Review: DAS GEHEIME FENSTER - Abschreiben verboten



                                                                          

Fakten:
Das geheime Fenster (Secret Window)
USA, 2004. Regie: David Koepp. Buch: David Koepp, Stephen King (Vorlage). Mit: Johnny Depp, John Turturro, Maria Bello, Timothy Hutton, Charles S. Dutton, Len Cariou u.a. Länge: 92 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Seit der Schriftsteller Mort Rainey vor sechs Monaten seine Frau Amy in flagranti beim Fremdgehen erwischt hat, ist sein Leben aus der Bahn geraten. Verbittert hat er sich in sein Ferienhaus zurückgezogen und versucht trotz einer ausgebildeten Schreibblockade wieder ein paar vernünftige Zeilen zu Papier zu bringen. Plötzlich steht ein Fremder namens John Shooter vor der Tür, der behauptet Rainey hätte ihm vor mehreren Jahren eine Geschichte gestohlen und als die seine veröffentlicht. Mort streitet empört alles ab, doch der unheimliche Shooter lässt nicht locker und wird bald zur waschechten Bedrohung…

                                                                    
Meinung:
Leinwandadaptionen des weltberühmten Horror-Autors Stephen King genießen allgemein hin einen nicht sonderlich guten Ruf. Immer wieder heißt es, es gäbe kaum eine gute King-Verfilmung. Was völliger Blödsinn ist. Tatsächlich gibt es mindestens ein Dutzend brauchbarer Umsetzungen seiner literarischen Werke, dass in über 40 Jahren und etwa genauso vielen Filmen auch einige Enttäuschungen dabei sind, lässt sich  kaum vermeiden. Das geheime Fenster - beruhend auf der nicht ganz so populären Kurzgeschichte Secret Garden, Secret Window (1990 gemeinsam mit Langoliers in dem gleichnamigen Buch veröffentlicht) – hat alle Möglichkeiten sich ebenfalls in die angeblich so kleine Reihe der sehenswerten Beiträge einzuordnen, kann die aufgrund des fähigen Personals hoch gesteckten Erwartungen leider nur bedingt erfüllen.
Kaum zu glauben: Besser wird es nicht

Regisseur und Drehbuchautor David Koepp beherrscht nachweislich sein Handwerk. Meistens. Als Autor erschuf er u.a. die Scripts zu den ersten beiden Jurassic Park-Filmen, dem ersten Mission: Impossible oder Brian De Palma’s grandioser Gangsterballade Carlito’s Way, seine Kino-Regiedebüt Echoes – Stimmen aus der Zwischenwelt war ein recht ordentlicher Msytery-Flick. Auch bei Das geheime Fenster hat er scheinbar viel vor, sichtlich bemüht erscheint Koepp die Kurzgeschichte in einen stilvollen, spannenden und überraschenden Suspense-Thriller zu verwandeln, scheitert dabei jedoch teilweise am eigenen Anspruch. Ein Problem liegt schon in der Natur der Sache: Die Vorlage bietet kaum Stoff für einen abendfüllenden Spielfilm. Wurden andere King-Verfilmungen gerne zum Zweiteiler gemacht, um nicht zu viel der erzählerischen Schere opfern zu müssen, wäre diese Story besser im Kurzformat von maximal 60 Minuten aufgehoben gewesen, zum Beispiel als Episode einer TV-Show oder eines Anthology-Films. Zu offenkundig muss das vorhandene Material gestreckt werden, worunter die narrative Dynamik und der effektive Spannungsaufbau leidet. Das wäre eventuell noch zu verschmerzen gewesen, wenn Koepp dabei nicht auch noch so ungeschickt vorgehen würde.


Es herrscht Redebedarf
Dass ein Film schon früh oder immer mal wieder zwischendurch versteckte Hinweise auf seine Pointe streut ist nichts Ungewöhnliches und wenn gut gemacht sogar vorteilhaft. Das aufmerksame Publikum wird zum Mitdenken und Theorienspinnen animiert. Im Idealfall elegant hinters Licht geführt, wenn die Erwartungshaltungen bewusst gekitzelt und am Ende doch zerschlagen werden. Auch der Wert der Zweitsichtung erhöht sich, wenn vielleicht dann erst versteckte Details auffallen, die einem für den Autor/Regisseur noch mehr Respekt abverlangen. Wahrscheinlich zielt Koepp insgeheim darauf ab, fällt stattdessen viel zu früh und offensiv mit der Tür (oder dem Fenster) ins Haus. Die Spielerein sind so markant und einige Methoden bereits zu überstrapaziert, als dass sie einem größeren Teil der erfahrenen Zuschauer nicht auffallen dürften. Zumindest in der Masse. Kaum ein Wink mit dem Zaunpfahl ist zu übersehen, spätestens wenn drei bis vier innerhalb kürzester Zeit erfolgen. Der angestrebte Überraschungseffekt verpufft somit wie ein Furz im Wind, da helfen auch halbgare Vertuschungsversuche nichts mehr. Eigentlich ein Genickbruch für diese Art Film, trotzdem ist Das geheime Fenster nicht restlos als gescheitert zu betrachten.


Obwohl das Finale nicht mehr die gewünschte Simsalabim-Wirkung haben kann, der Schlussakkord kann dennoch einen gewissen, wenn auch gedrosselten Effet erzeugen. Das liegt zum einen an der erstaunlichen, kompromisslosen Boshaftigkeit, die sich ohne Scheu über übliche Hollywood-Standards hinwegsetzt und – ähnlich, wenn auch nicht ganz so drastisch wie bei Der Nebel – das ursprüngliche Finale der King-Geschichte dahingehend deutlich übertrifft. Wie schon Mort Raimey in Bezug auf John Shooter’s Manuskript feststellen muss: Es ist das bessere Ende. Ein netter Meta-Gag, neben…also, dass sollte nun wirklich nicht vorher verraten werden. Der ganz große Pluspunkt des Films bleibt aber eindeutig die Besetzung. Neben John Turturro und Mario Bello ganz vorne weg Johnny Depp mit Bad-Hair-Day im Herbst seiner seriösen und bis dahin hochanständigen Filmkarriere, bevor er langsam aber sicher endgültig zur Jahrmarktattraktion und versoffenen Blockbuster-Hure mutierte. Nicht wenige Schauspieler wären an dieser Rolle – auch wegen der ungünstigen Vorarbeit – heftig gescheitert und hätten dem Film richtig reinreißen können, Depp holt beinah noch die Kohlen aus dem Feuer. Das geheime Fenster leidet sichtlich unter überambitioniertem Geplänkel, die ihm mehr schaden als nützen so wie der geringfügigen Eignung für eine Länge von 90 Minuten, aber er bleibt sicherlich anschaubar, auch wenn etwas (zu) enttäuschend. 

5,5 von 10 dampfenden Maiskolben

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