Review: ELYSIUM - Eine dystopische Idylle soll Leben retten



Fakten:
Elysium
USA, Kanada, Mexiko. 2013. Regie: Neill Blomkamp. Buch: Neill Blomkamp. Mit: Matt Damon, Jodie Foster, Sharlto Copley, Alice Braga, Diego Luna, Wagner Moura, William Fichtner u.a. Länge: 109 Minuten. FSK: Ab 16 Jahren freigegeben. Im Kino.


Story:
Während im Jahr 2154 auf Elysium die Reichen ein Leben im Paradies genießen können, müssen die übrigen Milliarden von Menschen auf der Erde ein trauriges Dasein zwischen Krankheiten und Armut fristen. Unter ihnen Max (Matt Damon), ein ehemaliger Krimineller, der versucht ein normales Leben zu führen. Doch nach einem Arbeitsunfall hat Max nur noch fünf Tage zu leben, lediglich ein Flug in das verbotene Elysium könnte ihn retten. Mit Hilfe einiger „Rebellen“ und ihm eingepflanzter Stahlarme will Max sein Glück versuchen. Doch die Verteidigungsministerin Delacourt (Jodie Foster) will das mit allen Mitteln verhindern, denn sie verfolgt ihre eigenen Pläne.




Meinung:
Der südafrikanische Regisseur Neill Blomkamp tauchte 2009 mit seinem Science Fiction-Film „District 9“, in dem er im Doku-Stil aktuelle politische Themen wie Rassentrennung und Ausbeutung anderer mit Action kombiniert, wie ein neuer Stern am Himmel auf und landete damals einen großen Überraschungserfolg. Nun steht mit „Elysium“ sein zweiter Spielfilm an und wieder scheinen Themen und Umsetzung ähnlich zu sein. Denn abermals zeigt er spektakuläre Actionszenen und erneut ist Rassentrennung ein zentrales Thema im Film. Doch diesmal sind es keine Aliens, die von den Menschen als Arbeitskräfte missbraucht werden, bis sie die Revolte planen, sondern die Menschen haben sich untereinander aufgespalten. Der große Teil der Erdenbevölkerung im Jahr 2154 lebt weiterhin auch auf dem blauen Planeten, mit Krankheiten, Kriminalität, Armut und Gewalt. Die oberen Zehntausend haben sich, um diesem Elend zu entfliehen, abgesetzt und mit „Elysium“ einen eigenen, sternförmigen Planeten geschaffen, auf dem sie nun in ihrer eigenen Idylle ohne Verbrechen und Dank der „Medi-Bänke“ auch ohne Krankheit und Verletzungen leben können – und vor allem ohne den Abschaum von der Erde.


"Du bleibst hier, Freundchen!"

Schon optisch wird der Unterschied zwischen den beiden Klassen deutlich. Auf der einen Seite Elysium, in grün- und weiß-Tönen gehalten, mit reiner Luft, prachtvollen Villen, wunderbaren, grünen, saftigen Gärten, die Architektur ist modern gehalten, alles ist auf dem neuesten Stand der Technik. Ganz im Gegensatz dazu die Erde, die am Beispiel von Los Angeles im Jahr 2154 gezeigt wird. Die gigantischen Hochhäuser sind halb zerfallen, die dazugehörigen Stadtviertel mindestens genauso. Die Stadt ähnelt den Slums unserer heutigen Großstädte, alles ist braun und dunkel, staubig und dreckig. Auch auf der Erde ist Technik vorhanden, doch die wird von Elysium kontrolliert, seien es Roboterpolizisten oder gigantische Firmen, in denen ohne Rücksicht auf menschenwürdige Verhältnisse nur Leistung gefordert wird, um den Reichtum und Lebensstil der Elysianer weiter aufrecht zu erhalten. Beide Welten werden von Blomkamp und seinem Kameramann Trent Opaloch herausragend eingefangen und mit großartigen Bildern garniert, jede aber auf seine Art. Die Filmmusik von Ryan Amon reiht sich ebenso gut in das Ensemble ein, wenn die sterile, moderne, reiche Welt mit klassischer Klavier- und Geigenmusik unterlegt wird, während auf der Erde ein basslastiges, schweres Brummen dominiert, das nicht selten an Hans Zimmer erinnert. Alles zusammen vermittelt eine gute Stimmung und lässt den Zuschauer eine gute Atmosphäre spüren.


Eng mit der optischen Seite des Films verbunden sind die Actionszenen und davon gibt es in „Elysium“ nicht gerade wenig. Dabei versucht Blomkamp variabel zu bleiben. Er mischt spektakuläre Sprünge, wilde Schießereien und Zeitlupensequenzen auf der einen mit brutaler, roher Gewalt  und Faustkämpfen auf der anderen Seite. Gemeinsam haben diese Szenen, dass sie durch manchmal schnelle Schnitte und besonders eine wacklige Kamera zwar zusätzlich Dynamik in den Film bringen, der das in der Form eigentlich nicht nötig hat, allerdings wird es auch oft zu viel und als Zuschauer kann man sich leicht an dieser unübersichtlichen Darstellung stören. Ein weiteres verbindendes Element sind Gewalt und Brutalität. Spritzendes Blut, gebrochene Gliedmaßen, zerfetzte Körper und zermatschte Gesichter sind keine Seltenheit. Und in der Masse vielleicht auch hier etwas zu viel.


Bei aller Technik - es zählen auch Muskeln und Grips
Größere Abzüge bekommt „Elysium“ ausgerechnet da, wo der Film doch eigentlich eine hervorragende Basis gelegt hat – beim Drehbuch. Natürlich bekommt der Zuschauer die Unterschiede zwischen arm und reich mit, das ist nicht schwer. Aber leider wird besonders das Leben auf Elysium viel zu oberflächlich abgehandelt. Nur ganz wenig erfährt man über dieses Idyll im Weltraum und wenn, dann vor allem Szenen im Regierungsgebäude, die vom eigentlichen Leben nur sehr wenig preisgeben. Die neue Technologie wird für meinen Geschmack zu wenig erklärt, nicht eingeführt, sie ist einfach da und gut. Aber so schlimm ist das noch nicht, viel ärgerlicher ist hingegen, dass auch die Geschichte an sich zu oberflächlich und zu kurz abgehandelt wird. Das gilt vielleicht noch nicht für die erste Hälfte des Films und dort vor allem für die Szenen auf der Erde, sondern vor allem für die letzte halbe Stunde, bei der eine Wendung die nächste jagt, ohne Sinn, ohne Grund und ohne Erklärung. Auf einem angeblich so gut geschützten Planeten wie Elysium gibt es anscheinend so gut wie keine Sicherheitskräfte, die im Showdown eingreifen könnten, Söldner drehen einigermaßen plötzlich durch und man erkennt schon sehr früh, wie die Geschichte verlaufen und auch enden wird. Da ist viel Luft nach oben gelassen worden.



Auch Chuck Norris ist mit von der Partie
Schauspielerisch erfindet der Film das Rad leider auch nicht gerade neu. Ja, Matt Damon als Hauptperson Max spielt den Helden, der nicht nur sich sondern die ganze Menschheit retten soll, ganz gut, aber auch nur so, wie man es von ihm gewohnt ist. Jodie Foster schafft es auch nur phasenweise, den kalten, bösen Charakter von Verteidigungsministerin Delacourt gänzlich an die Oberfläche zu bringen. Sharlto Copley, ein guter Freund von Regisseur Neill Blomkamp, mimt einen Mörder im Auftrag der Regierung Elysiums. Zwar erinnert er optisch stark an Chuck Norris, aber an die Coolness kommt er bei weitem nicht heran, nervt manchmal sogar durch z übertriebenes Spiel. An der Leistung von Alice Braga, die die hübsche Frey verkörpert, ist nichts zu mäkeln und auch William Fichtner macht einen guten Job als arroganter Firmenchef aus Elysium. Schlimmer hingegen sind einige Nebenrollen, die durch überzogene Darstellungen schon nach kurzer Zeit tierisch zu nerven beginnen.


Neill Blomkamps zweiter Spielfilm „Elysium“ ist trotz seiner Mängel ein spannender, actiongeladener Film geworden, bei dem man aufgrund der Bilder in diese dystopische Zukunftsvision eintauchen kann. Daher bleibt auch am Ende schönes und unterhaltsames Popcorn-Actionkino stehen, das aber vor lauter optischen Reizen vergisst, welche Möglichkeiten eigentlich vorhanden waren. Am Ende fragt man sich als Zuschauer unweigerlich, warum die Geschichte nicht besser erzählt wurde. Warum nicht näher auf die Zweiklassengesellschaft eingegangen wurde, warum nicht härter politische Missstände kritisiert wurden, warum ethische Fragen (wie das Problem der Schaffung eines „perfekten Menschen“ – schön, intelligent, gesund, reich) nicht näher behandelt wurden. Und warum die Geschichte in ihrem bereits sehr begrenzten Raum nicht ein wenig besser ausgestaltet wurde.


6,5 von 10 Roboterarme am Menschenkörper

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