Review: LANG LEBE CHARLIE COUNTRYMAN - Auf der Suche nach dem großen Glück



Fakten:
Lang lebe Charlie Countryman (The Necessary Death of Charlie Countryman)
USA, RO, 2013. Regie: Frederik Bond. Buch: Matt Drake. Mit: Shia LaBeouf, Evan Rachel Wood, Mads Mikkelsen, Til Schweiger, Rupert Grint, James Buckley, Ion Caramitru, Vincent D'Onofrio, Melissa Leo u.a. Länge: 99 Minuten.
FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Ab 20. Februar auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Der Tod seiner Mutter wirft den ohnehin schon sehr ziellosen Charlie total aus der Bahn. Noch in der Klinik erscheint ihm seine Mutter mit einer letzten Nachricht: Er soll nach Bukarest reisen. Warum ist erstmal nebensächlich. Gesagt, getan. Im Flugzeug kommt Charlie mit Victor ins Gespräch, der kurz danach ebenfalls das Zeitliche segnet. Auch er hat noch einen letzten Wunsch post-mortem geäußert: Seiner Tochter Gabi ein Geschenk überbringen. Charlie ist vom ersten Moment verzaubert von der jungen, hübschen, allerdings auch sehr melancholischen Frau. Der Beginn einer zarten Romanze, wenn da nicht Gabis Noch-Ehemann Nigel und sein Kollege Darko wären, zwei berüchtigte Killer.





souli’s Meinung:
Ein junger Mann sackt auf dem Krankenhausflur zusammen, die Haare zottelig, der Bart ungepflegt, die Klamotten fleckig. Sein Atem stockt, nachdem er wenige Sekunden zuvor Zeuge vom Tod seiner Mutter wurde. Doch bevor er sich in einen paralysierenden Zustand tiefer Trauer stürzen kann, bekommt er ein letztes Mal Besuch von seiner Mutter aus dem Jenseits – Und wird unter Tränen auf eine Reise in die rumänische Hauptstadt geschickt. In welch prekäre Situation ihn dieser Auftrag aber bringt, zeigt bereits die Eröffnung, in der dieser junge Mann, der übrigens der titelgebende Charlie Countryman ist und von Shia LaBeouf wirklich beachtlich verkörpert wird, kopfüber mit blutverschmierten Visage an einem Seil in luftiger Höhe baumelt. Bis dahin weiß Fredrik Bonds „Lang Lebe Charlie Countryman“ wirklich zu gefallen und weckt die Lust herauszukommen, wie sich unser Hauptakteur nur in diese missliche Lage manövrieren konnte. Das Problem aber wird relativ schnell deutlich: Fredrik und sein Autor Matt Drake wollen einfach zu viel und muten nicht nur sich, sondern auch dem Zuschauer  viel zu viel zu.


Ein Foto von unserer letzten Weihnachtsfeier
Der Plot kennt keinen Stillstand und scheucht unseren Charlie Countryman von einer chaotischen Situation in die nächste, skurrile Gestalten sind da natürlich inbegriffen. Warum sich „Lang Lebe Charlie Countryman“ aber wie ein Dampflok durch den von neonfarbenden Drogendschungel von Bukarest poltert, obwohl der Film zu Anfang noch den Eindruck einer ruhigen, sensiblen Charakter-Dramas mit Selbstfindungsambition erweckt, lässt sich ganz eindeutig am jeweiligen Kunstverständnis des Regisseurs erklären, der möglichst stylische Bilder des Nachtlebens bevorzugt und seine Hauptfigur durch penetrante Akustikcollagen erdrückt, anstatt sich auf ihr Inneres einzulassen. „Lang Lebe Charlie Countryman“ ist ein seltsam unausgegorenes Konglomerat aus surrealen Märchenanleihen, überkandidelter Gangsterpose und artifiziellem Liebesgedöns in geleckter MTV-Poesie. Ein trendiges Nichts von Film, überlagert von potenziell netten Ideen, die angeschnitten, aber nicht zu Ende gedacht werden: Jenes Potenzial zerbricht durch die unzähligen Schlaglöchern des holprigen Drehbuchs.


Der einzige erkennbare Grund, warum man sich „Lang Lebe Charlie Countryman“ wirklich anschauen könnte, ist die Leistung von Shia LaBeouf, der Rest des Casts (Mads Mikkelsen, Til Schweiger, Evan Rachel Wood, Rupert Grint, Vincent D'Onofrio) bleibt weitestgehend unterfordert oder kann es eben einfach nicht besser.


3,5 von 10 Botschaften aus dem Totenreich


Liebe und Schmerz. Sie gehören zusammen wie souli und Jacko


Jacko’s Meinung:
Die Independent-Produktion von Regie-Debütant Frederik Bond will sicherlich ein ganz besonderer, kleiner Film sein, der als Geheimtipp gehandelt werden möchte. Da wird sich bewusst nicht auf ein Genre festgelegt, verschiedenste Zutaten in den Topf geworfen und möglichst unkonventionell zusammengerührt, nur kommt dabei kein homogenes Ganzes heraus. Wie sein Protagonist wirkt das Skript von Matt Drake fast über die gesamte Laufzeit sehr planlos und lässt sich, ihn und uns mit gezwungener Leichtfüßigkeit durch die Bukarester Nacht taumeln. In erster Linie eine Romanze zweier trauriger Außenseiter, die aufgrund ihrer sozialen und gesellschaftlichen Defizite wie geschaffen für einander scheinen, aber selbstredend ist das in so einem Film alles nicht so einfach. Gut und schön, ist allerdings lange nicht so besonders wie es wohl gerne wäre, auch davon gibt es reichlich ähnliche Kollegen mit mehr Strahlkraft und besonders Inhalt. Zu unentschlossen schmückt sich die träumerisch-melancholische Geschichte dazu mit halbgaren Fantasy-Einlagen, klobig eingestreuten und nicht gerade zündenden Humor-Spritzern (Rupert Grint mit Dauerlatte, na ja...) und harter Gangsterthematik, welche das Finale dann dominiert. Da kommt wenigstens mal etwas Pepp in die vor sich hin blubbernde Handlung und es gelingt zumindest eine wirklich rundum gelungene Sequenz (die Verfolgungsjagd, mit einem grandiosen Track von Moby).


Auf der Flucht: Charlie Countryman
In solchen Momenten schimmert durch, dass es wohl nicht an Frederik Bond liegt, der bei seinem Erstling durchaus Talent erkennen lässt. Wenn der Mann in Zukunft ein besseres Buch in die Finger bekommen sollte, darf man gespannt sein. Und – wenn er sich nicht gerade wieder auf roten Teppichen zum Affen macht – auch auf das, was Shia LaBeouf uns in nächster Zeit noch zeigen wird. Nach seinen klaren Leistungssteigerungen in Filmen wie (dem sonst durchschnittlichen) „Lawless“ und Robert Redfords „The Company You Keep – Die Akte Grant“ kann er wieder durch einen gelungenen Auftritt überzeugen. Gleiches gilt für Evan Rachel Wood, wobei (natürlich) der kantige Däne Mads Mikkelsen jede seiner Szenen spielend für sich einnimmt. Als heftiger Kontrast dazu sein Killer-Kompagnon Darko alias Til Schweiger, der sich mal wieder in eine internationale Produktion geschummelt hat und das mit seinen gewohnten, erschreckend limitierten Mitteln runtereiert. Wenn man dann sieht, dass ein Vincent D’Onofrio nur einen Kurzauftritt als Charlies Vater hat...


„Lang lebe Charlie Countryman“ hat seine Momente, die jedoch in dem Brei aus viel gewollt und wenig gelungen nur kleine Ausreißer. Zwischenzeitlich viel zu lange total belanglos und schläfrig vorgetragen. Nicht der Rede wert.


4 von 10 Dauerständern in Bukarest.

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