Meinung:
Der gute, alte Roald Dahl sorgte mit seinen phantasievollen Geschichten nicht nur für volle Bücherregale, sondern mittlerweile auch für überfüllte Filmregale: „Charlie und die Schokoladenfabrik“, „Der Lorax“, „Der Grinch“, „Ein Kater macht Theater“ und viele, viele mehr haben den Namen Roald Dahl auch abseits von Papier und Buchdeckeln populär gemacht, auch wenn nicht alle Verfilmungen seiner Werke auf Gegenliebe stoßen. Mit „Mr Hoppy’s Geheimnis“ kommt jetzt eine weitere Geschichte aus seiner Feder in Form eines Films zu uns. Diesmal allerdings ohne einen deutschen Kinostart, trotz prominenter wie exquisiter Besetzung mit Judi Dench („James Bond 007 – Casino Royale“) , Dustin Hoffman („Die Reifeprüfung“) und Newcomer James Corden („Into the Woods“), der hier als begeisterter Erzähler fungiert.

 

Mr. Hoppy und die Liebe seines Spätlebens: Miss Silver
Woran dieser Verzicht einer Kinoauswertung liegt? Wahrscheinlich daran, dass der Film in den USA lediglich fürs Fernsehen produziert wurde. Das ist ihm auch durchaus anzumerken, trotz allem wirkt der weitestgehend hochklassig gefilmt und umgesetzt und außerdem, wer schaut schon auf technische Details, wenn Judi Dench und Dustin Hoffman mit sichtbarem Spaß am Spiel zu sehen sind. Der gesamte Film verfügt durchaus über einen verspielten Charme, eingefangen in hellen wie freundlichen Bildern und eine zweckmäßigen wie dezenten, sommerlichen Soundtrack. Das Problem mit welchem sich „Mr Hoppy’s Geheimnis“ herumschlägt ist, dass sich die einzelnen Ingredienzien nicht zu einem homogenen Ganzen vereinen. Die Mischung aus altersgeprägter Romanze und dezent chaotischer Komödie ergibt ein Alltagsmärchen, welches sich weidet in der Form ergebener Künstlichkeit. Das ist nur bedingt unterhaltsam und verliert nach und nach auch seine anfängliche Liebenswürdigkeit. Es verkommt zu einer steifen Angelegenheit, dem Abklappern einer festgelegten Route. Natürlich ist dies das Geheimnis vieler, nicht sogar aller Spielfilme, aber bei „Mr Hoppy’s Geheimnis“ spürt man regelrecht, wenn die Screenwriter (u.a. Richard Curtis, Regisseur von „Tatsächlich Liebe“) die Seite des Drehbuchs wechseln.


„Mr Hoppy’s Geheimnis“ bietet dafür aber auch wunderbare Stärken. Der Umgang mit der Alters-Thematik ist erfrischend und wird nicht nur auf Gebrechen und Tod reduziert. Wenn sich Dustin Hoffman wie ein Kind in Dame Judi Dench verliebt, so stillt dies ohne Weiteres unseren Wunsch nach alltäglicher Magie und Reinheit. Manchmal wirkt „Mr Hoppy’s Geheimnis“ ein wenig wie die Roald Dahl-Version von Andreas Dresen Liebesdrama „Wolke 9“. Ein hinkender aber kein abwegiger Vergleich. Aber keine Sorge, der Film von Regisseurin Dearbhla Walsh, die zuvor hauptsächlich britische Serien wie „Borgia“ oder „Shameless“ inszenierte, kommt ohne sonderliche Körperlichkeit aus.


5 von 10 faslchen Bussen