Review: SON OF A GUN – GOLD IST DICKER ALS BLUT – Von Schimpansen und Bonobos



Fakten:
Son of a Gun – Gold ist dicker als Blut
Australien. 2014. Regie und Buch: Julius Avery. Mit: Brenton Thwaites, Ewan McGregor, Alicia Vikander, Jacek Koman, Damon Herriman, Peter Nevas, Matt Nable, Tom Budge u.a. Länge: 108 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Ab 14. April 2015 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Glück im Unglück für den 19jährigen JR: Nachdem er für sechs Monate ins Gefängnis muss, gelingt es ihm, dass der inhaftierte Gangster Brendan Lynch ihn unter seine Fittiche nimmt und auf ihn aufpasst. Doch diese Sicherheit kostet JR einiges. Nach seiner Entlassung muss er Brendan helfen auszubrechen. Ein riskanter Plan, doch nicht so riskant wie der große Coup, den der Gangster danach durchführen will.





Meinung:
Wenn man wegen eines Schafs gehängt wird, sollte man es vorher wenigstens ficken.“
In der Mitte des Films kommt es zu einer Szene, in der sich der räuberische Kopf der Bande, Brendan (Ewan McGregor, „Mortdecai – Der Teilzeitgauner“), in gar philosophische Höhen zu schwingen gedenkt, um das 19-jährigen Greenhorn JR (Brenton Thwaites) darüber zu unterrichten, dass sich die Menschen auf Mutter Erde in nur zwei Klassen differenzieren lassen: Die, die dem Schimpansen abstammen und die, die dem Bonobo abstammen. Die Schimpansen wissen sich in der Notlage mit äußerster Gewalt Luft zu verschaffen und schrecken nicht einmal davor zurück, ihre Familienmitglieder kaltblütig umzubringen, während Bonobos sich lieber zum Kuscheln und Kopulieren zusammenfinden. JR jedenfalls wird von Brendan zum Bonobo erklärt, mit der netten Information, dass diese ja schließlich nicht umsonst vom Aussterben gefährdet seien. Um Affen geht es in „Son of a Gun – Gold ist dicker als Blut“ darüber hinaus eher weniger, auch wenn der bärtige Ewan McGregor zeitweise in vulgärer Rhetorik brüllt, als wären ungebetene Gäste in seinen Dschungel vorgedrungen.


So ein Überfall kann schnell zum Affentheater werden
Julius Avery hingegen möchte altmodisches Männerkino inszenieren, hat vermutlich auch den ein oder anderen Film von Michael Mann, Martin Scorsese oder Don Siegel gesehen, vermag seinen renommierten Vorbilder aber zu keiner Zeit neue Facetten abringen – geschweige denn sich auf dessen suggestives Niveau aufschwingen. Was beginnt wie ein handelsüblicher Gefängnisfilm, der die Etablierung/Akklimatisierung des Neulings hinter schwedischen Gardinen dokumentiert, eben auch mit all den Mythen, die wir eigentlich schon seit dem Sylvester-Stallone-Vehikel „LockUp – Überleben ist alles“ leid sind, wandelt sich recht zügig zum verquatschen Heist-Thriller, in dem der unbescholtene JR mit dem berüchtigten Verbrecher Brendan anbandelt und sich in gemeinsamer Sache (bei Gelingen) einige Goldbarren unter den Nagel reißen darf. Die obsolete Erzählmechanik von „Son of a Gun – Gold ist dicker als Blut“ stellt es von Beginn an kaum zur Debatte: Nein, Überraschungen wird man hier nicht erleben, und selbst vom atmosphärischen Genre-Flic sind wir – abgesehen von einigen elaborierten Kamerafahrten – ebenfalls weit entfernt.


Son of a Gun – Gold ist dicker als Blut“ hingegen scheint vollends Beschäftigung darin gefunden zu haben, ausgebrannte Klischees in Reih und Glied zu formieren und damit den mehr als ausgedienten Twists Auftrieb zu verleihen, anstatt sich um die zweifelsohne vorhandene, aber permanent auf Sparflamme köchelnden Dynamik zwischen dem unerfahrenen JR und dem unberechenbaren Brendan zu kümmern und diese konsequent zu grundieren. Derart verklausulierter Thrill hat selbstverständlich kaum eine Chance, Emotionen jeglicher Couleur in seiner Zuschauerschaft zu schüren, stattdessen muss man sich unterwältigt ob der transparenten Dramaturgie präsentieren und im selben Schritt die berechtigte Frage stellen, wo denn eigentlich der interessante Filmemacher Julius Avery im Dunstkreis dieser so ausgeblichenen Standardisierung geblieben ist, der noch für sein Jugenddrama „Jerrycan“ international honoriert wurde (u.a. auch in Cannes)? Man sollte dann doch besser bei David Michods „The Rover“ bleiben, der veranschaulicht nämlich tadellos, in welcher Lage das (moderne) Aussie-Kino so ist.


4 von 10 fotografierten Babybäuchen


von souli

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