Fakten: Cooties
USA, 2015. Regie: Cary Murnion, Jonathan Milott. Buch: Leigh Whannell, Ian
Brennan. Mit: Elijah Wood, Allison Pill, Rainn Wilson, Jack McBrayer, Leigh
Whannell, Jorge Garcia, Nasim Pedrád, Miles Elliot, Sunny May, Morgan Lily,
Alden Lovekamp, Nikita Ager u.a. Länge: 88 Minuten. FSK:
freigegeben ab 16 Jahren. Ab 15. Oktober 2015 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Der erste Arbeitstag von Clint Hadson als Vertretungslehrer an seiner alten
Grundschule endet, im wahrsten Sinne des Wortes, im absoluten Horror. Ein
mysteriöser Virus aus der Schulkantine verwandelt die kleinen Racker in
blutrünstige Bestien. Um seine eigene Haut zu retten, wird Clint zum Anführer
der hoffnungslos überforderten Lehrer im Kampf gegen die tobenden Minimonster.
Meinung: Elijah Wood gehört zu den wenigen ehemaligen Kinderstars, die es geschafft
haben auch nach der Pubertät und weit darüber hinaus Erfolge als Darsteller zu
feiern. Dabei ist er weit weniger im Mainstream beheimatet, als in eher
persönlich-ambitionierten Projekten wie die wunderbar tragikomische Serie „Wilfred“
oder Liev Schreibers Regiedebüt „Alles ist erleuchtet“. Natürlich kennen die
meisten Wood aus Peter Jacksons kongenialer „Der Herr der Ringe“-Trilogie, doch
abseits dieser Reduzierung gehört Elijah Wood ohne Zweifel zu den
vielfältigsten Darstellern in Hollywood, auch wenn die meisten seiner Filme
kein großes Publikum erreichen.
Das Frühstück ist einfach die wichtigste Mahlzeit des Tages
„Cooties“, den Wood mit seiner Produktionsfirma realisiert hat, wird gewiss ein
wenig mehr Zuschauer finden, denn die Horrorkomödie versammelt zwei Faktoren,
die immer wieder eine zufriedene Zuschauerschaft finden: Witz und Zombies.
Gemeinsam mit Autor und Darsteller Leigh Whanell, der u.a. ein kreativer Kopf
der „Saw“-Filme war, sowie mit Unterstützung eines Verantwortlichen der einst
so prominent wie beliebten Musicalserie „Glee“ bietet und Wood mit „Cooties“
einen Horrorschwank an, der sich voll und ganz aus seiner eigenen Prämisse
speist, denn hier sind die Untoten allesamt Kinder. Nach dem Verzehr eines
infizierten Chicken Nugget geschieht in einer Elementary School (ähnlich einer
deutschen Grundschule) also ein genre-typisches Blutbad, an dessen Ende sich
eine Handvoll Pädagogen im Lehrerzimmer verbarrikadieren und zusehen müssen,
wie die lieben Kleinen sich an denen laben, die es nicht in Sicherheit
geschafft haben. Das ist durchaus blutig, aber stets an eine humoristische
Übertreibung gekoppelt. Kurz: Seine FSK16-Freigabe hat „Cooties“ zu Recht und
der Teil des Publikums, der kein Kunstblut und Gekröse verträgt sllte auf eine
Sichtung wohl lieber verzichten.
Ach, wären nur alle Lehrer so cool
Doch das beantwortet nicht die entscheidende Frage: Macht „Cooties“ Spaß? Klare
Antwort: Leider nicht so richtig. Das Problem: Alles was der Film auffährt ist
Standard. Nachdem Filme wie Ruben Fleischer „Zombieland“ oder Edgar Wrights
Meisterwerk „Shaun of the Dead“ in Erinnerungen gerufen haben, dass man sich
der Thematik der Zombies durchaus auch mit Witz und Tempo behandeln kann,
machten es ihnen viele nach. Selbst in Kuba entstand mit „Juan of the Dead“
eine Zombiecomedy. Problem: Die wenigsten davon konnten auch nur annährend eine
wirklich neue Sicht auf den Kampf der Lebenden gegen die wandelnden toten
generieren. Der letzte Film, der dies vermochte war „Fido“ und das war 2006. „Cooties“
tut zwar so, als wäre der frisch und neuartig, aber mehr als Lauwarmes noch
einmal aufzuwärmen macht er nicht. Mag sein, dass sein helle Familienfilm-Optik
ihn von anderen Filme ähnlicher Couleur abhebt, inhaltlich liegt er jedoch
brach. Egal ob die öden, überzeichneten Figuren oder die auf absurd getrimmten Actionszenen,
alles wirkt zu bekannt und vor allem zu statisch.
Die Darsteller, die
scheinbar ihren Spaß hatten, geben sich dabei zügellos und das Script von Leigh
Whannel spielt ihnen auch in die Karten, denn alles wird aufgebauscht und
überspitzt. Das kann funktionieren, aber nicht wenn die Ergebnisse nicht mehr
sind als altbekannte Formate und Schablonen. Das macht hin und wieder für den
Moment eines kurzen Augenblickes Spaß, versandete dann aber wieder recht
schnell in der Grube der langweiligen Belanglosigkeit, auch weil der richtige Biss fehlt. „Cooties“ ist mit ein
Grund dafür, warum Zombies wahrhaftig tot sind – gestorben an der Übersättigung
diverser Filme und Serien. Ein Ende ist nicht in Sicht. Mitte November 2015 kommt
„Scouts vs. Zombies“ in die deutschen Kinos. Der ist, so viel sei verraten,
besser.
Fakten: Fack ju Göhte 2
DE, 2015. Regie & Buch: Bora Dagtekin. Mit: Elyas M´Barek, Karoline
Herfurth, Katja Riemann, Jana Pallaske, Volker Bruch, Jella Haase, Max von der
Groeben, Alwara Höfels, Johannes Nusbaum, Uschi Glas, Farid Bäng, u.a. Länge: 115 Minuten. FSK: freigegeben ab
12 Jahren. Ab 25. Februar 2016 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story: Die Goethe-Gesamtschule soll ihren Ruf verbessern, um eine wichtige
Werbekampagne
abzustauben. Daher wird eine Klassenfahrt nach Thailand geplant, wo dem
konkurrierenden
Schillergymnasium eine dortige Partnerschule weggeschnappt werden soll.
Ex-Ganove und
mittlerweile offizieller Lehrer Zeki Müller wird beauftragt, zusammen mit
seiner Kollegin und Partnerin Frau Schnabelstedt die Leitung dieser Klassenfahrt
zu übernehmen. Zeki verfolgt allerdings ganz andere Pläne, denn er ist hinter
den Diamanten vom letzten Überfall her, die versehentlich nach Thailand gelangt
sind. Turbulenzen und Chaos sind vorprogrammiert.
Meinung: Auch wenn der erste Teil von "Fack ju Göhte" in seinem
Erscheinungsjahr 2013 mehr als
gespalten aufgenommen wurde, hat Regisseur Bora Dagtekin mit seiner Komödie
unbestreitbar einen Nerv in der deutschen Kinolandschaft getroffen. Mit über 5
Millionen Besuchern wurde der Film zum erfolgreichsten des gesamten Kinojahres,
was er sicherlich seinem rücksichtslosen, respektlosen Humor, welcher
überwiegend unter die Gürtellinie zielt, sowie der Star-Power von Hauptdarsteller
Elyas M´Barek zu verdanken hat.
In Thailand findet Zeki weder Ruhe noch Erholung
Wie es bei solchen Kassenschlagern nun mal üblich ist, hat eine Fortsetzung
natürlich nicht lange auf sich warten lassen und so gibt es mit "Fack ju
Göhte 2" nun Nachschlag von der Klasse 10b der Goethe-Gesamtschule und
ihrem eher unfreiwilligen Lehrer sowie Ex-Knacki Zeki Müller. Wer sich schon
beim Vorgänger vor Lachen nicht mehr halten konnte, kann mit der Fortsetzung
wenig falsch machen und wird auch hier seinen Spaß haben. Regisseur und
Drehbuchautor Bora Dagtekin kopiert mehr oder weniger das komplette Erfolgsrezept
von Teil 1, dreht hier und da an einigen Schräubchen und bietet im Prinzip mehr
vom gleichen. Das Schulhof-Pauker-Setting wird diesmal allerdings recht früh
verlassen, denn es geht ab auf Klassenfahrt nach Thailand, wo die Goethe-Gesamtschule
ordentlich Imagepflege betreiben soll und Zeki insgeheim seine Diamanten zurückholen
will, die seine Freundin versehentlich im Inneren eines Stofftier-Maskottchens
zur Spende weggeschickt hat. Dass "Fack ju Göhte 2" den Schauplatz also
nach Thailand verlegt, lässt sicherlich nicht zufällig gedankliche Parallelen
zu einer anderen, extrem erfolgreichen US-Komödie aufkommen, welche in ihrer
Fortsetzung ebenfalls nach T-Hailand verlagert wurde.
Chantal ist mit sich sehr zufrieden
Nichtsdestotrotz zählt "Fack ju Göthe 2" vor allem über die ersten
beiden Drittel hinweg zu einer dieser Fortsetzungen, die nicht schlechter sind
als ihre Vorgänger und somit als angemessene Weiterführung bezeichnet werden
kann. Auch wenn der Schauplatz Thailand selbst überwiegend für idyllische
Strandaufnahmen oder exotische Dschungel-Wanderungen herhalten muss, ist es erneut
die Dynamik zwischen Schulklasse und Lehrer, die wieder stimmt. In Sachen
politisch unkorrektem Humor, dreisten Zoten, plumpem Slapstick oder einfach nur
herrlich bescheuerten Gags bedient Dagtekin wieder einmal sämtliche Klischees,
die sich im Bezug auf Ausländer-Stereotypen, prollige Typen oder
unterbelichtete Schülerinnen-Dummchen anbieten und legt teilweise sogar noch
ein paar Schippchen drauf. Jella Haase, die sich in der Rolle der völlig debilen,
aber auch sympathischen Ghetto-Braut Chantal bereits im ersten Teil zum
heimlichen Publikumsliebling mauserte, bekommt hier noch mehr Screentime
zugestanden und überhaupt wirkt die gesamte Truppe wesentlich eingespielter und
harmoniert noch besser zusammen. ElyasM´Barek funktioniert ebenfalls wieder
sowohl als Sympathieträger wie auch vulgärer Prolet, während Karoline Herfurth
deutlich zurückstecken muss und diesmal sehr wenig Screentime hat. Für frischen
Wind während des Klassenausflugs sorgt wiederum Volker Bruch, welcher als
Lehrer der Konkurrenzklasse des Schillergymnasiums zum ernstzunehmenden Gegner
für Zeki wird und vor allem in den gemeinsamen Szenen mächtig aufdreht.
Partytime am Airport - nur Zeki macht schlaff
Wer will, kann also viele herzhafte Lacher mitnehmen, denn "Fack ju Göhte
2" ist in seiner naiv-niveaulosen Art, mit der er sowohl die porträtierte
Zielgruppe bedient, aber auch diverse andere Gesellschaftsschichten anspricht,
ein durchaus charmant-kurzweiliges Vergnügen, bei dem man ruhig zugeben kann,
dass man sich unterhalten fühlt. Bei einer Sache hat Dagtekin aber absolut nichts
dazugelernt und das ist das wie auch schon im Vorgänger gründlich vermasselte Schlussdrittel.
Wenn in der Handlung schließlich Waisen-Kinder, die aus der Tsunami-Katastrophe
hervorgingen, als moralischer Katalysator missbraucht werden, billigstes
McDonald´s-Product Placement eingeschoben wird und auch noch jeder einzelne Problemfall
der Klasse 10b einen möglichst tragischen Hintergrund in Form des Elternhauses
angedichtet bekommt, was wiederum in einer zutiefst rührselig gestalteten und
mit manipulativ aufgesetzten Emotionen durchzogenen Sequenz aufgelöst wird,
wird es irgendwo zuviel. Dass Dagtekin wieder nicht den Mumm hatte, sein
Konzept, welches eben gerade aufgrund solch unzweckmäßiger, ohne
Hintergrundgedanken ausgelebter Späße so unterhaltsam und charmant wirkt, voll
durchzuziehen, reißt den Streifen wie auch schon Teil 1 massiv runter und
schwingt im gefühlten Minutentakt die leidige Wiedergutmachungs-/Versöhnungskeule.
Da auch "Fack ju Göhte 2" kurz nach seinem Kinostart bereits einige
Rekorde gebrochen hat und auf finanziellen Hochkurs geht, was die
Einspielergebnisse angeht, ist ein dritter Teil nicht unwahrscheinlich. Zu
wünschen wäre es, dass Bora Dagtekin hier vielleicht endlich mal die Moralkeule
stecken lässt und sich ganz dem unverfrorenen Exzess sowie charismatischen
Sympathie-Faktor hingibt, welcher dann von Anfang bis Ende durchgezogen werden
sollte.
Fakten:
Sex School – Klär mich auf! USA. 2015. Regie: Andrew Drazek.
Buch: Ted Beck. Mit: Tom Arnold, Laura Cayouette, Whitney Moore, Lucius Baston,
Simon Rex u.a. Länge: 88 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren.
Ab 03. September 2015 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Schuldirektor Hyman sucht einen neuen Lehrer für das Fach Sexualkunde. Da
trifft es sich gut, dass die ehemalige Schülerin Laci Cox gerade verzweifelt
nach einem Job sucht. Einziges Problem: Die junge Frau ist selbst noch
Jungfrau. Das führt zu zahlreichen peinlichen Situationen und zu Problemen mit
Schülern und Lehrern, doch die motivierte Laci kämpft sich durch.
Meinung:
Schon ein kurzer Blick auf den Trailer macht deutlich um was für eine Art Film
es sich bei „Sex School“ handelt. Mittlerweile gibt es sie ja wie Sand am Meer,
Teenie-Komödien in denen es in erster Linie um Sex geht. Meistens sind diese
Filme jedoch eher peinlich als unterhaltsam und lösen höchstens bei
vorpubertierenden Jugendlichen noch Lacher aus. Oftmals wird sexuelle Offenheit
vorgetäuscht, bei genauerem Hinsehen wird jedoch schnell klar, dass das
gezeichnete Bild verklemmt und rückständig bleibt. Leider fällt auch „Sex
School“ genau in dieses Raster und schon nach wenigen Minuten ist klar wo die
Reise hingeht. In knapp 90 Minuten präsentiert der Film seinen Zuschauern die
komplette Bandbreite an Sexwitzen und Fäkalhumor. Charaktere und Geschichte
treten zugunsten dieser völlig übertriebenen Witze in den Hintergrund.
Sexualkunde: Die Jungs lernen von den Mädels
Schon in der ersten Szene entpuppt sich „Sex School“ als geschmackslose
Aneinanderreihung von uninspirierten und altbekannten Pointen. Dabei definiert
der Film seine Charaktere hauptsächlich durch die typischen Klischees. Sportler
sind die coolen Typen, Physiklehrer sind streng und spießig und Schwarze
spielen gut Basketball. Die Protagonistin ist als Jungfrau deswegen auch
komplett ahnungslos, mag Stofftiere und Regenbögen und hat auch noch nie einen
Porno gesehen. Dadurch werden die Figuren nie zu wirklich ernstzunehmenden
Charakteren und die dramatische Komponente des Films verpufft schon im Ansatz.
Überhaupt ist die komplette Handlung an den Haaren herbeigezogen, auch die
wirklich ordentlich agierenden Darsteller können da nicht mehr viel retten. Das
alles könnte man dem Film ja noch halbwegs verzeihen, wäre er denn wenigstens
lustig. Aber nein, der Film macht sich nicht einmal die Mühe überhaupt einen
Gag aufzubauen, stattdessen geht er davon aus es reicht alle möglichen
Beleidigungen und sexuellen Begriffe miteinander zu kombinieren um das Publikum
zum Lachen zu bringen. Weit gefehlt. Überhaupt wirkt es so, als hätte sich der
Drehbuchautor vorgenommen mindestens einmal pro Minute das Wort „ficken“
unterzubringen. Wo genau sich da der Witz versteckt bleibt auch nach der
Sichtung mehr als unklar.
Bei „Sex School“ handelt es sich um eine peinliche Komödie mit extrem hohem
Fremdschamfaktor, die dem Zuschauer während der gesamten Laufzeit maximal ein
kurzes Schmunzeln abringen kann. In langatmigen und sehr vorhersehbaren 90
Minuten lässt er dabei kein Klischee aus und schickt seine eindimensionalen
Charaktere von einer lächerlichen Situation in die nächste. Nicht einmal für
Fans des Genres empfehlenswert, Finger weg davon.
Palo Alto
USA. 2013. Buch: Gia Coppola. Buch: Gia Coppola, James Franco (Vorlage) Mit: Emma Roberts, James Franco, Jack
Kilmer, Val Kilmer, Nat Wolff, Zoe Levin, Chris Messina, Keegan Allen, Margaret Qualley u.a. Länge: 99 Minuten. FSK:
freigegeben ab 12 Jahren. Ab dem 26. Juni auf DVD und Blu-Ray erhältlich.
Story:
April (Emma Roberts) ist in ihren Sportlehrer (Franco)
verliebt und der scheint auch nicht abgeneigt zu sein. Teddy (Jack Kilmer)
versucht dagegen herauszufinden, wie man ein Erwachsener wird, was eigentlich
einen Wert hat und wie man erfolgreich Fahrerflucht begeht.
Meinung:
James Franco ist nicht nur ein Mann, der an unfassbar
vielen Filmen mitwirkt, sondern auch ein Herr, der nebenbei, als hätte ein Tag
bei ihm mehr als 24 Stunden, malt, zeichnet, als Dozent tätig ist und
Kurzgeschichten schreibt. Ein paar seiner Kurzgeschichten hat er in einem Buch
namens „Palo Alto: Stories“ veröffentlicht - benannt nach seinem Geburtsort an
der Pazifikküste in Kalifornien. Gia Coppola, die Enkelin von Francis Ford, die
Nichte von Sofia und Roman und die Cousine von Nicolas Cage und Jason
Schwartzman, hat sich dieses Buch genommen und ihr Filmdebüt auf die Beine
gestellt. Dass sie Talent hat, ist offensichtlich und so langsam macht es den
Anschein als würde man in der Familie enterbt werden, wenn man nicht ins
Filmgeschäft geht. Aber was soll’s, solange der Filmliebhaber dabei mit tollen
Streifen beglückt wird.
So einsam, aber immerhin mit Gespür für Stilistik: April
Die Regisseurin/ Drehbuchautorin ist aber nicht die einzige, die an dieser
Produktion teilnahm und verwandt mit Stars ist. Da wären noch Jack Kilmer, Sohn
von Val (in dessen Haus viele Szenen gedreht wurden) und natürlich auch Emma
Roberts, die Nichte von Julia Roberts. Und dann hält James Franco ja auch
manchmal noch sein Gesicht in die Linse. Von all den vielen bekannten Namen
muss man jedoch einzig und allein Miss Roberts hervorheben. Die ist nämlich ein
Glückstreffer und spielt ihren Charakter April liebenswert. Jedoch nicht auf
eine extrovertierte Art wie zum Beispiel Ellen Page in „Juno“, sondern in sich
gekehrt, still, beobachtend, behutsam und dennoch nicht minder komplex. Das ist
ganz groß, was die junge Dame hier hinbekommt und das rettet nicht nur einige
Szenen, es erhebt sie zum Highlight des Films. Eine solche Natürlichkeit ist
genau das, was diese Thematik braucht. Es unterstützt den Film und nimmt
Coppola einiges an Arbeit ab, was diese sonst hätte kompensieren müssen. Die
restlichen Darsteller sind leider weniger erwähnenswert: Jack Kilmer ist
relativ uninteressant, Nat Wolff ist der Buhmann und James Franco ist eben
James Franco. Keiner erreicht in dem, was sie da anstellen auch nur zu einem
Punkt die Klasse, die Emma Roberts den ganzen Film über durchzieht.
"Okay Jungs, nach dem Spiel drehen wir 'Interior. Leatherbar 2'"
Gia Coppolas Vorbild ist natürlich, das ist zu keiner Zeit zu verleugnen, ihre
eigene Tante Sofia, die mit „Lost in Translation“ und „Somewhere“ sehr intime
und gefühlvolle, stille Filme abgeliefert hat, mit „The Bling Ring“ und „The
Virgin Suicides“ sogar Filme, die sich ebenfalls mit Jugendlichen auseinandersetzen,
wenn auch auf eine andere Art und Weise. Und Gia Coppola zeigt durchaus, dass
sie es versteht, diese bestimmte Atmosphäre, die so manchen Indie-Film einfach
sehenswert macht, einzufangen. Es ist ruhig, es knistert aber gleichzeitig ist
es seltsam bedrohlich. Als würde man auf den Abgrund zusteuern, was auch viele
Jugendliche denken mögen, obwohl sich der Abgrund dann letztendlich als das
Erwachsenenleben herausstellt. Viele Vertreter des Indie-Kinos bemühen sich,
offensichtliche Vorbilder abzukupfern. Frei nach dem Motto: Was einmal
funktioniert, funktioniert auch zweimal. Dabei geht jedoch die lockere Freiheit
und der sympathische Humor oft flöten, weil es auf Teufel-komm-raus zu
krampfhaft erzwungen werden soll. Dies geschieht hier jedoch nicht, Gia Coppola
behält die Ruhe und nimmt den Zuschauer an die Hand, führt ihn durch die Häuser
von Jugendlichen, heraus in den Garten und runter vom Grundstück. Mit der Zeit
fällt allerdings immer stärker auf, wie sehr sich einige Szenen wiederholen;
der Film scheint sich festzufahren.
"Lonely. I'm so lonely. I have nobody..."
Und das ist mit Abstand das größte Problem bei Coppolas Debüt. Sie traut sich
nicht, den Rahmen zu sprengen. Links und rechts zu gucken, Dinge zu
hinterfragen. Stattdessen bedient sie sich stets der einfachsten Strecke, sucht
den kürzesten Weg zum Ziel. Das ist schade und lässt so manche Szene nicht nur
redundant, sondern auch fast schon gebetsmühlenartig heruntergekurbelt
erscheinen. Das bedeutet nicht, dass der Film auf der inszenatorischen Ebene
nicht funktionieren würde, das tut er nämlich. Aber es reißt eben nicht aus dem
Hocker und es drückt einen auch nicht in den Sitz. Es lässt größtenteils kalt.
Es sind schablonenhafte Abziehbilder, die hier aneinandergereiht werden.
Absoluter Durchschnitt. Auf dramaturgischer Ebene sieht es nicht wirklich viel
besser aus. Die Geschichte verliert sich im Mittelteil immer mehr, sodass sich
Wiederholungen häufen und sogar Handlungsstränge komplett redundant erscheinen.
Das ist sehr schade und total unnötig. Vor allem, weil es sich um relativ
altbekannte Geschichten handelt. Man entdeckt sich selbst, man zerstört sich
selbst, man wird zerstört, man hat Freunde, die einem aufhelfen,… Neu ist das
alles nicht. Und dann wird zu allem Überfluss auch noch über so manchen Punkten
derart herumgeritten, als ginge es darum, die 90 Minuten mit wenig Material zu
füllen.
Mit „Palo Alto“ erfindet Gia Coppola das Rad nicht neu. Zu gebetsmühlenartig
werden hier einige Montagen abgerattert, zu bekannt sind die einzelnen
Geschichten. Jedoch muss man ihr auch zu Gute halten, dass sie die Regeln des
Indie-Kinos durchaus kennt und die imaginäre Regie-Check-Liste auch brav
abarbeitet. Laute Musik, verwirrte Jugendliche, Drama, tragische Blicke aus dem
Autofenster. Nur überraschen, das tut sie uns zu keiner Zeit. Trotz allem ist
dieser Film jedoch nicht als schlecht zu bezeichnen. Dass Gia Coppola neu im
Regiefach ist, hilft ihr ganz deutlich dahingehend, dem Film ein Gefühl zu
verpassen, das in einigen Szenen liebevolle Frische, zu anderen Momenten sanfte
Melancholie ausdrückt. Andererseits wird bei ihren ersten Versuchen, ein Film
auf die Beine zu stellen auch überaus deutlich, wie schwierig es sein kann,
eine Geschichte bis zum Ende zu erzählen. Im Mittelteil verlaufen die
Handlungsstränge oft und bleiben für einige Zeit im Treibsand stecken, bevor
sie sich am Ende notgedrungen wieder befreien. Wackelig, uninspiriert und vor
allem altbacken sind da so einige Momente. Allerdings hat die Gia auch das
Glück, mit Emma Roberts eine Schauspielerin in ihren Reihen zu haben, die eine
unglaublich starke Natürlichkeit ausstrahlt und so jeder Szene, in der sie zu
sehen ist, die nötige Glaubwürdigkeit und dazu noch eine ordentliche Portion
Charme zufügt. Man wünscht sich nur, dass die Geschichte besser gewesen wäre.
Ein nettes Debüt.