Review: SOUL KITCHEN - Die Seele isst mit

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Fakten:
Soul Kitchen
BRD, 2009. Regie: Fatih Akin. Buch: Fatih Akin, Adam Bousdoukos. Mit: Adam Bousdoukos, Moritz Belibtreu, Anna Bederke, Pheline Roggan, Birol Ünel, Dorka Gryllus, Wotan Wilke Möhring, Lucas Gregorowicz, Demir Gökgöl, Cem Akin, Marc Hosemann, Udo Kier, Monica Bleibtreu u.a. Länge: 99 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Mehr schlecht als recht betreibt Zinos in Hamburg das Restaurant "Soul Kitchen", welches nur mit reichlich gutem Willen als solches bezeichnet werden kann. In lieblosem Ambiente werden den wenigen Stammgästen auf Sperrmüllmöbeln billige Frikadellen und zu Tode frittierter Tiefkühlfisch vom wenig motivierten Personal serviert. Mehr als die nicht vorhandene Qualität seines Ladens beschäftigt Zinos derzeit die Tatsache, dass seine Freundin Nadine beruflich nach Shanghai zieht. Dann überschlagen sich die Ereignisse: Zinos verpflichtet den jähzornigen, aber hochtalentierten Koch Shayn, der die armeelige Speisekarte gehörig umkrempelt. Dann steht auch noch Zinos Bruder Illias vor der Tür, der für den regelmässigen Knast-Freigang eine feste Anstellung braucht. Schliesslich tritt auch noch sein alter Schulkamerad Thomas an ihn heran. Der windige Immobielenhai will unbedingt sein Grundstück erwerben. Zinos möchte eigentlich nur noch irgendjemanden die Geschäftführung für seine Totgeburt aufdrücken, um zu Nadine nach Shanghai reisen zu können, aber plötzlich brummt der Laden.


                                                                                      
                                                                                     


Meinung:
Mit unendlich viel Charme gesegnet erzählt Fatih Akin in seinem reinen Feel-Good-Movie "Soul Kitchen" eine Geschichte voller sympathischer Loser in der grossen Hansestadt. Allen voran Zinos (der auch am Script beteiligte Adam Bousdoukos, authentisch, leider manchmal etwas schwer zu verstehen), der Betreiber eines nicht mal mittelmässigen "Restaurants" namens "Soul Kitchen". Klingt nach viel Liebe und Seele, ist dabei nur altes Fritten-Fett und warmes Astra. Durch allerlei Zufälle und unfreiwillig-glückliche Spontan-Entscheidungen wird aus dem Loch eine Goldgrube, nur wer schnell und unüberlegt zum grossen Glück kommt, verliert es in der Regel noch schneller. Siehe hier.


Das letzte Abendmahl?
Der muffige, trotzdem (oder gerade deshalb?) liebenswerte Stallgeruch von Möchtegern-Gastronomen, Gaunern und den bösen Schleimern mit dem dicken Geldbeutel wird sicher an vielen Stellen sehr überspitzt, dennoch irgendwie gut beobachtet rübergebracht. Wie in jeder guten Satire schlummert darin viel Wahrheit, auch wenn ich Akin gar nicht mal unterstellen will, dass "Soul Kitchen" eine Satire im klassischen Sinn sein soll. Ganz bestimmt sogar nicht. Nur eins will sein Film: Unterhalten, ein Lächeln auf's Gesicht zaubern, einfach für einen relaxten Ausflug in ein Millieu einladen, in dem Herzblut über dem Verstand und (bisweilen) auch der Realität steht. Diese Mischung passt nicht immer, aber oft genug hervorragend.

 


Eine Küche ist kein Ponyhof
Natürlich ist das zum bersten überkonstruiert, nur muss eine Komödie sich daran messen lassen? Nicht zwingend, besonders wenn da so viel Liebe zum Detail drinsteckt. Jede Figur ist eine Karikatur, manche mehr, manche weniger. Nur im Kern trifft Akin oft das, auf was sich jede Karikatur im Idealfall stützen sollte: Die Realität. Und gewisse Albernheiten mal hin der her, denn manchmal geht "Soul Kitchen" mit leicht plattem Klamauk einfach zu weit, da gibt es so viele tolle Momente, schrullige Charaktere (ganz besonders: Birol Ünel als durchgeknallt-genialer Küchenchef und Demir Gögköl als verschrobener Schiffsbau-Opa) und dem Witz wie dem Herz am rechten Fleck. Unterlegt von einem genial zusammengestellten Soundtrack kommt aus der "Soul Kitchen" ein schmackhaftes Gericht mit Leib und Seele, das, wie seine Figuren, manchmal etwas überhastet handelt, dem deshalb daraus aber kaum ein Strick gedreht werden sollte. 


Richtig sympathisch, extrem locker im Abgang und mit sichtlich Freude gemacht. Keine Sterne-Küche, aber bestimmt ein Stammlokal.


7,5 von 10 Baumrinden-Aphrodisiaka

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