Review: SENNA – Ein Denkmal für eine Legende



Fakten:
Senna
UK, Brasilien, Frankreich. 2010. Regie: Asif Kapadia. Buch: Manish Pandey. Mit: Ayrton Senna, Alain Prost, Frank Williams, Ron Dennis, Rubens Barrichello, Gerhard Berger u.a. Länge: 104 Minuten. FSK: freigegeben ab 6 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:

In der Dokumentation wird der sportliche Werdegang des vielleicht besten Formel 1-Fahrers aller Zeiten dargestellt. In chronologischer Reihenfolge begleiten wir das brasilianischen Wunderkind Ayrton Senna, von seinen ersten Schritten im schillernden Rennfahrer-Zirkus, über seinen Zweikampf mit dem Franzosen Alain Prost und seine Weltmeisterschaftstitel bis hin zu seinem niederschmetternden Tod auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke in Imola, an dem nicht nur er sein Leben lassen musste.




Meinung:
Wenn ein Formel 1-Fahrer als der beste seiner Zeit, vielleicht auch der beste Fahrer aller Zeiten gilt und dann auch noch bei der Ausübung seiner Profession tödlich verunglückt, dann ist es nicht verwunderlich, wenn früher oder später jemand auf die Idee kommt, dessen Leben filmisch festzuhalten. Die Frage ist: Spielfilm oder Dokumentation? Hier hat sich Regisseur Asif Kapadia für letzteres entschieden. Allerdings ist "Senna" keine Dokumentation, die einfach nur dokumentiert. Klar hat sie auch so einige Fakten zu bieten, klappert chronologisch Ayrton Sennas Formel 1-Karriere ab und verewigt in relativ kurzer Zeit viele (zumindest für den Fan) bekannte, aber auch einige unbekannte Meilensteine seiner Karriere. Dabei bleibt sie aber größtenteils beim Sportler Ayrton Senna, (zu) selten erfährt man auch etwas über den Mensch. Besonders (natürlich) intensiv wurde der Zweikampf mit Alain Prost beleuchtet, der in den späten 80ern und frühen 90ern die Formel 1-Welt elektrisierte. Man erfährt etwas über Sennas Unangepasstheit und seine Probleme auch mit den Offiziellen. Und man erhält einen groben, weil doch recht oberflächlichen, Eindruck, warum Senna in Brasilien neben Pele zu DER Gottheit des Sports geworden ist.


Teamkollegen und erbitterte Gegner: Prost (l.) und Senna
Natürlich darf auch der schlimme, tödliche Unfall nicht fehlen, auch wenn diesem tragischen Wochenende in Imola meiner Meinung nach zu wenig Platz vor allem für Hintergründe eingeräumt wurde. Warum ist Senna überhaupt gefahren, wenn er doch so große Bedenken hatte? Wenn doch nur 48 Stunden zuvor mit Rubens Barrichello ein Fahrer nur mit viel Glück einen heftigen Crash überlebt hat. Und wenn nur 24 Stunden zuvor mit Roland Ratzenberger ein Fahrer einen ebenfalls spektakulären Unfall nicht überlebte. Das schwarze Wochenende von Imola - hier hätte ich mir persönlich mehr Informationen, mehr Tiefe gewünscht. Stattdessen werden viele emotionale Bilder eingefangen, Trauer. In Brasilien, an der Rennstrecke selbst. Von Rivalen, von Weggefährten. Aber zuvor auch unglaubliche Freude. Freude über seinen ersten Rennsieg in der Formel 1, seine erste Weltmeisterschaft, sein Erfolg beim Heim-Grandprix in Brasilien. Aber auch, wie locker er in den Medien war, wie natürlich er sich gab. Er wirkte immer wieder der nette Typ von nebenan, in den die Mädels heimlich verliebt sind und der dennoch mit seinen Jungs einen trinken geht.


So kennen wir ihn: Senna feiert einen seiner viele Siege
Hier merkt man aber schon: Die Doku dokumentiert nicht (nur), sie emotionalisiert. Ja, sie stilisiert Ayrton Senna zu einem übergroßen, heroischen Mythos auf. Dass er ein toller Fahrer war, das will ich auch gar nicht in Frage stellen, aber ob ihm das in dieser Form gerecht wird, das ist schon fraglich. Denn in „Senna“ ist schon eine extreme schwarz-weiß Zeichnung. Ayrton ist gut, der Rest ist böse. Diese Botschaft kommt über sehr weite Strecken beim Zuschauer an. Dabei sind einige Überholmanöver Sennas, die zu seinem Vor- oder Nachteil gereichten, ebenfalls nicht ganz sauber gewesen. Oft hat er zumindest eine Teilschuld und die Kritik daran ist zumindest nicht aus der Luft gegriffen. Doch auch wenn die Dokumentation mal kurz andeutet, Senna hätte ja manchmal vielleicht auch eine Mitschuld an Entscheidungen gegen ihn oder an dubiosen Überholmanövern, wird diese Kritik schnell wieder weggewischt. Manchmal zu positiv, manchmal zu unkritisch. Schade.


Dennoch funktioniert diese Gefühlsvorgabe doch ausgesprochen gut. Rein aus Archivmaterial bestehend gerät man als Zuschauer schnell in die Faszination Formel 1 und in die Faszination Senna im Besonderen hinein und kann sich nur schwer wieder davon lösen. Man kann sehr schön mitfiebern, mitzittern und drückt dem brasilianischen Wunderkind die Daumen. Manchmal kommt man sich wie bei einem Live-Event vor und nicht wie bei Aufzeichnungen von bereits 25 Jahre alten Rennen. Das macht die Dokumentation unheimlich spannend. Dazu hören wir unterschiedlichste Statements über Senna, allerdings nicht aus unserer Zeit, sondern immer zeitgenössische Aussagen, so von seinem McLaren-Teamchef Ron Dennis oder seinem französischem Teamkollegen und Erzrivalen, dem vierfachen Weltmeister Alain Prost. Wenn das Bild Ayrton Sennas, ja, wenn der ganze Formel 1-Zirkus auch mal mit ein wenig mehr Kritik versehen worden wäre, dann hätte hier eine meisterhafte Dokumentation entstehen können, die auch höchst informativ wäre. So ist eine gute, vor allem auf der emotionalen Schiene sehr intensive Dokumentation über der Fahrer Ayrton Senna entstanden, die Fans sich an ihr Idol zurückerinnern lässt und auch Leute, die sich zumindest generell für Sport interessieren, durchaus packen kann.


7,5 von 10 Champagnerduschen

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