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Review: CONJURING 2 – Geisterjagd, die Zweite!

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Fakten:
Conjuring 2 (The Conjuring 2)
US. 2016. Regie: James Wan. Buch: Chad Hayes, Carey Hayes, James Wan, David Leslie Johnson. Mit: Vera Farmiga, Patrick Wilson, Madison Wolfe, Frances O’Connor, Simon McBurney, Maria Doyle Kennedy, Franka Potente, Sterling Jerins u.a. Länge: 134 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Im Kino.


Story:
England, 1977. Die alleinerziehende Mutter Peggy lebt mit ihren vier Kindern in einem Haus in Enfield. Immer wieder kommt es nachts zu mysteriösen Vorkommnissen, die sich immer Laufe der Zeit stetig verschlimmern. Das ruft zahlreiche Geisterforscher und Dämonologen auf den Plan, darunter auch Ed und Lorraine Warren, die nach einem besonders schwierigen Fall in Amityville jedoch auch noch mit eigenen Problemen zu ringen haben.




Meinung:
Es ziemlich genau drei Jahre her, dass James Wans Horrorfilm „Conjuring“ in den internationalen Kinos lief und einen nicht zu verachtenden Hype generierte. Was für viele Zuschauer der beste Horrorfilm der letzten Jahre ist, stellt für andere einen völlig überbewerteten Streifen dar. Unbestritten ist jedoch der finanzielle Erfolg, und deswegen war es auch nur eine Frage der Zeit, dass uns nach dem letztjährigen Spin-off „Annabelle“ nun die offizielle Fortführung „Conjuring 2“ in den Kinos erwartet.


Geister sorgen gerne mal für Unordnung!
Zunächst macht „Conjuring 2“ da weiter, wo sein Vorgänger aufgehört hat. Einige Jahre nach dem Spuk in Rhode Island heißt es bei den Geisterjägern Ed und Lorraine Warren business as usual und sie ziehen weiterhin kreuz und quer durchs Land um Familien von dämonischen Erscheinungen zu befreien. Zeitgleich richtet der Film sein Augenmerk auf eine Familie in Enfield, die erwartungsgemäß ebenfalls den typischen Kreislauf der Haunted-House Heimsuchungen durchmacht. Was mit weggezogenen Decken, knarrenden Türen und Stimmen in der Dunkelheit beginnt, nimmt alsbald extremere Züge an. Aufgrund Wans gekonnter Regie erzeugt der Film dadurch immer wieder unheimliche Momente und sorgt stellenweise sogar für Gänsehaut. Überraschenderweise erreicht „Conjuring 2“ seinen Höhepunkt dabei schon gegen Ende der ersten Hälfte, noch bevor die Geisterjäger überhaupt in England ankommen. Das macht die erste Stunde des Films zu einer spürbar konzentrierten Steigerung an wirkungsvollen Horrorszenen, obgleich sich Wan einmal mehr etwas zu sehr auf Jump Scares verlässt. Atmosphärisch dicht, stilsicher inszeniert und stellenweise wirklich schaurig könnte die erste Hälfte daher fast schon als eigener Film fungieren. Dass „Conjuring 2“ danach noch über eine Stunde dauert, spricht dann leider doch gegen den Film.


Nur ein Gemälde?
Denn sobald die selbsternannten Geisterjäger Ed und Lorraine in Enfield ankommen, gerät der Film zusehends aus dem Gleichgewicht. Immer wieder wiederholt Wan dann seine Spuksequenzen, bis sich die Heimsuchung letztlich erschöpft hat und jeglicher Wirkung im Nichts verpufft. Dazu streut der Regisseur immer wieder persönliche Elemente der Figuren mit ein und zieht das Ganze dadurch nur weiter in die Länge. Es hat durchaus seinen Grund, dass Filme dieses Subgenres zumeist eine Laufzeit von 90 Minuten haben. Wan wäre durchaus dafür zu loben die bestehenden Mechanismen des Genres etwas aufzulockern, doch leider funktioniert genau das im fertigen Film eben nicht. Er verändert Erzählrhythmus und versucht den Film gegen Ende sogar in ein Charakterdrama zu verwandeln, ein Konzept das schlichtweg nicht aufgeht. Was hängen bleibt sind einzelne Szenen, die für sich genommen wirklich gelungen sind, doch als zusammenhängender Film funktioniert „Conjuring 2“ nur bedingt. Hier verschenkt man einiges an Potential, hätte eine straffere Version der Geschichte doch wirklich gut sein können. Dafür gibt sich Wan dem Genre dann aber doch zu wenig hin und vertraut vielleicht auch ein Stück weit zu wenig auf seine eigenen Fähigkeiten.


Kurzum gesagt, auch „Conjuring 2“ hält sich wie sein Vorgänger stark an die altbekannten Mechanismen des Haunted-House Genres. Das muss, wie „Conjuring“ vor einigen Jahren bereits bewiesen hat, jedoch keinesfalls negativ sein. Vielmehr ist es das gekonnte Vermengen dieser Elemente, was vor allem in der ersten Hälfte für gelungenen Grusel sorgt. Wer also dem ersten Teil etwas abgewinnen konnte, der wird auch mit der Forstsetzung seine Freude haben. Auch wenn man gegen Ende dann doch einige Abstriche machen muss, weil Regisseur Wan kaum mehr das richtige Tempo findet und es zuvor bereits zu sehr übertrieben hat, um den Zuschauer noch wirklich zu erschrecken.


5 von 10 dämonischen Heimsuchungen 

Review: ORPHAN – DAS WAISENKIND – Ein kleines Mädchen zerstört Familien

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Fakten:
Orphan – Das Waisenkind (Orphan)
USA, Deutschland, Kanada, Frankreich. 2009. Regie: Jaume Collet-Serra. Buch: Alex Mace, David Leslie Johnson. Mit: Vera Farmiga, Peter Sarsgaard, Isabelle Fuhrman, CCH Pounder, Jimmy Bennett, Aryana Engineer, Margo Martindale u.a. Länge: 123 Minuten. FSK: Ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.


Story:
Das Ehepaar Coleman adoptiert ein junges Mädchen, nachdem ihr drittes Kind eine Totgeburt war. Der Name des Mädchens ist Esther (Isabelle Fuhrman), ein scheinbar liebenswertes Kind, außerordentlich intelligent für ihr Alter, vielleicht ein wenig altmodisch. Doch nicht nur die Kleidung ist anders, schon bald merkt Kate Coleman (Vera Farmiga), dass irgendetwas mit Esther nicht stimmt. Wo sie auftaucht, passieren schreckliche Dinge. Unfrieden, Streit, Verletzungen. Als sich diese Aura auch auf den Familiensegen überträgt, glaubt Kate, dass in Esther das wahre Böse steckt – doch niemand glaubt der einst alkoholkranken, depressiven Frau. Nicht einmal ihr Ehemann (Peter Sarsgaard). Esthers Plan scheint aufzugehen…






Meinung:
So geht Horror. Ein Ausnahmefilm in einem Genre, in dem sonst nur selten auf echte Plausibilität, Sinn und Realismus Wert gelegt wird. Meist werden irgendwelche völlig irrsinnigen Storylines zusammengeschustert und wenn den Machern dann nichts mehr einfällt, spätestens dann werden Satan, Monstern, ein großer Kanister Kunstblut oder sonstiger Nonsens mit in den Film gestopft, die dann als Erklärung für den Möchtegerngrusel herhalten müssen. Anders verhält es sich bei „Orphan – Das Waisenkind“. Endlich mal wieder ein Horrorfilm, der eine in sich schlüssige Geschichte enthält, der ohne übersinnliche Erscheinungen auskommt und der dennoch eine unheimliche Stimmung aufbaut. Teuflischer Schrecken mit einer „irdischen“ Erklärung, die das alles noch viel bedrohlicher erscheinen lässt.


Kate (Farmiga) und John (Sarsgaard) mit Adoptivtochter Esther
Ein kleines Mädchen, etwas altmodisch gekleidet, aber wohlerzogen und hochintelligent, wird von einer Familie – Papa, Mama und die beiden Kinder – adoptiert. Doch das Mädchen, das sich selbst als „anders“ bezeichnet, soll schon bald alles in ihrer Umgebung kalt lächelnd terrorisieren und nicht nur den Frieden in der Familie zerstören. Eine simple, aber unheimlich spannende Geschichte, die auch ansprechend und niemals billig aussieht und mit Peter Sarsgaard und Vera Farmiga mit zwei hervorragenden Darstellern aufwarten kann, die auch wissen, was sie tun und mehr können als nur wild umher zu kreischen. Sie geben dem Film Persönlichkeit, die sonst so oft fehlt. Gerade Farmiga weckt die Emotionen im Zuschauer, sie lässt uns mitfühlen und so einen Bezug zu ihr aufbauen, der uns die Entwicklung der Story noch intensiver miterleben lässt. Getoppt wird Farmigas Leistung nur noch von der jungen Isabelle Fuhrman, die es schafft, gleichzeitig das wahre Böse zu verkörpern und dennoch so süß zu sein, dass man ihr doch nicht ernsthaft böse sein kann. Ihre Darstellung umfasst so viele verschiedene Facetten, dass man eigentlich nur staunen kann, wie ihr diese glaubwürdige Vielfalt gelingen mag. Eine wahre Meisterleistung.


Doch Esther scheint kein unschuldiges Mädchen zu sein
Dazu kommt der der Verzicht auf übertriebene Effekte. Wo sonst oft die Gliedmaßen durch die Luft schwirren, das Blut nur so spritzt und auch sonst der Versuch gemacht wird, die Story durch Effekte zu kaschieren, da wird hier mit Bedacht vorgegangen. Klar, auch hier gibt es Blut und auch hier gibt es den ein oder anderen Jump-Scare, stets aber mit Bedacht eingesetzt, mit einem guten Gespür dafür, wann es nötig ist und wann nicht. Stattdessen wird viel mit der Atmosphäre gespielt. Die zunächst warm erscheinenden Farben werden immer kälter, ähnlich wie die vorherrschende Stimmung. Stattdessen wird der Paranoia-Regler immer weiter nach oben geschoben, die zunächst kaum merkliche Bedrohung wird immer realer und besonders die von Schuldgefühlen geplagte Mama Kate wird immer mehr in die Verzweiflung getrieben. Dass das alles auch noch richtig hochwertig aussieht und niemals billig, das dürfte nicht verwundern und ist dem Film dennoch sehr hoch anzurechnen. Die Musik von John Ottman, der sich nicht nur im Horrorfilmbereich hervorgetan hat, sondern auch bereits in „Die üblichen Verdächtigen“ oder zuletzt in „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ für die musikalische Untermalung zuständig war, tut ihr Übriges, um die bald zum Zerreißen gespannte Stimmung noch weiter ins schier Unerträgliche zu steigern.


Optisch toll, spannend, unheimlich und tatsächlich logisch und ohne unnötigen Splatter oder Teuflisches ist „Orphan – Das Waisenkind“ eine wahre Überraschung in der großen Menge an Schwachsinnsproduktionen a la „The Innkeepers“ oder „Evil Dead“, in denen die „Bedrohung“ so sehr an den Haaren herbeigezogen ist, dass sie lediglich ein müdes Lächeln heraufbeschwören kann. „Orphan“ hingegen baut seinen Gruselfaktor langsam auf, achtet dabei auf plausible Erklärungen, nimmt Fahrt auf, steigert sich immer mehr, bis er schließlich in einem unaufhaltsamen und spannenden Finale explodiert. Ein seltener Ausreißer, der spannend ist und in seinen besten Momenten den Zuschauer atemlos, gespannt und tatsächlich zitternd zurücklässt.


8,5 von 10 Bilder an der Wand


Review: DER RICHTER - Die Routine der Enttäuschung

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Fakten:
Der Richter (The Judge)
USA. 2014. Regie: David Dobkin. Buch: Nick Schenk, Bill Dubuque.
Mit: Robert Downey Jr., Robert Duvall, Vera Farmiga, Billy Bob Thornton, Vincent D’Onofrio, Dax Shepard, David Krumholtz, Jeremy Strong, Leighton Meester, Frank Ridley, Ken Howard u.a. Länge: 141 Minuten. FSK: freigegeben ab 6 Jahren. Ab 16. Oktober im Kino.


Story:
Als der Großstadtanwalt Hank Palmer (Robert Downey Jr.) vom Tod seiner Mutter erfährt, ist er schockiert und reist sofort in seine Heimat. In der bürgerlichen Kleinstadt muss er feststellen, dass sich seit seinem Abschied vor 20 Jahren einiges verändert hat. Sein Vater (Robert Duvall), zu dem Hank kein besonders gutes Verhältnis hat und der einst selbst Richter war, leidet inzwischen unter Alzheimer und ist der Hauptverdächtige eines Tötungsdeliktes. Sein Sohn kann diese Anschuldigungen nicht akzeptieren und übernimmt die Verteidigung seines Vaters vor Gericht. Dabei findet er weitaus mehr heraus, als ihm lieb ist.





Meinung:
Ich fälle schon mal schnell mein Urteil: Nichts ist schlimmer als biederer Standard in Sachen Film, unabhängig vom Genre, und in diese Falle der Belanglosig- und Gleichkültigkeit stolpert 'DER RICHTER' ebenso mit austauschbarem 08/15-Ansporn rein. Unter guten Umständen gibt's in solchen Fällen jedoch noch immer ordentlich Freiraum für zumindest astreine Darstellerleistungen und da ist der Film von David Dobkin - Regisseur von Ausnahmewerken wie "SHANGHAI KNIGHTS" und "WIE AUSGEWECHSELT" - auf jener Ebene nicht wirklich eine Ausnahme. Robert Downey Jr. als Protagonist Hank Palmer kann mit Leichtigkeit das sympathische Arschloch geben, welches sich geschickt und charmant-überheblich aus jeder Situation rauswieselt und ein abgebrühter, doch innerlich problembehafteter Meister seines Faches ist. Schauspieler-Ikone Robert Duvall bekommt ebenso wieder genügend Gründe, den alternden stolzen Patriarchen der steinernen Enttäuschung und fachlichen Gegenpol Joseph Palmer aufzubieten. Zusammen ergeben sich da hitzige Streitgespräche zwischen Filmvater und Filmsohn im Palmer-Haushalt, die das Tempo halbwegs effektiv am Laufen halten, aber dennoch nicht ganz gegen den hageren Mischmasch aus plakativen Gerichts- und sentimentalen Familiendramen bestehen können.


Selten waren sich Vater und Sohn so nah
Dieser ist nämlich so bleiern in seinem 142-minütigen Prozedere melodramatischer Einfältigkeiten, dass für eigenwillige Charakterisierungen kein Platz ist, nur für funktionale Oberflächen, passend zum malerischen Kleinstadt-Americana und Lumpen-Score. Man bemerke allein die Familie von Palmer-Bruder Glen (Vincent D'Onofrio), die zweimal nur im Hintergrund zu sehen ist, da sie rein gar nichts beiträgt - warum sie dann überhaupt im Film ist, bleibt daher ein ungelöstes Indiz der Gleichgültigkeit. Hinzu kommt, dass das meiste Konfliktpotenzial in der Vergangenheit liegt, immer wieder nur aufgezählt wird und beinahe ausschließlich Verbitterung und Enttäuschung mit sich bringt, was eine gewisse Lustlosigkeit im Spiel hervorruft, wie auch in der Inszenierung. Da ist man auch leicht schockiert, wenn man im Abspann Janusz Kaminski als Kameramann identifiziert, sich jedoch gleichzeitig an die ewig gleichen Schwenks in der Abarbeitung des Gerichtssaals erinnert (von der Schwärze eines vordergründigen Objekts in die Totale hinein - gibt's in einer Szene glatt dreimal hintereinander). Wenn das aber nicht reicht, bettelt Dobkin anhand des zurückgebliebenen Palmer-Filius Dale (Jeremy Strong) und seinen (technisch nicht ganz authentischen) Super-8-Aufnahmen vom vergangenen Zusammensein um eine Empathie, die jedoch von Anfang an von der Glätte der Gesamtgestaltung und der durchgängigen Kalkulierbarkeit des Plots unterwandert wird.


Rockt sich frei: der Richter
Da muss dann jemand nämlich z.B. mit der 8mm-Kamera ausgerechnet den Unfall aufgenommen haben, der das Leben einiger Hauptcharaktere entschieden verändert hat und ihn zufällig genau in dem Augenblick unbeabsichtigt zeigen, als so kurz vor dem 3. Akt der wortwörtliche Sturm aufzieht - noch platter geht's nicht und diese Mentalität zieht sich durch das Gesamtwerk, welches alles fein säuberlich, aber mit Ankündigung (siehe den "Symbolismus" mit den "Hortensien") aufsagen muss. Zudem begibt sich Dobkin immer auf recht holprige Pfade, sobald er versucht, seinen bewiesenermaßen nicht wirklich gelungenen Sinn für Humor in die Sache einzubinden, welcher besonders dann problematisch wird, wenn nach einem Running-Gag ausgeschiedener Körperflüssigkeiten dieselbe Komponente aus einem anderen Loch als tragische Nebenwirkung von Krebs genutzt werden will. Dahingehend kann die reine Dialogebene noch eher punkten und vorallem Downey Jr. einige flinke Pointen der Selbstgefälligkeit rausleiern, wohingegen in ernsthafteren Situationen eine eher forciertere Schreibweise heraussticht, der vorallem Billy Bob Thornton als gerissener Staatsanwalt Dwight Dickham (!) schmerzlich-hölzern geopfert wird. Solange ihm noch der Becher mit dem bombastischen Klang eines Sony-Sound-Libraries-Schwertes bleibt...


Aber ich muss mich vielleicht jetzt doch ein bisschen korrigieren hinsichtlich des Vorwurfes der Standardisierung. So wie sich die Situation der Geschichte nämlich allmählich zuspitzt - auf das Downey Jr. nun seinen Vater, den ehrenwerten Richter, vertritt, ihn in Rückblenden versetzt, die mit der Nachmittags-TV-Keule eingearbeitet werden und schließlich auch noch eine Beichte mit Familienhintergrund auf dem Zeugenstand herauskriegen -, ist schon eine amüsant-prätentiöse Vorstellung von Storytelling, genauso wie die pathetischen Schlussbilder auf die Hallen der Justiz im Angesicht der Läuterung und Vergebung. Es fällt in solchen Momenten schwer, dem Film jedwede Glaubwürdigkeit abzunehmen und in einem Wust von allzu bekannten Handlungsmustern muss erst einiges an Zeit verstreichen, bis sich die eine oder andere, mehr oder weniger positive Besonderheit herauskristallisiert. Wenn dann aber mal die triste Souveränität den Boden unter den Füßen verliert und so ein bisschen wahre Menschlichkeit durchscheinen lässt, kann man sich wenigstens abseits des konventionellen Schmalzes, dem Märchen-artigen Domino-Effekt von Story und Charakterentwicklung sowie dem familiären Selbstmitleid noch irgendwo festhalten. Robert Downey Jr. hält einen ohnehin schon durchweg bei der Stange (sowie alle Damen in diesem Film), aber für so einen Schmarrn ist er eigentlich schon zu etabliert, wie auch das vergeudete Ensemble an sich. Die Strafe lautet: Lebenslang verpassenswert, aber der Harmlosigkeit halber nicht ganz entsorgbar.


4 von 10 vollgekotzten Rasen


vom Witte

Review: DEPARTED - UNTER FEINDEN - Remake ist kein Schimpfwort

2 Kommentare:


Fakten:
Departed – Unter Feinden (The Departed)
USA, 2006. Regie: Martin Scorsese. Buch: William Monahan, Alan Mak & Felix Chong (Vorlage). Mit: Leonardo DiCaprio, Matt Damon, Jack Nicholson, Mark Wahlberg, Martin Sheen, Alec Baldwin, Vera Farmiga, Ray Winstone, Anthony Anderson, James Badge Dale, Kevin Corrigan, David O’Hara u.a. Länge: 151 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Billy Costigan und Colin Sullivan beenden gleichzeitig die Polizeischule von Boston. Während Musterschüler Colin direkt zum Detective aufsteigt, wird Billy aufgrund seiner Herkunft aus dem kriminellen Milieu aussortiert. Zum Schein. Denn Captain Queenan sucht einen Mann, den er glaubhaft in die Gang von Gangster Costello einschleusen kann. Nur er und sein Kollege Dignam wissen von der Aktion, denn überall im Department gibt es undichte Stellen. Tatsächlich gelingt es Billy, in Costello’s engsten Kreis zu kommen. Allerdings scheint es in den Reihen der Polizei auch einen Maulwurf zu geben, denn Costello ist immer im richtigen Moment gewarnt. Der Doppelagent ist niemand anderes als Wunderkind Sullivan, insgeheim der Ziehsohn von Costello. Bald wissen beide Seiten von der jeweiligen Ratte, kennen allerdings nicht ihre Identität. Die Jagd beginnt…







Meinung:
Es war mindestens so verwunderlich wie überfällig, dass Martin Scorsese ausgerechnet für „Departed“ erstmals den Oscar als bester Regisseur und für den besten Film entgegen nehmen durfte. Nicht auf die Qualität des Films gemünzt, eher auf den Zeitpunkt und die Rahmenbedingungen. Man muss sich nur mal vor Augen führen, was der Mann bis dahin schon für eine filmische Vita vorweisen konnte, wann immer er leer ausging und das er nun „nur“ für ein Remake endlich den verdienten Lohn einstreichen durfte. Nach fast 40 Jahren als Kinoregisseur. Unglaublich. Da gab es Filme wie „Taxi Driver“ – sicher einer der wichtigsten Filme seiner Zeit und vielleicht einer der besten Filme überhaupt -, „Wie ein wilder Stier“, „GoodFellas“ oder „Casino“, den eigentlich als „Lebenswerk“ geplanten (allerdings vom Studio unübersehbar zerstörten) „Gangs of New York“, das hervorragende Bio-Pic „Aviator“, immer stand Marty lediglich als Meister der Herzen da. Nun also ein Remake. Ob für Scorsese ein Ritterschlag oder ein Armutszeugnis für die Kreativitätsschmiede von Hollywood, dass dies in der Tat einer der besten US-Filme dieses Jahrtausends ist, muss sehr differenziert betrachtet werden, soll allerdings jetzt keine große Rolle spielen. Ist eher einen eigenen Text wert.



Vater-Sohn-Gespräche in der Bums-Bude.
Scorsese nimmt hier nicht  – wie sonst üblich, einfach und billig – einen erfolgreichen Film aus Übersee und kleistert ihn möglichst konturlos für den neuen Markt zusammen, er drückt ihm seinen eigenen Stempel, seine unverkennbare Handschrift auf. Wenn man es nicht besser wüsste, man würde „Departed“ wohl ohne Frage als einen „selbstständigen“ Scorsese durchwinken. Aus dem Reich der Mitte bis nach Boston ist es nur ein Katzensprung, Scorsese inszeniert „seine“ Ostküste als die achte Hölle mit irischem Anstrich. Mit enormen Stallgeruch lässt er die Ursprünge früh vergessen, baut wie gewohnt auf einen präzise ausgewählten Cast, seine brillante Umsetzung in Bild, Schnitt und Ton und macht „Departed“ zu der spannendsten Mäuse-, oder eher Ratten,-Jagd, die seit Jahren die große Leinwand heimsuchte. Wenn sich überhaupt was kritisieren lässt, dann eventuell die Wahl für Matt Damon und Mark Wahlberg, aber auch das nur eingeschränkt. Damon dürfte wohl zu den überschätztesten A-Stars seiner Zeit gelten, obwohl er auch hier nichts zerstört. Als Gegenpart für den furiosen DiCaprio ist er eigentlich nicht der Rede wert, ein Phänomen seiner Zeit, der unvermeidliche Damon. Wahlberg war sogar für den Oscar nominiert, kann natürlich mit lokaler Schnauze pöbeln, daher gut gewählt. Mehr ist das nicht, scheint ja allgemein gewirkt zu haben, nun gut, so gesehen halt exakt besetzt. Selbst solche „Mängel“ lassen nur minimale Luft nach oben, denn ansonsten spielt Scorsese alle seine Stärken aus.



Im Gespräch mit der Bestie.
Mit der Sprengkraft einer scharfen Handgranate lässt er den Plot bis zur finalen Detonation überkochen und letztlich explodieren, baut auf die ihm in die Wiege gelegte Mischung aus rasanter, gleichzeitig episch-ausführlich angelegter Erzählweise, die niemals an Tempo einbüßt, selbst wenn 2 ½ bis 3 Stunden ins Land gehen. Kein Wort zu viel, keine verschenkte Szene, alles – selbst die im ersten Moment vielleicht als überflüssig anzusehende Romanze – ist Baustein und nicht Bremsklotz. Wie sich jedes Detail so brutal, dynamisch und unglaublich druckvoll am Ende zu einem kompakten Packet schnürt, das verstehen nur wenige. Scorsese spielend. Hinter dem hochspannenden Plot verpackt er zudem fast beiläufig eine sehr deutliche Kritik am durch Korruption hervorgerufenen Unsinn – oder eher Missstand – des Polizeisystems. Niemand vertraut niemanden, jeder kocht sein eigenes Süppchen, Spitzel bespitzeln Spitzel, Informationsfluss gleich null, am Ende steigt keiner mehr durch. Freund und Feind sind nicht mehr trennbar, weil jeder Angst vor der unsichtbaren Lücke hat, das nicht mal unberechtigt. Eine Ratte beißt der anderen nicht den Schwanz ab, mag man denken, eigentlich fressen sie sich gegenseitig auf. Die Frage ist nur, wer hat den längeren Schwanz.


Ratten unter sich.
Verzuckert wird das Glanzstück der Hochspannung und narrativen Extraklasse noch durch einen Jack Nicholson, der ursprünglich nicht die erste Wahl war. Eigentlich sollte Robert De Niro die Rolle spielen, sagte ab, weil er seinen eigenen Film – „Der gute Hirte“ – drehte. Kurios: DiCaprio hatte für diesen Film schon Szenen gedreht, sprang wegen „Departed“ ab, seinen Part übernahm…Matt Damon, der kaum weniger Screentime hier hatte. Ein Durcheinander, De Niro war sauer auf Leo, Matt hatte zwei dicke Hauptrollen, Mad-Jack war im Spiel und nutzte dieses grandios. Wild improvisierend, wohl etwas anstrengend, im Resultat allerdings sensationell und seine bis heute letzte, famose Leistung. Mit De Niro wäre das schon super, mit Nicholson ist es das Sahnehäubchen. Als vulgärer, diabolischer, intelligenter und mit allen Gossen-Wassern gewaschener Straßenköter ist er so ideal, selbst ein De Niro auf seinem Höhepunkt hätte kämpfen müssen. Manchmal hat man Glück im Unglück. Scorsese hatte es und ob „Der gute Hirte“ mit DiCaprio wesentlich besser gewesen wäre, eher unwahrscheinlich.


Um zur Ausgangsdiskussion zurück zukommen: „Departed“ ist wohl nicht der beste Film von Scorsese. Nicht mal unter den Top-3. Dennoch ist es der beste Film seines Jahrgangs und für ein Remake besser, als jemals denkbar. Wenn ein Oscar mal verdienter war, hier nicht. Wenn er überfälliger und zur der Zeit richtiger war, absolut. Nervenkitzel auf höchstem Niveau, ruppig, knüppeldick und aufreibend. Sensationell.

9 von 10 CITIZENS