Fakten:
Oscar
FR, 1967. Regie: Édouard Molinaro. Buch: Jean Halain,
Édouard Molinaro, Louis de Funès, Claude Magnier (Vorlage). Mit: Louis de Funès,
Claude Rich, Mario David, Germaine Delbat, Claude Gensac, Agathe Natanson,
Dominique Page, Paul Préboist, Sylvia Saurel, Philippe Vallauris, Roger Van
Hool u.a. Länge: 80 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD erhältlich.
Story:
Dieser Morgen dürfte für den reichen Geschäftsmann Bertrand
Barnier der anstrengendste seines Lebens sein. Sein Angestellter Christian steht
unverhofft vor der Tür und fordert keck eine Verdopplung seines Gehalts. Der
Grund: Er will Bertrand´s Tochter heiraten, die er seit 1 ½ Jahren bereits
heimlich trifft. Bertrand ist außer sich, aber es kommt noch dicker: Christian
gesteht, ihm eine stattliche Summe des am Fiskus vorbeigeschleusten Geldes der
Firma gestohlen zu haben und droht mit einer Anzeige, sollte er nicht seinen
Segen bekommen. Und das ist erst der Anfang einer kuriosen Ereigniskette…
Meinung:
-„Nein!“
-„Doch!“
-„Ohhh…!“
Louis de Funès voll in seinem Element. Der legendäre Komiker
tanzt bei „Oscar“ so nah am Rande des Herzinfarkts wie wohl selten bei seinen
unzähligen Filmen. Niemand konnte derartig hingebungsvoll durchdrehen wie der
große de Funès und die Verfilmung des Bühnenstücks von Claude Magnier bietet
ihm die perfekte Bühne. Schon in der Vorlage spielte de Funès die Hauptrolle, wurde
damit zum Star und ganz ehrlich, niemand anderes als er wäre vorstellbar.
Sprachlos wird er höchst selten... |
Seine Theaterherkunft kann und will der Film von Édouard
Molinaro gar nicht verleugnen. Nur ein Setting, ohne zeitliche Sprünge in der
Handlung, gerade dadurch entwickelt „Oscar“ ein sagenhaftes Tempo, das nicht
nur de Funès kaum Zeit zum Luftschnappen zwischen seinen zahllosen Ausrastern
und Kapriolen lässt. Mehr oder weniger ein Kammerspiel, obwohl die Kammer hier
mit der im schrillen 60er-Hippster-Deko ausgestatteten Villa etwas
ausschweifender angelegt ist. Eine Tour de Force, die Chaostheorie vorgeführt
in mehr als turbulenten 80 Minuten. Die Ereignisse überschlagen sich und mitten
drin der cholerische Hans-Dampf, der den hektischen Laden mit seinem
unnachahmlichen Talent zusammenhält. Ohne de Funès wäre der Film kaum die
Hälfte wert. Das rasante Verwirrspiel, in dem gefühlt jeder mal irgendwann
jeden ehelichen soll, Koffer im Minutentakt vertauscht werden und man seinen
Gegenüber kaum vernünftig übers Ohr hauen kann bevor man selbst wieder unter
Zugszwang steht, ist auf seinen Rumpelstilzchen-Star zugeschnitten und
gleichzeitig angewiesen. Mit seiner gottgegebenen Gestik, Mimik und vollstem
Körpereinsatz zappelt sich der Louis durch das rasante Treiben, feuert einige
unfassbare Angriffe auf das Zwerchfell ab und überspielt damit locker die ein
oder andere peinliche Slapstickeinlage oder kurze Rohrkrepierer. Der restliche
Cast gibt wie gewohnt Stichworte und heizt die Situationen nur wieder an, die
Kohlen holt der Meister dann höchstpersönlich aus dem Feuer.
Manche Gags sind dezent affig, alles komplett überzeichnet,
diese Ausrutscher fuchtelt de Funès spielend in den Hintergrund. Im Gegensatz zu
so manchen seiner Vehikel basiert „Oscar“ sogar auf einem smarten Skript, dass
nicht nur für einige bissige, pointierte Dialoge sorgt (sogar in der deutschen
Synchro, speziell bei französischen Filmen nicht so einfach), sondern durch
seine hohe Schlagzahl an immer neuen, strapazierenden 180-Grad-Drehungen für mächtig
Bambule sorgt. Zwischendurch mal kurz auf die Toilette gehen ist ohne
Pausetaste fatal, ein bis zwei neue Baustellen in dieser furiosen Wundertüte
werden mindestens verpasst. Gerade das zeichnet diesen Film - neben seinem
Hauptdarsteller - aus. Ein Feuerwerk,
natürlich auch mit unspektakulären Knallfröschen, gleichzeitig mit Gag-Raketen,
die noch glühen wenn schon die nächste Lunte brennt. Der gesamte Wahnsinn wird
in einem Zitat wunderbar auf den Punkt gebracht: „Oscar, der hat den Schmuck
des Dienstbolzen mitgehen lassen und jetzt forscht er am Südpol, denn er
erwartet ein Kind in einem Koffer…Und mit der Mitgift gehen Sie in die Sauna!“
Alles klar? Nicht? Herzlich willkommen. Eine scharfe Granate mit extrem kurzer
Zündschnur, bei „Oscar“ folgt ein Einschlag auf den nächsten und das sollten sich
nicht nur Fans des quirligen Franzosen nicht entgehen lassen.
7,5 von 10 unerwünschten Büstenhaltern
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen